Aktivistin über Protest gegen Tierhaltung: „Tiere werden zur Ware degradiert“

Am Montag besetzten Aktivist_innen eine Baustelle für eine Schlachtanlage in Bayern. Eine von ihnen, Nemo Müller, erläutert ihre Gründe.

Kran, auf dem ein paar Menschen stehen, die dort ein Transparent befestigt haben, Aufschrift: "Bis jede Schlachtfabrik stillsteht: Protest, Sabotage, Widerstand!"

„Jede Tierhaltung ist Ausbeutung“, sagt Aktivistin Nemo Müller. Foto: dpa

taz: Frau Müller, Sie haben am Montag die Baustelle einer Schlachtanlage in Bogen (Niederbayern) besetzt. Warum?

Nemo Müller: Wir wollen den Bauablauf der Schlachtanlage stören. Dafür sitzen ich und drei weitere KletteraktivistInnen seit einigen Stunden auf zwei 30 Meter hohen Kränen und haben Transparente entrollt. Andere AktivistInnen haben sich in den Containerbüros angekettet und stören mit Konfetti und Trillerpfeifen den Baubetrieb. Insgesamt sind wir um die 30 Leute.

Warum haben Sie sich gerade diese Anlage ausgesucht?

Es ist eine Anlage der PHW-Gruppe, zu der auch Wiesenhof gehört. Sie ist beispielhaft, weil hier zukünftig sehr viele Hühner geschlachtet werden sollen. Ich kann von hier oben die Halle gut überblicken. Die ist so groß, dass man sich die Zahl der getöteten Hühner gar nicht vorstellen kann. Ab Frühjahr können dort täglich bis zu 300.000 Tiere getötet werden.

Welche Auswirkungen hat Ihre Aktion auf den Bau?

Wir hoffen, dass sie den Bau einschränkt – genau kann ich es aber nicht sagen. In letzter Zeit wurde jedoch viel mit den Kränen gearbeitet, heute stehen die meisten von ihnen still. Auch für die Bauarbeiter scheint es nicht viel zu tun zu geben, denn sie stehen nur unten herum und machen Fotos von uns.

Sie bezeichnen sich selbst als Tierrechtlerin. Was verstehen Sie darunter?

Hinter dem Tierrecht steht für uns die Auffassung, dass Tiere auch eine Persönlichkeit haben. Sie können fühlen und leiden. Deshalb muss man ihnen auch den gleichen Umgang zugestehen wie Menschen. Deswegen streben wir auch keine Verbesserungen in der Haltung von Tieren an, wie sie viele Verbraucher, aber auch Tierschützer haben möchten. Aus unsere Sicht gibt es kein Recht, Tiere zu halten und zu schlachten.

18, ist Mitglied von "Mastanlagen Widerstand". Ihren wirklichen Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen. Sie kommt aus Hildesheim und geht dort zur Schule. Seit drei Jahren kämpft die Veganerin für die Rechte von Tieren.

Können gute Bedingungen in der Tierhaltung die Situation von Tieren nicht deutlich verbessern?

In der derzeitigen gesellschaftlichen Vorstellung sind Tiere keine Lebewesen, sondern werden zu einer Ware degradiert. Entsprechend führt auch jede Tierhaltung zur Ausbeutung. Wir dürfen nicht glauben, dass die Tiere bei guter Haltung tot gestreichelt werden.

Durch den Ausfall der Schlachtanlage in Bogen müssen die Hühner aus süddeutschen Mastbetrieben zurzeit in Schlachtereien in Norddeutschland gebracht werden. Leiden die Tiere dadurch letztlich nicht mehr?

Die Frage ist für uns hinfällig. Es ist für die Tiere in jedem Fall schlecht, wenn sie in Mastanlagen leben und später geschlachtet werden, egal wo sie dann noch hingefahren werden. Durch die neue Anlage in Bogen würde die Arbeit des Geflügelproduzenten nur noch erleichtert und die Zahl der getöteten Tiere erhöht werden.

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