Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Eine unendliche Geschichte.
Die abwesende Qualität dieses Rechtsstaates wird Tag für Tag deutlich. Überdeutlich.
Bei Staatsbediensteten, die - getarnt als V-Leute - Andere zum Begehen von Strattaten anstiften und antreiben. Bei Geheimdiensten, die in ihrem KontrollWAHN die eigenen Bediensteten ausschnüffeln. Bei Ermittlungsbehörden, die ein Jahrzehnt und länger im Dunkeln tappen bzw. vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen.
Wie @Rainer B. schreibt: "Die schlimmsten Feinde dieses Rechtsstaates haben sich in seinen Institutionen recht gemütlich eingerichtet."
Dass sie von dort vertrieben werden, ist ein frommer Wunsch von mir, der sich zu meinen Lebzeiten wahrscheinlich nicht mehr erfüllen wird.
Das, genau, ist die moderne "Gretchenfrage". Eine, die gar nicht gestellt zu werden braucht. Woran einer glaubt, erkennt man nämlich unschwer daran, wie er "mit seinen mutmaßlich schlimmsten Feinden um[geht]."
Wer im Nachhinein feststellt, dass er nicht die richtige Wahl getroffen hat, der sollte sich korrigieren dürfen. Hierzulande ist das Recht auf Irrtum zum Glück Teil des common sense. Moralisch wie juristisch. Man darf sich scheiden lassen und man darf den Arbeitgeber wechseln. Man darf sogar den Pflichtverteidiger austauschen, wenn man nicht (mehr) einverstanden ist mit dem, den einem das Gericht beigeordnet hat und den man vorher vielleicht gar nicht kannte. Schweigen dürfen Angeklagte sowieso. Was, also, ist das Problem mit diesem Antrag?
Das Problem, die Angehörigen der Opfer fühlen das genau, ist, dass derartige Wechsel Zeit in Anspruch nehmen. Ein sog. kurzer Prozess ist nicht gut möglich, wenn auch den mutmaßlich schlimmsten Feinden Rechte zugebilligt werden. Und hier nun zeigt sich, was ein Glaube wert ist und was nicht.
Gleiches Recht für alle ist ein Grundsatz, an den Gesellschaften glauben müssen, weil er sonst nicht trägt. Wenn staatliche Instanzen Unterschiede machen zwischen Angeklagten erster, zweiter und x-ter Klasse, dann geht der Glaube flöten. Vor allem bei den Angeklagten. Es nützt dann auch nichts mehr, wenn man Verfahrensfragen neu justiert.
Wäre ich Beate Zschäpe (ich weiß, so viel Einfühlungsvermögen erscheint fast selbst schon kriminell im vorliegenden Fall), würde ich auch neuen Richtern nicht vertrauen. Denn dass sich der, der über den Verteidigerwechsel entscheidet, und der, der das Verfahren führt, völlig einig sind in ihrem Hass auf jeden, der die Macht des Staates (und damit ihre) nicht anerkennen will, das würden mir mein schiefes Weltbild sagen. Ein Weltbild, das mehr mit Glaubensfragen zu tun hat als mit Vernunft.
Hola - ihr müßt aber nicht schweigen, wa!
daher 2.0
"…Es spricht deshalb manches dafür, das Verfahren zu überdenken und gesetzlich neu zu regeln. Nur wenn ganz andere Richter über den Verteidigerwechsel entscheiden, ist es legitim, eine umfassende Darlegung des Konflikts zu verlangen.…"
Ein akzeptables Ansinnen - das den Regelungen zur Befangenheit
nachempfunden ist - wobei, wobei selbst damit - erfahrungsgemäß sich die
betroffenen Richter noch schwer tun.
Ansonsten - ist - klar - Kurt Tucholsky - aktuell wie immer: http://www.textlog.de/tucholsky-abc-angeklagten.html
……
»Bedenke, wir leben in einem Rechtsstaat.«
Ignaz Wrobel
Die Weltbühne, 08.01.1929, Nr. 2, S. 45.
Quarantaine du taz
Bitte haben Sie Geduld und senden Sie ihn nicht mehrfach ab. - ok -
mit F.K.Waechter - NÖ WIESO!
Gibt es denn überhaupt noch Anwälte, denen man vertrauen kann? Mir ist bislang jedenfalls noch keiner begegnet.
Wenn im NSU-Netzwerk die schlimmsten Feinde dieses Rechtsstaats versammelt sind, dann muss man sich schon mal fragen, warum dieser Rechtsstaat nicht das Geringste Interesse an einer Zerschlagung und Strafverfolgung erkennen ließ und lässt.
Mir scheint, die schlimmsten Feinde dieses Rechtsstaats haben sich in seinen Institutionen recht gemütlich eingerichtet über die Jahre. Sie zerfressen ihn genüsslich weiter von innen, obwohl er doch zunehmend unverdaulich geworden sein muss.
"Doch was ist wenn Zschäpe in einem Vierteljahr ..."
Bitte keine vorauseilenden bedenken .... damit kann man so kurzerhand jedes auch berechtigte anliegen vom tisch wischen.
Wenn - dann! oder anders ausgedrückt: let's cross the bridge, when we come to it
"…Es spricht deshalb manches dafür, das Verfahren zu überdenken und gesetzlich neu zu regeln. Nur wenn ganz andere Richter über den Verteidigerwechsel entscheiden, ist es legitim, eine umfassende Darlegung des Konflikts zu verlangen.…"
Ein akzeptables Ansinnen - das den Regelungen zur Befangenheit
nachempfunden ist - wobei, wobei selbst damit - erfahrungsgemäß sich die
betroffenen Richter noch schwer tun.
Ansonsten - ist - klar - Kurt Tucholsky - aktuell wie immer: http://www.textlog.de/tucholsky-abc-angeklagten.html
……
»Bedenke, wir leben in einem Rechtsstaat.«
Ignaz Wrobel
Die Weltbühne, 08.01.1929, Nr. 2, S. 45.
Deutsche Flaggen an Wohnhäusern beängstigen mich. Das liegt an der AfD und dem Ergebnis der Europawahl. Aber es ist Zeit, die Angst los zu werden.
Kommentar Zschäpes Vertrauensverlust: Die Angeklagte darf schweigen
Beate Zschäpe ist unzufrieden mit ihrer Verteidigerin. Ihre Begründung für das Zerwürfnis bleibt vage. Das kann man ihr nicht vorwerfen.
Zum zweiten Mal hat Beate Zschäpe einen Antrag gestellt Foto: dpa
Wie geht der Rechtsstaat mit seinen mutmaßlich schlimmsten Feinden um? Das war nicht nur bei den RAF-Prozessen in den 70er und 80er Jahren ein großes Thema. Auch im Münchener NSU-Verfahren gegen Beate Zschäpe stellt sich die Frage – allerdings deutlich weniger dramatisch.
Zschäpe erkennt das Gericht an, sie beschimpft nicht die Richter, sie ist lediglich mit ihren Verteidigern unzufrieden. Zum zweiten Mal hat sie jetzt einen sogenannten Entbindungsantrag gestellt, diesmal aber nur gegen die Anwältin Anja Sturm.
Die Begründung, warum Zschäpe ihrer – einst ja selbst gewählten – Verteidigerin nicht mehr vertraut, bleibt vage. Doch kann man ihr das vorwerfen? Vor Gericht darf Zschäpe ja schweigen, sie hat diese Strategie bisher auch gewählt. Muss sie nun denselben Richtern wirklich Details des Verhältnisses zu ihrer Anwältin offenbaren?
Das wirkt widersprüchlich, zumal die Gründe für das Zerwürfnis ja nicht nur den Richtern bekannt würden, sondern auch den Nebenklägern, ihren Anwälten und damit alsbald auch der gesamten Öffentlichkeit.
Man könnte also den Satz „im Zweifel für die Angeklagte“ sinngemäß auch hier anwenden.
Doch was ist, wenn Zschäpe in einem Vierteljahr dann mit ähnlich vager Begründung auch die beiden anderen Anwälte, Heer und Stahl, ablehnt? Und alsbald auch deren Nachfolger? Die Möglichkeit, bei Vertrauensverlust den Pflichtverteidiger zu wechseln, soll ja nicht dazu dienen, dass die Angeklagte jederzeit den Prozess torpedieren kann.
Es spricht deshalb manches dafür, das Verfahren zu überdenken und gesetzlich neu zu regeln. Nur wenn ganz andere Richter über den Verteidigerwechsel entscheiden, ist es legitim, eine umfassende Darlegung des Konflikts zu verlangen.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
Themen