Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: „Es wird keine Impfpflicht geben“
Laut Kanzerlin Merkel werde Deutschland beim Impfen nicht den gleichen Weg wie Frankreich einschlagen. Jens Spahn wünscht sich eine kreativere Impfkampagne.
Merkel: „Nicht die Absicht, diesen Weg zu gehen“
Eine Impfpflicht wie in Frankreich ist in Deutschland nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht geplant. „Wir haben nicht die Absicht, diesen Weg zu gehen, den Frankreich vorgeschlagen hat. Wir haben gesagt, es wird keine Impflicht geben“, sagte Merkel am Dienstag nach einem Gespräch mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, in Berlin. Sie glaube nicht, dass durch eine Veränderung dieser Aussage Vertrauen gewonnen werden könne. Das könne man gewinnen, indem man für das Impfen werbe.
Manchem möge eine Impfung überflüssig oder bedrohlich erscheinen. „Und deshalb sage ich allen, die noch unsicher sind, ob sie sich impfen lassen sollen: Eine Impfung schützt nicht nur Sie, sondern auch immer jemandem, dem Sie nahe stehen, der Ihnen wichtig ist, den Sie lieben“, betonte Merkel. Eine Impfung bewahre nicht nur vor schwerer Krankheit, sondern auch vor den belastenden Beschränkungen des Alltags. „Je mehr geimpft sind, umso freier werden wir wieder sein, umso freier können wir wieder leben.“
Merkel und Spahn hatten sich zuvor bei einem Besuch des RKI mit Wieler ausgetauscht. Dabei ging es unter anderem um den Einfluss der Impfungen auf den Pandemieverlauf vor dem Hintergrund wieder steigender Infektionszahlen durch die Deltavariante des Coronavirus. (dpa)
FDA erweitert Hinweise zu Johnson & Johnson
Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat in ihre Warnhinweise zum Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson das Guillain-Barré-Syndrom aufgenommen. Die Wahrscheinlichkeit, die seltene entzündliche Nervenerkrankung zu bekommen, sei jedoch insgesamt sehr gering, hieß es in entsprechenden Hinweisen, die am Montag (Ortszeit) auf der Seite der Behörde veröffentlicht wurden.
Berichte deuteten auf ein erhöhtes Risiko innerhalb von 42 Tagen nach Verabreichung des Vakzins hin. Da Nebenwirkungen freiwillig gemeldet würden, sei es jedoch nicht immer möglich, „ihre Häufigkeit zuverlässig abzuschätzen oder einen kausalen Zusammenhang (mit der Impfung) herzustellen“, hieß es weiter. (dpa)
Spahn: Impfaktionen auf Sportplätzen und in Moscheen
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mahnt mehr Anstrengungen zum Voranbringen der Impfkampagne an: „Egal ob auf dem Markt- oder Sportplatz, vor Kirchen, Moscheen oder im Drive-In: Wichtig sind jetzt kreative Impfaktionen vor Ort, um Unentschlossene zu erreichen“, twittert Spahn. Nach seinen Angaben wurden in Deutschland mittlerweile 82,4 Millionen Impfungen verabreicht. 48,8 Millionen Menschen oder 58,7 Prozent sind demnach mindestens einmal geimpft, 35,8 Millionen oder 43 Prozent haben die Zweitimpfung. (rtr)
Empfohlener externer Inhalt
Reinhardt wünscht sich Impfwerbung vor der „Tagesschau“
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, spricht sich gegen die Einschränkung von Freiheitsrechten für Ungeimpfte aus und pocht auf eine politische Intensivierung der Impfkampagne. „Freiheitsrechte für Ungeimpfte einzuschränken käme einer indirekten Impfpflicht gleich. Das halte ich für falsch. Nicht jeder Impfwillige hat bisher ein Impfangebot wahrnehmen können. Das liegt auch an der Urlaubszeit. Und dann gibt es Menschen, für die es kein Impfangebot gibt: Kinder unter zwölf Jahren, Schwangere, Menschen mit bestimmten Erkrankungen. Diese Menschen darf man nicht vom gesellschaftlichen Leben ausschließen“, sagt Reinhardt der Zeitung Rheinische Post (Dienstagausgabe). Umso wichtiger sei es, durch konsequente Aufklärung die noch Unentschiedenen zu erreichen. „Ich vermisse den TV-Spot zum Impfen vor der Tagesschau.“ (dpa)
Maas wirbt für stärkere Zusammenarbeit mit den USA
Außenminister Heiko Maas hat sich vor seinem USA-Besuch für eine enge transatlantische Zusammenarbeit als wichtigen Beitrag im Kampf gegen die Coronapandemie starkgemacht. „Die transatlantischen Wirtschaftsstrukturen, die gemeinsame Innovationskraft bei der Impfstoffentwicklung – all das trägt entscheidend zu greifbaren Fortschritten im Kampf gegen die Pandemie bei“, teilte Maas am Dienstag vor dem Abflug zu einer US-Reise mit, bei der er auch ein Werk des US-Konzerns Pfizer besuchen wird, wo Impfstoff der Mainzer Firma Biontech hergestellt wird.
Deutschland steht bei den internationalen Anstrengungen im Kampf gegen Corona trotz großer Finanzzusagen auch unter Druck, weil es die Freigabe der Patente für Impfstoffe ablehnt. Dies dürfte auch Thema bei den Gesprächen von Kanzlerin Angela Merkel mit US-Präsident Joe Biden am Donnerstag im Weißen Haus in Washington sein. (rtr)
Alena Buyx gegen Impfpflicht
Eine Impfpflicht nach dem Vorbild Frankreichs hält die Vorsitzende des Ethikrates, Alena Buyx, in Deutschland für unnötig. „Wir haben viel bessere Impfraten als in Frankreich bei dem Gesundheitspersonal“, sagt Buyx im ZDF. „Ich glaube, dass man darüber nicht nachdenken muss.“ Auch eine generelle Impfpflicht sei unnötig und werde ihrer Meinung nach nicht kommen.
Buyx bezeichnete die Aufhebung der Coronaregeln in England trotz sehr hoher Infektionszahlen als „hochriskantes Experiment“. „Wir sollten ein Stück zurückhaltender sein“, sagt sie im ZDF. In Deutschland sei nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung voll geimpft, man dürfe nicht im Sommer eine neue große Infektionswelle aufbauen. Buyx kritisiert zudem, man dürfe auch nicht riskieren, dass Kinder und Jugendliche in großem Maßstab infiziert würden.
Impfpflicht für Gesundheitspersonal in Frankreich
Frankreich führt eine Impfpflicht für das Gesundheits- und Betreuungswesen ein. „Wenn wir jetzt nicht handeln, werden die Zahlen und die Einlieferungen in die Kliniken steigen“, sagte Präsident Emmanuel Macron am Montag.
Ab dem 15. September werde kontrolliert, ob das Personal in diesen Bereichen geimpft ist. Sollte dies nicht der Fall sein, dürften die Gesundheitsfachkräfte nicht mehr arbeiten und würden auch nicht bezahlt, ergänzte Gesundheitsminister Olivier Veran im Fernsehsender LCI. Angesichts der ansteckenderen Deltavariante sei es wichtig, Pflichten einzuführen.
Eine allgemeine Impfpflicht soll es Macron zufolge nicht geben. Er rief die Bevölkerung aber auf, sich immunisieren zu lassen. „Es gibt einen neuen Wettlauf mit der Zeit“, sagte er mit Verweis auf die Deltavariante. Nur wenn alle Franzosen geimpft seien, könne man zur Normalität zurückkehren.
Frankreich hat bislang auf die Freiwilligkeit beim Impfen gesetzt. Zuletzt ließ die Impfrate nach. Wurden Ende Mai noch mehr als 400.000 Erstimpfungen täglich vorgenommen, sind es inzwischen nur noch 165.000. Rund 53 Prozent der Bevölkerung haben eine Erstimpfung, 40,6 Prozent haben den vollen Schutz. Zudem steigen die Infektionszahlen wieder, nicht zuletzt wegen der Deltavariante.
Macron kündigte auch an, dass künftig bei dem Besuch von Großveranstaltungen, Diskotheken, Restaurants, Kinos und Theater ein sogenannter Gesundheitspass vorgelegt werden muss. Dieser bestätigt, dass die Person entweder geimpft ist oder ein PCR-Test erst kürzlich negativ ausgefallen ist. Ab Anfang August – dem Hauptferienmonat in Frankreich – muss dieser Pass auch bei langen Zugfahrten und bei Flügen vorgelegt werden.
Noch am Montagabend brach die Seite zur Buchung von Impfterminen, Doctolib, in Frankreich zeitweise zusammen. Aufgrund der hohen Zahl von Anfragen gab es längere Wartezeiten. (rtr)
Impfpflicht auch in Griechenland
Griechenland hat am Montag angekündigt, dass sich Beschäftigte im Gesundheitssektor ab dem 1. September und in der Altenpflege ab sofort verpflichtend impfen lassen müssen.
Künftig dürfen sich die Menschen außerdem nur noch in Innenräumen von Gastronomie- und Kulturbetrieben aufhalten, wenn sie gegen Covid-19 geimpft sind, wie Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis am Abend bekanntgab. Griechenland werde nicht wegen einiger weniger wieder runterfahren. „Nicht Griechenland ist in Gefahr, sondern nicht geimpfte Griechen.“ (rtr)
Irak: Erneut tödliches Feuer auf Covidstation
Bei einem Brand einer Coronastation eines Krankenhauses im Irak sind mindestens 44 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 67 verletzt worden. „Das wütende Feuer hat viele Patienten in der Coronavirus-Station eingeschlossen und die Rettungsteams haben Mühe, sie zu erreichen“, sagte ein medizinischer Helfer in der Nacht zum Dienstag.
Das Unglück habe sich in der Stadt Nassirija im Süden des Landes ereignet, teilten Gesundheitsbehörden und Polizei mit. Die Suche nach möglichen weiteren Opfern im al-Hussain-Krankenhaus werde fortgesetzt. Das Feuer sei unter Kontrolle gebracht, aber dichter Rauch mache es schwierig, einige der ausgebrannten Stationen zu betreten.
Ursache des Feuers sei nach ersten Erkenntnissen die Explosion einer Sauerstoffflasche gewesen. „Ich hörte eine schwere Explosion auf den Coronavirusstationen und dann breitete sich das Feuer sehr schnell aus“, sagte Ali Muhsin, ein Mitarbeiter des Krankenhauses, der dabei half, verletzte Patienten aus dem Feuer zu retten.
Angehörige der Patienten versammelten sich vor dem Krankenhaus und stießen mit der Polizei zusammen. Zwei Polizeifahrzeuge wurden in Brand gesetzt, sagte ein Augenzeuge. Bereits im April kamen bei einem Feuer, das durch die Explosion eines Sauerstofftanks in einem Covid-19-Krankenhaus in Bagdad verursacht wurde, mindestens 82 Menschen ums Leben und 110 wurden verletzt. (rtr)
Söder will „Impfen to go“
Im Kampf gegen das Coronavirus hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eine ungebremste Impfkampagne angemahnt. „Nichts anderes als Impfen hilft“, sagt der CSU-Chef im Deutschlandfunk. Dabei müssten nun vordringlich die jüngeren Menschen zwischen zwölf und 30 Jahren erreicht werden, nachdem die über 60-Jährigen in weiten Teilen geimpft seien. Ihnen müssten niederschwellige Angebote vor Ort gemacht werden – „sozusagen Impfen to go oder Drive-In-Impfen.“
Eine Abkehr von der Inzidenz als Leitwert für Coronamaßnahmen lehnte Söder derweil ab. „Ohne Inzidenz wird es nicht gehen“, denn die Inzidenz sei ein juristisch und auch medizinisch nachvollziehbarer Begriff. Allerdings könne mit den Impffortschritten der Inzidenzwert sicher höher sein, bis Maßnahmen ergriffen werden. Zudem müssten auch andere Werte wie die Krankenhausbelegungen einbezogen werden. Das müsse man nun alles kombinieren und bis zum Herbst ein Konzept vorlegen. (rtr)
Deutschland: Inzidenz steigt weiter leicht an
Das Robert Koch-Institut (RKI) meldet 646 neue Positivtests. Das sind 206 mehr als am Dienstag vor einer Woche, als 440 Neuinfektionen gemeldet wurden. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt weiter auf 6,5 von 6,4 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner:innen sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.
Empfohlener externer Inhalt
26 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der insgesamt gemeldeten Todesfälle auf 91.259. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 3,7 Millionen Coronatests positiv aus. (rtr)
Großbritannien: Johnson hält an Lockerungen fest
Der britische Premierminister Boris Johnson hat die Bevölkerung in England trotz des Wegfalls fast aller Coronabeschränkungen in einer Woche zur Vorsicht aufgerufen. Johnson bestätigte am Montag die Öffnungspläne ab dem 19. Juli. „Wir denken, jetzt ist der Zeitpunkt, um voranzuschreiten. Aber es ist wichtig, das wir dies mit Vorsicht tun“, sagte Johnson. „Die Pandemie ist nicht vorbei.“
Daher rufe er alle auf, an andere zu denken und die Risiken abzuwägen. Es würden weiterhin Menschen mit Covid-19 in Krankenhäusern behandelt werden müssen und es würden auch weitere Menschen daran sterben.
Zuvor hatte Gesundheitsminister Sajid Javid im Parlament angesichts steigender Infektionszahlen aufgrund der Deltavariante ebenfalls zu Vorsicht aufgerufen. Masken sollten bei Menschenansammlungen wie in öffentlichen Verkehrsmitteln weiter getragen werden, die Rückkehr ins Büro schrittweise verlaufen und auch bei Großveranstaltungen Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt werden. „Wir glauben fest daran, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, unserer Nation fast wieder Normalität zu ermöglichen“, sagte Javid.
Zuletzt sind die Infektionszahlen in Großbritannien kontinuierlich gestiegen. Die Behörden melden mehr als 30.000 neue Fälle täglich. Allerdings steigen die Todesfälle nicht in dem Maße wie die Infektionen. Am Montag kamen sechs weitere hinzu, am Sonntag waren es 26. Die Regierung führt dies auf Impfungen zurück. Mehr als 87 Prozent der Erwachsenen haben eine Impfung erhalten, 66 Prozent haben den vollen Schutz. (rtr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen