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Amtsenthebungsverfahren gegen TrumpImpeachment ist Pflicht

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Trump abzusetzen, ist alternativlos. Die Abgeordneten müssen handeln, denn neben der Demokratie ist die innere und äußere Sicherheit in Gefahr.

Autorally:Denver rollt für die Absetzung von Trump Foto: David Zalubowski/ap

W as bringt ein Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump acht Tage vor dem Ende seiner Amtszeit? Ist es nicht verschwendete Energie, reine Symbolpolitik? Das fragen sich viele.

Doch wenn ein Präsident versucht, den Ausgang von Wahlen zu sabotieren, wenn er zu Aufruhr und Gewalt gegen die beiden höchsten gewählten Kammern des Landes anstachelt und wenn sein Verteidigungsminister einen Putschversuch als „Protest für die Meinungsfreiheit“ bezeichnet, haben die Kongressabgeordneten und Senatoren keine Wahl. Sie müssen handeln, denn neben den demokratischen Institutionen und der Gewaltenteilung ist auch die innere und äußere Sicherheit des Landes in Gefahr.

Die Abgeordneten und Senatoren können die Verteidigung der Demokratie nicht allein den Konzernen in Silicon Valley überlassen, die Twitter, Facebook und Instagram für Trump gesperrt haben. Die gewählten Volksvertreter müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um zu verhindern, dass der oberste Aufrührer noch einen Tag länger der Oberbefehlshaber der Streitkräfte bleibt. Sie müssen darauf bestehen, dass Donald Trump gefeuert wird. Sie müssen Anklage gegen ihn erheben. Und sie müssen dafür sorgen, dass er anschließend im Senat verurteilt wird.

Deshalb ist es eine gute Nachricht, dass die Demokraten am Montag im Repräsentantenhaus einen Antrag auf Impeachment eingereicht haben. Es geht darum, ein moralisches und politisches Zeichen zu setzen, dass die Verfassung auch nach dem 6. Januar weitergilt. Zugleich birgt ein Impeachmentverfahren alle möglichen politischen und militärischen Risiken. Denn Trump hat – auch nachdem er seiner Megafone im Internet beraubt ist – die Rückendeckung seiner 74 Millionen Wähler, von Dutzenden republikanischen Abgeordneten und Senatoren und von ungezählten Männern und Frauen in Uniform. Und er hat – vier Jahre lang und mit Tausenden von Hetzbotschaften und Unterstützern – ein Klima geschaffen, das bleiben und das seine Präsidentschaft überdauern wird.

Der Kongress kann es sich deswegen nicht erlauben, eingleisig zu fahren. Er muss einerseits das Impeachmentverfahren durchführen. Und andererseits umgehend mit den großen sozialen, ökonomischen und ökologischen Reformen beginnen, die Joe Biden versprochen hat, die seine Wähler erwarten und die allein dazu angetan sind, zumindest einen Teil von Trumps Basis zurückzuholen. Die Projekte, die anstehen, und zwar sofort, sind die Gesundheitsversorgung für alle, ein Green New Deal, radikale Kürzungen in dem absurden Militärhaushalt und eine Einwanderungsreform.

Die Demokraten können es tun. Sie haben die Mehrheit im Kongress. Sie müssen beweisen, dass Demokratie viel mehr kann als Putschismus. Jetzt.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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16 Kommentare

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  • Sehr geehrte Frau Hahn,



    Das Impeachment wird doch vor Ende der Amtszeit nicht mehr wirksam, oder täusche ich mich?



    Der Kommentar suggeriert etwas anderes. Mich wundert das, da Sie in den USA leben und es doch besser wissen sollten.

  • Kein Impeachmentverfahren einzuleiten, hieße über Trumps fortgesetzte Angriffe auf die Demokratie gleichgültig hinwegzusehen. Wenngleich es nicht leicht sein wird, die erforderlichen 17 republikanischen Senatoren dafür zu gewinnen, ist es im Übrigen auch die einzige Chance für die Republikaner, sich aus Trumps Geiselhaft überhaupt jemals wieder befreien zu können. Darüberhinaus müssen die republikanischen Senatoren damit dann auch klar Farbe bekennen. Danach wird sich keiner mehr noch irgendwie rausreden können.

  • Ist es nicht verschwendete Energie, reine Symbolpolitik?

    Ja.

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @Fabian Wetzel:

      Die Republikaner des Repräsentantenhauses bereiten sich darauf vor, dass zwischen zehn und 20 ihrer GOP-Kollegen gegen Donald Trump stimmen werden. -

      Das ist nicht nur eine äußerst peinliche Zurechtweisung für den Präsidenten am Ende seiner turbulenten Amtszeit - sondern es bedeutet die Spaltung der idiotischen Partei welche dieses Sprachrohr und Brandbombe rechtsradikaler Gewalt mitgetragen haben.

      Ansonsten bedeutet das Impeachment die Verhinderung jemals wieder in gewählte öffentliche Positionen gelangen zu können - neben der Streichung sämtlicher Bezüge auf die er normalerweise als ehemaliger Präsident ein Recht gehabt hätte.

    • @Fabian Wetzel:

      ...aber Symbolpolitik ist ja sooo wichtig!!

      Mit nichts kann man schöner jene vernunft-triefenste aller Argumentationstechniken, den kategorischen Imperativ, in die Tat umsetzen. Es passiert, weil es passieren muss, und DASS es passiert, zeigt dann allen, dass es WIRKLICH passieren muss. Und nichts ist nachher unschädlicher für die Befürworter, wenn es - oh, Wunder - nichts bringt, denn es war ja sooo RICHTIG (und wichtig) und musste getan werden. Und geschadet hat's im Zweifel nicht, weil das bißchen verschwendete Energie...

      Mehr als brachiale "kann ja wohl nicht anders"/"muss ja wohl"-Gründe bringt der Artikel leider auch nicht. Das ist auch kein Wunder, denn letztlich geht es ja auch nur darum, den Mann aus einem Amt zu jagen, das er selbst nur noch symbolisch besetzt.

      Aber mal zurück zum Ernst der Dinge. Es gibt einen handfesten Grund, das Impeachment noch durchzuziehen: Danach käme rechtlich Trump nicht mehr für die Präsidentschaft in Betracht. Er wird wahrscheinlich so oder so 2024 nicht mehr antreten, dazu ist er zu alt. Aber dass er KÖNNTE, könnte ihn in den kommenden Jahren zu einer stimmgewaltigen grauen Eminenz machen - so wie z. B. Sarah Palin ein paar Jahre lang, als noch nicht klar war, dass sie nicht mehr antritt.

      Wahrscheinlich würde der erzwungene Totalabgang Trumps auch etwaige Ambitionen von Ivanka beschneiden. Insofern mag das Impeachment ganz real "worth doing" sein. Ob es auch den Backlash von den Trumpisten wert ist, steht dann auf dem nächsten Blatt...

      • @Normalo:

        Hm nagut, das war mir nicht geläufig. Das hätte die Autorin erwähnen können...

        • @Fabian Wetzel:

          Das war vielleicht zu pragmatisch-winkelzüglerisch für den hehren "Wir retten die Welt"-Duktus...

  • Volle Zustimmung, ganz im Gegensatz zu dem Text eines sehr jungen (32 Jahre) Redakteurs gestern.

  • Doch immer wieder schön, wenn hierzulande genau gewusst wird, was anderswo getan werden muss.



    Herr Maas wurde dafür gerade umfassend gescholten.



    Ich bezweifle, dass die Demokraten diesen Artikel lesen, in allgemeinem Einverständnis abnicken und sich an Frau Hahns Handlungsanweisungen halten werden.



    So wünschenswert es sein mag, Trump unter Anklage zu stellen, es berücksichtigt nicht die Strukturen, die ihn und seine Art der "Politik" erst ermöglicht haben und dürfte auch nichts dazu beitragen, eine weitere Eskalation der Fronten zu verhindern.



    Wenn Biden jetzt ohne Rücksicht auf Verluste hart durchgreift, werden ihn manche bejubeln, aber viele werden sich mit der bisherigen Minderheit der Militanten solidarisieren und der Ruf des Spalters und Beförderers der Eskalation wird an ihm und nicht an seinem Vorgänger hängen bleiben.



    Ich schätze ihn nicht so ein, dass er sich das antut.



    Die Alternativen dazu werden allerdings spannend und sicher auch nicht angenehm.

    • @Fezi:

      Biden muss sich da gar nichts antun, das wird vom Repräsentantenhaus eingeleitet und geht dann in den Senat. Die beiden Häuser können auch entscheiden, wieviel Zeit sie darauf verwenden.

      Es gibt sicher auch einige republikanische Senatoren, die Trump inzwischen gern dauerhaft loswerden würden.

  • Was ist mit Nachrichten über Statements linker Demokraten wie Bernie Sanders, wie haben die sich nach Sturm aufs Kapitol positioniert. Was ist mit deren Kampagnen?



    Wie Positioniert sich Joe Biden gegenüber Bernie Sanders, dessen Projekte, z. B., USA Anerkennung Internationalen Strafgerichtshof Den Haag, Aufarbeitung durch Julian Assange Wikileak aufgedeckte Kriegsverbrechen von GIs, Briten, Australier in Afghanistan, Irak, 2010, freies Geleit für Assange als Kronzeuge, Abschaffung Patriot Act 2001 nach Nine Eleven, Stopp Kampfdrohneneinsatz gegen Zivilisten, Anerkennung ICAN Atomwaffenverbot 2017, das 22.1.2021 Völkerrecht wird, Abschaffung privater Haftanstalten, die seit Trumps Amtsantritt boomen, Ende Krieg gegen sog internationalen Terrorismus, Aktivieren 2010 ausgesetzten Voting Rights Act von 1965 zur Kontrolle rechtmäßiger Wahlen in Bundesstaaten, Ende von Wähler*nnen Ausschluss, Rückgabe Wahlrechts an Millionen Straftäter wg Bagatelldelikten, Häftlinge, Haftentlasse, Wiedereinführung Deckelung, Kontrolle Finanzierung von Senatoren*nnen Kandidaten in Bundestaaten, Kongressmitgliedern über sog politische Aktionskomitees, Fördervereine, Stiftungen im In-, Ausland als Spendensammler z.B. Gebrüder Koch, Bill, Melanie Gates Stiftung. Mut zur Debatte über Frage, was wollen wir, Demokratie oder Reichtum in Händen weniger, beides zusammen geht nicht, wie es Louis Brandeis, Richter am Obersten Gerichtshof Vereinigter Staaten(1916-1939) formulierte.

    2014 reißt Supreme Court in Obama Ära letzte Dämme ein, um Einfluss Geldes zurückzudrängen, politische Korruption zu bändigen. Seit umstrittenem Citizen-United-Urteil 2010 dürfen Unternehmen, Gewerkschaften, Einzelpersonen in unbegrenzter Höhe an sog. politische Aktionskomitees spenden, solange diese nicht direkt unter Regie einer Partei stehen. D. h., in USA ist Parteien Förderung weitgehend unterminiert. Weshalb sich Milliardäre Presse Organe zulegen, politisch Einfluss zu nehmen. Sanders will heilloses Urteil kippen

  • Mein Gott Fr. Hahn, runterkommen, zurücklehnen und durchatmen. In gut 160 Stunden ist der Spuk, der Albtraum vorbei. Kein Beitrag, keine Aufmerksamkeit mehr für für den schlechtesten und unwürdigsten Präsident aller Zeiten und da gab es schließlich viele schräge Typen. Als Einwohnerin von Big Apple ist doch "be cool" überlebens notwendig... ich weiß von was ich spreche

    • @Pace#:

      Ohne Impeachment behält Trump die üblichen Privilegien eines ehemaligen Präsidenten und darf in vier Jahren wieder antreten.

      'In ein paar Tagen ist er sowieso weg' ist keine gute Option.

  • Die Demokraten müssen angesichts der wahnsinnigen Herausforderungen mitten in der Pandemie und auch großer Opposition gegen einen green new deal aufpassen, sich nicht zu überheben. Das Impeachment kriegen sie nicht durch, Mike Pence hat sich gerade wieder auf die Seite von Trump geschlagen (aber immerhin die Verfassung nicht durch abenteuerliche Interventionen gegen die Entscheidung des electoral College beschädigt).



    Politisch relevant wird hingegen sein, wie man mit dem "basket of deplorables" umgeht, nämlich der Tatsache, dass Trump dieses mal 11 Millionen mehr Stimmen erhalten hat als 2016. Es reicht aus, sich z.B. die US-Kommentare unter Arnold Schwarzeneggers Verurteilung seines republikanischen Mitstreiters Trump anzuschauen, um zu verstehen, dass wegen einer kleinen Wahl nicht plötzlich Intelligenz, Wissen und Vernunft in den USA Einzug halten. Arnie fühlte sich beim Kapitol an die Novemberpogrome 1938 erinnert, aber die Trumpisten haben ihn stattdessen gleich als Nazi und reichen Schleimscheißer hingestellt. So läuft Populismus.



    www.theguardian.co...d-trump-exile-base

    • @Ataraxia:

      Nichts kapiert.... the jewish concil....



      hat die alleinige Deutung und Auslegung der Begriffe Holocaust und Reichsprognomnacht. Wer diese Begriffe nicht ausschließlich auf Nazideutschland beschränkt hat schon verloren.... das sollte eigentlich auch ein



      Arnold Schwarzenegger wissen/kapiert haben. Übrigens foxnews.com schweigt den Artikel tod, blendet ihn aus.

    • @Ataraxia:

      " Es reicht aus, sich z.B. die US-Kommentare unter Arnold Schwarzeneggers Verurteilung seines republikanischen Mitstreiters Trump anzuschauen, um zu verstehen, dass wegen einer kleinen Wahl nicht plötzlich Intelligenz, Wissen und Vernunft in den USA Einzug halten."

      Das ist soweit schon richtig und war wohl auch nicht anders zu erwarten. Die Demokraten haben hier eine ganze Menge Arbeit vor sich und es ist wohl auch kaum möglich in dieser neuen Legislaturperiode all den Wahnsinn, all die Bildungsdefizite und ideologische Verblendung aus dem Land hinaus zu bekommen. Das ist eine Aufgabe für diese und folgende Generationen, denn dieser faschistoide Dreck wird immer wieder neu aufkeimen und beginnen nachzuwachsen, wie wir in unserem eigenen deutschen Landen sehen.



      Aber irgendwo muss der erste Schritt getan werden. Und das ist nun mal die Entmachtung dessen, der sich diese schon seit Jahrzehnten gärende Gemengelage derart schamlos zu Nutze gemacht hat. Das sollte nicht ungesühnt bleiben. Außerdem wäre das eine Voraussetzung um zu verhindern dass sich dieser ganze Spuk unter seiner Egide in vier Jahren erneut wiederholt.



      Die nächsten Schritte hat die Autorin recht zutreffend geschildert: Sozialreformen, Reformen des Gesundheitssystems usw. - und ich erlaube mir anzuhängen:



      - Verbot und Verfolgung von KKK und ähnlichen faschistoiden Milizen und deren Entwaffnung, nebst Reform des Waffenbesitzrechts im Allgemeinen.