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Amazon-BetriebsratKlage nach Kündigung erfolglos

Ein Betriebsrat trifft zwei Politiker während seiner Arbeitszeit. Kurze Zeit später erhält er die Kündigung. Das war rechtens, entscheidet ein Gericht.

Hier ist klar, wer bestimmt: Straßenschild vor eine Amazonlager in Deutschland Foto: Markus Matzel/imago

Verden/Achim dpa | Das Arbeitsgericht Verden hat die Klage eines ehemaligen Amazon-Betriebsrates wegen seiner Kündigung abgewiesen. Der Ex-Mitarbeiter habe widersprüchliche Angaben gegenüber seinem Arbeitgeber zu den Reisekosten und seinen Arbeitszeiten gemacht, sagte ein Sprecher des Arbeitsgerichts nach dem Urteil am Dienstag. „Er hätte das anders kommunizieren müssen.“ Die Kündigung sei deshalb rechtens.

Das Betriebsratsmitglied hatte sich nach eigenen Angaben mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil (beide SPD) getroffen. Er habe eine Einladung der beiden Politiker erhalten, um sich über Datenschutz, IT-Tools und den Umgang mit der Mitbestimmung in seinem Betrieb auszutauschen. Für die Treffen habe er sich jeweils mehrere Stunden von seinem Arbeitsplatz in Achim (Landkreis Verden) entfernt.

Amazon sah darin einen Betrug um Arbeitszeit und Reisekosten und entließ das Betriebsratsmitglied Anfang März 2023. Die anderen Mitglieder des Betriebsrats stimmten der fristlosen Kündigung zu. Auch das Gericht wies die Klage nun ab. Es gehe nicht um die Auslegung der Arbeit als Betriebsrat, argumentierte das Arbeitsgericht, sondern um den fehlerhaften Umgang bei der Angabe von Arbeitszeit und Reisekosten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Verdi will gegen das Urteil vorgehen

Die Gewerkschaft Verdi kündigte bereits an, gegen das Urteil vorzugehen. „Wir ziehen vors Landesarbeitsgericht in Hannover“, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft. Laut Verdi versammelten sich am Dienstag rund 50 Menschen vor dem Gericht zu einer Kundgebung und nahmen auch an dem Prozess teil. „Amazon hat aus unserer Sicht grundsätzlich ein Problem mit gewerkschaftlich aktiven Betriebsräten“, kritisierte Nonni Morisse, Verdi-Sekretär für Amazon in Niedersachsen, vor der Urteilsverkündung.

Amazon hingegen betonte die „gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit den Betriebsräten und die Gleichbehandlung aller Beschäftigten. Gleichzeitig gehe das Unternehmen „allen Anschuldigungen von Fehlverhalten nach. Der Betriebsrat hatte der Kündigung zugestimmt“, teilte ein Amazon-Sprecher mit.

Der Amazon-Standort in Achim wurde nach Unternehmensangaben im Frühjahr 2021 eröffnet, seit 2022 ist dort ein Betriebsrat etabliert. In dem Logistikzentrum arbeiten 1900 Angestellte. Weitere Logistikzentren in Niedersachsen befinden sich in Winsen (Luhe) im Landkreis Harburg, in Helmstedt und in Großenkneten im Kreis Oldenburg. Landesweit ist der Konzern an zwölf Standorten vertreten und beschäftigt rund 7000 Angestellte.

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11 Kommentare

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  • Der einzige Fehler war also mangelhafte Kommunikation?



    Warum soll da keine Abmahnung reichen?

    • @Herma Huhn:

      nö, das kann man getrost betrug nennen.



      was würden sie denn tun, wenn soe jemanden für 8 stunden bezahlen, der davon aber 3 stunden woanders zubringet?

      • @u62:

        Er hat ja nicht irgendwas gemacht, sondern Betriebsratsarbeit, die der Arbeitgeber ohnehin nicht hätte verbieten, sondern nur zur Kenntnis nehmen dürfen.

        • @Herma Huhn:

          Es ist zu unterscheiden zwischen Gewerkschaftsberanstaltung und notwendiger Betriebsratstätigkeit. Nach der Beschreibung (und auch der Auffassung des Gerichts) handelte es sich wohl eher um eine Veranstaltung der Gewerkschaft. Die hätte dann außerhalb der Arbeitszeit erfolgen müssen. Die genaue Sachlage ist allerdings nicht ganz klar, daher könnte die nächste Instanz zu einem anderen Ergebnis gelangen.

        • @Herma Huhn:

          Nope. In der Aufgabenbeschreibung für Betriebsräte (§ 80 BetrVG) steht nichts davon, dass der Betriebsrat Lobbyismus bei Politikern betreiben muss bzw. darf und der Arbeitgeber dies (noch dazu widerspruchslos) hinnehmen muss.

          Das Lobbytreffen mit Weil & Heil war das Privatvergnügen des Betriebsrats, welches er - pflichtwidrig - in der Arbeitszeit durchführte und von seinem Arbeitgeber auch noch eine Kostenerstattung wollte. Durchaus sportlich.

      • @u62:

        Hier geht es nicht um abgezwackte Arbeitsstunden für irgendwelche privaten Dinge. Der Termin gehört m. E. zu einer betriebsrätlichen Tätigkeit, die der Belegschaft, aber auch dem Betrieb selbst dient.

        • @Klaus Waldhans:

          "Der Termin gehört m. E. zu einer betriebsrätlichen Tätigkeit, die der Belegschaft, aber auch dem Betrieb selbst dient."

          --> Das sieht wohl sowohl der Arbeitgeber, als auch der übrige Betriebsrat als auch das Arbeitsgericht anders. Lobbyarbeit bei Politikern ist keine originäre Aufgabe eines Betriebsrats, welche im Allgemeinen § 80 BertVG festlegt.

          Der Betriebsrat hat mit seinem Lobbytreffen während der Arbeitszeit wohl sehr wahrscheinlich seinen Aufgabenbereich als Betriebsrat verlassen und somit den Arbeitgeber um ein paar Arbeitsstunden geprellt.

  • Schlimm schlimm.



    Wesentlich wäre jetzt, dass die ganze Belegschaft sich mit dem Gekündigten solidarisiert, seine Wiedereinstellung fordert und weiter in der Betriebsversammlung Gäste einlädt.



    Immer dagegen halten.



    Amazon ist viel zu groß und zu mächtig.



    Ich bestelle da schon lange nichts mehr.

  • "„Amazon hat aus unserer Sicht grundsätzlich ein Problem mit gewerkschaftlich aktiven Betriebsräten“, kritisierte Nonni Morisse, Verdi-Sekretär für Amazon in Niedersachsen, vor der Urteilsverkündung."

    --> Das dürfte wohl eine Binsenweisheit sein. Umso überraschender, dass sich der Betriebsrat bei einer wohl mindestens fehlerhaften Reisekostenabrechnung erwischen ließ.

    Ich hatte mal ein Praktikum bei einer Präsidentin eines Arbeitsgerichts, die mir auf den Weg gab: "Der einfachste Weg zu einer rechtmäßigen Kündigung ist der Nachweis fehlerhafter Spesenabrechnungen." Das führt wohl (fast) immer zum Ziel, da beim Geld - auch im Arbeitsrecht - der Spaß aufhört. Eine fehlerhafte Abrechnung begründet immer den Verdacht, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber "bescheißt" und dieser (durch die Falschabrechnung begründete) Verdacht reicht in fast allen Fällen für eine wirksame, sofortige Entlassung.

    Wenn ich raten müsste, wird dieses Urteil auch auf den nächsten Ebenen Bestand haben, wenn der Betriebsrat bei den Abrechnungen wirklich die behaupteten Fehler begangen hat.

    Das Getöse von Verdi ist hier - jedenfalls angesichts dieses Sachverhalts - deplatziert. Die richtige Beratung von Verdi wäre wohl eher gewesen den Betriebräten zu 150 %iger Genauigkeit bei jedweder relevanter Abrechnung von Arbeitszeit und Reisekosten zu raten.

  • Da liegt das Arbeitsgericht schon richtig. Wer solche Fehler macht, muss dafür gerade stehen.

  • Ausschlaggebend ist wohl am ehesten die Aussage "der Betriebsrat hat der Kündigung zugestimmt".