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Anti-Hamas-ProtesteHelden in Gaza

Kommentar von Susanne Knaul

Zum ersten Mal seit Beginn des Krieges regt sich Widerstand gegen die islamistische Führung in Gaza. Die Demonstranten riskieren viel.

Mutig bis heldenhaft sind jene Menschen die sich gegen die Hamas unter diesen Umständen stellen Foto: Reuters/Stringer

D arauf haben wir schon so lange gewartet: Endlich regt sich innerhalb des Gazastreifens Widerstand gegen die palästinensischen Islamisten der Hamas. Noch sind es nur ein paar hundert Menschen, die sich auf die Straße wagen, um für ein Ende des Krieges und gegen die Hamas zu demonstrieren. Es gehört wirklich viel Mut dazu, gerade in diesen Zeiten der Hamas die Stirn zu bieten. Verhaftung, Folter und gar der Tod könnten die Konsequenz sein.

Die islamistische Führung geht mit mörderischer Brutalität gegen ihre Widersacher vor, auch wenn es sich um die eigenen Landsleute handelt. Selbst in friedlicheren Zeiten ließ die Hamas Palästinenser mit Säcken über dem Kopf kniend auf offener Straße erschießen, wenn der Verdacht der Kollaboration mit dem israelischen Feind bestand; ein Vorwurf, der auch vorgeschoben wurde, um homosexuelle Männer hinrichten zu lassen.

Die mutigen Demonstranten strafen die Stimmen lügen, die sagen, es gäbe keine Unschuldigen im Gazastreifen. So jüngst der israelische Botschafter in Wien, David Roet, der bei gleicher Gelegenheit ankündigte, eines Tages Golf in der zerbombten Küstenregion zu spielen, und der die Todesstrafe für Minderjährige guthieß.

Mit den jüngsten hoffnungsvollen Bildern aus dem Gazastreifen kommt allerdings auch die Frage auf, warum die Palästinenser, die in Deutschland leben und die gegen die Hamas sind, so schweigsam bleiben. In Berlin, Stuttgart oder München droht niemandem Folter oder Tod, wenn er oder sie sich gegen die palästinensischen Islamisten positioniert. Stattdessen findet ein regelrechtes Wettschreien der blinden Solidarität mit den Terroristen statt, ohne die es diesen Krieg gar nicht erst gegeben hätte.

Nach israelischen Stimmen, die dem Krieg und der eigenen Regierung mehr als kritisch gegenüberstehen, muss in Deutschland nicht lange gesucht werden. Wie schade, dass die Chance, einen friedlichen Dialog auf neutralem Boden zu führen, bislang kaum genutzt wurde. Vielleicht haben die Helden aus dem Gazastreifen eine Signalwirkung.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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31 Kommentare

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  • Die patriarchal-theokratischen Regime beider Krieg führenden Seiten ( Iran & co & Israel) ähneln sich so, dass selbst Israels rechtsextreme in der Regierung bei der Wahlsagten, sie wollten ein Regime wie im Iran errichten, nur auf Jüdisch. Wer da noch von "Demokrate " redet, stellt sich auf die Seite der rechten Internationale und gegen die,die in den Ländern für Frauen&LGBTI rechte & Demokratie streiten. Hierzu aus berufenem Munde : www.fr.de/kultur/g...aere-93647338.html Das die Hamas auch autoritär ist, habe ich stets mit derauf beide Seiten beziehbaren Deklination von B old D emocracy S olidarity auszudrücken versucht. Mit Trump droht allerdings der Spruch nun so für alle Länder anwendbar zu werden: ALLE ZUSAMMEN GEGEN DIE FASCHISMEN! Merz wird da leider auch weiter AfD Politik machen, die Sozen haben ihren Antifa Geist eh schon unter Scholz aufgegeben...

    • @R.L.:

      Sie vergleichen Teherans Regime mit der Regierung Israels? Sorry, da steige ich aus.

      Die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller in ihrer Stockholmer Rede:



      "Die Kriegsbesessenheit der Mullahs und der Hamas ist so dominant, dass sie – wenn es um die Vernichtung der Juden geht – selbst den religiösen Graben zwischen Schiiten und Sunniten überspringt. Der Kriegsbesessenheit wird alles andere untergeordnet. Die Bevölkerung wird bewusst in Armut gehalten, und gleichzeitig steigt der Reichtum des Führungsclans der Hamas ins Unermessliche. . . . Die Menschenverachtung ist grenzenlos. Für die Bevölkerung bleibt fast nichts übrig außer dem Märtyrertod."

      oder auch ein guter taz-Artikel über die "Strippenzieher in Teheran"



      taz.de/Geldgeber-d...Dschihad/!5870475/

      Sorry, ich mag Netanjahu nicht, doch die Teheraner Diktatoren seit 1979 sind eine ganz andere Kategorie. Noch nicht mitgekriegt wie es den Frauen dort geht? Die jetzt per Drohnen und Straßenkameras überwacht werden ob das Kopftuch richtig sitzt? Und auch vielen Männern geht es miserabel.

      • @shantivanille:

        Ich will mich nicht wieder an Ihrer Zitaten-Sammlung abarbeiten (rate aber dazu, auch einmal Autoren zu lesen, deren Erklärungsmuster über "der Moslem" ist immer Schuld herauskommen); es wird allmählich ermüdend, immer wieder darauf hinzuweisen, aber es greift zu kurz, wenn man über die Kriegsbesessenheit von Hamas und Iran (der auf Hamas viel weniger Einfluss hat als hier gerne behauptet) spekuliert, aber dabei die Besatzung und deren brutale Realität ausblendet - und dafür ist keineswegs allein Netanjahu verantwortlich.

  • Was sollen die Hamas-Terroristen machen wenn sie keine Tunnel buddeln, Bomben basteln, Massaker veranstalten oder Palästinenser foltern?

    Zum Arbeitsamt gehen, eine Ausbildung zum Konditoreifachverkäufer o. ä. machen?

    Noch kommt die Kohle von Teheran rein, doch dafür muss die Hamas liefern.

    Es geht weniger um die "Befreiung Palästinas", sondern, ich zitiere Wiki zur Gründungscharta der Hamas:

    "Die Präambel fordert den Dschihad – den Kampf aller Araber und Muslime um Palästina – „bis dass die Niederlage der Juden die Macht Allahs offenbaren werde“. Artikel 7 zitiert ein Hadith zum „Endgericht Allahs, wonach die Steine und Bäume versteckte Juden verraten, damit die Muslime sie alle töten“. Artikel 11 fordert, Palästina als geheiligtes islamisches „Waqf-Land“ zu sehen. Artikel 12 erklärt den Dschihad gegen Israel zur höchsten Form der Vaterlandsliebe und die Mitglieder der Hamas zu den einzig wahren Patrioten; demgemäß schließt Artikel 13 alle Verhandlungen mit Israel aus. Artikel 15 fordert „Palästinas Reislamisierung“.

    Es geht um Juden töten. Auf Kosten der Palästinenser:innen und deren Kindern, denen es immer schlechter geht.

    Solidarität mit Israelis und Palästinensern!

    • @shantivanille:

      Vielen Dank für diese faktische Einordnung.

  • "Die islamistische Führung geht mit mörderischer Brutalität gegen ihre Widersacher vor, auch wenn es sich um die eigenen Landsleute handelt. Selbst in friedlicheren Zeiten ließ die Hamas Palästinenser mit Säcken über dem Kopf kniend auf offener Straße erschießen, wenn der Verdacht der Kollaboration mit dem israelischen Feind bestand; ein Vorwurf, der auch vorgeschoben wurde, um homosexuelle Männer hinrichten zu lassen."

    So weit, so bekannt. Hat es zu Besetzung von Universitäten geführt und Massendemos? Nein

    Assad hat mehr Moslems umgebracht im Bürgerkrieg als Israel. Massendemos, Unibesetzungen? Fehlanzeige.

    Die Taliban unterdrückt, versklavt und tötet Menschen seit Jahrzehnten. Es wurde meines Wissens nach kein Hörsaal besetzt um ein Ende der Taliban zu fordern. Oder der Hammas. Oder Assad. Oder gegen Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine.

    Nur wenn der "Feind" jüdisch ist wird mobilisiert.

    Ist aber bestimmt nur Zufall und hat nichts mit antisemotismus zu tun wie viele Kommentatoren (auch hier bei der taz) feststellen werden.

    • @Pawelko:

      Die Ignoranz gegenüber den von Ihnen beschriebenen Vorgängen muss sich die propalestinensische Szene als Irrweg vorhalten lassen.

    • @Pawelko:

      Ganz einfach darum: sowohl Hamas, als auch Taliban , Assad oder Putin sind keine demokratischen Institutionen oder Personen sondern handeln diktatorisch, eine Besetzung von irgendeiner Uni oder ein Protest irgendwo im Ausland würde die Machthaber nullkommagarnicht jucken, es würde absolut keinen Effekt haben. Israel ,das sich selber (noch) als Demokratie mit einem Rechtsstaat versteht, auch Demonstrationen erlaubt, diplomatische Beziehungen zu anderen Demokratien pflegt, kann man mit solchen Aktionen schon eher ansprechen. Da liegt (zumindst für mich) der kleine aber feine Unterschied.

  • Stark. Ich wünsche viel Erfolg bei diesem ersten, viel Mut erfordernden Schritt der Zivilbevölkerung! Frieden kann es nur ohne Hamas & Co geben.

    In einem ersten offiziellen Statement zu den Protesten gegenüber des katarischen Senders Al-Araby wird seitens der Hamas (natürlich) tatsachenverdrehend behauptet, die Proteste richteten sich gegen "den Besatzer" Israel. Ich befürchte, dass die hiesigen "pro-palästinensischen" Akteure sich die Lesart der Hamas zu eigen machen und dass die mutigen Demonstranten im Gazastreifen nicht auf den Rückhalt der internationalen Pro-Palis zählen können. Der Protest richtet sich halt nicht gegen Ju... äh, gegen Israel.

    • @Fisherman:

      "Frieden kann es nur ohne Hamas & Co geben."

      Das ist der entscheidende Faktor.

    • @Fisherman:

      Der Protest richtete sich aber gegen die Hamas und die Gewalt Israels. War ja auf den Plakaten und Transparenten zu lesen. Die Rechnung, wer die Hamas ablehnt, muss Israel gegenüber positiv gestimmt sein, ist zu simpel.

  • Sie möchten wissen, warum Palästinenser:innen hierzulande Israel lauter kritisieren als die Hamas? Ist das eine ernstgemeinte Frage?

    • @N.Laj:

      Nein, das ist ein Missverständnis. Die Frage lautete, warum es in Deutschland von hier lebenden Palästinensern nicht wenigstens genauso laute Kritik an der Hamas gibt wie von hier lebenden Israelis an der israelischen Regierung. Es gibt tatsächlich Israelis, die zum Beispiel nach Deutschland übersiedeln wegen Netanyahu und die auch die Kriegspolitik der israelischen Regierung und die ganze Stimmung im Land sehr scharf kritisieren.

    • @N.Laj:

      Naja, wenn es nur um "lauter" ginge, würde sich die Frage wohl nicht stellen. Aber Kritik an der Hamas sehe/höre ich auf den propalästinensischen Demos oder aus den Reihen der Demonstranten nicht. Eher wird die Propaganda der islamistischen Hamas übernommen und im Hamas-Wording von "Widerstand", "River2theC" & "zionistische Besstzung ganz Palästinas" krakeelt.

      • @Fisherman:

        "Eher wird die Propaganda der islamistischen Hamas übernommen und im Hamas-Wording von "Widerstand", "River2theC" & "zionistische Besstzung ganz Palästinas" krakeelt." ... und zum Mord an Juden aufgerufen.

    • @N.Laj:

      Die Ursache für den Ausbruch dieses Krieges liegt eindeutig bei der Hamas, auch wenn man das natürlich wegtheoretisieren kann. Deshalb ist die Frage berechtigt. Die Hamas als legitime Repräsentation der Palästinenser zu betrachten ist ein grundlegender Fehler.

  • Die Demos in Gaza machen immerhin Hoffnung. In Israel wird ja schon länger gegen Netanjahu demonstriert. Echter Frieden hat nur ohne Hamas und ohne Netanjahu eine Chance.

  • Das nenne ich Mut der Verzweiflung.

  • Gute Zeichen - nur leider wird das weder den vom ICJ untersuchten Genozid in Gaza, die völkerrechtswidrige Annektion der besetzten Gebiete noch ethnische Säuberung durch Likud, Smotrich&Gvir verhindern.



    Pikant natürlich auch, dass nun ausgerechnet jüdischer Dissens in Deutschland - den man mit vereinten Kräften mundtod gemacht hat (Ausladungen, Antisemitismusvorwürfe etc.) – herangezogen wird, wenn es mal wieder gegen die palästinensische Diaspora geht.

    • @hamann:

      Volle Zustimmung!

  • Der Vergleich hinkt. Palästinenser:innen sind in Deutschland u.a. weil sie von Israel vertrieben wurden. Es gibt ca.100.000 Palästinenser:innen in D, staatenlos, tabuisiert und ungehört. Sie dürfen oft nicht protestieren und viele haben spätestens seit 2014 ein großes Misstrauen in die deutsche Gesellschaft, die ihren Schmerz nicht sehen will, ihre Existenz verleugnet. Die meisten haben eine persönliche Vertreibungsgeschichte und keine Zukunftsperspektiven. Die teilweise Unterstützung für Hamas ist zu verurteilen, dennoch finde ich, der Vergleich zu den vorgeblich präsenteren kritischen Reaktionen von Israelis gegenüber ihrer Regierung wird der dahinterliegenden Komplexität nicht gerecht. Die Ausgangslage ist sehr verschieden. Und auch unter Israelis gibt es eine große Ignoranz gegenüber dem Leid welches ihre Regierung Palästinenser:innen zufügt. Kritische Stimmen sind auch dort nicht sehr laut. Und wer ist eigentlich dieses "wir", welches im ersten Satz spricht?

    • @pachamama89:

      ""Palästinenser:innen sind in Deutschland u.a. weil sie von Israel vertrieben wurden:""



      ==



      Nach der Gründung des Staates Israel 1948 und dem ersten Nahostkrieg kam es zur Flucht oder Vertreibung von rund 700.000 Palästinensern - wobei auch diese Zahl umstritten ist.

      Nach UN-Angaben beträgt die Zahl der registrierten Palästina-Flüchtlinge, die auch die Nachkommen einschließt, mittlerweile rund 6 Millionen.

      Allein durch den Vergleich dieser Zahlen wird deutlich, das Ihre These, das die Palästinenser in der Bundesrepublik diejenigen sind, die von Israel vertrieben wurden, so nicht stimmen kann.

      Der Flüchtlingsstatus der Eltern wurde an die Kinder vererbt (?) und die Nichteinbürgerung von Palästinnsern in den umliegenden arabischen Staaten (?) ---aber vor allem innerarabische Kriege (Bürgerkrieg im Libanon, Krieg in Syrien etc. ) --- führten zur Flucht von Palästinensern nach Deutschland.

      www.rnd.de/politik...JOKSKEOMVQSEY.html

      Ihren Appell zumindest die Komplexität der Geschichte der Palästinenser zu beachten finde ich gut.

    • @pachamama89:

      "Es gibt ca.100.000 Palästinenser:innen in D, staatenlos, tabuisiert und ungehört."

      Das ist ein Punkt, den ich nicht verstehe. Dass man sich unter diesen Umständen von (fast) allen Ländern auf dieser Welt ausgerechnet Deutschland als Wohnort aussucht; das Land, das (nicht nur) aufgrund seiner verbrecherischen und grausamen Vergangenheit, der Tötung von 6 Millionen! jüdischen Menschen, dem Leben und Erhalt jüdischer und/oder israelischer Menschen verpflichtet ist und verpflichtet sein muss.

      Die Minimum-Anforderung an ein Land, in dem PalästinenserInnen sich niederlassen und leben möchten, könnte sein, dass die neue Heimat Palästina zumindest anerkennt und die gleichen Ziele wie die Pro-Palästinenser und Israelkritiker anstrebt. Da gibt es (auch) einige europäische Länder, während der Iran ein Extrem abbildet.

      (Die Witwe von Herrn Sinwar scheint mittlerweile in Katar zu leben, aber Katar möchte, wenn ich es richtig weiß, nur reiche Pro-Palästinenser und Israelkritiker aufnehmen.)

      • @*Sabine*:

        Vielleicht, weil in D bis vor Kurzem noch die Wirtschaft brummte? Stellen Sie sich mal vor, sie müssten aus was weiß ich für Gründen Deutschland, Europa verlassen. Wo gehen Sie dann hin? Dort, wo sie auf ein erträgliches Leben hoffen!

  • Die Behauptung, dass die Leute die für Palästina demonstrieren bzw sich äussern pro Hamas sind, ist einfach falsch. Fragen sie doch Sawsan Chebli oder Jules el Khatib was sie denken anstatt Unwahrheiten zu verbreitet.

    • @FEB:

      Es geht doch nicht um Pro-Palästina. Die Demonstranten die Mutig in Palästina gegen die Hamas demonstrieren sind Pro-Palästina. Die, die sich hier einseitig Israel positionieren ohne gegen die Hamas zu demonstrieren sind für die Hamas. Gab es bei den Unibesetzungen einmal die Forderung an die Hamas die Ermordung von Oppositionellen und Homosexuellen einzustellen? Nie gelesen, nie gehört.

  • Die Frage, warum Palästinenser in Deutschland kaum gegen Hamas demonstriert haben, ist vermutlich leicht zu beantworten: weil der Krieg - und gerade die Brutalität der israelischen Kriegsführung - dazu geführt hat, dass die Reihen geschlossen wurden. Dass inzwischen Konflikte innerhalb der palästinensischen Gesellschaft ausbrechen, die ja keineswegs neu waren (und sich in den letzten Monaten auch im WJL immer wieder entladen haben, wenngleich unter umgedrehten Vorzeichen), ist ein Zeichen, dass dieser Burgfrieden brüchig wird - das ändert allerdings erst einmal nichts am Verhältnis zu Israel, zumindest dann nicht, wenn ein Bruch mit Hamas wie im WJL auch nur mehr Siedlungen bedeutet.



    Nebenbei könnte sich auch die deutsche Medienlandschaft fragen, warum ein paar Hundert Gazaner, die gegen Hamas demonstrieren, mehr Aufmerksamkeit bekommen, als ein paar Hundert Gazaner, die allein seit dem Wiederaufflammen des Krieges gestorben sind... Aber vielleicht gibt der erste Satz des Artikels ja eine Antwort: worauf "wir" gehofft haben. Man möge sich das Pronomen auf der Zunge zergehen lassen.

    • @O.F.:

      Es wirkt so als müssten die Palästinenser sich ihre "universellen Rechte" erst verdienen. Das bei den Demonstrationen auch ein Ende der israelischen Gewalt gefordert wurde, wird hingegen überhaupt nicht erwähnt.

    • @O.F.:

      Ein Faktor für die Nicht-Demonstration ist sicherlich auch. dass die Hamas ganz offen Sippenhaft praktiziert. Es gibt gerichtlich dokumentierte Fälle, bei denen nahe Verwandte, insbesondere Brüder aber auch andere männliche Familienangehörige, von der Hamas hingerichtet wurden, als Konsequenz von in den Augen der Hamas hochverräterischen Aktivitäten (wie Israel-Kontakte, echt oder vorgeschoben) eines anderen Bruders im Ausland. Wer seine Familie in Gaza schützen will, verhielt sich jedenfalls bis jetzt auch im Ausland ruhig.

  • Die Frage warum viele Palästinenser schweigen statt zu demonstrieren, ist denke ich relativ einfach zu beantworten.

    Die mir bekannten Palästinenser haben keine Lust von deutschen Hipstern oder hiesigen Extremisten vereinnahmt zu werden. Die meisten Palästinenser haben auch Verwandte in der Region und daher andere Sorgen.

    Ich finde es auch verständlich, denn wenn man für sein Anliegen auf Frieden in Gaza demonstrieren will und sich die Teilnehmer überwiegend aus Thawra Leuten, antiimperialistischen Linksgruppierungen und Gestalten aus dem Umfeld der Blauen Moschee zusammensetzen und zudem nur Hassbotschaften skandiert werden oder gar Terroristen gehuldigt wird, dann bleibt man als gemäßigter Palästinenser lieber weg.

    Als Gruppe, bestehend aus 10 Palästinensern, 5 Iranern sowie Deutsche und Norweger, haben wir drei Versuche in Hamburg und Bremen unternommen.

    Das Fazit war stets dasselbe, um das Schicksal der Menschen in Gaza geht es den meisten Demonstranten nicht wirklich.

    • @Sam Spade:

      Danke für den Einblick, auch wenn er ernüchternd ist.