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Politologin über Sexismus in der Werbung„Sie werden Frischfleisch genannt“

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gibt einen Leitfaden gegen sexistische Werbung heraus. Petra Koch-Knöbel über Witze, Prostitution und Sexobjekte.

In Friedrichshain-Kreuzberg hat sexistische Werbung keinen Platz, in Bremen wird gegen sie geworben Foto: dpa
Heide Oestreich
Interview von Heide Oestreich

taz: Frau Koch-Knöbel, Ihr Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat sexistischer Werbung den Kampf angesagt. Da stellt sich die Frage, ab wann Werbung sexistisch ist. Die Berliner Verkehrsbetriebe etwa warben vor einiger Zeit auf einem Plakat mit einem kleinen Mopshund, der umsonst mit der U-Bahn fahren darf. Darunter stand: „Du musst Deine Möpse nicht verstecken“. Ist das nun lustig oder sexistisch – oder sogar beides?

Petra Koch-Knöbel: Über Geschmack lässt sich ja nicht streiten. Wir haben darüber in unserer Arbeitsgruppe auch diskutiert. Aber wir sind dann nicht dagegen vorgegangen.

Weil die Werbung vielleicht geschmacklos, aber nicht sexistisch war?

Ja, letztlich sah man ja nur einen Hund. Aber in letzter Zeit fahren wieder Busse im Auftrag der BVG mit Werbung für ein Großbordell durch die Stadt. Mit diesen Bussen fahren Schulkinder zur Schule. Das geht gar nicht.

Bordellwerbung halten Sie für diskriminierend?

Auf jeden Fall, ja. Frauen werden hier als käufliche Sexualobjekte dargestellt. Damit sollte man Jugendliche nicht pausenlos konfrontieren.

Die Grünen wollten doch bisher die Stigmatisierung der Sexarbeiterinnen beenden und ihren Beruf normalisieren. Und denen sagen Sie jetzt, dass sie für ihren Beruf nicht werben dürfen?

Nicht auf großen Plakaten im öffentlichen Raum. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich bin für die Rechte der Prostituierten. Aber es ist nicht wegzudiskutieren, dass das ein Beruf mit einem problematischen Frauenbild ist, für den man nicht öffentlich mit Großplakaten werben sollte.

Nächste Woche startet in Berlin die Erotikmesse „Venus“. Auf den Plakaten liegen zwei Damen in Unterwäsche aufgestützt auf dem Boden und lächeln. Darf dieses Plakat in Kreuzberg hängen?

Hier handelt es sich eindeutig um sexistische Werbung. Die dargestellten Frauen schauen lasziv und unterwürfig von den Plakaten. Man sollte sie dann wenigstens um weitere freundliche Männer ergänzen, sonst haben wir wieder diese Fixierung auf weibliche Verfügbarkeit. Oder noch besser: die Werbeindustrie sollte sich darüber kreative Gedanken machen, eine andere, nicht sexistische, frauenfeindliche und diskriminierende Form der Werbung für ihr Produkt zu finden.

Im Interview: Petra Koch-Knöbel

59, ist Politologin, Sozialpädagogin und Gleichstellungsbeauftragte für Friedrichshain-Kreuzberg.

Ich finde, die Frauen gucken ziemlich normal. Sind Sie nicht einfach der Meinung, dass Sexualität in der Außenwerbung schlicht nichts zu suchen habe?

Ich würde sagen, weibliche sexualisierte Körper, die als verfügbar dargestellt werden, und das ist in dieser Werbung eindeutig der Fall, haben in der Öffentlichkeit nichts zu suchen. Ebenso wie sexualisierte Körper neben Grillfleisch oder Rasenmähern.

Und Sie meinen, wenn man nun einen sexualisierten Mann neben die sexualisierte Frau stellen würde, das wäre dann besser?

Das würde ich erst mal gern sehen.

Zumindest für die schwule Zielgruppe wird auch mit sexualisierten Männerkörpern geworben. Ist das sexistisch?

Ich habe da bisher noch nichts Herabwürdigendes entdecken können. Wissen Sie, diese Grenzfälle sind interessant. Aber wir haben es in unseren Beratungen eher mit angedeuteten Vergewaltigungen zu tun oder mit Frauen, die Frischfleisch genannt werden. Ich will, dass die Werbeindustrie sich etwas Besseres einfallen lässt als die Verdinglichung von Frauen.

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat jetzt einen Leitfaden zum Umgang mit sexualisierter Werbung herausgegeben, der Orientierung bieten soll. Und da frage ich mich nun, ob es nicht auch bei der Bikini-Werbung darauf ankommt, auf welche Art Frauen hier sexy dargestellt sind, um diese Werbung als sexistisch zu bewerten? Sexy muss ja nicht gleich doof und unterwürfig sein.

Mit Bikini-Werbung an sich habe ich ja auch gar kein Problem. Ich bin ja nicht prüde. Man muss da schon genauer hingucken: Wie ist die Frau präsentiert, wie guckt sie?

„Rote Karte" gegen sexistische Werbung

Leitfaden und Verbot. Der von den Grünen regierte Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg will sexistische Werbung aus dem Straßenbild verbannen. Er hat jetzt eine Broschüre mit dem Titel „Sexism shouldn‘t sell“ veröffentlicht. Ihr liegt eine „Rote Karte“ bei, die an Firmen geschickt werden kann. Darauf steht: „Herzlichen Glückwunsch! Sie haben gerade mit Ihrer sexistischen, diskriminierenden und frauenfeindlichen Werbung eine Kundin verloren.“ Auch ein Beschwerdeformular für den Deutschen Werberat liegt bei.

Auf bezirkseigenen Werbeflächen ist sexistische Werbung verboten. Das hat die Bezirksverordnetenversammlung 2015 beschlossen. Die meisten Plakatträger stehen aber auf Privatgrund.

Die US-Popsängerin Lady Gaga bewarb ihr Parfum „Fame“ mit einem Foto von sich selbst, nackt. Auf ihr krabbelten kleine Männchen herum und hielten sich verzweifelt an ihr fest. Ist dieses Motiv in Ihren Augen trotzdem sexistisch?

Ja, weil mit dieser Form der Werbung suggeriert wird, dass alle Frauen diesem Schönheitsbild entsprechen müssen, damit „viele kleine Männer“ sich um sie scharen. Was hat das mit dem Produkt Parfüm zu tun?

Na ja, es ist ihr Parfüm. Und die Sängerin inszeniert ihre Sexualität sehr selbstbestimmt, um nicht zu sagen: dominant. Es gibt ja Feministinnen, die finden, dass das kein Sexismus ist, sondern weibliche Selbstermächtigung. Eine phallische Frau. Sie finden das nicht?

Wir sind da ein bisschen stringenter. Viele Frauen profitieren vom Verkauf eines sexualisierten Bildes von sich selbst. So funktioniert unsere Kultur ja gerade. Frauen werden sexualisiert und das wird verkauft. Dass Frauen dabei mitmachen, ändert an dieser Struktur nichts.

Rollenstereotype lehnen Sie auch ab und wollen sie nicht mehr auf Plakaten reproduziert sehen. Heißt das: Kein rosa T-Shirt mehr für Mädchen?

Genau. Die Eltern können ruhig auch mal nachdenken darüber, wie sie ihre Kinder einengen, wenn sie sie nur in Klischee­klamotten stecken.

Sie haben ja auch eine Tochter. Durfte die kein Rosa tragen?

Sie durfte alles tragen, was sie wollte. Ich habe sie aber nicht in klischeehaftem Verhalten bestärkt. Heute studiert sie Mathe und ist mit ihrer Erziehung ganz zufrieden.

Frauen, die für Waschmittel werben – gehört das in Ihren Augen verboten?

Verboten ist das falsche Wort. Ich bin eigentlich gegen Verbote. Überzeugungsarbeit ist natürlich viel besser. Aber manchmal muss man nach vielen Jahrzehnten Überzeugungsarbeit auch mal einen Punkt setzen, einen Anstoß geben. Wir als Bezirk wollen auf unseren 27 Werbeflächen solche Klischees nicht unterstützen und fordern die Firmen zu mehr Kreativität auf.

Sie wollen auch Diäten, Damenrasierer und Faltencremes nicht unterstützen. Als Firma würde ich dann sagen: Der Staat muss alle gleich behandeln und darf mich als Rasiererfirma nicht benachteiligen. Können Sie das Argument nachvollziehen?

Nein. Die können nur nicht auf unseren 27 Plakatflächen werben. Werbetreibende müssen sich an unsere Kriterien halten. Wir sind da insgesamt vielleicht ziemlich kess. Aber wir wollen ja auch eine Diskussion anstoßen, und das ist nun die Gelegenheit.

Stevie Schmiedel von Pinkstinks setzt sich bundesweit gegen sexistische Werbung ein. Wenn Sie Rasiererwerbung verbieten wollen, geht ihr das aber zu weit. Sie fürchtet, dass Sie damit jede Akzeptanz für das eigentlich wichtige Anliegen verspielen.

Die Akzeptanz haben wir bereits. Unsere Bezirksspitze ist demokratisch gewählt, hat diese Arbeitsgruppe eingesetzt und das Ergebnis publiziert. Wir verbieten ja den Eltern und den Kindern nichts. Wir wollen einfach nur keine Klischeewerbung unterstützen. Und ich freue mich, dass dieser Anstoß nun in den Medien aufgegriffen wird.

Freiheit ist in diesem Land ja ein hohes Gut. Wer sie einschränkt, muss schwerwiegende Gründe haben. In Ihrem Leitfaden antworten Sie darauf: „Sexistische Werbung (…) ist eine strukturelle Form von Gewalt“. Da höre ich schon die Stimmen höhnen: Sind rosa T-Shirts jetzt schon Gewalt?

Das ist aber nun ein völliger Kurzschluss. Aber Frauen ausschließlich auf Attribute wie schön, dumm, jederzeit verfügbar zu reduzieren, das macht natürlich etwas mit den Frauen und Mädchen. Sie trauen sich dann viele Dinge nicht zu, wollen dem gesellschaftlichen Idealbild von Frauen entsprechen, sind auf ihr Aussehen fixiert und machen davon ihr Selbstbewusstsein abhängig. Das ist psychisch nicht gesund. Das, was Mädchen in der Werbung sehen, kann Essstörungen begünstigen, und die können tödlich sein.

Ist sexistische Werbung nicht eigentlich nur noch retro? Lachen wir darüber nicht nur noch alle?

Ich beschäftige mich seit Mitte der Siebziger mit dem Thema. Da haben auch schon alle gelacht. Das Retro dauert mir nun ein bisschen zu lang. Werbung beeinflusst nun mal unsere unbewussten Geschlechterbilder. Und Männer, die Frauen als Deko ansehen oder meinen, sie hätten einen Anspruch auf eine Frau, haben in dieser ganzen Zeit viel Unheil angerichtet. Sehen sie sich mal die Aussagen von Vergewaltigern an. Oft meinen sie, Frauen hätten ihnen zur Verfügung zu stehen. Oder Gewalttäter, die Frauen dafür „bestrafen“, dass sie ihnen nicht oder nicht mehr zur Verfügung stehen. Das ist dann gar nicht mehr lustig.

Die Jury gibt es schon seit 2014. Was haben Sie denn alles schon beanstandet?

Glücklicherweise noch nichts. Durch solche Initiativen wie unsere ist die Werbeindustrie tatsächlich schon etwas sensibilisiert worden. Das rechne ich uns als Erfolg an.

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58 Kommentare

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  • Und großen Dank an Frau! Heide Oestreich für das insistierte Nachfragen.

  • Also ich hab das Bild von Lady Gaga im Netz gesucht, ich seh, dass die Männer so eine Art Tanga anhaben.

    Also sind das sexualisierte Männer auf einer sexualisierten Frau.

    Ausserdem guckt Lady Gaga sehr erhaben und selbstbewusst.

     

    Und was hat das mit Parfum zu tun?

    Wollen wir für Parfum zukünftig mit Nasen werben? Wo krabbeln denn die Männer rum?

     

    In der Achselhöle im Bauchnabel, Brüsten, Füßen....:) da wo Mensch eben schnubert, wenn er übereinander herfällt. Oh herfällt, kann das schon Gewalt implizieren, hups... bitte ersetzen durch; zusammenkommt. (PC)

     

    Im Museum stehen noch Fruchtbarkeitsfiguren rum. Solche mit ganz großen, übertrieben großen, sekundären Geschlechtsmerkmalen der Frauen. Genauso wie Figuren mit Phalli, genauso viel zu groß. Find ich, so im Verhältnis. Wollen wir die jetzt auch im Museumskeller versenken?

     

    Im Pompeii wurde mit Phalli für das nächstgelegene Etablisement geworben.

     

    Wir können natürlich versuchen unsere animalen Instinkte mit einer vernunftorientierten Analyse, bzw Argumentation wegzudiskutieren. Zu verstecken. Bidermeiermäßig, Scheuklappen aufsetzen und alles zu Hause machen. Seeeeehr kleinbürgerlich.

     

    Und was ist eigentlich mit dem Plakat einer Fitnessbude, da stemmt eine Frau Gewichte und der Trainer ist ein Mann. Sprechen wir darüber dann acuh noch? Wieso ist es ein Mann der sie trainiert?

     

    Ich geh damit konform, dass es keine Gewaltdarstellungen (Andeutungen) gegenüber jeglicher Geschlechter geben sollte. Ein Bikini/BH ist doch ein durchschnittliches Kleidungsstück. Klar, gerne auch mehr Männer im knappen Höschen, freiem Oberkörper. Alles emanzipiert und gleichberechtigt.

     

    Es gibt Leute die wollen keine Brustwarzen (männlich, wie weibliche) sehen, weil dies sexistisch wäre? Darf dann eigenlich noch Spargel, Gurken und Zuchinis auf´m Markt verkauft werden? Nur in schwarzen Tüten und Spezialläden? Wo fangen wir da an und wo hören wir da auf?

     

    Und was wäre die Welt ohne:

     

    "...die Bier, die so schön prickelt in meine Bauchnabel"

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    Mich nervt es, in der Öffentlichkeit ständig mit Bildern von Brüsten und Hintern bombardiert zu werden. Mich stört sexistische Werbung, ich will sie nicht sehen.

     

    Aber warum habe ich trotzdem ganz fiese Bauchschmerzen bei solchen Beschlüssen? Es ist irgendwie das Gefühl, sich ähnlich zu verhalten wie ein AFDler, der auch alles verbieten will, was nicht in seine kleine Pappschachtelwelt passt.

    Es ist das mulimige Gefühl das ein Grundgesetz immer weniger zählt und so Aktionen ganz schnell bei einem rechten Backlash auf einen selbst zurückfallen können.

     

    Da sitzt also ein Gruppe von Menschen zusammen und entscheidet, ob der Blick einer Frau nun unterwürfig oder selbstbewusst erscheint? Ob Lady Gaga mit ihrer Selbinszenierung nun sexisistsche Klischees befördert, oder frei ihre Sexualität auslebt und zu ihrem Körper steht?

    Und alle sagen:"Ist doch Kleinkram und das Ziel rechtfertigt den Weg."

     

    Hat eine Lady Gaga eigentlich den staatlichen Auftrag ein Vorbild zu sein? Ab wann erscheinen weibliche Körper als "verfügbar"? Was ist daran schlimm oder falsch Hautcreme zu benutzen? Was ist mit Frauen die pink einfach gerne mögen?

     

    Da fällt sovieles unter ein Raster...

     

    Sicherlich, als Denkanstoss in einem Bezirk möchte ich das ganze nicht überbewerten. Ich hoffe mal nicht das so eine staatliche Willkür (ob gutgemeint oder nicht) Schule macht

  • Tja, da die Männer von Sexismus nicht negativ betroffen sind, d.h. selbst bspw. im Alltag keine Sexismus erleben, können/wollen viele sich selbiges leider nicht vorstellen. Gerade Sexismus relativierende Männer fehlt es da an Reflexion u.a. der eigenen privilegierten Position. So lese ich zumindest einige Aussagen von (augenscheinlich männlichen) Kommentatoren hier. Ihre beabsichtigte Wirkung durch Spiegelung in ihrem Kommentar geht so leider bei denen nicht auf. Schade...

     

    Geblickt wird auch nicht, dass es sich um die gleiche Ideologie handelt. Objektifizierung, Unterdrückung von Frauen - wie es gerade auch die frauenfeindliche AFD vertritt - siehe deren Frauen/Familienbild, Abschaffung des Rechtes auf Schwangerschaftsabbruches (deren aktivistische Verflechtung mit "Schweigemarsch für das Leben"), Überschneidung mit "besorgten Eltern" und damit u.a. homofeindlich ...

    @Frankunderwood - Feministischer Kampf (wovon ja auch im emanzipatorischen Sinne Männer profitieren) gegen Sexismus, als Kampf gegen frauenfeindliche Ideologie ist gleichzeitig ein Kampf gegen die AFD.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Uranus:

      Männer mögen ja in ihrem Alltag keinem Sexismus sein, ich habe da persönlich andere Erfahrungen gemacht.

       

      Mit Mitte 30 von einer noch etwas älteren Frau gesagt zu bekommen, man sei zu alt, um es zu bringen, dass dafür nur junge Typen Anfang zwanzig infragekämen. Naja.

      Wenn sie zumindest gesagt, hätte, ich sei zu unsportlich...

       

      Noch nie so was gehört wie "Ihr Schwanzträger seid doch alle gleich"? Da war ich selbst sogar irgendwie ausgenommen von, aber dass es nicht sexistisch wäre, glaub ich trotzdem nicht.

       

      Das Klischee mit den großen Dingern von dunkelhäutigen Männern kennen sie bestimmt. Das ist nicht nur rassistisch, genausowenig wie das vom islamischen oder nordafrikanischen Mann.

       

      Das Beschneidungsgesetz fällt mir noch spontan ein für groben Sexismus.

       

      Es gibt sogar, in Göttingen oder so, "autonome" Läden, da sollen Männer, selbst auf der Bühne nicht das T-Shirt ausziehen, weil Frauen auch nicht mit nacktem Oberkörper rumlaufen könnten. Ob es mal eine probiert hat dort?

      Da wäre ich schon längst weg.

       

      Zum Glück ist der Ostpunk seit jeher inkorrekt. Hier gibt's zwar manchmal auch ausufernde Situationen, aber das beschränkt sich auf einzelne Leute, die aneinandergeraten und sich i.d.R. dann auch aus dem Wege gehen.

      Wenn mal was übertrieben wird, dann sorgt die Ostpunk-Schule schon wieder dafür, dass es nicht lang dabei bleibt.

      • 6G
        6474 (Profil gelöscht)
        @85198 (Profil gelöscht):

        Ich könnte jetzt genug Beispiele liefern wie sich Sexismus bei Frauen äussert, was sich ja im übrigen auch ganz klar durch Umfragen und Statistiken belegen lässt. Frauen in Europa sind nicht weniger konservativ, rassistisch, homophob oder antisemtisch eingestellt als Männer. Was nun wo Geschlecht überwiegt, variiert von Land zu Land, aber ingesamt lässt sich das so über Europa sagen.

         

        Viele Menschen sehen nur die Speerspitze in Form von sexistischen Übergriffen, aber nicht die Gedankenmuster auf beiden Seiten, die immer wieder zur beständigen Reproduktion dieser Ungleichheits-Verhältnisse führen.

         

        Wer halt pardout nicht sehen will, das es auch Männer verletzt und kränkt wenn sie als zu alt, zu fett, zu hässlich bezeichnet werden, aber diesen Männern keinen Raum lässt ihre Verletzlichkeit zu zeigen, weil die Probleme der Frauen ja "so viel größer sind" und Männer sowiso "nicht so rumheulen sollen".

        Der reproduziert eben genauso Klischees

        • @6474 (Profil gelöscht):

          Sicherlich werden auch Männer verletzt. Es ist jedoch eine Frage, was betrachtet und besprochen werden soll. Was ist Thema, Kontext und Grenzen des Themas? Hier geht es um Sexismus.

          Die Tatsache, dass Männer, auch wenn sie von Sexismus profitieren, ebenfalls aufgrund bspw. eines nichterfüllten Geschlechterbildes diskriminiert werden können, ändert nichts daran, dass bspw. Frauen überwiegend Betroffene von sexualisierter Gewalt werden oder von Gender-Pay-Gap betroffen sind. Auch der als "Weichei" beschimpfte Mann lebt in einer Gesellschaft, die ihm aufgrund seines Geschlechtes größere Chancen einräumt, mehr Geld zu verdienen, als seine Mitmenschen, die sich als Frauen verstehen. Auch der von Fatshaming betroffene Mann muss nicht in Angst leben, Opfer einer Verg*"§%"§ zu werden, wenn er sich abends im Dunkeln alleine durch den städtischen Raum bewegt. Vielen Frauen fühlen sich in solchen Situationen allerdings anders.

          So erscheint es "etwas schräg" unter einem Artikel zu sexistischer Werbung Kommentare darüber zu lesen, dass auch Männer diskriminiert würden. Das erweckt durchaus den Eindruck, dass hier Derailing betrieben wird.

        • 8G
          85198 (Profil gelöscht)
          @6474 (Profil gelöscht):

          Kann ich nur zustimmen.

          Ich fasse das etwas mehr unter Herrschaftsgesichtspunkten und Patriarchat auf.

          Die theoretische Grundlage des Queer-Feminismus unterscheidet schließlich nicht wertend zwischen verschiedenen Sexualitäten. So ist nun mal Wissenschaft. Die theoretische Grundlage könnte auch für negative Zwecke verwendet werden. Michel Foucault meine ich da am meisten. Eine Theorie, die zeigt, wie Patriarchat funktioniert, kann aber auch dazu verwendet werden, eines aufzubauen. Zum Glück ändert es auch das Weltverständnis, wenn man sich damit beschäftigt.

           

          Männer werden traditionell im Patriarchat auch diskriminiert. Patriarchat heißt m.E. nicht, dass Männer herrschen, sondern dass Männern die Gewaltanwendung zugeschreiben wird. Dass sie herrschen, sehe ich eher als Folge dessen an.

           

          Kriegsdienst ist das beste Beispiel (die Wehrpflicht ist bei uns auch nur ausgesetzt und würde im Kriegsfall wohl wieder eingeführt) aber auch das Beschneidungsgesetz kann zur Illustration dienen:

          Selbst wenn die gesellschaftliche Herrschaft gleich verteilt wäre und Männer und Frauen gleichberechtigt sind in sonstigen Belangen, hieße das nicht automatisch, dass aus kulturellen Gründen (einem Patriarchat) nicht doch eine Wehrpflicht eingeführt werden könnte oder ein Beschneidungsgesetz nicht aus (patriarchalen) Motiven der Toleranz (für ein Patriarchat) gelten könnte.

          Das wäre nach meinem Dafürhalten noch immer ein Patriarchat und eben kein Matriarchat, wie manche versucht sein mögen zu sagen.

           

          In einem Matrarchat würden Frauen die Gewaltanwendung übernehmen, das gibt es auch zumindest tendeziell in manchen traditionell matriarchalen Gesellschaften, wo Männer sich nicht wehren dürfen, sonst werden sie mit sozialem Ausschluss bestraft.

          Wenn Frauen hier das Ohrfeigen erlaubt wäre zur Durchsetzung ihrer Interessen, nicht nur als Abwehr, dann wäre das matriarchal.

          Im Semimatriarchat/Semipatriarchat schenken sich beide Geschlechter gegenseitig ein. Das ist wohl "südländisches Temperament".

          • @85198 (Profil gelöscht):

            Analog zum Rassismus ist es für eins zutreffendes Verständnis von Sexismus unabdingbar, dass strukturelle Machtverhältnisse berücksichtigt werden.

            Männer sitzen überwiegend in gesellschaftlichen Machtpositionen bzw. können vor diesem Hintergrund agieren. Sie profitieren in Deutschland von Sexismus. Das Rollenklischee schreibt Frauen immter noch Schwäche, Passivität, Unvernunft usw. zu. Ein Teil des Aktivismuses dagegen wird ja im obigen Artikel beschrieben.

            Zur Verdeutlichung des Machtverhältnisses ein Beispiel: die geringe Zahl an Meldungen von sexuellen Übergriffen. Frauen müssen damit rechnen, nicht nur nicht ernst genommen, sondern auch noch gedemütigt werden. Mensch denke an #ichhabnichtangezeigt.

            D.h. nicht, dass Männer nicht diskriminiert würden. Es fällt allerdings dann nicht unter Sexismus.

            • 6G
              6474 (Profil gelöscht)
              @Uranus:

              "Männer sitzen überwiegend in gesellschaftlichen Machtpositionen"

               

              -Es ist ein Unterschied ob Machtpositionen in den bestbezahlten Jobs (noch) überweigend von Männern besetzt werden, oder ob "Männer überwiegend in gesellschaftlichen Machtpositionen sitzen"

               

              Das eine bedeutet, das sich unsere Gesellschaft nicht so schnell geändert hat, wie es vielleicht wünschenswert wäre und das es einen Machofilz und Vetternwirtschaft in manchen Chefetagen gibt.

              (Gibt es eigentlich auch Cousinenwirtschaft?)

               

              Das andere suggeriert, das der Fabrikarbeiter Herbert durch seinen männlichen Chef, Teile vom (Macht)Kuchen abbekommt und automatisch Vorteile in seinem Beruf durch einen männlichen Chef hat. Also quasi Machtteilhabe aufgrund des Geschlechts-das halte ich in diesem Fall zb. für absoluten Schwachsinn. Herbet sitzt mit seiner Arbeitskollegin Gisela in einem Boot und nicht mit seinem Chef.

               

              Wenn das die Begründung für eine allgemeine Männermacht ist, dann würde das im Umkehrschluss bedeuten, das eine weibliche Chefin andere Frauen bevorteilt und Männer benachteiligt, weil sie eben eine Frau ist.

               

              Wie es der Mitforist "Normalo" schon so treffend beschrieben hat, das ich es noch einmal zitieren möchte: "Ihre Bewertung von Sexismus verhält sich ein wenig wie unser unflexibles Unterhaltsrecht bei Trennung: Eine 55-45-Aufteilung der Kinderbetreuung führt zu einer 100prozentigen Geldunterhaltspflicht des weniger betreuenden Elternteils. Gleichermaßen erklären Sie, dass solange summa summarum die Frauen ein Machtdefizit in der Gesellschaft haben, weiblicher Sexismus nicht als solcher zu werten oder zumindest nicht zu verurteilen ist."

               

              Ich hatte mal die jungshassende Klassenlehrerin, die generell Jungs bestraft, Mädchen gelobt und Mädchen für die (teilweise nachweisbar) selben Leistungen massiv besser benotet hat.

              Vielleicht fällt das für dich unter "gerechter Ausgleich für andere Vorteile von Jungs". Für mich ist das Sexismus, also die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts

            • 6G
              6474 (Profil gelöscht)
              @Uranus:

              "Männer sitzen überwiegend in gesellschaftlichen Machtpositionen"

               

              -Es ist ein Unterschied ob Machtpositionen in den bestbezahlten Jobs (noch) überweigend von Männern besetzt werden, oder ob "Männer überwiegend in gesellschaftlichen Machtpositionen sitzen"

               

              Das eine bedeutet, das sich unsere Gesellschaft nicht so schnell geändert hat, wie es vielleicht wünschenswert wäre und das es einen Machofilz und Vetternwirtschaft in manchen Chefetagen gibt.

              (Gibt es eigentlich auch Cousinenwirtschaft?)

               

              Das andere suggeriert, das der Fabrikarbeiter Herbert durch seinen männlichen Chef, Teile vom (Macht)Kuchen abbekommt und automatisch Vorteile in seinem Beruf durch einen männlichen Chef hat. Also quasi Machtteilhabe aufgrund des Geschlechts-das halte ich in diesem Fall zb. für absoluten Schwachsinn. Herbet sitzt mit seiner Arbeitskollegin Gisela in einem Boot und nicht mit seinem Chef.

               

              Wenn das die Begründung für eine allgemeine Männermacht ist, dann würde das im Umkehrschluss bedeuten, das eine weibliche Chefin andere Frauen bevorteilt und Männer benachteiligt, weil sie eben eine Frau ist.

               

              Wie es der Mitforist "Normalo" schon so treffend beschrieben hat, das ich es noch einmal zitieren möchte: "Ihre Bewertung von Sexismus verhält sich ein wenig wie unser unflexibles Unterhaltsrecht bei Trennung: Eine 55-45-Aufteilung der Kinderbetreuung führt zu einer 100prozentigen Geldunterhaltspflicht des weniger betreuenden Elternteils. Gleichermaßen erklären Sie, dass solange summa summarum die Frauen ein Machtdefizit in der Gesellschaft haben, weiblicher Sexismus nicht als solcher zu werten oder zumindest nicht zu verurteilen ist."

               

              Ich hatte mal die jungshassende Klassenlehrerin, die generell Jungs bestraft, Mädchen gelobt und Mädchen für die (teilweise nachweisbar) selben Leistungen massiv besser benotet hat.

              Vielleicht fällt das für dich unter "gerechter Ausgleich für andere Vorteile von Jungs". Für mich ist das Sexismus, also die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts

            • @Uranus:

              Mir ist "die Gesellschaft" ein bei Weitem zu komplexes Gebilde, um die herrschenden Machtverhältnisse an ein paar Statistiken festmachen zu können. Es gibt immer auch andere Faktoren. Man könnte zum Beispiel die Vorherrschaft der Monogamie als ein überragendes Indiz für WEIBLICHE Dominanz unseres Wertesystems anführen, aber auch das griffe zu kurz (genau wie die hohe Schamgrenze bei der Anzeige von sexuellen Übergriffen auch nicht nur auf männliche Wertvorstellungen zurückgeht).

               

              Ihre Bewertung von Sexismus verhält sich ein wenig wie unser unflexibles Unterhaltsrecht bei Trennung: Eine 55-45-Aufteilung der Kinderbetreuung führt zu einer 100prozentigen Geldunterhaltspflicht des weniger betreuenden Elternteils. Gleichermaßen erklären Sie, dass solange summa summarum die Frauen ein Machtdefizit in der Gesellschaft haben, weiblicher Sexismus nicht als solcher zu werten oder zumindest nicht zu verurteilen ist.

               

              Selbst wenn das mit dem Machtdefizit wirklich stimmt, ist das immer noch ein Fehlschluss. Sexismus hebt Gräben zwischen den Geschlechtern aus, egal von welcher Seite er kommt. Das von vielen Frauen gepflegte Klischee von Männern als unsensiblen, machtgeilen und schwanzgesteuerten Höhlenmenschen z. B. wird zur "self-fulfilling prophecy", solange andere (aber zu einem erschreckend großen Anteil auch dieselben) Frauen ausgerechnet dieses Bild zu ihrer Zielvorstellung bei der Partnerwahl machen. Gleiches gilt umgekehrt für den Schönheitswahn bei Frauen.

               

              Wir sollten von dieser Einseitigkeit wegkommen und uns klarwerden, dass wir ALLE einander beeinflussen und so gesehen "Macht ausüben". Dann ist auch ein sehnsuchtsvoller Blick auf einem Werbeplakat kein politisches Statement mehr.

              • @Normalo:

                "Wir sollten von dieser Einseitigkeit wegkommen und uns klarwerden, dass wir ALLE einander beeinflussen und so gesehen "Macht ausüben"."

                So ebnen Sie jedoch die gesellschaftlichen Verhältnisse ein und relativieren damit Sexismus. Bspw. befürchten Männer generell nicht Übergriffe aufgrund ihres Geschlechtes, wenn sie sich abends im Dunkeln durch die Stadt bewegen. Berechtigterweise sieht das bei Frauen anders aus. Auf das Geschlecht bezogen, werden bspw. überwiegend Frauen zu Betroffenen sexualisierter Gewalt.

                Zudem geht es nicht nur um den "unsensiblen, machtgeilen und schwanzgesteuerten Höhlenmenschen" sondern auch darum, dass dieser oftmals gedeckt wird bzw. in subtileren Formen erscheint. Dann wird es Frauen erschwert, sich dagegen zu wehren - wie bspw. Justiz (siehe u.a. Prozess gegen Gina Lisa Lohfink) und Polizei. Aber das erwähnte ich ja bereits.

                Und klar ist Sexismus komplexer. Es geht nicht nur darum, wer in Machtposition ist, sondern auch um patriarchale Verhaltensmuster, die nicht nur von Männern gestützt werden. Und sicherlich wird das Patriarchat nicht dadurch überwunden, wenn die Machtpositionen von Frauen besetzt sind.

                Um bspw. Schönheitswahn zu bekämpfen, ist ja gerade ein Vorgehen gegen sexistische Werbung hilfreich... Aber hey, sogar so ein Vorgehen wird von einigen hier als übertrieben dargestellt. Da sieht mensch dann durchaus, wie ernst ihre Ausführungen über Sexismus zu nehmen sind. Ähnlich ordne ich auch die Äußerungen ein, wenn sich über Diskriminierungen von Männern beklagt wird. Das Ergebnis ist, dass Sexismus relativiert wird.

                 

                Wie wäre es denn mit einem Wiederaufgreifen von profeministischen Männergruppen als immer wieder Artikel über Feminismus und Sexismus zuzuspammen?

                • 6G
                  6474 (Profil gelöscht)
                  @Uranus:

                  Das (erwachsene) Frauen im Vergleich zu (erwachsenen) Männern im öffentlichen Raum überwiegend die Opfer von sexuellen Übergriffen sind, will glaube ich keiner leugnen.

                   

                  Das diese Übergriffe nicht nur Taten von unkontrollierten Psychophaten im klinischen Verständnis sind, sondern auch viel mit dem Frauenbild der Täter zu tun haben; auch das ist richtig.

                   

                  Warum das nun bedeuten soll, das es keine Geschlechterdiskriminierung von Frauen gegenüber Männern in anderen Bereichen geben kann, erschliesst sich mir wiederum nicht so ganz.

                   

                  .."Und klar ist Sexismus komplexer....

                  Aber hey, sogar so ein Vorgehen wird von einigen hier als übertrieben dargestellt."

                   

                  -Ich stelle Fragen bezüglich der Umsetzung und der etwas reaktionären Handhabung. Um Über- oder Untertreibung geht es also gar nicht, eher um die Frage ob es nicht absolut gefährlich ist zb Farben an bestimmten Personen verbieten zu wollen, oder Frauen auf öffentlichen Plakaten dazu zu zwingen, züchtige Kleidung zu tragen.

                   

                  ^^Diese Argmumentation erinnert ein bischen an die Argumente für ein Kopftuchverbot. Verordnete Zwangsbefreiung der Masse, auf Kosten der Freiheit Einzelner, was wiederum auf das Freiheitsverständnis der Masse zurückfällt und so schnell zum Bumerang wird.

  • Ich kann die Argumente von Petra Koch-Knöbel gut nachvollziehen und unterstütze sie.

    Diese Trump-Anspielung "Make Werbung great again" soll wohl lustig sein. Allerdings wird mit dem Spruch die Sexismus-verstärkende Wirkung von Kapitalismus verkannt - wobei ich Werbung als Teil dessen als Marketingstrategie zur Umsatzförderung verstehe. Zum Zweiten ist Werbung in der Vergangenheit wohl häufiger sexistisch gewesen als heute. Von "great again" sollte da nicht die Rede sein.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Sexistische Werbung sehe genauso auch ein Affront gegen mich.

    Ich bin kein Affe, den man aufgeilen kann, um ihm irgend etwas anzudrehen oder dem man seine eigenen sexistischen Erwartungen an die Frauenwelt aufdrängen dürfte!

    Diese unrealistischen Erwartungen und das ständige Geilgemachtwerden aus Profitgier führen bestenfalls nur zu sexuellem Frust.

     

    Ich finde die Argumente im Interview sehr stringent und finde das gut. Auch beim Damenrasierer, außer, die Werbung zeigt nur den Rasierer und nicht die rasierte Haut.

    Beim Männerrasierer sollte das genauso gehandhabt werden. "Rasier dich doch mal, du hast ja schon wieder Dreitagebart!" oder "Bartträger haben was zu verbergen." sind typische Diskriminierungsformen.

     

    Ich habe eine radikalere Einstellung zu Aussenwerbung, ausgenommen direkt an den Geschäften und Werbung für Kulturveranstaltungen muss selbstverständlich auch möglich sein. Ich weiß ja noch, wie ein Stadtbild aussehen kann ohne Werbung.

     

    Zugegebenermaßen war das im Leipzig der Vorwendezeit ein graues und tristes Stadtbild, das auch mit der Verklärungskraft der Kindheit nicht viel schöner wird, aber heute gibt es Umweltschutz, Farbe und Graffiti, da ist es auch ohne Werbung bunt genug.

     

    Aller paar Meter visuell angesprochen zu werden, dass ich gefälligst (etwas) zu kaufen haben, ist eine extreme Belästigung. Das ist öffentlicher Raum und kein Privatraum, wo man (visuelle) Verkaufsgespräche führen sollte.

     

    Es gibt kein Recht auf öffentliche Belästigung anderer. Ich kann so etwas im Grundgesetz oder den Menschenrechten nicht finden.

    Im Gegenteil steht im Grundgesetz, Artikel 2:

    "Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt [...]"

     

    In die freie Entfaltung meiner Persönlichkeit wird auf radikale Weise eingegriffen, wenn ich mich auf Schritt und Tritt dem visuellen Marktschreiertum, d.h den Avancen anderer Menschen geistig erwehren muss.

     

    Die Straße ist kein Marktplatz.

    Reclaim the Litfasssäule!

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Fr. Koch-Knöbel, mMn ein Rohrkrepierer.

  • Rüge vs. Verbot - Unterschied bekannt?

    • @Normalo:

      War das für mich bestimmt?

      • @Sebas.tian:

        Jawoll., Sorry...

  • Die Fragen in diesem Interview fand ich gut. Die Antworten haben mich mehrheitlich nicht überzeugt. Es bleibt bei mir der Eindruck, in Kreuzberg werde recht willkürlich nach persönlichem Geschmack verboten. Und nicht zu vergessen: Die wirklichen "Baustellen", die der Bezirk hat, liegen bei ganz anderen Themen.

  • Wem das Thema Sexismus und Medienwirksamkeitsforschung und stereotypen Rollenbildern in Videospielen interessiert, empfehle ich diesen Podcast mit 2 (feministischen) Medienwissenschaftlerinnen.

    Dort klingt das ganze viel differenzierter, als die Behauptungen von Frau K.

    https://www.gamespodcast.de/2017/07/19/sexismus-und-spiele-2/

  • Eine Cabaretnummer könnte die Verbotspartei "Die Grünen" nicht besser auf den Punkt bringen.

  • Schöner blick in die Parallelwelt von Menschen die offenbar wirklich keine anderen Probleme haben (oder ganz ganz massive Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl)

     

    Gott sei Dank lebe ich in Ba-Wü wo es das einfach nicht gibt.

    • @Thomas_Ba_Wü:

      Nee is klar. Wetten, dass sie in der Freiburger Wiehre längst an ähnlichen Regeln basteln? ;-)

  • Heiko Maas (SPD) wollte nach der Silvesternacht 2015/16 mit einer Gesetzesänderung geschlechterdiskriminierende Werbung verbieten um ein "modernes Geschlechterbild" in Deutschland zu etablieren.

     

    Leider wurde das nicht umgesetzt (eine gute Kriese als als Gelegenheit nicht genutzt), mit den bekannten Folgen.

    Wir bekommen Menschen geschenkt die mit ihrer Kultur unsere Kultur (die abseits der Sprache nicht ja auffindbar ist) zu bereichern.

    Dann sehen diese jungen Männer hier sexistische Werbung und können ja gar nicht anders als Frauen zu belästigen.

    Leider kommt dieser Aspekt im Interview zu kurz.

    • @Alreech:

      Nehmen wir an, der Aspekt WÄRE vorgekommen - mir ist allerdings nicht klar wie, Erika Steinbach war nicht dabei - was hätten die Damen wohl dazu gesagt? Vielleicht, dass dieser Aspekt auf ein genauso diskriminierendes Bild von Ausländern hinweist, wie sexistische auf ein diskriminierendes Bild von Frauen?

    • @Alreech:

      Junge Männer sind also praktisch gezwungen, Frauen zu begrapschen, nachdem sie Werbung mit leicht bekleideten Damen gesehen haben. Aha. Und Computerspiele machen einen zum Amokläufer, Rockmusik läßt die Jugend verrohen, Flash-Gordon-Videos und Wasserpistolen machen Kinder gewalttätig, Barbiepuppen verdummen kleine Mädchen... am besten alles verbieten?

       

      Ein modernes Geschlechterbild kann man nicht per Gesetz oder Verbot erlassen. Das fängt im Elternhaus an, wenn überhaupt, und dann müßte man erstmal dafür sorgen, daß in Deutschland z.B. nicht die Mehrheit aller Mütter zuhause am Herd stehen, während Papi arbeiten geht... und das ist dann plötzlich nicht mehr ganz so einfach. Da kann der Staat nicht einfach einen Zauberstab schwingen.

       

      Verbote von bestimmter Werbung oder bestimmter Kleidung usw. sind leider Augenwischerei. Es werden Symptome bekämpft, nicht Ursachen. Das ist reiner Populismus.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @kditd:

        Da wälzen Sie ja alles auf die Erziehung ab. Das würde ich Erziehungsutopie nennen und halte es für übertreiben optimistisch.

         

        Gesellschaftliche Dynamiken im eigentlichen Sinne gibt es dann aber gar nicht mehr, Wenn die Erziehung dann nicht fruchtet, weiß man nicht, warum.

         

        Die einfache Unterscheidung zwischen Symptomen und Ursachen machen kritische Sozialforscher nicht.

        Als Lektüre empfehle ich den Klassiker zum Thema Sex:

        Michel Foucault - Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit. http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=34227

      • @kditd:

        Warum nicht verbieten ?

        Das Verbot sexistischer Werbung ist eine alte Forderung der Linken.

        Die Gelegenheit welche die Vorkommnisse an Silverster 2015/16 geboten hat dieses Verbot endlich einzuführen wurde nicht genutzt, und das ist zu bedauern.

         

        Was das moderne Geschlechterbild angeht so ist das Heimchen am Herd sicherlich problematisch.

        Die Abschaffung des Ehegattensplittings und der beitragsfreien Mitversicherung von Frauen und Kindern in der gesetzlichen Krankenkasse könnte da helfen.

        Viele junge verheirate Paare missbrauchen diese Privilegien damit z.B. die Frau noch eine Ausbildung machen kann während der Mann als Facharbeiter schon gut verdient.

         

        Würde statt dem Einkommen des Ehemannes der Staat das finanzieren (z.B. über höhere Steuern) würde das dem modernen Geschlechterbild nur nutzen.

        Es würde zeigen das in einem starken Sozialstaat das Konstrukt der Ehe sinnlos ist.

        Auch könnte man überlegen ob der Staat die Reproduktionsarbeit nicht entlohnt - z.B. mit einem bedingungslosen Grundeinkommen für Mutter und Kind.

  • Klar hat Eric Kandel recht -

    "Wenn Sie aus einem Film kommen -

    Sind Sie nicht mehr derselbe!" &

    Vance Packard Die geheimen Verführer

    But. Ob die 70er nun vorbei sind… -

    An den Dünnstellen - Werbung in den Bussen & sexy Boys statt Girls etc & das

    Geeier - Läuft's doch erkennbar auf den steinalten Witz beim Psychiater raus -

    "Wer malt hier eigentlich die Sauereien

    Sie oder ich?!"

    &

    kurz - Die einfältigen eindimensionalen

    Kopfkinos der selbsternannten ("beschäftige mich schon seit den 70ern…" - na Mahlzeit!) Groß-Pc-ler & Blockwarte freuen sich - endlich mal am Drücker zu sein.

    Fluffig mit komplett unbewiesenen rein spekulativen gesellschaftlichen Zusammenhängen alarmistisch rumhantieren - Geht's noch - wa!

    Wie grottig moralinsauer ist das denn!

    Damit zieht frauman doch in Wahrheit keinen müden Hering vom Teller -

    Sondern bedient nur den fugenbreit

    graupepita - aber schwer akkurat geharkten HeimchenVorgarten & den eigengetöpferten oeko-goldenen

    Pädagogischen Zeigefinger!

    Schwatz-grüner Biedermeier 4.0 -

    Unterster Kajüte! Newahr!

    Rein tonn katolsch warrn.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Hier geht es nicht um einen Kinobesuch, die Freiheit der Kunst oder die persönliche Freizügigkeit, soviel Haut zu zeigen wie frauman will (außer den Genitalien), auch nicht um die Einschränkung der Prostitution, des Pornos oder Industrie für Sexspielzeuge..

      Rein katholisch? Da kennen Sie aber seltsame Katholiken.

       

      Ich find es etwas moralinsauer, die Freiheit von Werbetreibenden, den öffentlichen Raum zu nutzen, zu verteidigen, denen es nur darum geht, mit dem Sex anderer Geld zu verdienen. Das machen auch Zuhälter. An gewisse gesellschaftlich gesetzte Grenzen sollte sich da schon gehalten werden.

       

      Was nun genau sexistisch ist und was nicht, darüber muss es einen Diskurs geben, so zumindest meine Diskursethik.

      Zu der gehören Psychiaterdiagnosen nicht, damit läßt sich wohl jede*r diskreditieren.

       

      Dass manche Ansichten übertrieben sind ist genauso klar, wie das andere Menschen untertreiben. Das heißt nicht, dass es keinen gangbaren Mittelweg gibt, der zwischen den Interessen vermittelt.

      Dieses Verfahren hat nichts mit einem Blockwart zu tun, das könnte ich ihrem Post auch vorwerfen.

       

      Die archeaologische Methode Foucaults als "komplett unbewiesenen rein spekulativen [Alarmismus]" zu bezeichnen, bin ich eher aus anderen politischen Lagern gewohnt. http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=34227

       

      Den Gedanken, dass Sexismus gar nichts mit der öffentlichen Darstellung sexuell zur Verfügung stehender Frauen zu tun hat, finde ich ähnlich abwegig, wie dass der Katholizismus nichts mit Frauen am Herd zu tun hätte und deren Entscheidung ganz natürlich erfolgt.

      Wenn PR-Kampagnen nicht funktionieren würden, dann wären wir auch alle besser dran.

       

      Amorelie-Fernsehwerbung für Sexspielzeug am frühen Nachmittag unangebracht zu finden, hat mit Religion oder Prüderie auch nichts zu tun und auch nichts mit feministischem Aktionismus.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Zur Diskursethik - was immer das sei -

        Mal soviel ~> Foucaults Methode & gar von rechts in Frage zu stellen - & wo denn überhaupt? - ist mir bisher noch nicht in den Sinn gekommen. &

        "Rein tonn katolsch warrn" - ist im Hohen Norden - da traditionell evangelisch geprägt - ein derber Fluch ala im Rheinland "wie gut daß wir nicht evangelisch sinn"!;)

        Mit Religion hat das wenig zu tun -

        Wendet sich vielmehr gegen jegliche Reglementiererei. &

        Genau darauf läuft's doch erkennbar

        raus. Beim öffentlichen Diskurs solls ja grad nicht bleiben.

        &

        Daß Werbung dem Verkauf dienen soll ist ja ne bahnbrechende Erkenntnis.

        &

        Das Zuscheißen des Öffentlichen Raumes damit - find ich auch -

        Ge-Stroer-t.

        Ebenso das sich damit Füllen der -

        Stadtsäckel. &

        Da - sollte es zur Sache gehen!

        Pc-ler aber wollen saubere Werbung -

        Was ein Treppenwitz.

         

        (ps daß sich Ihnen grad Eric Kandels Anspielung nix sagt - ist lustig -

        Verwundert mich aber nicht!;)

        Wahrscheinlich geht's Ihnen mit

        "Man kann nicht Nichtkommunizieren"

        - ähnlich!

        Also behalten Sie ruhig Ihren Hammer!;)) & werden Sie damit glücklich.

  • Danke für das Interview inklusive der kritischen Fragen.

     

    Besonders spannend fand ich die Frage, ob die Tochter kein Rosa tragen durfte. Die Antwort war ausweichend.

    Ich habe drei Töchter, die alle ihre Pink-Glitzer-Phase hatten. Bei der ersten habe ich ich noch gefragt,was wir verkehrt gemacht haben. Bei der letten wußte ich, das verwächst sich. Irgendwann kam dann auch die Phase, wo gar nicht ging.

     

    Aus der Antwort "Sie durfte alles tragen, was sie wollte. Ich habe sie aber nicht in klischeehaftem Verhalten bestärkt." lese ich deshalb heraus: "Ja, sie hatte auch ihre Rosa-Phase und ich konnte nicht dagegen tun." :-)

    Da traf dann wohl Ideologie auf Realität.

     

    Wäre schön gewesen, wenn sie sich dann die arrogante Anmerkung "Die Eltern können ruhig auch mal nachdenken..." geklemmt hätte.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @rero:

      Da hat sie mit ihrer Bemerkung aber recht. Das sehe ich in der Verwandtschaft. Meiner kleinen Cousine muss schon im vorauseilendem Gehorsam rosa Zeug gekauft werden zur Einschulung. Ich hab ihr einen grünen Wollkraken gebastelt und darüber hat sie sich auch gefreut.

  • Letzten Endes kann mir keiner verbieten, ein Plakat von einer nackten Frau aufzuhängen. Das ist Kunst, und da würde ich als Werbeunternehmen die Kunstfreiheit in Anspruch nehmen. Wird bald auch der Rubens aus dem Museum entfernt? Der Tarantino aus dem Kino?

     

    Es ist ok, daß darüber diskutiert wird, ob wir ein komisches Frauenbild haben. Die Diskussion ist auch notwendig. Das unterstütze ich auch. Nur bei Verboten hört es für mich auf. Ich möchte keinen Staat, der den Bürgern bis ins Detail mit Verboten und dann irgendwann auch Bußgeldern usw. vorschreibt, was sie denken und wollen dürfen. Das Verbot ist unliberal und kleinlich.

     

    Wenn man es schafft, daß Hunderttausende Frauen gegen diese Werbung protestieren, wird sich sicher auch was ändern. Aber "toll, wir sind an der (Bezirks-)Macht, laßt uns jetzt mal richtig auf die Kacke hauen und Bordellwerbung verbieten" reicht nicht. Damit greift man der öffentlichen Willensbildung vor.

     

    Wer entscheidet, was Jugendliche sehen dürfen? Ob sie damit konfrontiert werden dürfen, daß es Bordelle gibt? Hoffentlich nicht die Bezirksregierung, hoffentlich nicht die Kirche...

     

    Als nächstes kommt dann das Burkaverbot, dann das Kopftuchverbot, dann das Minirockverbot. Das gefällt Frau Koch-Knöbel sicher auch alles nicht, aber wir können nicht in einem Land leben, wo Frau Koch-Knöbel uns allen persönlich vorschreibt, was wir zu sehen bekommen. Was erlauben Strunz?

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @kditd:

      Auch Eltern machen sich strafbar, wenn sie pornografische Inhalte ihren Kindern zugänglich machen.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @kditd:

      Was Jugendliche sehen dürfen, entscheidet die Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Medien, die Freiwillige Selbstkontrolle (FSK) der Industrie und hoffentlich die Eltern, etwa durch einen Browser mit voreingestelltem Jugendschutzsystem. Im Zweifelsfall landet das Ganze vor Gericht.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @kditd:

      Haben Sie schon mal ins Internet geschaut? Die armen Jugendlichen haben ja gar keine Chance, was über Sex rauszufinden.

      Wär ja auch schrecklich, wenn die Jungens nicht mal wüssten, dass es Bordelle gibt, wo mann sich Sex kaufen kann.

  • Sexistische Werbung ist Folge eines Nutzer-Blicks auf Frauen! Gleichzeitig für das Recht von Männern auf Sexkauf

    plädieren, im 21. Jahrhundert, und dann gegen die Ausstellung dieses Blicks in der Werbung protestieren, ist bigott!!!

    Der erste Schritt wäre: Stop Sexkauf!

  • Also richtig gut vertreten kann Frau Koch-Knöbel die Maßnahme aber nicht. Obwohl ich von der Sache her die Entscheidung richtig finde, dass bezirgseigene Plakatwände in Friedrichshain-Kreuzberg (und nur um die geht es ja) keine sexistische Werbung zeigen, wirkt die Argumentation etwas dünne.

  • Bin ich nicht einverstanden mit. Männer werden anonym abgearbeitet, als plumpe Triebtäter gesehen. Als Kritik muß reichen, wenn Frauen ihre Vorurteile daran abarbeiten. Gut ist, wenn wir uns mit Werbepsychologie auseinandersetzen. Wenn Klischees bedient werden, reicht Aufklärung. Das mit der Verurteilerei lassen wir lieber.

  • tja, Kreuzberg ist halt ein besonderes Pflaster und die Leute wählen dort ja immer solche Leute. Solange es auf diesen Bezirk begrenzt bleibt, soll es mir Recht sein.

    • @Dr. McSchreck:

      Nun, die letzte Frage zeigt ja, dass selbst in Kreuzberg es offenbar an Relevanz mangelt.

       

      Die Jury existiert seit drei Jahren, und noch nie wurde etwas beanstandet. Also nur Schaum...

  • Frauenfeindlichkeit hin oder her - es gibt ja eine ziemlich große Menge an Frauen die durch aus Lust haben sich "sexy" zu positionieren.

     

    Werbung ist es im Grunde schon sich zu schminken.

  • Das sind wirklich Luxusprobleme.

    Frau K.-K. (Sorry, der Name ist einfach zu lang. Konnte man sich nicht einigen?!) sollte ihre Energie besser in andere Problemfelder stecken. In Indien werden klammheimlich Mädchen abgetrieben während die AfD in Deutschland auf dem Vormarsch ist und währenddessen regt sich Frau K.-K. über ein paar Werbeplakate auf. Absolut lächerlich.

     

    "Ich bin ja gegen Verbote, aber..."

     

    Menschen wie Frau K.-K. machen diese Art der Werbung erst richtig interessant, indem sie sie derart verteufeln. Hoffentlich sind wir in 20 Jahren weiter und lachen schulterzuckend über solche Auswüchse.

    • @FrankUnderwood:

      Lieber F. U. (sorry, der Name ist einfach zu lang zum Tippen), das "Es gibt Wichtigeres zu tun"-Argument ist ausgelutscht bis zum Gehtnichtmehr. Es gibt *immer* Wichtigeres zu tun. Das ist aber kein Grund, die kleinen Mißstände nicht anzupacken, wenn man die Möglichkeit hat.

    • @FrankUnderwood:

      Vor mehr als 20 Jahren hätte man über solche "Auswüchse" auch laut gelacht. Das ist doch diese spießig kleinbürgerliche Sucht nach Sauberkeit und Reinheit. Erinnert mich an die Fünfzigerjahre, wo alles skandalisiert wurde, was dem deutschen Michel nicht passte.

      • @Rolf B.:

        Sie sind ein Mann. Stellen Sie sich doch einfach mal die alltägliche Werbung mit nackten Frauen in anbiedernden Posen umgekehrt vor:

        Junge Männer räkeln sich lasziv auf BMW-Kühlerhauben, vor, auf der Waschmaschine, etc.

        Das ist dann auch alles ok, sexuell befreit und nicht prüde - ??

        Wir alle haben uns extrem an die männliche Perspektive gewöhnt. Und die findet eine nackte Frau morgens als U-Bahnplakat manchmal ganz geil, manchmal nicht so wichtig.

        Aber dass sie dahängt, wundert den Durchschnittsmann, die Durchschnittsfrau doch gar nicht.

        Die Leute, die gegen sexistische Werbung vorgehen, versuchen, unseren Blick, der objektivierend auf Frauen blickt bzw. diesen Blick heranzüchtet, zu neutralisieren.

        Und das ist mehr als berechtigt. Die Gewalt gegen Frauen fängt da an, wo ich eingeladen werde, sie generell als verfügbar zu sehen.

        • @cazzimma:

          Ich entspreche zwar mehr oder weniger dem Kreuzberger Feindbild, also „weiß“, „heterosexuell“, „männlich“, „westlich-privilegiert“, usw. usw., aber, ja: Mehr Plakate mit nackten Männern wären mir genau so schnurzpiepegal wie eigentlich so ziemlich alle Werbeplakate, an denen ich täglich so vorbeilaufe. Das einzige, was mich wahrscheinlich noch weniger interessiert, sind wohl die Werbebanner auf den Webseiten der deutschen Nachrichtenportale, egal, ob – wie auch immer – nackt oder nicht … ;-)

        • @cazzimma:

          Ja, nackte Männer in anbiedenden Posen auf Waschmaschinen sind völlg o.k, sexuell befreit und nicht prüde.

           

          Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Männer sich darüber beschweren würden.

          • @rero:

            Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, daß das viele Frauen anspricht.

            Höchstens indem sie darüber herzlich lachen.

            Was natürlich wiederum einen starken Werbeeffekt hätte.

        • @cazzimma:

          @ Rolf B. und Franku. (sorry, der Name war einfach zu lang!):

           

          Aufwachen! Die 1970er sind vorbei.

  • 8G
    88059 (Profil gelöscht)

    Irgendwie ein seltsames Gespräch.

     

    Da findet sich jemand total "kess" und "keck" und "knorke" und meint, damit an der Speerspitze des gesellschaftlichen Fortschritts zu stehen - aber unter den Talaren ist nur der oberlehrerhafte Muff von tausend Jahren, um mal im Jargon der Interviewten zu bleiben.

     

    Fassen wir also mal zusammen: Frauen, die für Rasierer werben oder auf eine Weise gucken, die der Dame nicht gefällt, gehören nicht in den öffentlichen Raum, für eine Sexmesse darf nicht mit Sex geworben werden, selbstbestimmte Sexualität von Frauen ist ihr ein Grauß, Männer in Unterwäsche am Herd schaut sie sich aber gern mal an; und Gott bewahre, dass in der Werbung irgendetwas als "verfügbar" dargestellt wird: Im Osten war damals ja auch nichts verfügbar - und? hat's den Leuten geschadet?

     

    Auf mich wirkt dieses Interview wie penetrante Werbung für die spezifisch deutsche Ausprägung dessen, was Freud einen "analen Charakter" nennt - und ein paar Möpse hier und da kann ich ja noch ertragen, aber anal in der Öffentlichkeit geht gar nicht! Und trotzdem bin ich bereit, das zu tolerieren, das gehört zu einer offene Gesellschaft irgendwie da...

     

    Vor allem drängen sich aber angesichts der Wortwahl und Art der Antworten auch gleich sexistische Stereotype von der Stutenbissigkeit und vom Neid einer Frau ohne Bikinifigur auf Frauen mit einer solchen auf - und das bringt das hiesige Frauenbild sicher nicht voran. Frau Koch-Knöbel ist nicht minder im Bild der Frau als Objekt und als Gegenstand von Diskursen gefangen, wie die, denen nichts Besseres einfällt, als noch den Dümmsten Bezug vom Produkt zu den Geschlechtsteilen einer Frau herzustellen.

  • Einfachste Lösung:

    Werbung komplett verbieten. Sie nervt nur und verschafft in erster Linie auch nur denen einen Vorteil die schon im Vorteil sind.

     

    An dieser Stelle mach ich mal Werbung für einen Film der sich treffend mit dem Thema Werbung bzw. vielmehr der Werbebranche auseinandergesetzt hat: 39,90 (Originaltitel: 99 francs) von an Kounen aus dem Jahr 2007.

    • 3G
      38057 (Profil gelöscht)
      @Victa:

      Es ist so schön in Kuba zu sein, wo Städte, Landschaft und Fernsehen nicht mit Werbung verschandelt werden.

      • @38057 (Profil gelöscht):

        Sao Paulo gilt seit 2007 ein Werbeverbot in der Öffentlichkeit.

        Man muss nicht nach Kuba dafür...

         

        @Victa

        Ich ziehe das Buch vor...