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Anita Sarkeesian über Hetzkampagnen„Du musst nicht mit Nazis reden“

2012 beschäftigte sich Anita Sarkeesian mit Frauen in Computerspielen. Nun spricht sie über den Hass der „Gamergate“-Bewegung.

Heute ist Sarkeesian vorsichtig, sie gibt nur selten Interviews Foto: Bente Stachowske

Es ist nur eine kleine Veränderung, ein leichter Schatten, der sich über Anita Sarkeesians Gesicht legt, als das Mikrofon zum ersten Mal ins Publikum wandert. Sie steht auf der Bühne des Gaming Festivals Play17 in Hamburg, hat eine Stunde lang über die Darstellung von Frauen in Computerspielen gesprochen – und über die Hasswelle, die vor fünf Jahren auf sie zukam.

Damals, 2012, startet Sarkeesian eine Crowdfunding-Kampagne. Sie will eine Videoreihe über Geschlechterstereotype in Videospielen produzieren. Ihr Projekt mit dem Titel ­„Tropes vs. Women in Videogames“ soll aus kurzen Clips bestehen, die Erzählmuster in Spielen aufdecken. 6.000 Dollar will die US-amerikanisch-kanadische Medienkritikerin dafür sammeln – überraschend nimmt sie 160.000 Dollar ein.

Doch anstatt sich über diesen Erfolg freuen zu können, sieht sich Sarkeesian plötzlich einer Hasskampagne ausgesetzt. Sie wird beleidigt, beschimpft und bedroht, in Foren, Kommentarspalten und E-Mails. Man versucht, ihre Accounts zu hacken. Aus einem Foto von ihr produzieren ihre Gegner ein Online-Spiel, in dem man sie zusammenschlagen kann. Jemand veröffentlicht ihre Adresse. Vor Veranstaltungen, auf denen sie sprechen soll, werden Attentate angedroht.

Fünf Jahre später, am vergangen Freitag, steht Sarkeesian auf der Bühne in Hamburg und wartet. Wartet auf die ersten Worte aus dem Publikum. Ein junger Mann nimmt das Mikrofon, stellt eine harmlose Frage. Der Schatten über Sarkeesians Gesicht verschwindet – aber nur so lange, bis die nächste Person nach dem Mikrofon greift.

Drohungen und Gewalt haben Anita Sarkeesian verändert. Sie ist vorsichtig auf Veranstaltungen, gibt nur selten Interviews. Nach dem Vortrag, backstage, spricht sie über Angst.

„Ich erinnere mich an eine Veranstaltung, da gab es eine Schlange von Menschen, die mit mir sprechen wollten. In dieser Schlange stand ein Typ mit einem Hoodie, die Hände vergraben in den Pullover. Ich fragte mich die ganze Zeit: Was hat er da? Wenn du genügend Morddrohungen bekommen hast, fragst du dich einfach: Was passiert, wenn eine Person es wirklich probiert?“

Hier im Hinterraum auf dem Sofa, einen Plastikteller mit Reis und Linsen vor sich, fällt die Anspannung von ihr ab. Da sitzt eine erschöpfte Frau. Im Laufe des Interviews wird Sarkeesian sagen: „Es ist anstrengende und ermüdende Arbeit, für Gerechtigkeit zu kämpfen, aber es ist wichtig und nötig.“

2009 gründet Sarkeesian die Webseite „Feminist Frequency“ und veröffentlicht knappe, unterhaltsame und sehr erfolgreiche Videos über die Repräsentation von Frauen in der Popkultur. So erläutert sie etwa das „Manic Pixie Dream Girl“, ein wiederkehrendes Motiv der kindähnlichen, abenteuerlustigen und wunderschönen Frau, die depressiven Männern aus ihrem Tief hilft. In der Reihe ­„Tropes vs. Women in Video Games“ schaut sie sich schließlich Figuren in Computerspielen an. Etwa die „Damsel in Distress“, eine Frau in Not wie Princess Peach bei „Super Mario“.

Sie kämpft für die Repräsentation von Frauen in Spielen ganz allgemein – und nun auch um ihre eigene emotionale und körperliche Unversehrtheit.

Mit der einstigen Fantasie, das Netz könne ein egalitärer Raum sein, hat diese Realität nichts mehr zu tun. Was ist hier schiefgelaufen?

„Das Netz und die sozialen Netzwerke haben einen Raum geschaffen, in dem Menschen andere finden konnten, die ihnen ähnlich sind – auch wenn sie Hunderte Kilometer entfernt wohnten. Wenn du etwa ein einsamer, junger, queerer Mann irgendwo auf dem Land in den USA bist, findest du im Netz Menschen, denen du dich öffnen kannst, weil sie wie du sind oder dich verstehen. Das gab es vorher nicht, diese Support-Netzwerke. Das Netz bringt aber beispielsweise auch die Menschen zusammen, die Frauen hassen.“

Wie geht man damit um, wenn Menschen einen offenen Raum für ihren Hass missbrauchen? Wie geht eine Medienkritikerin mit dem Hass in ihren Kommentarspalten um?

„Unsere Kommentarfunktion auf YouTube ist abgestellt. Würde ich sie wieder einschalten, gäbe es eine Scheiß-Albtraum-Show von Vergewaltigungs- und Morddrohungen. Also schließe ich die Kommentarspalte und werde angegriffen, weil ich angeblich die Meinungsfreiheit einschränke.“

Es ist eine bekannte Argumentation: Hass auf Personen oder Personengruppen wird zur Meinung erhoben, seine Verbreitung dadurch gerechtfertigt. Besonders laut dröhnte diese Auslegung von Meinungsfreiheit im Sommer und Herbst 2014, als eine Hetzkampagne unter dem Namen „Gamergate“ das Netz dominierte.

Gamergate richtete sich gezielt gegen Frauen, die in der Videospiel-Subkultur sehr präsent sind. Neben Sarkeesian etwa gegen die Entwicklerinnen Zoë Quinn und Brianna Wu – Frauen, die es gewagt hatten, sich in die männlich dominierte Gamerszene einzumischen.

Für Anita Sarkeesian ist der direkte Austausch im Netz kaum noch eine Option. Die Social-Media-Kanäle von Feminist Frequency betreut sie nicht mehr. Unter jedem geteilten ­Video auf Twitter stapeln sich bis heute Beleidigungen.

„Mein Ansatz ist nicht, mit einzelnen Leuten zu sprechen. Ich mache Videos, man kann sie sich anschauen. Das funktioniert für mich. Sozialer Wandel geschieht durch systemische Veränderung, nicht durch individuelle Gespräche. Die Bürgerrechtsbewegung in den USA war nicht etwa erfolgreich, weil die Aktivist*innen an alle möglichen Türen geklopft haben und die Leute davon überzeugt haben, keine Rassist*innen mehr zu sein. Sie haben die Systeme verändert, in denen Leute leben, und das zwang Menschen, sich anders zu verhalten.“

Das System im Netz zu verändern, heißt zu großen Teilen auch, die Plattform-Be­trei­ber*innen mitverantwortlich zu machen für das, was auf ihren Seiten passiert. Seit 2012 ist in dieser Hinsicht viel passiert. Twitter hat einen Sicherheitsrat, setzt immer mehr Maßnahmen um. Facebook unterhält ganze Löschzentren. Für eine gewaltlose Debatte auf den Platt­formen reicht das noch lange nicht. Und: Braucht es nicht auch Diskurs statt nur Löschrichtlinien?

„Die Linke war bisher schlecht darin, zu kommunizieren. Wir lieben Wissenschaft und Fakten. Zum Beispiel, um zu verstehen, dass wir gerade den Planeten zerstören. Aber zu jemandem zu gehen und zu sagen: ‚Schau dir meine Liste an Fakten an‘, ist keine effektive Strategie. Wir müssen Geschichten mit Gefühl erzählen und ver­stehen, wo die Leute stehen, warum sie denken, wie sie denken. Es ist aber auch legitim, wenn manche nicht mit der Alt-Right-Bewegung sprechen wollen. Zum Beispiel, weil ihre ganze Existenz in Frage gestellt wird – weil sie Migrant*innen oder Schwarze sind. Du musst nicht mit den ­Leuten sprechen, die denken, dass du ein minderwertiger Mensch bist. Du musst nicht mit Nazis sprechen.“

Rassist*innen in den USA, die sogenannten „White Supremacists“, fühlen sich mit einem Präsidenten Donald Trump derzeit im Aufwind. Den Gamergate-Protagonist*innen dürfte es ähnlich gehen. Sarkeesian weist immer wieder auf die Verbindungen hin: Gamergate, Hass gegen Frauen, Migrant*innen und Schwarze im Netz, Alt-Right – diese Phänomene sind miteinander verwoben.

„Rechte Thinktanks haben von Gamergate gelernt. Sie haben von den Strategien gelernt, wie sich Wut und Ärger mobilisieren lassen. Beides, Gamergate und die Wahl von Donald Trump, ist die Spiegelung einer wachsenden Unzufriedenheit und einer rassistischen Ideologie in den USA.“

An einer Stelle in ihrer neuen ­Videoreihe „The Freq Show“ wirkt Sarkeesian fast verzweifelt. Seit Jahren berichtet sie von Sexismus in der Kultur, der Gesellschaft, auch von ihren eigenen Erlebnissen, rassistischen Diffamierungen – und doch sind Menschen mit Blick auf die Wahl Donald Trumps oder die Anschuldigungen gegen Harvey Weinstein immer wieder aufs Neue überrascht. Am Ende ruft sie in die Kamera: „Start. Listening. To. Women.“ Hört Frauen endlich zu!

Immer wieder aufmerksam sein, immer wieder reden. Ist in einem aktivistischen Leben Platz für so etwas wie Feier­abend? Auf dem Sofa? Ohne die feministische Brille auf der Nase?

„Die Möglichkeit zu haben, etwas nicht zu sehen, von etwas nicht zu wissen, ist ein Privileg. Diejenigen, die von Unterdrückung betroffen sind, können nicht wegschauen. Das ist ihr Leben. Ich kann keinen rassistischen Witz hören, ohne eine Notiz im Kopf zu machen, dass das ein rassistischer Witz ist. Aber nur weil ich weiter hinschaue, heißt das nicht, dass ich nicht auch Spaß haben kann.“

Mittlerweile gibt es immer mehr weibliche Hauptcharaktere in Spielen, immer mehr Initiativen für Frauen in der Gaming-Szene, es entstehen nerdige Filme wie „Ghostbusters“ mit ausschließlich weiblichen Hauptrollen. Produzent*innen haben gemerkt, dass es auch in diesen Subkulturen Frauen gibt und dass ihre Repräsentation den Verkauf fördert. Das ist auch Sarkeesians Verdienst.

Am Ende ihres Vortrags in Hamburg folgt langer Applaus. Sarkeesian steht auf der Bühne wie eine Veteranin. Wie eine, die in den Krieg gezogen ist. Ihre Waffen: feministische Text- und Bildanalyse – und Humor. Trockener, leicht zynischer Humor. Wäre dieser Text ein Vortrag von Sarkeesian, würde im Hintergrund vermutlich das pastellfarbene Videospiel „Flower“ laufen, würden Blütenblätter sanft über den Bildschirm gleiten. Zur Beruhigung. Und Aufmunterung.

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38 Kommentare

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  • Ich denke, sie sollte nicht auf die Entwickler sondern auf die Investoren losgehen. Es ist empörend, wie interessante und gute Spielideen durch Willen und Einflussnahme von Investoren von tollen Ursprungsideen wegentwickelt werden müssen, um sie marktkonform zu designen, sodass der Entwickler sein Produkt, in das er Kreativität und Freude mit enorm viel Arbeitsaufwand investiert hat, dieses m Verlauf der Realisierung nicht mehr wiedererkennt.

     

    Und all das nur, damit es sich gut verkauft - nach der Vorstellung der Geldgeber, auf die die Entwickler fast immer angewiesen sind. "Wes' Brot ich ess - des' Lied ich sing!" (oder zu singen habe!).

     

    Es ist die bittere Wahrheit, dass man allmählich nicht mehr zu erkennen vermag, ob der Investor dem Wunsch der Allgemeinheit folgt oder die Allgemeinheit der Beeinflussung durch die Marktstrategen.

  • Der Kommentarstrang ist der Beweis dafür, dass sie recht hat!

    • @arribert:

      Genau. Wer kritisiert wird hat automatisch recht. Bestechende Logik,...

  • Schon interessant, was Sie alle in der Person Sarkeesian sehen (wollen?). Ich hab mir ihr "Damesl in Distress"-Video damals angesehen. Das war ein einfacher Hinweis auf die im Wortsinne dämliche Darstellung weiblicher Protagonistinnen in Videospielen. Dass daraus eine ihr zusetzende Hass-Kampagne erwächst, an der nach hiesiger Kommentierung die Frau qua Naivität selber Schuld trägt, war mir damals nicht plausibel und ist es heute immer noch nicht. Sie hat einen Beitrag zur längst überfälligen Debatte geleistet. Und der trägt Früchte.

    • @begri:

      "Sie hat einen Beitrag zur längst überfälligen Debatte geleistet. "

       

      Nein, sie hat veraltete Stereotypen aufgegriffen, die überhaupt nicht mehr aktuell sind, und sie als gegenwärtigen Stand der Dinge verkauft. Zum Beispiel dass weibliche Charaktere IMMER eine Damsel in Distress sind oder dass Frauen in Spielen viel zu weiblich seien und dass sie viel zu männlich sind, wenn sie es nicht sind.

    • @begri:

      Ich sehe das Damsel-in-distress-Narrativ viel häufiger in spezifisch für den weiblichen Markt entworfenen Kulturprodukten, wo Frau sich selbst als begehrten, passiven Wettkampfpreis imaginiert.

       

      Die Frauenfiguren in der Gamer-Welt folgen eher der Phantasie des schüchternen, unerfahrenen Mannes: die vertraute proaktive Gefährtin (im Kettenbikini). Bis auf das Körperbild eigentlich ein recht progressives Rollenmodell, was aber von feministischer Seite nie auf viel Anerkennung stieß (aus vielleicht nachvollziehbaren Gründen)

  • Frau Sarkeesian ist nicht geeignet die Massen für Feminismus zu begeistert. Sie ist absolut humorbefreit, gesteht ihre eigenen Fehler nicht ein und hat selber dennoch stets die Moralkeule im Anschlag. Unter ihren Videos sind Kommentare stets deaktiviert und bewerten kann man sie auch nicht. Der Eindruck das Frau Sarkeesian vor allem an unidirektionaler “Kommunikation” interessiert ist zwingt sich auf.

     

    Die Behauptung man wäre als Feministin im Netz chancenlos ist schlichtweg nicht wahr. Chancenlos ist man als heuchlerischer Moralapostel und zwar unabhängig davon ob man Feminist ist oder nicht. Ein positives Beispiel ist ContraPoints (https://www.youtube.com/channel/UCNvsIonJdJ5E4EXMa65VYpA), eine Trans Frau und Feministin, die Philosophie studiert hat. Ihre Videos sind sowohl unterhaltsam, als auch gehaltvoll. Manchmal stimme ich mit ihr überein, manchmal nicht. Aber Ihre Art mit Themen umzugehen macht sie für “normalos” zugänglich und nicht nur für diejenigen, welche ohnehin schon fester Bestandteil der Echokammer sind.

    Da kann man dann auch die Kommentare und Bewertungen an lassen und braucht sich nicht vor dem Großteil der Bevölkerung zu fürchten den man zuvor völlig undifferenziert über einen Kamm geschoren hat.

  • Männer projezieren ihre Träume auf verdinglichte Frauen, Frauen projezieren ihre Träume auf verdinglichte Männer. Sarkeesian hat die virtuellen Kompensationen der weniger Erfolgreichen attackiert und wegen dieses Angriffs auf einen Schutzraum extreme Reaktionen.

     

    Ich sehe aber bei den leichtbekleideten Fantasykriegerinnen von unbeholfenen Teenagern weniger regressive Geschlechterrollen reproduziert als bei den Romcoms für Mädchen oder dem Hausfrauen-Porno Fifty-shades-of-grey, wo der Mann die Frau zum begehrten Besitzstand nehmen kann, wenn er nur das nötige Kleingeld und die soziale Hierarchieposition hat.

  • Ach. Ist das nicht die, die über Sexismus in Videospielen geredet hat, ohne jemals ein Videospiel gespielt zu haben, und dann Szenen total falsch interpretiert, eben weil sie es nie gespielt hat?

    • @Mantis Toboggan:

      Nein das ist die, die für ihre zwei, drei Stunden Videos fast eine halbe Millionen Dollar per Fundraiser abkassiert hat und dann ewig nicht geliefert hat. Ach verdammt das ist ja die gleiche,...

  • Anita Sarkeesian scheint traumatisiert zu sein. Sie ist offenbar in einen Krieg gezogen (worden), auf den sie überhaupt nicht vorbereitet war. Wie so viele lebenslang behütete Bürgerkinder, ist sie wohl in einer „Flower“-Welt aufgewachsen, in der wohlmeinende Erzieher ihren Schützlingen Tag für Tag beruhigend und aufmunternd geholfen haben, ihre Erlebnisse zwar nicht intellektuell zu verarbeiten, aber immerhin auszublenden. So viel Glück hat längst nicht jeder.

     

    „Die Möglichkeit zu haben, etwas nicht zu sehen, von etwas nicht zu wissen, ist ein Privileg“, das ahnt Anita Sarkeesian nun. Dass mensch in Einzelfällen teuer zu zahlen hat für seine Privilegien, könnte ihr bisher entgangen sein. Meist lassen Bürger ja noch immer zahlen. Von Leute, die sie nicht zu sehen brauchen.

     

    Aber Hass macht keinen Spaß. Auch dann nicht, wenn er seinen Ausdruck in Computerspielen findet. Dass sie mit ihrem „Erfolg“ in eine Art irre Selbsthilfegruppe geplatzt ist, kann sich Anita Sarkeesian wahrscheinlich nicht vorstellen. Nur: Wer seinen Hass ungestraft ausleben will, statt ihn zu bekämpfen, hat dafür seine Gründe. Er ist womöglich nicht in einer „Flower“-Welt aufgewachsen, sondern in einer Art „Counter-Strike“-Welt, in der nur der Brutale eine Chance hat. Wie es sich anfühlt, in so einer Welt kein Hulk zu sein, hat Anita Sarkeesian nicht zu wissen brauchen – bis zu dem Tag, an dem sie ihren größten „Erfolg“ hatte.

     

    Wer in den Krieg zieht, der endet als Veteran – oder als Leiche. Das gilt auch dann, wenn der Krieg nicht bewusst gesucht wurde, sondern den „Krieger“ sozusagen gefunden hat. Tröstlich ist: Veteranen können durchaus (lebens-)kluge Menschen sein, nicht nur psychische Wracks.

     

    Manche von ihnen lehnen Gewalt nachhaltig ab. Nicht weil sie feige sind, sondern weil sie ALLE ihre Folgen sehen. Die Klügsten unter ihnen aber finden sogar Alternativen dazu – und zeigen diese auf. Anita Sarkeesian könnte es auch schaffen.

    • @mowgli:

      Victim Blaming - im Ernst? Warum zieht man "in den Krieg", wenn man auf eigentlich Selbstverständliches hinweist? Die Einseitigkeit der gewaltsamen Auseinandersetzung (Hass-Kommentare, Drohungen) ist damit erklärbares (entschuldbares?) Resultat einer Verrohung der Gesellschaft. Was ist das denn für ein Weltbild? Egal, ob jemand behütet oder unbehütet aufwuchs, er oder sie haben sich an die Regeln zu halten. Das hat was mit Anstand zu tun und den setze auch ich voraus. Dass Anständigkeit nicht selbstverständlich ist, weiß ich. Aber es wäre ja noch schöner jeden Ausfall mit Hinweis auf die Counter Strike Kindheit zu entschuldigen. Und: Ihnen ist bewusst, dass Counter Strike ein Spiel ist, in dem man andere möglichst schnell und gründlich töten muss? Und dass die Menschen, die Frau Sarkeesian bedrohen in den wenigsten Fällen keine Kindersoldaten aus Zentralafrika sondern fette Ami-Kids aus dem Bible-Belt sind?

  • Senuas Sacrifice (Hellblade), Life is Strange, Bayonetta - um nur drei Triple A Titel zu nennen, die mit Frauen in der Hauptrolle antreten. Es ist (noch) nicht gleich, aber die Aussage, dass es immer mehr Titel mit weiblichen Protagonistinnen gibt, trifft zu.

    • @begri:

      Sehr lustig, auf Bayonetta ist auf Teufel komm raus eingeprügelt worden. Wegen Oberweite und Kleidungsstil von Bayonetta.

      • @Sven Günther:

        Ja, das ist verständlich. Aber man kann ja nicht auf alle Damen einprügeln, die eine große Oberweite haben, sich aufreizend kleiden (wen reizt das eigentlich und was sollte die das interessieren?) und nebenbei noch Zauberei beherrschen.

        • @begri:

          Nebenbei bemerkt - Sie hatten nach Protagonistinnen gefragt. Deren Darstellung ist ein unmittelbar anschließendes Thema. Die beiden weiteren von mir genannten Titel inszenieren die Heldinnen als starke Charaktere.

    • @begri:

      Früher gabs auch Ms. Pacman ^^

  • Trump ist die Spiegelung des Wachstums rassistischer Ideologien?

     

    Das ist insofern bemerkenswert, alsdass die Südstaaten der USA, diesmal inklusive Florida, in denen weit überwiegend Trump gewählt wurde, alle durchgehend auf den letzten Plätzen bei der rassischen Segregation an Schulen in den USA im Ländervergleich liegt.

    Am stärksten ist die rassische Segregation an Schulen interessanterweise in Ländern und Städten der USA interessanterweise immer dort wo weit überwiegend Clinton gewählt wurde.

     

    Die weltoffenen und toleranten Clinton-Wähler wählen die Schulen ihrer Kinder also nach rassistischen Kriterien, aber die Trump-Wähler sind die Rassisten.

     

    Was für eine Welt in der wir leben...

  • 'Gamergate richtete sich gezielt gegen Frauen, die in der Videospiel-Subkultur sehr präsent sind. Neben Sarkeesian etwa gegen die Entwicklerinnen Zoë Quinn und Brianna Wu – Frauen, die es gewagt hatten, sich in die männlich dominierte Gamerszene einzumischen"

     

    Das ist einfach falsch. Bei Gamergate ging es um Korruption im Spielejournalismus. Quinn hatte damals gute Reviews und einen Award erhalten, weil sie in einer Beziehung mit einem der Cheforganisatoren war. Quinn hat auch damals ein feministisches Projekt sabotiert und für seinen Ausschluss von einer Crowdfundingplattform gesorgt (wie sie selbst feierlich via Twitter damals verkündete ). Gamergatesupporter haben dann der Truppe geholfen, das Projekt hatte zum Ziel, junge Mädchen in den Zweig des Game Designs einzuführen.

     

    Aber Hey, Quinn war nach Sarkeesian die zweite, die es salonfähig gemacht hat, berechtigte Kritik mit SEXISMUS-Schreien niederzubrüllen und es medial so aussehen zu lassen, dass man das arme, unschuldige Opfer ist. Zu Sarkeesians Arbeit äußere ich mich hier nicht. Wie kann man eine angebliche Feministin ernstnehmen, die als Twitterhintergrund "ich hasse alle Männer" hat, während die Figur, die ihre Videos konzipiert und produziert, ein Kerl namens Josh McIntosh ist, der hier nur finanzielle Interessen verfolgt.

  • Kommunikation geht üblicherweise in zwei Richtungen. Hier geht es aber darum anderen seinen Weltsicht aufzuoktroieren. Sie kommt ungebeten und ungefragt und statt zu kommunizieren, will sie erziehen und wundert sich dann, wenn Sie auf Ablehnung stößt!

     

    Nun ist die Gaming-Industrie nun mal eine Industrie, die hat eine Zielgruppe, mit der will Sie Geld verdienen. Wenn interessieren da feministinnengerechte Spiele die keiner kauft?

     

    Und schön, dass Sie gerade das Beispiel Ghostbusters nennen, so weit mir bekannt ist der an den Kinokassen geflopt.

    • @insLot:

      Sie kommt nicht ungebeten und ungefragt: Wer die Videos gesehen hat, hat sie angeklickt, hat sich entschieden, sie anzuschauen. Mit vollem Wissen, worum es geht und wer sie gemacht hat.

       

      Ich fand die Filme sehr spannend und habe daraus einiges gelernt.

    • @insLot:

      Tja sehen Sie, werter INSLOT: Dass eine Industrie Geld verdient mit Mist, ist nichts wirklich Neues. Die Großen ihrer Branche haben alle auch Sch... - äh: Waren im Sortiment, mit denen man eigentlich kein Geld verdienen sollte. Waffen beispielsweise, giftige Chemikalien, Drogen, Atommüll, fettige und überzuckerte Lebensmittel oder solches Zeug. Dass die harmlos scheinende Gaming-Industrie nicht besser ist als die Chemie-, die Stahl- oder die Lebensmittelindustrie, heißt nicht, dass diese Industrien alle etwas taugen. Es heißt bloß, dass Geld selber nicht stinkt.

       

      So lange es noch gesellschaftliche Strukturen gibt, in denen Männer nur als Supermann oder als Hulk etwas gelten, wird es auch Männer geben, die sich als Verlierer fühlen, weil sie sich nicht gerne prügeln. Und so lange es (gefühlte) Verlierer gibt, werden darunter auch solche sein, die ihren daraus resultierenden Hass veranlagungs- und/oder erziehungsbedingt entweder in Treibstoff verwandeln (Trump) oder aber in Klebstoff, der sich schnüffeln lässt (exzessive Brutalo-Gamer). So lange aber wird es auch sexistische Videospiele und ärgerliche Wahlausgänge geben.

       

      Aus dem Vorhandensein eines entsprechenden Bedarfs zu schließen, dass sexistische Spiele in Ordnung sind, ist falsch. Moral und Gewinn sind nämlich verschiedene Kategorien, auch wenn das der gelernte Kapitalist nicht gerne hört. Die Vernunft lehrt, dass nicht jeder Bedarf meistbietend befriedigt werden sollte. Manch einem Bedarf sollte besser abgeholfen werden. Dem nach Drogen beispielsweise.

       

      Die Vergangenheit lässt sich leider nicht mehr ändern. Die Zukunft schon. Reden wir also bitte vor allem dann über die Vergangenheit oder die Gegenwart, wenn wir sie als Fundament einer Zukunft betrachten wollen, in der niemand mehr gezwungen ist zu hassen. Auch Frauen nicht.

       

      Frauen + Hass = Flop. Immer noch. Nicht nur an der Kinokasse. Gott sei Dank!

    • @insLot:

      Das ist, mit Verlaub, Blödsinn. Eine Position auch nachdrücklich zu vertreten ist doch kein Oktroi. aber auf Positionen, die einem Misfallen mit Mord- und Vergewaltigungsdrohungen zu reagieren zeigt definitiv Diskursunfähigkeit. Leider sind "soziale" Medien inzwischen in weiten Teilen asoziale Mob- und Bot-Spaces. Eine Welt ohne Twitter und Facebook wäre wahrlich eine bessere.

      • @hessebub:

        Das kann nur jemand sagen, der zu jung ist, um das Usenetz live miterlebt zu haben. Sobald "normale Menschen" das Internet betreten haben, was es voller Hass und Gewalt.

        Ich will nicht behaupten, dass Techies und Geeks die besseren Menschen wären, aber die hatten wahrscheinlich Wichtigeres zu tun, als zu haten.

    • @insLot:

      Nennt sich Reproduktion von Stereotypen. Man kann sich auch und gerade mit Spielen immer wieder das bestätigen was man schon glaubt, oder auf andere Denkweisen aufmerksam gemacht werden. Sie will nicht erziehen, sie macht darauf aufmerksam, daß in Videospielen, wie auch in Filmen die patriarchalen Stereotype stärker auftreten als in der Realität.

      Es ist interessant was für heftige Aversionen das erzeugt, ich möchte jedenfalls nicht in ihrer Haut stecken. Dann mit Ökonomie zu argumentieren ist blanker Hohn.

    • @insLot:

      228 Mio Dollar eingespielt, Gewinnschwelle ging ab 300 Mio Dollar los, darum wurde die angedachte Fortsetzung von Paul Feig gestoppt.

  • "Mittlerweile gibt es immer mehr weibliche Hauptcharaktere in Spielen" Für diese Aussage hätte ich gerne mal einen Beleg, Bestenliste für 2017 der Chip, Witcher 3, GTA 5, Battlefield 1, Nier: Automata und Destiny 2. Witcher 3 hat einen männlichen Hauptcharakter, es gibt einen spielbaren weiblichen Nebencharakter. In GTA 5 gibt es 3 männliche Hauptcharaktere keine Frau, in Battlefield gibt es ebenfalls keine Frauen, Nier hat einen weiblichen Hauptcharakter, der ist aber ein Android und Destiny 2, da kann man auswählen ob man ein Mann oder eine Frau ist.

    • @Sven Günther:

      * Fran Bow

      * Nelly Cootalot

      * Edna & Harvey

      * Syberia I + II

      * Lumino City

      * Memoria

      * Cayne

      * alle Blackwell-Spiele

      * Contrast

      * Broken Age (zur Hälfte)

      * Dreamfall Chapters (zur Hälfte)

      * Violett

      * Heroine's Quest

      * Trauma

      * A New Beginning

      * Winter Voices

      * Gone Home

      * Seduce Me 1 + 2

       

      Jetzt habe ich keine Lust mehr, da gibt es noch sooooo viele. Klar, wenn man nur nach Bestsellern der großen Publisher schaut, ist da natürlich nicht so viel...

       

      Die Liste da oben kann ich zum größten Teil empfehlen. Spielt ruhig mal.

    • @Sven Günther:

      Du hast ja jetzt schon ein paar Vorschläge erhalten (samus fällt mir spontan noch ein) aber du hast nur über Spiele geredet deren Genre sich an Männer und Jungs richtet. Da ist es kein Wunder das man eine solche Verteilung hat. Ich würde dir empfehlen dich ein wenig in die Materie einzulesen bevor du solche, recht waghalsigen, Theorien von dir gibst. Es gibt zahlreiche Studien dazu....

    • @Sven Günther:

      (davon abgesehen: Die Wahl zwischen Mann und Frau zu haben ist doch das Ideal der Gleichberechtigung. Destiny 2 hat es also richtig gemacht und ist damit in die Besten 5 gekommen)

    • @Sven Günther:

      Seit wann sind die einzigen Spiele die der Bestenliste?

    • @Sven Günther:

      ich bin seit ein paar jahren nicht mehr up-to-date was die aktuellen spiele angeht, aber spontan fallen mir an weiblichen hauptcharakteren ein:

      lara croft (tomb raider), life is strange, 99% aller RPGs mit charaktererstellung (oblivion, skyrim, mass effect, fallout...), dishonored, in den meisten multiplayer titeln ist mindestens 1 weiblicher skin enthalten, auch in den üblichen soldat-ballert-sich-durch-kriegX-spielen

       

      battlefield 1 hat meines wissens in der kampagne eine weibliche heldin, eine beduinin. da das aber ein pseudo-historisches spiel ist, das dem genre entsprechend "an der front" spielt, ist nunmal die hauptmasse der soldaten männlich.

  • " „Start. Listening. To. Women.“ ???

     

    Wenn ich Weidel, Petry, Merkel, Nahles und Storch gleichzeitig zuhöre, verwirrt mich das sehr.

     

    Gender-Ghostbusters hat keineswegs den "Verkauf gefördert", sondern knapp 200 Mio Dollar Verlus eingefahren.

    Allerdings hat sie Recht, man muss "die Strukturen ändern". Nun haben wir

    ziemlich proGender, proMigrant, proFeminism Strukturen in unserem System. Der Erfolg der Popularen von Trump bis AfD wird also dazu führen, dass ein Gutteil dieser Strukturen zerstört wird.

    • @Frank Erlangen:

      Es gibt auch dumme Frauen. Dass sie Frauen sind, macht ihre Aussagen nicht besser.

       

      Das Problem ist aber, dass vielen der intelligenten Frauen nicht zugehört wird, *weil sie Frauen sind*.

       

      Diesen intelligenten Frauen müsste mehr zugehört werden — und dafür einigen dummen Männern weniger (bei der Medienpräsenz von Söder und Oettinger kann niemand behaupten, nicht von dummen Männern zu wissen, denen zu viel zugehört wird). Das würde insgesamt die Intelligenz der veröffentlichten Meinung erhöhen.

    • @Frank Erlangen:

      Sie könnten Ihre Liste noch um die historischen Zeugnisse von verständnisvoller, humanistischer Weiblichkeit wie Katharina von Medici, Elizabeth I von England, Indira Ghandi, Maggie Thatcher, Imelda Marcos, etc. erweitern.

       

      Nur weil ein Homo Sapiens Eierstöcke besitzt, macht es ihn noch nicht zu einem bessern und weiseren Menschen. Dassebe gilt natürlich auch für den Teil der Menscheit, der aus der besonderen Länge seiner Harnröhre eine gewisse Überheblichkeit an den Tag legt.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Frank Erlangen:

      Ich sehe das anders.

      Sagen sie das denen, die gewaltsam in Lager eingesperrt werden, von der EU. und all denen, die im Mittelmeer ertrunken sind oder es unter Einsatz ihres Lebens hinüber geschafft haben.

       

      Frauen werden auf Polizeirevieren oft immer noch wie der letzte Dreck behandelt, wenn sie Anzeigen wegen sexueller Übergriffe aufgeben.

       

      Eine dritte Geschlechtskategorie musste über das Verfassungsgericht erstritten werden und nun hat der Bundestag ein Jahr Zeit, das umzusetzen.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Ich sehe das auch anders. In den Medien und den Universitäten geht es "proGender, proMigrant, proFeminism" zu. Die Gesellschaft hingegen bewegt sich nur langsam. Darin sehe ich vor allem ein Problem weil es undemokratisch ist. Auch progressive müssen sich mal gedulden!

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Der Bezug zum Thema ist mir nicht ersichtlich.