Aktivist über Reichtum: „Reichtum darf kein Tabuthema sein“

Das Demo-Bündnis „Wer hat, der gibt“ will linke Antworten auf die drohende Wirtschaftskrise liefern und Reiche ins Zentrum der Debatte rücken.

Drei Personen chillen auf einem teuer aussehenden Boot

Auch irgendwie langweilig, wenn man alles hat Foto: dpa

taz: Herr Ridder, warum sollen die Reichen für die Folgen der Corona-Krise bezahlen?

Ansgar Ridder: Warum denn nicht? Wir sind nicht bereit, den Gürtel schon wieder enger zu schnallen, schon wieder zurückzustecken und die Zeche zu zahlen wie schon nach der Finanzkrise 2008. Die Reichen – und ich rede hier von den abstrus Reichen und nicht von denen, die Kredite aufgenommen haben, um ihr Haus abzubezahlen oder um ihre Kinder auf die Uni schicken zu können – haben eine besondere Verantwortung. Denn wir als Gesellschaft haben den Reichtum erarbeitet, auf dem sie jetzt sitzen, und darum müssen sie was zurückgeben. Jetzt wird nach den Coronakonjunkturpaketen der Ruf nach einem ausgeglichenen Staatshaushalt laut. Und was wird da diskutiert? Es wird diskutiert, den Mindestlohn zu senken, Sozialausgaben werden infrage gestellt und am Ende sollen wieder die zur Kasse gebeten werden, die die Arbeit machen: die Kellner, die viel beklatschten Pflegekräfte oder die Beschäftigten in Fabriken. Das ist zutiefst ungerecht.

Die Reichen sollen also freiwillig was abgeben?

Es gibt ja die Gruppe der “Millionaires for Humanity“. Diese 83 Superreichen aus sieben Ländern setzen sich für eine Reichensteuer ein, um die Coronafolgen zu finanzieren. Die wollen sogar dauerhaft mehr Steuern zahlen. Nur mal ein paar Zahlen: Die reichsten zehn Prozent der Deutschen halten zwei Drittel des gesamten Vermögens, 45 superreiche Haushalte besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der deutschen Bevölkerung. Da ist es doch sinnvoll, dass die Mehrheitsgesellschaft über den Reichtum, der da absurd ungerecht angehäuft wird, mitbestimmen kann. So wird die Gesellschaft wieder handlungsfähig.

Und was, wenn die Reichen nichts abgeben wollen?

31, arbeitet als Pflegeassistent in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung. Er engagiert sich seit Corona dafür, dass Reiche etwas abgeben, weil ihm hier eine linke Stimme fehlte

Freiwillig werden die das nicht machen, also müssen Regeln her. Die Vermögenssteuer muss wieder eingeführt werden, Erben großer Summen müssen besteuert werden, Unternehmen müssen hier Steuern zahlen, und es darf nicht sein, dass sich Immobilienkonzerne auf dem Rücken ihrer Mieterinnen und Mieter immer weiter bereichern. Wichtig ist aber auch was anderes: Es darf kein Tabu mehr sein, über Reichtum zu reden, und die ideologischen Denkverbote müssen weg. Wir müssen in der Gesellschaft also endlich über Umverteilung und Enteignung reden und so einen Wandel hinbekommen.

Bundesweiter Aktionstag: 19.9.2020, mehr Infos: https://werhatdergibt.org/

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