Anmelder über Silvio-Meier-Demo: „Antifa bedeutet Demokratie“
Nach einem Jahr Pause gibt in Berlin es wieder eine Silvio-Meier-Demo. Man müsse gegen rechts handlungsfähig bleiben, sagt Initiator Hauke Stiewe.
taz: Hauke Stiewe, erstmals seit der Ermordung des Antifaschisten Silvio Meier 1992 gab es im vergangenen Jahr keine Gedenkdemonstration. Für dieses Jahr haben Sie wieder eine angemeldet. Warum jetzt doch wieder auf die Straße gehen?
Hauke Stiewe: Immer wenn ich Zeit hatte, bin ich zu dieser Demonstration gegangen, das ist für mich Tradition. Auch letztes Jahr wollte ich da hin – und dann fiel sie einfach aus. Ich dachte, das kann doch nicht sein. Über 17 Ecken habe ich herausgefunden, dass sich niemand gefunden hatte, der die Demo anmelden wollte. Also dachte ich, mach ich das. Noch vor Weihnachten habe ich die Demo für dieses Jahr angemeldet.
Was verbindet Sie mit Silvio Meier?
Ich habe Anfang der 1990er Jahre in einem besetzten Haus in der Samariterstraße gewohnt. Das war ganz peacig, auch wenn es in der Gegend oft Reibereien zwischen verschiedenen Lebenskulturen, Linken und Rechten gab. Silvio kannte ich vom Sehen. Ich erinner mich noch, wie es an dem Tag plötzlich hieß: Faschoalarm! Ich bin raus zum U-Bahnhof und habe da noch das Blut auf dem Boden gesehen. Die Polizei fuhr anschließend mit einem Lautsprecherwagen durch den Nordkiez, um mitzuteilen, dass es nur ein Streit zwischen Jugendlichen gewesen sei und keine politische Tat. Das war aber nicht so. Für mich war das alles sehr dramatisch. Diese Tat hat mich geprägt.
48, ist Betreiber der Bar Lovelite. Bei der Abgeordnetenhauswahl 2006 kandidierte er als Direktkandidat für die Bergpartei.
Statt dem gängigen „Antifa heißt Angriff“ lautet das Demomotto „Antifa ist Liebe“. Was soll das denn genau bedeuten?
In der allgemeinen Wahrnehmung des Wortes Antifa hat sich etwas geändert. Bei vielen stößt der Begriff heute auf Ablehnung, dabei galt das früher als ehrenvolle Arbeit – und das ist es ja auch noch. Zum Beispiel macht das Apabiz (Antifaschistisches Presse- und Bildungszentrum, d. Red.) wohl bessere Arbeit als der Verfassungsschutz. Trotzdem verbinden viele Antifa vor allem mit autonomen Gewalttaten. Da will ich gegenhalten: Wir wollen nicht durch die Straßen ziehen, um Sachen kaputtzumachen. Angriff ist nicht mein Job, sondern darum sollten sich die Sicherheitsbehörden kümmern – auch wenn ich mich wundere, dass die sich so zurückhalten.
Was bedeutet Antifa für Sie?
Für mich bedeutet Antifa Demokratie. Die Faschisten wollen den Staat so verändern, dass Menschen unterdrückt werden – und damit die Demokratie abschaffen. Das Ziel der Demo ist es, an die 198 Toten durch rechtsextreme Gewalt seit 1990 zu erinnern und die 143 Vorfälle rechter Gewalt im vergangenen Jahr allein in Friedrichshain zu thematisieren. Es geht also nicht nur um Silvio Meier. Dessen Verwandte wollen auch gar nicht, dass er zu einem Märtyrer gemacht wird und die Demo nach ihm benannt ist.
Auf den Plakaten ist als Ihr Markenzeichen ein Hase zu sehen. Die Demo soll also eher kuschelig werden als den schwarzen Block ansprechen?
Ich musste ja zum Anmeldegespräch zur Polizei. Die wollten auch wissen, wen ich da einlade. Die Antwort ist klar: Alle Menschen, die gegen Mord und Totschlag sind. Ich wünsche mir die normale Bevölkerung, Menschen, die sich gegen die rechte Gewalt stellen. Hoffentlich kommen viele und bringen auch Spaß mit. Auch wenn sich das komisch anhört, ich will keine Trauerveranstaltung. Trotz der Realität müssen wir fröhlich bleiben – und wir müssen handlungsfähig bleiben.
Demonstration Antifa ist Liebe (Silvio-Meier-Demo): Am Samstag, 23. November, um 16 Uhr. Los geht es am U-Bahnhof Samariterstraße (Ecke Frankfurter Allee/Silvio-Meier-Straße).
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