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Umstrittene GrundschulreformLobby gegen die Schreibschrift

Der Grundschulverband will die Schreibschrift nach finnischem Vorbild abschaffen. Microsoft & Co wittern ein großes Geschäft.

Mehr Schreibschrift, mehr Grips Foto: dpa

In der Gemeinschaftsgrundschule Moers-Repelen lernen die Erstklässler keine Häkchen und Schleifen mehr. „Mit der neuen Grundschrift soll sich von Anfang an eine formklare und lesbare Handschrift entwickeln“, sagt Barbara van der Donk, langjährige Rektorin in der Stadt am Niederrhein. Schon seit 2010 verzichtet die Schule auf das Unterrichten einer Schreibschrift – mit Erfolg, wie van der Donk betont: „Die Lehrer sind zufriedener mit den Ergebnissen, die Kinder müssen sich nicht mehr quälen.“

Die Moerser Schule ist eine Ausnahme in Nordrhein-Westfalen. 50 der insgesamt 3.200 Grundschulen im bevölkerungsreichsten Bundesland erproben die Grundschrift. Der Grundschulverband wirbt seit Jahren dafür: Mit der Grundschrift lernten die Kinder besser schreiben, glaubt der Vorstand. Da viele Kinder schon vor ihrer Schulzeit Druckbuchstaben imitieren und sich so selbstständig ganze Wörter beibringen – sei die an Druckschrift erinnernde Grundschrift leichter zu lernen.

„Lesen- und Schreibenlernen sind damit nicht mehr getrennte Lehrgänge, sondern eine Einheit“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Was in NRW bisher nur als Testlauf existiert und in Hamburg seit 2011 jeder Schule freisteht, soll anderswo bald verbindlich gelten.

Finnland schafft Schreibschrift ab

Bis Herbst 2016 will Finnland, der nordeuropäische Klassenprimus und ständige Spitzenreiter der Pisa-Bildungstests, das Lernen einer Schreibschrift endgültig abschaffen. Sie koste zu viel Mühe und sei auch motorisch kompliziert, kündigten die Schulplaner aus Helsinki im vergangenen Jahr an. Die finnischen Grundschüler lernen demnächst flächendeckend nur noch die Druckschrift. Die frei werdende Zeit sollen sie stattdessen am Computer verbringen. Das „flüssige Tippen auf der Tastatur“, so Bildungsministerin Minna Harmanen, sei ohnehin eine viel bedeutsamere Kompetenz.

Ein Land, vier Schriftarten

Diversität: Deutsche Kinder lernen vier verschiedene Schriftarten, je nach Bundesland und abhängig von der Entscheidung der jeweiligen Schule. Die lateinische Ausgangsschrift (im Text Schrift mit roter Umrandung) erklärten Bildungspolitiker 1953 in Westdeutschland zur Norm. Die DDR führte 1968 die Schulausgangsschrift (orange) ein, vor allem die Schnörkel bei den Großbuchstaben verschwanden. Ähnlich sieht die vereinfachte Ausgangsschrift (grün) aus, die Lehrkräfte zunächst vor allem in norddeutschen Regionen der alten Bundesrepublik seit 1973 als Alternative einsetzten. Die seit 2010 an einzelnen Schulen getestete Grundschrift (blau) besteht aus Druckbuchstaben, die erst nach und nach zu einer eigenen Handschrift verbunden werden. Nur in Hamburg lernen Kinder bisher nach dieser Methode, in anderen Bundesländern laufen Modellversuche. Im Westen Deutschlands überwiegt weiterhin die lateinische Ausgangsschrift, im Osten hat die Schulausgangsschrift Tradition.

In Deutschland löste das finnische Beispiel eine kontroverse Debatte aus. Wie bei anderen Themen der Bildungspolitik herrscht auch beim Schreibenlernen hierzulande das föderalistische Chaos. Vier verschiedene Schriftarten lernen Kinder derzeit an deutschen Grundschulen (siehe Kasten). Wird dieses Durcheinander jetzt wie in Finnland durch eine überall verbindliche Druckschrift ersetzt – kombiniert mit der verstärkten Nutzung von Computern?

Viele Fachleute sind skeptisch. Es geht ihnen nicht darum, in rückwärtsgewandter Romantik den Verlust der eigenen Handschrift zu beklagen. Aber sie betonen, das Schreiben mit der Hand sei eine Höchstleistung des menschlichen Gehirns. Den mühsamen Lernprozess, der viel Geduld erfordert, halten sie für einen wichtigen Schritt in der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung. Gestützt werden solche Argumente durch die internationale Forschung.

Schreibschrift fördert die Gehirnaktivität

So fand die US-Amerikanerin Karin James 2012 in einer Untersuchung heraus, dass beim Schrei­ben per Hand mehr Hirnaktivitäten messbar sind als beim Eintippen von Zeichen auf einer Tastatur. In ihrer Versuchsanordnung hatte die Psychologin Kinder im Vorschulalter gebeten, einen Buchstaben auf drei verschiedene Arten entstehen lassen: auf einem weißen Blatt, anhand einer gepunkteten Linie oder per Computer. Die Expertin schloss aus ihren Ergebnissen, dass handschriftliche Übungen das Gehirn besonders anregen.

Schulstart 2016

Diese Woche enden die Schulferien in vier Bundesländern: Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland. In Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bremen hat das neue Schuljahr bereits Anfang August begonnen. Nachzügler sind Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein: In diesen Ländern beginnt der Unterricht erst im September.

Gerade die „Unordnung“ der mit dem Stift verfassten Buchstaben lege Gedächtnisspuren an und vergrößere den Lerneffekt. Weitere Studien in Kanada und den Vereinigten Staaten haben gezeigt, dass Schüler sich mit einer Verbundschrift Texte besser merken und ihren Sinn besser erfassen können.

Auch Ursula Bredel, Professorin für „Deutsche Sprache und ihre Didaktik“ an der Universität Hildesheim, legt Wert auf das Üben mit verbundenen Buchstaben. Dies habe positive Wirkungen auf die Sprach- und Rechtschreibkompetenz von Grundschülern. Die Handschrift sei ein sogenannter „komotorischer Prozess“: Nicht einzelne Buchstaben „werden isoliert verschriftet, sondern Buchstabenfolgen, die sprachlichen Einheiten entsprechen“.

Die niedersächsische Germanistin kritisiert die deutsche Bildungspolitik für ihren Aktionismus. Vor der flächendeckenden Einführung einer neuen Schrift brauche man „ein wissenschaftlich gut begleitetes Pilotprojekt, mit Kontroll- und Experimentalgruppen, bei denen man testet, wie sich die Schreibkompetenz über einen längeren Zeitraum entwickelt“.

Riesengeschäft für die Computerlobby

Wilfried Bos, Professor für Schulentwicklungsforschung in Dortmund und Leiter der Internationalen Grundschuluntersuchung Iglu, „regt es ziemlich auf, dass wir didaktische Entscheidungen, die möglicherweise von großer Bedeutung für das spätere Leben vieler Kinder sind, ohne ausreichende empirische Grundlage treffen“.

Der Streit über das handschriftliche Lernen wirkt wie ein Kulturkampf, es geht aber auch um viel Geld. Denn der Abschaffung der Schreibschrift könnte der massive Einsatz der Computer folgen: Was Schüler bisher billig mit Stift und Papier tun, sollen sie künftig mit einem hunderte Euro teuren Hilfsmittel erledigen. In Deutschland ist die digitale Ausstattung der pädagogischen Institutionen im Vergleich etwa zu Finnland nicht allzu weit fortgeschritten. Für über acht Millionen Schulkinder eigene Rechner anzuschaffen, diese regelmäßig zu warten und die Lehrer entsprechend weiterzubilden, ist ein Riesengeschäft.

„Mit der Einführung von Endgeräten ist es nicht getan“, meint etwa Marianne Janik, Geschäftsleiterin bei Microsoft. Sie wünscht sich einen „digitalen Bildungspakt quer durch die ganze Gesellschaft, um unseren Wohlstand zu sichern“.

Die beteiligten Firmen trommeln seit Jahren für eine „digitale Agenda“, die die Bundesregierung dringend vorantreiben müsse. „Jeder Schüler sollte ein Tablet oder ein Notebook zur Verfügung haben“, fordert Dieter Kempf, Präsident des Branchenverbands Bitkom. 90 Prozent aller Berufe, so das Argument der Branche, erforderten digitale Kompetenzen.

Computer für 7 Milliarden Euro

Die Kosten für die digitale Aufrüstung für Rechner, Anschlüsse und Fortbildung liegen nach Schätzungen von Experten bei rund 800 Euro pro Schüler. Das ganze Projekt summiert sich auf mindestens 7 Milliarden Euro bundesweit. Da scheint es kein Zufall, wenn Lobbyisten ständig über die „mittelalterliche“ Technik in den Bildungseinrichtungen klagen oder eine in Deutschland angeblich besonders ausgeprägte „Computerfeindlichkeit“ anprangern.

Ein Kern Wahrheit steckt in dieser Kritik: Die Schule bildet eine Art analoges Refugium inmitten der digitalisierten Gesellschaft. In einer Befragung des Lehrerverbandes Bildung und Erziehung erklärten 63 Prozent der befragten Pädagogen, die ständige Kommunikation per Smartphone sei ein wichtiger Grund für den Verfall der Schreibfähigkeiten ihrer ­Schüler.

Die verbindliche Einführung der Grundschrift nach finnischem Muster scheint indes weit entfernt. Nachfragen in den zuständigen Behörden der Länder ergeben ein unscharfes Bild: Nichts ist im Detail vorgegeben, die Lehrmethode bleibt meist den Schulen vor Ort überlassen.

Eindeutiger äußerte sich Bundesbildungsministerin Johanna Wanka vergangenes Jahr in einem Interview: „Nicht alles, was Finnland macht, muss richtig sein“, sagte sie in der Bild-Zeitung. „Schreibschrift fördert die Feinmotorik und das logische Denken.“ Sie aufzugeben bezeichnet Wanka als „Fehler“. Und appelliert an ihre 16 Bildungsministerinnen und -minister: „Wir müssen die Schreibschrift retten!“ Kleiner Schönheitsfehler: Im deutschen Bildungsföderalismus hat auch die oberste Bildungsministerin oft wenig zu sagen.

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40 Kommentare

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  • Bayern und Baden-Württemberg - als die beiden die einzigen Bundesländer, die längere Erprobungsversuche der Grundschrift durchgeführt haben - entscheiden sich in ihren aktuellen Lehrplänen (2016) gegen die Nutzung dieser Schriftvariante.

     

    Das Grundschriftkonzept wird vom Grundschulverband e.v. propagiert, dessen Vorläuferorganisation deutschen Schülern bereits die untaugliche Vereinfachte Ausgangsschrift "beschert" hat.

    Die Begründungen für das Grundschrift-Konzept erweisen sich bei näherer Betrachtung als äußerst zweifelhaft und optimistisch überhöht. Die angeführten Argumente sind häufig geschönt und manchmal sogar unwahr.

     

    Vertiefende Informationen finden sich bei: http://www.grundschrift.info

  • Wenn ich das richtig verstanden habe geht es doch gar nicht um den Wegfall der Handschrift, sondern nur um ein anderes Schriftbild, dass der allgegenwärtigen Druckschrift ähnlicher ist?

    Dem kann ich nur uneingeschränkt zustimmen. Obwohl ich Kaligraphen bewundere als Kunstrichtung: mit Alltag und Lesbarkeit hat das nichts zu tun. Kein Mensch schnörkelt noch in seiner Kinderschrift rum, sondern hat eine irgendwie eigenentwickelte Druckschrift, d.h. einzelne Buchstaben. Das mache ich schon seit meiner Schulzeit und habe trotzdem ein nahezu einwandfreies Deutsch.

    Hier sollte man sich der Realität anpassen, und die heisst nunmal Einzelbuchstaben. Sütterlin war auch irgendwann mal überholt, jetzt geht die Entwicklung weiter.

    Wer an der Kinderschreibschrift festhält ist geistig in der Mitte des letzten Jahrhunderts steckengeblieben.

    Statt Handschrift am Computer tippen halte ich für einen grossen Fehler - oder ein Missverständnis.

  • "Die niedersächsische Germanistin kritisiert die deutsche Bildungspolitik für ihren Aktionismus."

     

    Die gute Dame hat recht! Das Hauptproblem unserer Bildungspolitik ist, dass seit Jahrzehnten alle paar Jahre irgendeine "Verbesserung" eingeführt wird, von der man ein paar Jahre später wieder Abstand nimmt, weil sich zeigt, dass es nichts bringt oder die Lernergebnisse sogar verschlechtert.

  • Was wird dann aus der Unterschrift werden?

     

    Wie werden Verträge rechtskräftig?

     

    Kommen KaligraphieRoboter dembald?

     

    Was wird in der übernächsten Generation die Buchstaben auf der Tastatur ablösen?

     

    Einkaufszettel der Generation Finnland werden furchtbar unleserlich

  • Ich kann als Lehrer einer 5. Klassen meine unterrichtlichen Entscheidungen nicht von subjektiv biografischen Einflüssen (mir hat es ja auch nicht geschadet) oder romatisierten Kulturvorstellungen (der sogenannte Bildungskanon oder auch der schwammige Allgemeinbildungsbegriff) legitimieren. Die Lernvoraussetzungen meiner Schülerinnen und Schüler ist in Zeiten von Inklusion und Integration so heterogen, dass ich mich vor einfachen Rezepten immer etwas grusel. Fachwissenschaftlich gibt es sowohl für die Schreibschrift als auch für die Grundschrift gute Gründe für und gegen das Erlernen. Nur muss ich Kindern gerecht werden, die in ganz unterschiedlichen Geschwindigkeiten lernen und mit ganz unterschiedlichen Lernvoraussetzungen zu mir kommen. Dabei erlaubt mir die Grundschrift allen Kindern eine formklare Druckschrift beizubringen, die starke Schlülerinnen und Schüler zu einer Verbundschrift weiterentwicklen können (jeder Buchstabe endet mit einem Häkchen). All die Schulstunden, die schwache Kinder mit dem elendigen Nachspuren der Schreibschrift verbringen, würden entfallen und ich könnte sie zielgerecht im Lesen, der Rechtschreibung und im mündlichen Sprachgebrauch fördern. Zur Zeit haben wir in den fünften Klassen Schülerinnen und Schüler, die weder eine formklare Druck- noch Schreibschrift ausgebildet haben. Einige von ihnen haben schon in der zweiten Klasse die Lust am Schreiben verloren, da das Erlernen der Schreibschrift von schwachen Schreibern als Qual empfunden wurde. Statt unsere Kinder normieren zu wollen, sollten wir endlich einsehen, dass es darum gehen muss, selbstbewusste, reflektierte und demokratische Denker und Schreiber auszubilden. Kinder abholen, wo sie stehen, um sie nicht zu verlieren. Denn die Frage, ob die Schule uns geschadet hat, kann ich nur bejahen, wenn ich mir aktuelle politische Diskurse, den Umgang mit Fehlern in unserer Gesellschaft und die Rethorik in zwischenmenschlichen Bereichen angucke.

    • @Templin:

      "Zur Zeit haben wir in den fünften Klassen Schülerinnen und Schüler, die weder eine formklare Druck- noch Schreibschrift ausgebildet haben."

       

      Ich verstehe das Problem, aber heißt das nicht in der Konsequenz, dass das Niveau für alle anderen abgesenkt wird, wenn man sich an den Schwächsten orientiert und in der 5. Klasse (!) noch elementarste Schreibkenntnisse vermitteln muss?

      • @Mark_Sch:

        Die Frage ist doch viel mehr, ob alle das Gleiche können müssen. Auf die Herausforderung der Heterogenität lässt sich duch nur mit individualisierten Angeboten und Anforderungen antworten. Förderung also sowohl der leitungsschwachen und der leistungsstarken Kinder. Methodisch lässt sich das natürlich nur umsetzen, wenn ich eine Grundschrift nutze, aus der dann einige die Verbundschrift entwickeln. Orientieren muss ich mich sowohl an den Schwächsten als auch an den Stärksten. Denn hat nicht jedes Kind das Recht gefördert und gefordert zu werden?

  • Obwohl ich mich mit dem Erlernen der "Lateinischen Ausgangsschrift" seinerzeit sehr geplagt habe, möchte ich es dennoch nicht missen. Es wurden motorische Fähigkeiten gefordert, die bei mir zwar nicht sehr ausgeprägt waren, ansonsten aber völlig verkümmert wären. Ich bezweifle, dass es wirklich von Vorteil gewesen wäre, hätte man mir die Plackerei erspart. "Per aspera ad astra", durch Widrigkeiten zu den Sternen. An diesem antiken Sinnspruch ist was dran, wenn es damit auch nicht übertrieben werden sollte.

    Das Erlernen einer Schreibschrift isr füe mich ein wichtiges Kulturgut.

  • Zeitgewinn mit dem Motiv des vermehrten Erlernens des Umgangs mit dem Computer. Untermauerung mit dem Hinweis, althergebrachte Schreibschrift sei eh motorisch schwierig. Sportunterricht könnte dahingehend auch noch abgespeckt werden (motorisch schwierig). Wer braucht schon Motorik, wenn das alles zukünftig Roboter übernehmen ? Eigentlich ist alles nur lästiges Beiwerk, was den Schüler nicht zum Medienjunkie werden lässt. Und Finnland ist in die Richtung sowieso das Nonplusultra, denn wer nichts zeitgemäß leistet, ist nichts wert. Kriege unter den Völkern werden heute eben so ausgetragen.

  • Am Ende soll eine persönliche Handschrift stehen, die Verbindungen dort zulässt, wo sie den Schreibfluß unterstützen. Also dasselbe, was wir schon haben. Aber wie sollen Kinder lernen, Buchtsaben zu verbinden, wenn man ihnen die möglichen Verbindungen nicht beibringt? Der Ansatz "Grundschrift" ist daher pädagogischer Unfug, vor allem in Deutschland, wo die erwartbare deutsche Gründlichkeit wieder mal über jedes sinnvolle Ziel hinausschießen wird.

  • Ich habe mir die Zeit genommen, die wissenschaftlichen Hintergründe der Grundschrift zu betrachten und war ehrlich gesagt entsetzt: http://www.draketo.de/licht/politik/die-grundschrift-ist-diebstahl

     

    Nach der im Artikel aufgearbeiteten Datenlage könnte die Grundschrift der Schreibentwicklung signifikant schaden. Auf Nachfrage konnte der Autor des im Artikel kritisierten Papiers meine Zweifel daran nicht ausräumen sondern hat sie deutlich verstärkt: Kinder werden hier zu Versuchskaninchen von Leuten, die nicht bereit sind, die notwendigen robusten Daten zu Vor- und Nachteilen der vorgeschlagenen Umbrüche im Schreiblernen zu erheben. Und das, nachdem die gleichen Leute mit der Einführung der vereinfachten Ausgangsschrift schon einmal etwas Vergleichbares gemacht haben, das sich nicht als sinnvoll herausgestellt hat.

  • Soso, da streiten also mal wieder wir Erwachsenen darüber, wie unsere Kinder denn lernen sollen. Nur eine Frage vergessen wir dabei: Was wollen unsere Kinder denn selber lernen? Welche Schrift ist ihnen denn am sympathischsten? Wie wäre es, wenn jedes Kind die Wahl hätte, welche der vier Schriften er oder sie lernen will? Der eine mag's halt verschnörkelt, die andere nicht... Was ist das Problem?

  • Sehr geehrter Herr Gesterkamp,

    mir scheint, als ob in Ihrem Artikel, wie in der Diskussion zu diesem Thema allgemein, einige Begriffe doch sehr durcheinandergehen. So ist die Frage, ob mit der Hand oder mit dem Computer geschrieben werden soll, deutlich von der Frage der gelehrten Schrift zu unterscheiden. Selbstverständlich ist es unverzichtbar, mit der Hand schreiben zu lernen und den in Ihrem Artikel dargestellten kognitiven und motorischen Vorteilen ist zuzustimmen.

    Davon zu unterscheiden ist aber die Frage, welche Handschrift gelehrt werden sollte. Und hier haben die VertreterInnen der Grundschrift in meinen Augen zwei sehr starke Argumente. Erstens entwickelt sich die Grundschrift als verbundene Schrift, also als Schreibschrift, unmittelbar aus der im ersten Schuljahr gelernten Druckschrift. Die Kinder müssen also nicht im zweiten Schuljahr wieder ganz neue Buchstaben schreiben lernen. Und zweitens entspricht die Grundschrift sehr genau der von Frau Bredel konstatierten Tatsache, dass "nicht einzelne Buchstaben isoliert verschriftet (werden) , sondern Buchstabenfolgen, die sprachlichen Einheiten entsprechen." Schreiben Sie doch einmal "Buchstabenfolge" mit der Hand und Sie werden sehen, dass sich zwischen "Buch" und "sta", zwischen "ben" und "fol-ge" Lücken einschleichen, die den sprachlichen Einheiten entsprechen. Und als Lehrer soll ich das als falsch mit rot markieren? Nur weil die Kinder von Klasse zwei bis vier jedes Wort in einem Zug schreiben müssen, ohne auf sprachliche Einheiten oder motorische Probleme (Verkrampfung, verrutschen der Hand bei langen Wörtern) eingehen zu dürfen. Nur damit ab der fünften Klasse dann wieder der vernünftige Schreibfluss erlaubt werden darf. Also bitte: JA zur Handschrift, JA zur verbundenen Schrift, NEIN zur falschen Frontstellung zwischen Grundschrift und Schreibschrift. Die Grundschrift ist eine Schreibschrift.

    Mit freundlichen Grüßen

    • @Grundschullehrer:

      Das klingt ja wirklich gut. Ich habe auch immer das Spiel gespielt... Eine Silbe schreiben, auf der Stiftspitze balancieren, während man die Hand bewegt, um nur ja nicht abzusetzen und dann wieder eine Silbe. Kommt auch daher, dass man so riesig schreiben musste. Ich habe genau diese Erfahrung gemacht und da finde ich klingt die Grundschrift gut!

    • @Grundschullehrer:

      Danke. Gern gelesen - leuchtet ein.

      Das mit den "Lücken" - Genau meine Schreibe/Klaue!;) & zu

       

      "… dass handschriftliche Übungen das Gehirn besonders anregen.…"

      Dazu - Ein Versuch - mit DadaMaxe -

       

      Max Ernst beschäftigte sich mit - bzw stolperte darüber ~>

      …schreiben/zeichnen/malen - …

      In den kulturellen Ausprägungen! &

      Siehe da - Von - nur Finger- zu -

      auch Hand- bis auch Unterarm- &

      a weng auch ganze Armbewegung - fanden sich die Abweichungen at all!

      Er - klar - Setzte noch einen drauf -

      Armkreisen/schwingen plus - genau -Dose/Löcher/Farbe/Band = Dripping.

      (Vor allem Jackson Pollock baute das aus!;)

      Also - da ist im Hirnkasten noch viel Luft&Lücke nach oben!;)

      (daß das Hirn auch durch anderes angeregt werden kann - duck duck -

      Führt nicht weiter & "Schreibgeschädigte" sollten ihre

      Bedauerliche Negativerfahrung nicht

      Verabsolutieren!;)

      • 8G
        80576 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Ihre "Texte" sind unlesbar. Wie haben Sie Schreiben gelernt?

        • @80576 (Profil gelöscht):

          …das frag ich mich auch immer;)

           

          kurz - Kah Ahnung nicht!;()

          • @Lowandorder:

            Bei Arno Schmidt?!

            • @Zeno Cosini:

              Ja wie?

               

              Nun zetteln Sie hier mal keinen

              Traum von Seelandschaft mit Pocahontas an!;()

  • Am besten machen wir es wie von Beust damals als Hamburger Bürgermeister. Der ist erst nach Finnland gereist um die tollen Schulen zu bewundern und meinte dann später einfach dafür haben wir hier kein Geld. Am Ende wird die Handschrift abgeschafft und in der neu gewonnen Zeit einfach nichts gemacht, weil die PCs (noch ;-)) nicht da sind.

  • 3G
    34420 (Profil gelöscht)

    https://www.youtube.com/watch?v=_BSi43v6Jbs

     

    Des Brettes dünnste Stelle ist IMMER die falsche.

     

    Aber gegen die regierungsamtliche Verblödung von Menschen jeglichen Alters ist halt kein Kraut gewachsen. Und dann kommt ja immer auch noch die eigene, uneingestandene Faulheit dazu.

  • Für mich klingt das, als würden ein paar verbohrte, alte Leute ihrer eigenen Jugend nachtrauern, bzw. die Schreibschrift verteidigen.

    Die Umstellung ist sowieso unumgänglich, jede Verzögerung geht auf lasten der Kinder.

    Man rege das Gehirn stattdessen an anderer Stelle an.

    • @scaredontree:

      z.B. mit "bewegten" Klassenzimmern oder gemeinsamem Kochen (auch eine zu lernende Kulturtechnik, die reichlich Übung erfordert und zudem Gesundheitsprävention bedeutet) oder Schreinern und Töpfern in der Schule?

  • Es ist schlimm wie eine Kulturtechnik verloren gehen soll. Für mich ist es was ganz anderes ob ich mit der Hand oder mit der Maschine schreibe.

     

    Wenn Computertechnik in der Schule, dann muss das 100% freie Software sein.

  • Das ist "nachvollziehbar". Wenn Computerprogramme im Regelfall zu blöd sind, Schreibschrift fehlerfrei zu erkennen, dann muß eben das Volk den Computerprogrammen angepaßt werden.

     

    Na ja, Computerprogramme können eigentlich gar nicht blöd sein, denn die haben sich ja nicht selbst erschaffen, sondern das haben Spitzenfachkräfte gemacht.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Früher sagte man mir, ich hätte eine schöne Handschrift. Heute kann ich nicht mal mehr meine Unterschrift leserlich schreiben. Kein handschriftliches Schreiben mehr seit mehr als 20 Jahren hat seinen Tribut gefordert. Ist mir egal.

     

    Ich bin allerdings der Meinung, dass die Schule lieber darauf setzen sollte, den Kindern richtiges Deutsch beizubringen als irgendeine obsolete Fertigkeit. Das Schreiben mit der Hand hat sich überlebt. Manche mögen es noch tun, aber die Jüngsten werden es bestimmt nicht mehr tun, wenn sie in dem Alter sind.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Und "richtiges Deutsch" hat nichts mit dem Schreiben zu tun ? ... Wie sollte man die korrekte Aussprache und Grammatik lernen, wenn man sie nicht schriftlich beherrscht?

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Brigitte Sanders:

        Was soll richtiges Deutsch mit handschriftlichem Schreiben zu tun haben? Dadurch dass man mit der Hand schreibt, werden ja Fehler oder schlechter Ausdruck nicht besser.

        • @849 (Profil gelöscht):

          Doch, sie werden, denn indem man schriftliche Fehler korrigiert, werden auch gleichermaßen Fehler in der Aussprache korrigiert, vor allem bei den verflixten Endungen in der deutschen Sprache

        • @849 (Profil gelöscht):

          Naja, irgendwann muss jeder Mensch fähig sein, sich schriftlich um eine Arbeitsstelle zu bewerben. Wie solls denn sonst gehen?

        • @849 (Profil gelöscht):

          könnte schon sein, dass es handschriftliches Schreiben mit einer besseren Ausdrucksweise zusammen hängt

          • 8G
            849 (Profil gelöscht)
            @Hanne:

            Inwiefern? Mein schriftliches Ausdrucksvermögen hat sich erheblich verbessert, seitdem ich nicgt mehr mit der Hand schreibe. Dieses Vermögen haz nämlich vornehmlich mit dem Hirn zu tun und icht mit der Hand.

            • @849 (Profil gelöscht):

              Sieht man an Ihrem Kommentar ;-)

            • @849 (Profil gelöscht):

              Ja wie?

               

              …& die Hand hat nichts mit dem

              Hirn zu tun¿!;()

              Na - Sie san luschtig!;)

  • Ich habe gerade mal "Schreibschrift" so geschrieben, wie ich es als Kind gelernt hatte.

     

    Ich bin froh, dass ich so nicht mehr schreiben muss...

    • @R R:

      Bin ich froh, dass ich die lateinische Ausgangsschrift gelernt habe und meine Kinder immerhin eine andere Schreibschrift, auch wenn sie "meine" von früher besser und schöner finden, da flüssiger.

  • Das schöne für die IT-Branche: die 7 Milliarden wären ja nur der Anfang. Nach 3 Jahren ist fast jeder Rechner obsolet, bei Tablets geht's genau so schnell, wenn nicht schneller. Das heißt, nach der Grundausstattung kann man mit ca. 2 Mrd. € p.a. für Hardwareerneuerung rechnen... und damit ist noch keine einzige Wartungsstunde oder Softwarelizenz bezahlt.

    Ein Riesenreibach für eine Handvoll Konzerne! Das Geld könnte man vielleicht besser investieren, möglicherweise um Leute mit etwas anderem als dem Beamtenstatus in den Lehrerberuf zu locken. Mein Tipp: man bezahle die Kämpfer in den Hauptschulen und ähnlichen Schützengräben der Bildungsoffensive etwas besser.

    • @Wurstprofessor:

      Mit den Summen könnten sicherlich auch bessere und umfangreichere Lehr- und Betreuungsangebote finanziert werden. Oder was wäre mit einem guten Schulessen, damit das Lernen besser klappt?

       

      Zuhause tippen sie ja sowieso auf den Geräten, das brauchen sie nicht in der Grundschule zu lernen. Das ist wie mit dem Fleischessen: Muss man in der Schule nicht auf dem Speiseplan, gibt es zuhause genug oder ist dort zumindest möglich. Und so auch für alle Beteiligten wesentlich günstiger.

  • Kann sich noch jemand an Margot Honecker erinnern, die Ehefrau des vorletzten "Ersten Sekretärs" der DDR? Die Dame war DDR-Volksbildungsministerin. In dieser Rolle hatte sie richtig viel zu sagen. Trotzdem, besser gesagt: gerade deshalb war sie sowas wie ein "Schönheitsfehler" des Systems. Einer, derviel zur Volksverdummung beigetragen hat. Menschen können halt nicht nur vernünftige Entscheidungen treffen.

    • @mowgli:

      Das hochgelobte effiziente finnische Schulsystem ist von der DDR übernommen worden. Also kann Margot Feists Bildungssystem gar nicht so schlecht gewesen sein. Wollen Sie etwa Millionen DDR-Bürger*nnen für dumm erklären, womöglich weil Sie ein persönliches Problem mit der DDR haben?