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Tübingens grüner OberbürgermeisterNeue Grenzerfahrungen mit Palmer

Zäune um die EU und bewaffnete Bewachung: Boris Palmer schießt mal wieder quer und will, dass die Grünen die Maghreb-Länder als sichere Herkunftsländer anerkennen.

Denkt ans Wohl der Professorentöchter: der Tübinger OB und Grüne Boris Palmer. Foto: dpa

BERLIN dpa | Der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, spricht sich für einen härteren Kurs in der Flüchtlingspolitik aus. „Es sind nicht die Zeiten für Pippi-Langstrumpf- oder Ponyhof-Politik“, sagte Palmer dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. „Wir müssen die unkontrollierte Einwanderung beenden. Das bedeutet nicht, dass wir niemanden mehr reinlassen, aber wir entscheiden, wer reinkommt.“

Die EU-Außengrenzen sollen nach dem Willen Palmers mit einem Zaun und bewaffneten Grenzern gesichert werden, um deutlich mehr Flüchtlinge als bisher abzuweisen. Er sei dafür, dass Deutschland großzügig Menschen in Not aufnimmt, aber eben nicht alle. Palmer forderte die Grünen auf, die von der Union geforderte Erweiterung der Liste sogenannter sicherer Herkunftsländer um Algerien, Tunesien und Marokko mitzutragen und nicht im Bundesrat zu blockieren.

Seine Stadt Tübingen habe Probleme, den Andrang der Flüchtlinge zu bewältigen, sagte Palmer dem Spiegel. In der Bevölkerung schwinde die Akzeptanz. „Spätestens seit den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln kommen selbst grüne Professoren zu mir, die sagen: Ich habe zwei blonde Töchter, ich sorge mich, wenn jetzt 60 arabische Männer in 200 Meter Entfernung wohnen.“

Der streitbare Grünen-Politiker Palmer bringt regelmäßig seine Parteikollegen gegen sich auf. Der 43-Jährige hatte zuvor auch vor falscher Toleranz und einer Überforderung der Gesellschaft gewarnt. „Ich mache gern den Bad Boy, wenn es die Debatte weiterbringt“, sagte Palmer dem Spiegel. Es sei ein ungeheurer Kraftakt, etwas aufzugeben, was man 30 Jahre propagiert habe, sagte er mit Blick auf grüne Überzeugungen.

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41 Kommentare

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  • Schade, dass die Grünen nicht mehr getan haben, als sie taten, um Plebiszite auf Bundesebene einzuführen.

    Ich meine in solch zentralen Fragen müsste und sollte das Volk entscheiden.

  • 1G
    12671 (Profil gelöscht)

    Fraktionschef Hofreiter hat vorgestern auf der Pressekonferenz der Grünen Fraktionsvorsitzenden in Mainz auch etwas Interessantes gesagt, was man so noch nicht gelesen hat:

     

    „Flüchtlinge generell schneller reinlassen, alle Syrer ausnahmslos sogar ohne Individualprüfung, dann aber jeden über die Geheimdienste auf ihre Vergangenheit durchchecken lassen, siehe Bericht unter http://analogo.de/2016/02/12/gruene-fraktionsvorsitzende-fluechtlinge-schneller-reinlassen-dann-ueberpruefen/

  • Vielleicht hilft Herrn Palmer ja ein Artikel aus der TAZ (Nord) vom 12.2.16:

     

    "Leere Unterkünfte im Norden -

    Kreise wollen mehr Flüchtlinge", (vorausgesetzt er liest die TAZ)

  • Wer solche Sprüche auf Stammtischniveau klopft, bringt die Debatte keinen Schritt weiter, im Gegenteil, er stärkt die Polarisierung. Seit wann interessiert es eigentlich auf Bundesebene, was der OB einer Stadt mit 86.000 Einwohnern meint?

  • die realpolitiker in der grünen partei verschaffen sich zunehmend wieder gehör.

     

    als langjähriger grünwähler begrüße ich das ausdrücklich.

  • Wenn jetzt sogar Grüne bestätigen, dass nicht alles so toll läuft - sollte man doch anfangen, sich Sorgen zu machen? Bisher war doch alles cool...

    • 2G
      29482 (Profil gelöscht)
      @Licht_Ins_Dunkel:

      Grundsätzlich ja, aber wären keine LT-Wahlen im März, würden die von Ihrem Mantra auch nicht abrücken. Die Grünen sind (nicht erst seit jetzt) angekommen in den Mechanismen der Politik und Macht. So wie deren Wählerschaft. Einmal an den Fleischtöpfen wird es doch angenehm.

  • Auch die Grünen machen ihre Bauchlandung in der Realität und müssen sich vor dem Hintergrund der kommenden Wahlen den Fakten und Tatsachen beugen. Das ist ein Erosionsprozess, der den Markenkern grüner Politik angreift. "Das Leben verlangt mutige Entscheidungen. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben", soll Gorbatschow in einem Vier-Augen-Gespräch mit Honecker gesagt haben. Eine Erkenntnis, die alle Parteien und Akteure beherzigen müssen.

    • @Manfred Stein:

      Die Grünen haben ihren "Markenkern" schon vor 25 Jahren im hohen Bogen über Bord geworfen.

       

      Übrigens: Falsches Zitieren - dazu gehört auch absichtliches Ignorieren des Urkontextes - ist spätestens seit Guttenberg megaout. Ich könnte ja auch sagen: "Die Veterinärmedizin akademisch-industrieller Prägung war ein Irrweg. Die Zukunft liegt in der Alternativmedizin. Denken Sie an Gorbatschow, der sagte blablabla...."

       

      Kurzum: Eine äußerst fadenscheinige rhetorische Masche, die außerhalb der bildungsfernen Schichten niemanden mehr beeindruckt.

  • Komisch:

     

    Ein Grüner "darf" diese Forderungen stellen, ohne als "Rechtspopulist" oder schlimmeres diffamiert zu werden.

     

    Wenn jedoch die identische Forderung von Seiten eines AfD´lers erhoben wird, wird der als Rechtspopulist oder schlimmeres diffamiert.

     

    Leute, der Diskurs in diesem Land ist total krank. Wir sollten uns wirklich überlegen, ob wir so auf Dauer weitermachen können...

    • @Renée Bürgler:

      der Palmer darf was die Petry darf.

      und ich darf dazu ostelbisches junkerdenken sagen. kommt eben auch in ba-wü vor.

    • @Renée Bürgler:

      Er sei dafür, dass Deutschland großzügig Menschen in Not aufnimmt, aber eben nicht alle.

       

      Seit wann ist denn die AfD dafür "großzügig" Menschen in Not aufzunehmen?

      • 2G
        29482 (Profil gelöscht)
        @Grisch:

        Definiere großzügig! Die Mehrheit der AFD Mitglieder begrüßen laut Umfragen die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen. Wie jeder normal denkende Mensch auch. Wir würden heute nicht von Flüchtlingskrise sprechen, wenn dieser Grundsatz noch gelten würde. Wir könnten noch viele Kriegsflüchtlinge aufnehmen, wenn die Ressourcen und der Gute Wille der Bevölkerung nicht für die draufgegangen wäre, die einfach in Wohlstand flüchten möchten. Das ist doch mittlerweile Konsens von rechts bis links. Statt 1,1 Mio in 2015 würden wir heuer bestimmt über 500.000 maximal sprechen. Das ist der Fehler. Und dieser wird nur verhindert bzw.korrigiert, wenn wir ehrlich zueinander sind.

        • @29482 (Profil gelöscht):

          "Definiere großzügig! Die Mehrheit der AFD Mitglieder begrüßen laut Umfragen die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen."

           

          Ja, solange es nicht mehr als ein paar Dutzend sind und vor allem: Solange sie dem Deutschen nicht sein schwer verdientes Bier wegtrinken.

    • 2G
      29482 (Profil gelöscht)
      @Renée Bürgler:

      Sie haben voll und ganz recht.

  • Ist das Boris Palmers wirliche Meinung oder "nur" baden-württembergische Wahlkampfrethorik, die dann "hinterher" vergessen wird.

     

    Wahnsinn, wie plötzlich alle Dämme brechen... Die Moral gilt plötzlich nix mehr, sobald es schwierig wird.

  • Die Idee von sicheren Herkunftsländern und Drittstaaten war von Anfang an keine gute. Bringt unser Asylrecht eigentlich noch was, wenn Aktivisten wie Assange und Snowden besser nach Ecuador oder Russland fliehen? Wir noch nicht einmal die Sicherheit von zu uns geflohenen Frauen und Kindern garantieren können? Angeblich 10,000 Flüchtlingskinder spurlos verschwunden sind?

     

    Asyl ist ein Schutzrecht und kein Ersatz für Einwanderungspolitik.

    • @Frederic:

      Mir wird jedes mal speiübel, wenn Leute wieder anfangen, einen Edward Snowden, der sein Leben für die Freiheit aufs Spiel gesetzt hat, mit einem selbstdarstellerischen mutmaßlichen Vergewaltiger in eine Schublade gepackt wird. Widerwärtig.

      • @trippel:

        Ok du magst Assange nicht. Selbst wenn es die Vergewaltigungsvorwürfe nicht gäbe, hätte er nicht nach Deutschland fliehen können. Weil wir niemanden aufnehmen, der den USA nicht ins Konzept passt.

    • @Frederic:

      schtümmt.

      und auch wieder nicht.

      denn: wer wählen kann, wählt einwanderung.

      vielen können nicht mehr wählen.

  • Gesinnungs- oder Verantwortungsethik? Wenn man gewählt ist und somit verantwortlich zu gestalten und verwalten hat, fällt die Antwort leicht. Und so hat Palmer recht. Wir werden in Zukunft einige unschöne Dinge tun müssen, um noch viel unschönere Dinge zu verhindern.

  • Palmer soll zur AfD übertreten, denn er vertritt AfD-Positionen.

    Komische Grüne sind das in Baden-Württemberg. Kretschmann ist auch so eine Großvaterfigur, die besser in die CDU passen würde.

    • @Renée Bürgler:

      In BaWü sind die Grünen die "neue SPD", könnte ich sagen. Und das "Kretsche" als Opa besser zur CDU passen würde, da darf ich sagen, sind die Übergänge manches Mal fließend. Ich finde, wir alle waren schlecht vorbereitet auf die Fluchtbewegungen, die nun bei uns anlanden. Nur, ich erwarte von meiner politischen Führung, das diese die "Dinge" kommen sieht und rechtzeitig in die Handlung kommt. Also erweckt sich bei mir der Eindruck, hier wurde etwas geschickt eingefädelt nach dem Motto:"Hier darf jeder debattieren wie er will. Aber alles im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung". Ergebnis könnte sein, während Volk diskutiert, ändert Politik Asylgesetze, Sicherheit wie Kontrolle des Staates wird ausgebaut. der ganze Hype geht so, die Flüchtlinge werden dazu benutzt, bei uns in D wie in Europa das eigene Volk durch die Finanzeliten und ihre politischen Entertainer auf z.B. Plastikgeld zu trimmen oder eben "Freihandelsabkommen" mit den USA quasi am Volk vorbei für das Volk in geheimer Mission zu verhandeln. Oder Konzerne bekommen die Möglichkeit, Patente auf Lebewesen und Pflanzen zu bekommen. Platt gesagt. die Leiden der arabischen Menschen werden genutzt, um in Mitteleuropa wie anderswo die Diktatur des Geldes über die Verfassungen weiter auszubauen.

    • @Renée Bürgler:

      Nee, dafür müsste er korrumpierbar sein und ein paar schwarze Kassen in den Schweiz kontrollieren...

  • Oha! Also Schießbefehl auch aus Tübingen, nicht nur aus Thüringen.

  • 6G
    64938 (Profil gelöscht)

    Seitdem Palmer als ganz Grüner hier im Norden in ein Kohlekraftwerk investieren wollte, ist der Mann in Norddeutschland ohnehin unterdurch.

    Das es für ihn irgendetwas bedeutet, urgrüne Positionen aufzugeben, mag man ihm nicht auch mehr wirklich glauben.

    Aber er führt die Grünen in die richtige Richtug - die Bedeutungslosigkeit.

    • @64938 (Profil gelöscht):

      In welches Kohlekraftwerk wollte Palmer investieren ? Und in welcher Form/Funktion ?

    • @64938 (Profil gelöscht):

      Palmer - ein waschechter Grüner.

  • Herr Palmer, welch Theaterstück soll das denn werden. So sieht also der Einstieg in die Zustimmung von Hrn. Kretschmann zur Anerkennung der unsicheren Herkunftsländer aus. Hr. Palmer bereitet den weg.

    Warum die Grünen nur immer wieder ihre politische Zukunft aufs Spiel setzen nur damit ein paar wenige Spitzenkanidaten Ihre Pesnionen sichern. So war das zu Beginn nicht vereinbart.

    Tübingen kann in Sachen Flüchtlingen noch viele Dinge umsetzen, die noch nicht einmal begonnen wurden. Mit den Grünen schaffen wir das wohl doch nicht.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Die Maghrebstaaaten sind eben keine sicheren Herkunftsländer. Basta.

     

    Palmer redet Allparteien-Mainstream, um noch so lang wie möglich OB aller Tübinger bleiben zu können.

    Und (sich zu) Verbiegen gehört nach Jahren der "Realpolitik" zu den wichtigsten grünen Disziplinen.

    • @571 (Profil gelöscht):

      Sicherer als Syrien oder Eritrea. Und bei den aktuellen Zahlen, welche beim Status quo auf 1-2 Millionen p.a. hinausläuft, ist das sicher genug.

    • @571 (Profil gelöscht):

      es gibt keine sicheren staaten.

      weder solche der herkunft noch solche des transits.

    • @571 (Profil gelöscht):

      Ja. Das grüne Rückgrat ist flexibler als eine Latexunterhose.

  • Palmer hat leider recht, was Nordafrika betrifft. Ich wünschte, es wäre anders. Über Grenzzäune kann man sicherlich streiten...

    • @Sondermann:

      "Palmer hat leider recht, was Nordafrika betrifft."

      Sie meinen damit, dass dort sichere Herkunftsländer sind? Dann buchen Sie bitte einen günstigen Flug nach Marokko und demonstrieren dort gegen den König oder für mehr Rechte. Falls es im Gefängnis dort Internetzugang gibt, dann bitte Stellung nehmen zu Ihrem Kommentar oder ihn ggf. ergänzen.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Sondermann:

      Über Grenzzäune sollte man sich nicht streiten. Die dürften im Europa des 21. Jahrhunderts kein Thema mehr sein.

      • @571 (Profil gelöscht):

        Ich wünschte, Sie hätten recht. Aber vielen Menschen sind die Zäune direkt ins Gesicht geschrieben...

      • @571 (Profil gelöscht):

        Man streitet ja auch nicht. Sie werden errichtet. Und Palmer ist einer der wenigen Realisten in der grünen Partei.

        • @Hans-Georg Breuer:

          @"..Man streitet ja auch nicht. Sie werden errichtet. Und Palmer ist einer der wenigen Realisten in der grünen Partei."

           

          korrekt - &

          "....auch sonst von mäßigem Verstand!"

          Von "Herz & damit Hirn !"

          Im Sinne von Wolfgang Neuss -

          Bei so einem Luffi - ?

          Gar nicht an zu denken.

           

          ps Sicherer Herkunftsstaat ist ein Rechtsbegriff aus dem deutschen Asylrecht. Er wird im Art. 16a Grundgesetzes eingeführt und in § 29a Asylgesetz (AsylG) definiert. Die 1993 in Kraft getretene Regelung ist einer der fünf Bausteine des so genannten Asylkompromisses, die auf die Änderung des Art. 16 und die Einfügung des Artikels Art. 16a des Grundgesetzes folgte.

           

          Das Prinzip des sicheren Herkunftsstaates ist nicht mit dem Prinzip des sicheren Drittstaates zu verwechseln, das die Asylantragsstellung im ersten Einreiseland des Schengen-Raums festschreibt. https://de.wikipedia.org/wiki/Sicherer_Herkunftsstaat_(Deutschland)

           

          Es handelt sich also jenseits der gezielten Begriffsverwirrung ala Politikaster&Medien um sog. Unbestimmte Rechtsbegriffe -

          Die vollumfänglich der richterlichen Überprüfung&Kontrolle unterliegen.

           

          Und nicht der irgendwelcher selbsternannter/apostrophierter

          Realisten -

          Was immer das im übrigen auch sein mag.

          Was die ausschwitzen hat zwar Journaille-Echo - rechtlich ist es aber -

          Wumpe - tuto completto!

          • @Lowandorder:

            Was soll eigendlich immer das Ganze Rechtsgerede. Palmer ist Politiker. Deren Beruf ist es Recht zu ändern. Auch das Asylrecht ist am Ende des Tages ein Gesetz. Das kann man ändern und/oder streichen.