Anwältin über Beleidigungen im Stadion: „Das ist nur Fußball-Folklore“
Angela Furmaniak ist Anwältin von Fußballfans. Sie hält die Schmähaktionen gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp für juristisch irrelevant.
taz: Frau Furmaniak, der Drei-Stufen-Plan des DFB sieht vor, dass es bei Diskriminierungen im Stadion zunächst eine Durchsage gibt, dann eine Spielunterbrechung und notfalls einen Spielabbruch. Was halten Sie als Fananwältin von diesem Plan?
Angela Furmaniak: Der Drei-Stufen-Plan existiert ja schon einige Jahre und zielte vor allem auf Rassismus in den Stadien. In der Theorie fand ich den Plan gut. Mir ist allerdings kein Fall bekannt, dass ein Schiedsrichter eine Partie abgebrochen hätte, weil ein schwarzer Spieler von Zuschauern beleidigt wurde.
Der DFB hat den Drei-Stufen-Plan jüngst um „personifizierte Gewaltandrohungen“ erweitert. Finden Sie das auch gut?
Nein, hier wird in sachlich unzutreffender Weise ein Zusammenhang mit Rassismus und Diskriminierung konstruiert. Es ist dann auch zumindest befremdlich, wenn der Drei-Stufen-Plan ausgerechnet im Fall des Hoffenheim-Mäzens Dietmar Hopp erstmalig zur Anwendung kommt.
Dietmar Hopp wird ins Fadenkreuz gestellt, quasi zum Abschuss freigegeben. So etwas ist doch als „Bedrohung“ sogar strafbar. Ist es nicht richtig, gegen solche Transparente vorzugehen?
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Auch wenn ich das Plakat persönlich nicht gut finde, teile ich nicht die Interpretation, dass Herr Hopp damit zum „Abschuss freigegeben“ wird. Wenn man die langjährige Geschichte der Proteste gegen Herrn Hopp kennt, weiß man, dass er Symbol und Ziel der von vielen Fans kritisierten Kommerzialisierung des Fußballs ist. Nichts anderes wird mit diesem Banner zum Ausdruck gebracht.
Kann man das kurz nach den Anschlägen von Hanau nicht anders ausdrücken als mit einem Fadenkreuz?
Natürlich. Aber wenn Sie mich nach der Strafbarkeit fragen. Hier besteht offensichtlich kein Vorsatz, jemanden in strafrechtlich relevanter Weise zu bedrohen. Abgesehen davon waren vermeintliche Drohungen und Beleidigungen schon immer Teil einer derben Fankultur.
Wenn Dietmar Hopp als „Hurensohn“ bezeichnet wird, ist das auch nur derbe Fankultur?
Angela Furmaniak
ist Fachanwältin für Strafrecht und hat ihre Kanzlei in Lörrach. Sie ist Vorstandsmitglied der Vereinigung baden-württembergischer Strafverteidiger und Mitglied in der AG Fananwälte.
Es wäre sicher eine Beleidigung, wenn Herr Hopp von anderen Managern auf der Hauptversammlung seines Unternehmens SAP als „Hurensohn“ bezeichnet würde. Im Fußballstadion sind gegnerische Spieler und gegnerische Fans allerdings schon immer geschmäht und beschimpft worden. Das muss man nicht gut finden, ist aber Fußballfolklore. Juristisch gesprochen ist das „sozialadäquat“ und deshalb straflos.
Dietmar Hopp wird nun aber schon seit Jahren massiv beleidigt. Muss er sich das wirklich gefallen lassen?
Die Frage verkennt, dass es hier gar nicht um ihn als Person geht, sondern um die Kommerzialisierung des Fußballs. Wenn Dietmar Hopp als Hurensohn bezeichnet wird, ist das ein Statement gegen die Käuflichkeit des Fußballs, also keine persönliche Beleidigung.
Das versteht aber nicht jeder …
Seit Jahren versuchen Fanorganisationen, ihrer Kritik mit klugen Statements Gehör zu verschaffen. Es ist traurig, dass erst geschmacklose und provozierende Aktionen dem Thema zu medialer Aufmerksamkeit verhelfen.
Wie ist es mit Affenlauten in den Fußballstadien? Das sehen manche Fans auch nur als Folklore …
Das sollte man nicht vergleichen. Rassismus richtet sich gegen Schwache und Ausgegrenzte, gegen Menschen, die an ihrer Hautfarbe nichts ändern können. Von Rassismus ist Herr Hopp nicht betroffen.
Gegen rassistische Fans sollte der DFB also hart durchgreifen?
Ja. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass die erfolgreichste Antirassismusarbeit in den Kurven genau von den Ultragruppen geleistet wird, die nun aus den Stadien vertrieben werden sollen.
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