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Kommentar Erdoğan in DeutschlandSchwer zu ertragen und zu verhindern

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Es wäre ein Albtraum, würde Erdoğan hier für sein Referendum werben. Dann sollte man Erdoğan-Gegner beim Demonstrieren untersützen.

Besser als ein Einreiseverbot: gegen Erdoğan demonstrieren Foto: dpa

A uftritte von Recep Tayyip Erdoğan in Deutschland sorgen stets für Aufregung. So war es schon 2008 und 2014, als er zum Wahlkampf nach Köln kam. Und so ist es jetzt erst recht, sollte er als Staatspräsident nach Deutschland kommen, um hier für eine Verfassungsänderung in der Türkei zu werben, die ihm noch einmal deutlich mehr Macht verleihen würde, als er ohnehin schon hat. Es wäre ein Albtraum.

Dass Erdoğan die Freiheiten eines demokratischen Rechtsstaats nutzt, um für den weiteren Abbau der Demokratie in seinem Land zu werben, das ist in der Tat schwer zu ertragen. Erst recht, wenn er seinen Gegnern und Kritikern in der Türkei schon jetzt genau diese demokratischen Rechte vorenthält und Hunderte Journalisten wie den Kollegen Deniz Yücel gefangen hält.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung macht es sich aber zu leicht, wenn sie die Bundesregierung nun bittet, sie solle einen Auftritt Erdoğans in ihrem Bundesland, bitte schön, verhindern. Das ist ein durchsichtiges Manöver, mit dem sie Angela Merkel den schwarzen Peter zuschieben möchte. Denn sie weiß, dass die Bundesregierung nur schwerlich ein Einreiseverbot gegen Erdoğan verhängen wird, mit dem sie in der Nato, der Flüchtlingspolitik und vielen anderen Fragen weiter zusammenarbeiten will.

Man wolle nicht, dass „innertürkische Konflikte auf deutschem Boden“ ausgetragen werden – diese Phrase ist insbesondere unter konservativen Scharfmachern beliebt. Die Klage ist allerdings wohlfeil, denn Deutschland und die Türkei sind nun einmal auf vielfältige Weise verbunden. Und deutsche Politiker lassen es sich schließlich auch nicht nehmen, politische Entwicklungen in der Türkei zu kommentieren. Grünen-Politiker wie Cem Özdemir und Claudia Roth reisten sogar zu den Gezi-Protesten in die Türkei oder unterstützen die Kurdenpartei HDP. Da kann man es türkischen Politikern schwer vorwerfen, wenn sie sich zur deutschen Politik äußern.

Gerade weil Deutschland ein liberaler Rechtsstaat ist, darf man sich hier über die Türkei streiten. Solange dies gewaltfrei geschieht, ist das in Ordnung. Auch einen Auftritt von Erdoğan muss man ertragen. Im Unterschied zur Türkei können hier aber auch Erdoğans Gegner demonstrieren und für ein Nein zum Referendum mobilisieren. Sie verdienen unsere Unterstützung.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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28 Kommentare

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  • Was meint der Bundesgeneral Dr.Frank. Er meint nix. Wie immer.

    Am blau-weißen Wesen wird die Welt genesen. Stattdessen verfolgt mann -sein Vorgänger- Journalisten inlands.

  • Mit Verlaub, nicht nur die nordrhein-westfälische Landesregierung macht es sich zu leicht, Ihnen muss man diesen Vorwurf auch machen: Den Staatspräsident eines Landes, aus dem Menschen bei uns Asyl suchen müssen um nicht ohne jedes rechtsstaatliche Vefahren ins Gefängnis geworfen zu werden, hier unter dem Schutz unserer Demokratie Werbung für die Abschaffung der Demokratie in der Türkei machen zu lassen, das ist mitnichten vom Recht der Meinungsfreiheit gedeckt. Antidemokratische Propaganda durch Gäste muss kein demokratisches Land akzeptieren. Erdogan und seine Fans würden dies ohnehin nur als weiteren Beweis der Schwäche Deutschlands verhöhnen, hier gilt es Position zu beziehen und bereits den Einladenden hier klar zu signalisieren, dass der Privatmann Erdogan derzeit auf Propagandaveranstaltungen in Deutschland unerwünscht ist.

  • Ja, gehen wir demonstrieren, gegen alle Diktaturen!

  • Aber selbstverständlich lässt die Rechtslage ein Verbot zu:

     

    § 47 Aufenthaltsgesetz

     

    (1) Ausländer dürfen sich im Rahmen der allgemeinen Rechtsvorschriften politisch betätigen. Die politische Betätigung eines Ausländers kann beschränkt oder untersagt werden, soweit sie

     

    1.die politische Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland oder das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern oder von verschiedenen Ausländergruppen im Bundesgebiet, die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet,

     

    2. den außenpolitischen Interessen oder den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zuwiderlaufen kann,

     

    3. gegen die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere unter Anwendung von Gewalt, verstößt oder

     

    4.bestimmt ist, Parteien, andere Vereinigungen, Einrichtungen oder Bestrebungen außerhalb des Bundesgebiets zu fördern, deren Ziele oder Mittel mit den Grundwerten einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung unvereinbar sind.

     

    Art. 8 Grundgesetz (Versammlungsfreiheit) steht dem als reines "Deutschen-Grundrecht" nicht entgegen:

     

    "(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

     

    (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden."

    • @Cristi:

      Daß Sie schon wieder mit dieser Klamotte um die Ecke kommen - ;)(

       

      Daniel Bax hat doch insoweit zu recht darauf verwiesen -

      Sultan Tayggip I. unter Ziff 1.&2.

      Zu "subsumieren" -;) haben -

      Mal abgesehen von Zuständigkeiten -

      Weder Balin noch D-doof -

      Aus Staatsraisongründen -

      Die Ärsche in den Beinkleidern!

      Da mähtste nix.

      Normal. &

      So geht das.

      • @Lowandorder:

        Lieber Rechtsbruder, geltendes Rechts als "Klamotte" zu bezeichnen finde ich schon etwas gewagt!

      • @Lowandorder:

        Sie haben so recht.

        Diese Einzelfallentscheidung werden die zwitschernden Hosenanzüge in Berlin nicht gegen den Sultan treffen.

        Die Karawane zieht weiter ...

  • "Es wäre ein Albtraum, würde Erdoğan hier für sein Referendum werben. Dann sollte man Erdoğan-Gegner beim Demonstrieren untersützen."

     

    Ich finde das auch. Am Dienstag gibt es im Bundesgebiet Autocorso für Deniz Yücel - da kann man schon mal mitmachen und zeigen, dass einem eine freie Presse und eine demokratische Türkei viel wert ist.

    • @Andreas_2020:

      Aber bitte nicht in den Innenstädten - Feinstaub und so :)

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Würde sein Auftritt verhindert, könnte er den Beleidigten spielen, was ihm evtl. noch mehr Zustimmung einbrächte.

     

    Lasst ihn reden, dann sieht und hört man nicht nur ihn, sondern auch ungefiltert und unzensiert die Reaktionen seines Publikums.

    • @571 (Profil gelöscht):

      ...ein Publikum was faschistisch wählt..

       

      Super.

  • Kommt er als Privatmann, so sollte es ein Leichtes sein, ihn , wie ja in der Türkei für Bundestagsabgeordnete gebräuchlich, am Flughafen aufzuhalten. Wo ist das Problem. Gründe werden zu finden sein.

    • @Trabantus:

      Am Flughafen aufhalten - gute Idee. Und zwar solange, bis er den Yücel nicht mehr aufhält.

       

      Nur schade, daß das rechtlich nicht möglich ist.

      • @Spitzbube:

        Wieso? noch gibt es keine Visums Freiheit für die Türkei. Da kann man ihm die Einreise einfach verwehren.

      • @Spitzbube:

        Nur schade, daß das rechtlich nicht möglich ist.

         

        Ja und?

        Es ist unser Land - wenn es ihm nicht passt braucht er nicht herkommen.

        Wem von seinen Anhängern das nicht passt kann ja gerne gehen.

  • Herr Erdogan hat Straftaten begangen, die hier verfolgt werden sollten. Zwar haben wir keine unabhängige Staatsanwaltschaft und aus politischer Rücksichtnahme wird es kein Ermittlungsverfahren geben. Kommt er als Staatsmann, hat er zudem Immunität. Wenn er aber privat kommt, hat er diese nicht. Dann gilt die Anti-Folter-Konvention und wer Folterungen angeordnet hat, hat sich international strafbar gemacht. Um diplomatische Scherereien zu vermeiden, wird ihm gesagt, dass er ggf. mit Strafverfolgung zu rechnen hat und wird deshalb erst gar nicht kommen. So hat es zumindest die Schweiz bei Georg W Bush gemacht, als er nach seiner Amtszeit einen Besuch in Genf geplant hatte.

    Würde die deutsche Politik und die deutsche Staatsanwaltschaft die Menschenrechte ernst nehmen, so würden sie genauso reagieren. Das wäre auch nicht undemokratisch - denn Verbrecher muss man nicht reden lassen, sondern gegen sie ermitteln.

    • @Velofisch:

      Sie haben es doch bereits erkannt: Als Staatsoberhaupt genießt er derzeit Immunität. Da ist nichts mit Strafverfolgung - ungeachtet ihres reichsbürger-nahen Geseifers über unabhängige Staatsanwaltschaften (die es schon deswegen nicht geben kann, und nie gab, weil Staatsanwaltschaften stets weisungsgebunden sind).

      • @Hanksson:

        Letzteres hier naturgesetzlich verkauft - Is mit Verlaub - a Schmarrn.

         

        Daß derzeit StAs kackfrech & wieder besseres Wissen behaupten -

        Weisungen gäbe es nicht - ist -

        Das gelogene Eine. Das ja.

         

        Aber - bekanntlich kann der Gesetzgeber mit einem Federstrich -

        Ganze Bibliotheken vernichten - &

        Wie z.B. von der NRV & teils auch vom Richterbund - die Weisungsfreiheit

        Festschreiben!

        Wie teilweise in anderen Ländern der EU. Am weitesten mal France mit dem

        Untersuchungsrichter - als einer davon aber plötzlich wg krummen Finanzgebarens bei Mitterand (?) vorm Schreibtisch stand & das halbe Büro mitgehen ließ - war wieder Schluß mit lustig.

        Sehr schön dazu auch die - mediale Schlammstory um die Finanzsherrifs &

        Commerce-Bank. Deren Erzählungen dazu zog einem glatt die Schuhe aus!

        "Sie wollten doch schon immer Behördenchef in X. werden - oder? -

        Sie unterschreiben hier Ihre Zustimmung zur Untersuchung auf Ihre Dienstfähigkeit!"

        So geht das.

  • Herr Bax, so oft ich Ihnen sonst zustimme, diesmal finde ich ihre Aussage wohlfeil, um nicht zu sagen, verlogen. Tayyip kann mit seinem Apparat hier Werbung machen, in seinen Ditib-Moscheen Hayir-Sager von der Kanzel verunglimpfen lassen und im Stadion nach Belieben hetzen, vor einer Menge, die seine UETD mit türkischer Staatsknete herbeikarriolt hat. Das dürften die Hayir-Sager auch, aber ihnen fehlen hier Apparat und Mittel, ebenso wie in der Türkei. Kommentatoren wie Sie machen sich einen schlanken Fuß und sagen: Kismet, oder wie der Engländer sagt, tough shit. Das, Herr Bax, ist billig.

    • @Kunz:

      Tja, sehen Sie, so unterschiedlich sind Meinungen. Ich stimme Herrn Bax selten zu, aber in diesem Falle schon. :-)

      Nach meiner Meinung ist das nicht billig oder verlogen, sondern Demokratie. Man muss damit leben, dass die Menschen die falsche Regierung wählen und auch die falsche Meinung öffentlich vertreten wird. Aus meiner Sicht wäre es andersherum verlogen.

  • Lichterketten gegen Erdogan!

  • Soll er doch kommen. Das gibt uns die Gelegenheit ihm unsere Meinung zu seinem Demokratieverständnis zu demonstrieren. Der direkte Austausch vermeidet geschliffene Worte unserer Kanzlerin oder Diplomaten.

  • Ein Albtraum grad will ich nicht sagen - aber

    "Schwer zu ertragen und zu verhindern" - Schonn!

    kurz - Liest das niemand gegen?

  • Die vergangenen Auftritte Erdogans waren schon eine dreiste Überschreitung

    diplomatischer Grenzen.

    Der jetzt geplante wäre eine weitere Frechheit.

    Das ist der deutschen Zivilgesellschaft völlig klar.

    Und ich bin sehr sicher, dass wir als Zivilgesellschaft gemeinsam, und zusammen mit der türkischen Zivilgesellschaft in diesem Land, entschlossen und gewaltfrei eine kreative und sehr deutliche Antwort auf diese Frechheit finden können, wenn...ja wenn der Staat uns denn läßt.

    Das wird natürlich schwierig, weil das eben auch eine Nagelprobe für das demokratieverständniss unseres Staates werden wird.

  • 3G
    36855 (Profil gelöscht)

    Warum sollen wir einen Erdogan hier ertragen?

    Wir sind ein buntgemischtes Land.

    Soll jetzt jeder Regierungsmensch hier einreisen dürfen und Wahlkampf machen, egal ob Demokratie oder Diktatur?

    Es leben auch viele Russen hier, also lasst Putin einreisen und stellt ihm eine Halle zur Verfügung.

    Passt :-)

  • Nein! Mal komplett nichts tun - und Tayyip Erdoğan verblüffen: Hayretle noch mal!

  • "Schwer zu ertragen dieser Artikel von Hr. Bax" . Was ist so schwer daran eine eindeutige Position einzunehmen. Eine Position gegen eine politische Ordnung die sehr nahe an den Mechanismen des Faschismus ist. Sorry, es sind ja Türken, jetzt muss muss muss ich mich politisch korrekt verhalten. Es ist zum schnarrchen. Gute Nacht kritische Meinung.

  • "Auch einen Auftritt von Erdoğan muss man ertragen."

     

    "Muss man" das wirklich, wenn zeitgleich deutschen Bundestagsabgeordneten der Zugang nach Incirlik verwehrt wird, um die dort stationierten BW Soldaten zu besuchen?