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Antisemitismus auf Anti-Israel-DemosHetze bald öfter strafbar

Nach antisemitischen Äußerungen auf Anti-Israel-Demos fordern Po­li­ti­ke­r*in­nen jetzt harte Strafen. Die Rechtslage gibt das auch her.

Hier wurde zur Bombadierung Tel Avivs aufgerufen: Pro-Palästina Demo in Berlin am 15. Mai Foto: M. Golejewski/AdoraPress

Freiburg taz | Das deutsche Strafrecht sanktioniert antisemitische Hetze heute schon in weitgehendem Maße. Eine Verschärfung gegen „beleidigende Hetze“ ist unabhängig von den Ausschreitungen am Wochenende zusätzlich geplant. Am Samstag waren auf Demos, die sich gegen Israel wandten, antisemitische Parolen zu hören. Anlass für die Demos war der anhaltende Konflikt zwischen Israel und Palästinensern, der zur Zeit erneut eskaliert.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) forderte nach den Demos vom Wochenende, mit „voller Härte“ gegen antisemitische Hetze vorzugehen. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sagte: „Die Täter müssen die volle Härte des Gesetzes spüren.“ CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak betonte: „Antisemitischer Hass ist keine Meinung, sondern eine Straftat.“

Natürlich sind Gewalttaten als Körperverletzung oder Sachbeschädigung strafbar. Wenn sie aus einer Demonstration heraus begangen wurden, handelt es sich um Landfriedensbruch. Aber auch Parolen können strafbar sein. Im Mittelpunkt steht dabei das Delikt der „Volksverhetzung“, das auf eine Störung des öffentlichen Friedens abzielt und deshalb bei öffentlichen Handlungen wie Sprechchören auf Versammlungen vorrangig in Betracht kommt.

Die Volksverhetzung ist in Paragraf 130 im Strafgesetzbuch geregelt und enthält mehrere Unterfälle. So muss mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren rechnen, wer gegen bestimmte Gruppen (zum Beispiel „die Juden“) zum Hass aufstachelt oder zu Gewaltmaßnahmen auffordert. Die bei Anti-Israel-Demos in London skandierte Aufforderung, jüdische Töchter zu vergewaltigen, wäre eine derartige Volksverhetzung.

Neues Delikt „Verhetzende Beleidigung“

Das gleiche Strafmaß droht, wenn eine Gruppe (wie „die Juden“) beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet wird und damit gleichzeitig ihre Menschenwürde angegriffen wird. Das ist vor allem bei der Gleichsetzung mit Tieren oder Abfall relevant. Weitere Unterfälle der Volksverhetzung sind die Holocaustleugnung sowie Verharmlosung oder Billigung der NS-Herrschaft.

Soweit einzelne Personen angegriffen und beschimpft werden, kann eine Beleidigung oder Verleumdung vorliegen. Hier droht Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

In den kommenden Wochen soll zudem eine Strafbarkeitslücke zwischen Volksverhetzung und Beleidigung geschlossen werden. Ausgelöst wurde sie durch eine Vielzahl antisemitischer E-Mails und Briefe, die regelmäßig an den Zentralrat der Juden oder jüdische Gemeinden geschickt werden. Diese sind nicht als Volksverhetzung strafbar, weil die Tathandlung nicht öffentlich ist. Sie werden aber auch nicht als Beleidigung erfasst, weil niemand persönlich herabgewürdigt wird.

Ein neues Delikt namens „Verhetzende Beleidigung“ soll nun solche hetzerischen E-Mails, Briefe und Anrufe strafbar machen. Zunächst sollten hier nur Gruppen mit NS-Verfolgungsschicksal geschützt werden. Die SPD und der Zentralrat der Juden setzten sich jedoch dafür ein, dass hier auch Hetze gegen Muslime erfasst wird.

Flaggen zu verbrennen ist erst seit 2020 strafbar

Ausländische Flaggen auf Demos zu zerstören oder zu beschädigen ist erst seit Anfang 2020 strafbar. Anlass dieser Strafverschärfung war das Verbrennen israelischer Flaggen bei Kundgebungen in Berlin.

Sogar erst seit wenigen Wochen gilt es ausdrücklich als strafverschärfend, wenn eine Straftat „antisemitisch“ motiviert war. Das war allerdings eine eher symbolische Klarstellung, denn zuvor konnten antisemitische Taten bereits als „menschenverachtend“ härter bestraft werden.

Verstöße gegen Strafgesetze können zu Geld- und Freiheitsstrafen, aber auch zur Auflösung von Versammlungen und dem Verbot von Vereinen führen. Im Einzelfall können sie sogar ausländerrechtliche Folgen wie eine Ausweisung haben.

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15 Kommentare

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  • Wie soll man mit Gesetzen gegen Leute vorgehen die diese als Teil des ,,ungläubigen,, oder ,,jüdischen,, Westen eh nicht akzeptieren? Oder sogar froh sind und die Strafe als Teil ihres göttlichen Kampfes ansehen.

    Das ist wie bei IS Kämpfern da muss man hoffen diese Leute deradikalisieren zu können und aus ihrem gefestigten Weltbild herauszuholen.

  • Verstehen Sie mich nicht falsch, es gibt verbale Äußerungen, die sind falsch und widerlich. Ich finde aber, die richtige Reaktion auf solche Äußerungen sollte im entschiedenen und konkreten Widerspruch bestehen, das muss reichen.

    Verbietet man Nazis den Mund, dann gibt man ihnen doch bloß, was sie wollen. Sie reden doch jetzt schon ständig von Zensur und beschränkter Redefreiheit und wollen darin doch nur bestätigt werden. Wenn aber jemand den Völkermord der Nazis an den Juden leugnet, dann kann man sehr konkret und deutlich widersprechen, weil es klare Beweise verschiedenster Art gibt, die beweisen, dass die Nazis um die 6 Millionen Juden ermordet haben. Angesichts dieser offenkundigen Tatsache ist es überhaupt nicht notwendig, mit diffusen Allgemeinplätzen wie "Hass" oder "Hetze" herumzulavieren oder ein Redeverbot zu erteilen.

    Einfach widersprechen. Die Nazis werden so bald nicht mehr die Möglichkeit haben, uns dafür auf das Schafott zu legen - und wenn sie doch tätlich werden, dann kommen sie hinter Gitter. Dafür sorgt die anständige Mehrheit und die funktionierende Justiz in diesem Land.

    • @Ein alter Kauz:

      Soweit ich weiß, waren bei den Pro-Palästina-Demos keine Nazis dabei. Schon gar nicht in London. Wie kommen Sie darauf, dass es Antisemitismus nur von Rechts gibt?

      • @Jossi Blum:

        Es ist per definitionem rechts, jedenfalls nach dem, wie "rechts"-"links" in den letzten Jahrzehnten üblicherweise eingeteilt wird, Menschen aufgrund ihrer Abstammung zu verfolgen. Und die Zugehörigkeit zur jüdischen Religion ist in sehr vielen Fällen durch die Abstammung mütterlicherseits bedingt, weil i. d. R. nicht aktiv missioniert wird und Konversionen zum Judentum entsprechend selten sind (es soll übrigens auch nicht einfach sein). Antisemitismus ist also nach meinem Dafürhalten prinzipiell "rechts", auch wenn manche Antisemiten sich selbst nicht so einordnen wollen.

        Natürlich kann man darüber streiten, dass ich den Ausdruck "Nazis" verwendet habe. Auch wenn es von der historischen Diktatur des Nationalsozialismus bis hin zu heutigen Neonazis immer wieder Überschneidungen und wechselseitige Sympathien zwischen arabischem und deutschem Antisemitismus gab und gibt, stimme ich zu, dass man nicht pauschal jeden arabischen Antisemiten als "Nazi" bezeichnen kann. In vielen Fällen liegt wahrscheinlich eine antizionistische, also israelfeindliche Kernhaltung zugrunde, die sich aufgrund von Zorn, Polemik und mangelnder Reflexionsfähigkeit sekundär zu undifferenziertem Antisemitismus ausweitet.

        Dass ich hier dennoch von "Nazis" spreche, liegt nicht an einer Vermengung unterschiedlicher Antisemitismen, sondern daran, dass laut dem vorliegenden Artikel "Eine Verschärfung gegen „beleidigende Hetze“ [...] unabhängig von den Ausschreitungen am Wochenende zusätzlich geplant" sei. Das ist sehr weit gefasst, und eben nicht nur gegen militante Pro-Palästina-Aktivisten und deren Sympathisanten gerichtet. Typische, deutsche, deutschstämmige Nazis sind also mitgemeint und sind ja wohl immer noch das Paradebeispiel für Antisemiten in diesem unserem Lande.

      • @Jossi Blum:

        Ich war bei der Leipziger Kundgebung "Solidarität mit Israel" am Samstag in Leipzig dabei und habe auf die Beleidigungen, die "uns" von den Teilnehmern der anderen Seite zugerufen wurden, mit "Nazi" reagiert. War das falsch?



        Ich ging nie davon aus, dass "Nazis" immer rechts sein müssen. Und dass es in diesen Kreisen große Bewunderung und Anerkennung für einen Mann gibt, den ich für einen Menschheitsverbrecher halte, ist bekannt.

        • @*Sabine*:

          Also es ist bekannt, dass es auch linken und islamischen Antisemitismus gibt. Dass unter des islamischen Antisemiten auch Nazis drunter sein können, will ich nicht ausschließen. Siehe den Mufti von Jerusalem, ein Fan von Hitler und Förderer des Holocausts.

    • @Ein alter Kauz:

      das große Problem was ich bei den verschärften Gesetzen sehe ist das Rechte sie verwenden könnten um ihre Kritiker vor Gericht zu zerren, wenn sie als Nazis und Faschisten genannt werden.

      • @Alreech:

        Ich verstehe Ihren Einwand nicht. Was genau wollen Sie damit sagen?

      • @Alreech:

        Warum geben sie Rechten so viel Macht über Gesetze? Wenn man bei jedem Gesetz daran denken müsste ob Gesetze auch von "Rächts" genutzt werden kann kommt man doch echt nicht weiter.

        Spoiler: Auch Nazis können vor Gericht ziehen und stehen nicht außerhalb der Rechstordnung.

        • @UNKE:

          Sorry, aber genau dieser Rechtsstaatfundamentalismus ist das Problem, der dafür sorgt das die Rechten gut gemeint gesetze gegen Hass und Hetze misbrauchen können.

  • Diese weltweite Aggression der Hamas-Raketen-Befürworter finde ich erschreckend. Kein sicherer Ort für Juden aus dem Haus oder aus der Synagoge zu gehen?



    Es war klar: am 14. und 15.Mai wird wieder gegen die Gründung Israels demonstriert wie 2018, wie 2014.



    Diese Strafmaßnahmen werden keine Wirkung haben, weil die Emotion über die Rationalität siegt.



    Es geht um die Ehre und den Stolz. Die Empörten zeigen das sich selbst in ihrer Selbstinszenierung. Wie andere das finden wird gar nicht wahrgenommen. Sie sehen sich alle als Opfer. Dabei gibt es vor allem in den arabischen Regimes und in der Türkei keine Bürgerrechte und keine Menschenrechte.

    • @nzuli sana:

      "Kein sicherer Ort für Juden aus dem Haus oder aus der Synagoge zu gehen?"



      Aus meiner Sicht zeigen die Vorkommnisse in Deutschland, wie wichtig Israel als - im schlimmsten Fall - Rückzugsort ist. Beschämenderweise ist es so, dass jüdische Menschen --> nicht einmal mehr in Deutschland sicher sind. Nach allen unseren Verbrechen an diesen Menschen, lassen wir zu, dass sie sich in Deutschland erneut fürchten müssen. Ich verstehe das einfach nicht.

      Es gibt für Anhänger des Islam 56 Länder als Rückzugsort, auch den Christen und Atheisten stehen mehrere Länder zur Verfügung, aber für Juden gibt es nur einen einzigen Staat.

    • @nzuli sana:

      " Sie sehen sich alle als Opfer. Dabei gibt es vor allem in den arabischen Regimes und in der Türkei keine Bürgerrechte und keine Menschenrechte."

      Das ist ja das Absurde.

  • Strafverschärfung gegen solche Delikte ist sehr nobel - müsste dann aber auch konsequent gehandhabt werden.



    Bei klarer, nachweisbarer Hetze, Fahnen verbrennen; Beleidigung usw. müsste die Verschärfung so aussehen, daß man sich die Geldstrafe spart und gleich mit 3 Monaten Freiheitsstrafe winkt.

    Über Geldstrafen, Platzverweise, Versammlungsverbote oder Vereinsverbote lachen die sich doch kaputt. Oder glaubt jemand im ernst, daß damit die Gefahr gebannt wäre?

    • @Juhmandra:

      Harmlose Wortspiele



      Anti-Israel-Demos also?



      So, so... nicht etwa Anti-Juden- oder Pure-Hass-Demo?



      Ja, so fangen verhängnisvolle Verharmlosungen an, immer wieder. Beherrschen Rechte und andere Extreme auch ganz gut...