Die SPD nach dem Ende des Schulz-Hypes: Das Kokain der Politik
20, 32, 26 Prozent – hoch und runter gehen die Umfragen und mit ihnen taumelt die SPD. Wie kann die Partei damit umgehen?
Der Mann, dessentwegen sie Genossin werden will, pflügt am 9. März blendend gelaunt durch die Fußgängerzone in Darmstadt. Martin Schulz, 61, Ex-EU-Parlamentspräsident, Exbürgermeister von Würselen und frisch ausgerufener SPD-Kanzlerkandidat, streichelt Babys, macht Selfies mit Jusos, umarmt Bekannte. „Das ist ja wie bei Justin Bieber“, sagt eine junge Frau.
Schulz ist heiter, locker und aufgekratzt. Mit Darmstadt 98, dem Tabellenletzten, werde es wieder aufwärts gehen, ruft er. Der Trainer, Torsten Frings, sei ja aus Würselen. Fußball und Würselen, das geht immer. Jubel. An einer Currywurstbude fragt eine Lokalreporterin, wie Schulz mit dem Hype um seine Person klar komme. „Ich war ganz unten. Ich habe eine Mitte. Ich hebe nicht ab.“
Das ist viel Ich in drei Sätzen, aber an diesem Tag in Ordnung, denn Schulz strahlt wie eine kleine Sonne. Seine SPD liegt in Umfragen bei 32 Prozent, ein Rekordwert. Schulz, der Herausforderer, und Kanzlerin Angela Merkel liegen Kopf an Kopf. Alles scheint möglich. Schulz, diese Stimmung liegt in der Darmstädter Luft, könnte der nächste Bundeskanzler werden.
In der SPD hatten sie damals ein beseeltes Lächeln im Gesicht, wenn sie von ihm sprachen. Auf Twitter sammelten sich begeisterte Posts unter den Überschriften #JetztistSchulz oder #GeileSau. Auf dem Cover des Spiegels stupst Schulz eine steinerne Merkel vom Sockel.
Heute, gut zwei Monate später, ist Darmstadt aus der Bundesliga abgestiegen. Die SPD hat drei Landtagswahlen verloren, zuletzt die im wichtigen Nordrhein-Westfalen. Neumitglied Miriam Wolters beißt in einem Café am Berliner Spreeufer in ein Franzbrötchen und sagt: „Fair ist das nicht – und auch ein bisschen traurig.“
Fukushima: +6 Prozent, Schulz: +12 Prozent
War alles nur Hype? Eine Luftblase, eine Autosuggestion, in der „Martin Schulz“ ein ungedeckter Wechsel war, eine Projektionsfläche ohne eigenes Gewicht? Kommt da noch was? Oder war’s das mit Schulz?
Zum Hype scheint zu gehören, dass alle Medien dauernd fragen, ob das, was gerade passiert, Hype ist – und trotzdem keiner aussteigt. Und er hat viel mit Gefühlen zu tun.
„Martin Schulz ist einfach ein guter Typ. Nahbar, authentisch, humorvoll.“ Miriam Wolters, 41, Glitzerstecker in der Nase, türkisfarbener Blazer, kann sich in Begeisterung reden, wenn sie über Schulz nachdenkt. Der nehme sich nicht so ernst, sagt sie, sei ein überzeugter Europäer und einer, der die Sorgen einfacher Leute kenne. Schulz scheiterte in jungen Jahren als Fußballer, besiegte eine Alkoholsucht, arbeitete als Buchhändler, bevor er seine steile Politikkarriere hinlegte.
Wolters, Referentin beim Deutschen Jugendherbergswerk, nennt sich selbst ein „Fangirl“, ironisch natürlich, denn was sie über die SPD-Liebe zu Schulz erzählt, ist reflektiert. Eine Illusion sei es, dass es in der Politik nur aufs Programm ankomme. „Personen sind entscheidend.“ Schulz sei für die Sozialdemokratie wie ein Befreiungsschlag gewesen.
Wissenschaftlich gesehen ist medialer Hype – eigentlich ein Ausdruck für PR-Kampagnen für neue Produkte – mehr als Übertreibung. Es bezeichnet einen Grenzzustand: Medien bilden die Wirklichkeit nicht mehr nur ab, sie werden selbst zu Akteuren, die Nachrichten produzieren, über die sie berichten.
So wächst eine Scheinwelt, ein System, das sich selbst beschleunigt. Bis zum Kollaps. Die Umfragewerte der SPD schnellten vom Moment der Nominierung Martin Schulz’ am 24. Januar in vier Wochen von 20 auf 32 Prozent.
Nach Fukushima 2011 stiegen die Werte für die Grünen um 6 Prozent. Die Union verlor im Jahre 2000 mal 13 Prozent – allerdings in drei Monaten, nicht in drei Wochen. Damals weigerte sich Helmut Kohl, der Justiz die Namen illegaler Parteispender zu nennen. Es war die tiefste Krise der Union seit 1949.
Thomas Petersen, Demoskop beim Allensbach-Institut, sagt: „Die bloße Ankündigung einer Personalie hat noch nie einen solchen Umschwung ausgelöst.“ Petersen hält die Schulz-Nominierung für das Paradebeispiel eines Zusammenspiels von medialer Übertreibung und Umfragehagel, ein System von sich gegenseitig verstärkenden Echoräumen.
Erst präsentierten Medien Schulz als Sensation, dann beauftragten sie Umfrageinstitute, die – kein Wunder – melden, dass die SPD beliebter sei. Das war wiederum eine Nachricht, die zu beweisen schien, dass es richtig war, viel und positiv über Schulz zu berichten. Das war, so Petersen, „ein Kreis, ein sich selbst nährendes System aus Berichten und oberflächlichen Blitzumfragen“.
Kurzum: eine Blase. Großen Anteil haben die Umfrageinstitute. Die Konkurrenz ist groß, und die Verführung, neue spektakuläre Zahlen zu liefern auch. In den vier Wochen nach Schulz’ Nominierung veröffentlichten 7 Institute 23 Umfragen, fast jeden Tag eine. Und für eine Headline taugt „SPD erstmals bei 30 Prozent“ eher als SPD bei 29 Prozent. Der Aufmerksamkeitsmarkt braucht Nachschub. Umfragen, die scheinbar nur messen, was der Fall ist, sind ideale Beglaubigungen.
Die Überschriften waren entsprechend: „Ein Monat Schulz: SPD erstmals seit 2006 in Umfrage vor der Union.“ Oder dass Schulz beliebter als Merkel sei. Die Umfragehausse des SPD-Manns, so Petersen, „hat im Februar sogar Trump eine Weile aus den Schlagzeilen verdrängt“.
Viele Sympathisanten, wenig Wähler
Außerdem herrscht medial zunehmend die Logik des Entweder-oder. Von ja/nein, neu/alt, in/out. Die Amplituden der Politumfragen werden extremer, weil die Sender, Politiker und Medien kürzere und schnellere Signale senden und die Empfänger, die Bürger, zunehmend nur noch eindeutige, laute, oft gesendete Botschaften wahrnehmen. Das ist nicht neu. Aber heftiger als früher.
Natürlich war der Schulz-Effekt nicht pure mediale Rückkoppelung. Kein Medium kann eine Stimmung ohne Resonanzraum schaffen. Der Hype ist auf dem Politmarkt ein Echo, das einen Ton verstärkt und verzerrt. Der SPD half Ende Januar schon die Tatsache, dass Sigmar Gabriel, der auch bei SPD-Anhängern mulmige Gefühle auslöste, von der Bildfläche verschwand. Schulz war nett, lustig, bekannt genug, um Hoffnungen zu binden, unbekannt genug, um niemand zu verschrecken.
Die Umfrageausschläge sind womöglich bei der SPD heftiger, weil die Partei sehr viele vage Sympathisanten hat und sehr wenig Wähler. Fast zwei Drittel der Deutschen fanden es Ende Januar gut, wenn die SPD regiert – so viele wie bei keiner anderen Partei. Doch gewählt hätten sie damals nur 20 Prozent.
Einer, der unter dem Schulz-Hype litt, ist Michael Kellner. Der Zweimetertyp mit dichten Locken und schwarzer Brille managt als Bundesgeschäftsführer den Wahlkampf der Grünen. Die SPD hob ab, die Grünen rutschten ab. Elf Prozent, neun, sieben. Sogar ein Scheitern an der Fünfprozenthürde war denkbar.
Medien erkundeten lustvoll die Misere der Grünen. Sind sie zu zahm? Zu links? Zu konservativ? Zu langweilig? „Das ist wie eine Welle“, sagt Kellner. „Jeder Journalist muss die Geschichte einmal geschrieben haben. Keiner will abseits stehen.“ Ein Trend laufe und zwei Wochen später komme der Nächste. Da helfe nur Gelassenheit.
Umfragen sind das Kokain der Politik. Alle wissen, dass man ihnen nicht trauen darf, aber alle sind von ihnen abhängig. Erfolg bei den Wählern, auch virtueller, das ist die einzige Währung, die zählt. Und die Dosen werden stärker. Früher gab es zwei, drei Institute, die die politische Stimmung der Deutschen abfragten. Heute gibt es mehr als doppelt so viele. Der Kreisel dreht sich immer rasanter, der Zirkus füttert sich selbst – und zwingt Politiker zu immer schnelleren Reaktionen.
YouGov, ein börsennotiertes britisches Institut, veröffentlichte Ende April eine todesbedrohende Nachricht für die Grünen-Fraktion im Düsseldorfer Landtag. Nur noch fünf Prozent würden der Partei ihre Stimme geben. Die Zahl wurde eine halbe Stunde vor einer länger geplanten Pressekonferenz der Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann veröffentlicht. Vor den Journalisten formulierte sie dann einen Hilferuf an die WählerInnen. Jetzt gehe es um alles. Am selben Tag korrigierte YouGov die Zahl nach oben.
Grüne schütteln bis heute darüber den Kopf. Politiker wirken ab und an wie Getriebene, während Medien und Institute den Takt vorgeben. Vor einem halben Jahr dachten alle, die entscheidende Auseinandersetzung sei die zwischen Demokraten und AfD, zwischen Weltoffenheit und Nationalismus. Dann kam Schulz. Jetzt ist die Lindner-FDP hipp. „Sofort auf Geschichten, Spins oder Attacken zu reagieren, ist wahnsinnig wichtig geworden“, sagt Kellner.
Die Grünen setzen auch deshalb auf maximale Flexibilität. Ihre Kampagne wird eine Werbeagentur erfinden und betreuen, die sich eigens für diesen Auftrag gegründet hat – und danach wieder auflöst. Eine handvoll Kreative aus verschiedenen Agenturen. Sie sollen zum Teil sogar in der Grünen-Geschäftsstelle sitzen.
Früher entwarf traditionell die Großagentur Zum goldenen Hirschen die grünen Kampagnen. Kein Tanker mehr, sondern ein Schnellboot. Kurze Entscheidungswege, Arbeiten auf Zuruf, blitzschnelle Reaktionen. „Sehr glücklich“ sei er mit dieser Entscheidung, wenn er sich die vergangenen Landtagswahlen anschaue, sagt Kellner.
Dass die Umfragen für die SPD „wegen Schulz so gut waren, war auch ein Fluch“, sagt Frank Stauss. Er ist einer der erfolgreichsten Politkampagnenplaner hierzulande. 2016 half er Malu Dreyer (SPD) in Rheinland Pfalz ihre Konkurrentin Julia Klöckner (CDU) auf den letzten Metern zu besiegen. Stauss, 52, hat ein erfolgreiches Buch über Wahlkämpfe geschrieben. Zuletzt warb er für Hannelore Kraft in NRW. Das ging schief.
Der Schulz-Hype habe der SPD bei den Landtagswahlen eine „falsche Sicherheit“ suggeriert. In allen drei Bundesländern waren die realen Wahlergebnisse am Ende nahe an dem Durchschnitt von 2016.
Und die Bundestagswahl? Alles schon gelaufen? „Das Schulz-Hoch hat doch gezeigt, dass sich viele Leute vorstellen können, SPD zu wählen“, sagt Stauss. Merkel sei schlagbar, trotz allem. „Sie ist die sichere Bank. Aber nicht mehr. Keiner weiß, was Merkel in den nächsten vier Jahr mit dem Land vorhat.“ Dagegen, glaubt Stauss, muss die SPD auf Fortschritt setzen, offensiv und ehrgeizig.
So wie Macron in Frankreich oder Trudeau in Kanada. Zum Beispiel mit dem digitalen Umbruch der Arbeitswelt: „Den Sicherheitsframe hat Merkel besetzt. Die SPD muss eine Aufbruchserzählung dagegensetzen und klar machen, dass nur Veränderung unsere Zukunft sichert. Sie darf sich nicht in die Retro-Ecke drängen lassen.“
Nach ALG Q kam nicht mehr viel
Also mehr als nur Gerechtigkeit. Die gehört zum Markenkern der SPD. Gerechtigkeit klingt gut und einfach. Und die Ungleichheit ist ja extrem gewachsen. Die unteren 40 Prozent der Deutschen haben in den letzten 20 Jahren Einkommen verloren. Das ist amtlich. Es steht im Armut- und Reichtumsbericht der Bundesregierung.
Und doch kann Gerechtigkeit als Wahlkampfthema vertrackt sein. Die Gefahr, am Publikum vorbeizusenden, ist groß. Denn die Selbsteinschätzung der Bürger ist anders als es die Sozialstatistiken nahe legen. So fanden vor zehn Jahren zwei Drittel, dass es in Deutschland ungerecht zugeht. Im März 2017 war das anders: 50 Prozent glauben, dass es in der Bundesrepublik eher gerecht zugeht, 44 Prozent denken das nicht. Und vier von fünf sind mit ihrer wirtschaftlichen Lage zufrieden.
Einer, der solche Zerklüftungen reflektiert, ist der Soziologe Heinz Bude. Im Februar lieferte er den theoretischen Soundtrack zu dem unvermuteten SPD-Höhenflug. Bude hatte ein Buch über Stimmungen („Das Gefühl der Welt“) geschrieben. Die Sympathiewelle für Schulz war, so Bude, nur verständlich auf der Folie einer „emotionalen Dissonanz“.
Die meisten Bürger sagen, dass es ihnen persönlich gut geht, dass aber die Gesellschaft, das Kollektiv gefährdet sei. „Schulz und soziale Gerechtigkeit war das Angebot, diesen Widerspruch zu besprechen“, so Bude. Doch die SPD habe „diesen Kommunikationsfaden abreißen lassen“.
Nach Schulz’ Ankündigung im Februar, ältere Arbeitslose mit Weiterbildung und ALG Q zu unterstützen, kam nicht mehr viel. Vielleicht weil Hannelore Kraft sich Ruhe für ihren Wahlkampf wünschte, wie es die SPD nun behauptet, vielleicht weil der Ruhm für den SPD-Star zu viel war. Weil in der Parteizentrale, dem Willy-Brandt-Haus, die Strategie fehlte. Die Kandidatenkür ging schnell. Und die Fähigkeit, so flexibel und schnell auf jede Stimmungsveränderung zu reagieren, wie es Kellner für nötig hält, war begrenzt.
Auch Miriam Wolters ist unzufrieden mit ihrer Partei. „Politik ist ein Produkt“, sagt sie in dem Café am Spreeufer. Wenn es am Markt platziert sei, müssten neue Highlights her. „Ordentlich auf die Trommel hauen, Neues liefern. Da kommt zu wenig.“ Bude hält das für den zentralen Fehler: „Schulz wirkt wie jemand, der sagt: Komm, lass uns ein Haus bauen. Und sich dann nicht mehr meldet.“
Nicht nur bei der Themendramaturgie war die SPD blass, sie sendete auch verwirrende Botschaften. Erst blinkte sie links Richtung Rot-Rot-Grün. Das passte, weil Schulz Gerechtigkeit reklamierte und als vitaler, überzeugter Pro-Euro-Mann auftrat. Nach der Saarland-Wahl folgte indes ein abrupter Schwenk weg von der Linkspartei und zur FDP. Wie das zu Schulz’ Gerechtigkeitserzählung passte, verstand niemand. Das wirkte nicht souverän, sondern hektisch.
Martin Schulz steht vor der Bücherwand einer Stadtteilbibliothek, die im fünften Stock eines Einkaufszentrums in Berlin-Neukölln untergebracht ist. Donnerstagmittag, blauer Himmel hinter einer Fensterfront. Es ist Tag vier nach dem Desaster. Die Niederlage in NRW hat Schulz, ein Freund von Sportmetaphern als Leberhaken bezeichnet, und versucht dabei tapfer auszusehen.
Jetzt wirkt er etwas angeschlagen, nicht so aufgeräumt und spritzig wie damals in Darmstadt. „Wenn Martin unter Druck gerät“, sagt einer, der ihn seit Jahrzehnten kennt, „wird er unwirsch und bekommt schlechte Laune.“ Kann sein, dass auch davon, ob Schulz Niederlagen wirklich sportlich wegstecken kann, abhängt, ob die SPD noch eine zweite Chance vor dem 24. September bekommt.
Angela Merkel geht über rote Teppiche und trifft Präsidenten. Die Helene Nathan Bibliothek ist ein Ort, um Street Credibility zu demonstrieren. Schulz präsentiert 13 Thesen zur Bildungspolitik. Tenor: Viel mehr Geld und das Ende des Kooperationsverbotes, das dem Bund die Finanzierung von Bildung in den Ländern verbietet. Das System soll von Kita bis Uni und Meisterausbildung kostenfrei sein.
Es ist ein Potpourri aus Ideen. Mehr Ganztagsschulen. Mehr Zeit und weniger Stress in der Schule. Auch Nichtakademiker sollen vom Erasmus-Programm profitieren.
Bildung ist ein günstiges Thema für die SPD: Es siedelt an der Schnittlinie zwischen Gerechtigkeit und Zukunft. Ein Gewinnerthema eigentlich. Nur ganz verstockte Neoliberale können im Ernst auf Steuersenkungen beharren, wenn in den Schulen der Putz bröckelt.
Deutschland, so Schulz, gebe nur 4,3 Prozent des BIP für Bildung aus, bei den OECD-Ländern sind es im Schnitt 5,2. Um wenigstens Durchschnitt zu sein, müsse Deutschland 12 Milliarden Euro im Jahr mehr ausgeben. Das stimmt nicht. Schulz korrigiert sich später: Es wären 30 Milliarden Euro mehr.
Nach der Rede springt der örtliche SPD-Bundestagsabgeordnete auf, zeigt sich angemessen begeistert „von der ersten inhaltlichen Stellungnahme unseres Kanzlerkandidaten“ und sichert Schulz die Unterstützung der SPD Neukölln zu. Immerhin, die SPD Neukölln, sagt Schulz. Es soll heiter klingen, kippt aber ins Melancholische.
Ein Schüler wünscht dem Kandidaten, dass er es im Herbst in die Regierung schafft. „In die Regierung kommen wir schon. Ich will sie vor allem anführen“, sagt der Kandidat. Er sagt überhaupt oft Ich. Wahrscheinlich wäre es besser, weniger Ich zu sagen. Und die Zahlen genauer zu kennen. Gerade weil er es mit einer Gegnerin zu tun hat, die die Fakten kennt und ganz selten Ich sagt.
Ein recht handfester Effekt des Hypes sind jene 17.000, die in den letzten drei Monaten in die SPD eingetreten sind. Viele sind jung, eine gute Nachricht für die überalterte SPD.
Die Neugenossin Miriam Wolters nimmt einen letzten Schluck Kaffee, sie muss weiter. Gibt es noch Hoffnung für die SPD nach dem schwindelerregenden Höhenflug und harten Aufprall? „Die Deutschen“, sagt sie, „sind ja widersprüchlich. Einerseits lechzen die Leute nach Veränderung, andererseits wollen sie Sicherheit.“
Wenn Schulz es schaffe, beides zu verkörpern, warum nicht?
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