Agrarpolitik im Koalitionsvertrags: Neue Koalition will mehr Ökonomie als Ökologie
Der Bauernverband sieht im Koalitionsvertrag viele seiner Forderungen erfüllt. Umweltschützer aber zeigen sich besorgt.
Die jährlich 450 Millionen Euro Subvention für Agrardiesel wollen CDU/CSU und SPD wieder einführen. Das senkt die Anreize, klimaschädlichen Kraftstoff für Traktoren einzusparen. Der Bauernverband freut sich, dass damit die Besteuerung wieder „auf den europäischen Durchschnitt“ zurückgeführt werde. Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter dagegen kritisierte, dass diese Maßnahme wegen der geringen Summen, die bei den Einzelnen ankommen, für „durchschnittliche Milchviehbetriebe kaum spürbare Entlastung“ bringe.
Die Koalition will die Landwirtschaft auch nicht in den Emissionshandel einbeziehen. Das künftig von der CSU geführte Agrarministerium soll die Stoffstrombilanz im Düngerecht abschaffen. Diese zeigt, wie viel Pflanzennährstoffe ein Hof in die Umwelt abgibt. Die Deutsche Umwelthilfe prophezeite der Bundesrepublik deshalb umgehend ein neues EU-Vertragsverletzungsverfahren.
In Zukunft soll auch für weniger Projekte wie Industrie- oder Stallanlagen eine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig sein. Das Verbandsklagerecht, etwa von Naturschutzorganisationen, soll ausgehöhlt werden, das Umwelt-Informationsgesetz wollen die Koalitionäre „verschlanken“. Für den Deutschen Naturschutzring sind das „gravierende Risiken“, die auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdeten.
Längere prekäre Beschäftigung von Erntehelfern
Die EU-Verordnung gegen Entwaldung soll für deutsche Forstwirte praktisch nicht gelten. Die geplante Richtlinie zur Überwachung der Böden, auf die sich das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten erst am Donnerstag geeinigt haben, lehnen die Koalitionäre ab. Wenn die EU den Schutzstatus des Wolfs herabstuft, soll das „unverzüglich“ in nationales Recht übersetzt werden. Pestizide sollen schneller zugelassen werden.
Damit mehr Obst und Gemüse in Deutschland angebaut wird, wollen die Parteien die maximale Beschäftigungsdauer von Saisonkräften ohne gesetzliche Krankenversicherung von 70 auf 90 Tage verlängern.
Auf der anderen Seite verspricht die Koalition, „ein Prüf- und Zulassungsverfahren für Stallsysteme“. Sie beabsichtigt auch, „den tierwohlgerechten Stallbau“ auf Grundlage staatlicher Verträge dauerhaft zu finanzieren. Die verpflichtende Kennzeichnung der Tierhaltungsform von Fleischprodukten will sie „praxistauglich“ reformieren.
Das Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz und die Moorschutzstrategie sollen laut Koalitionsvertrag „verstetigt“ werden. Geplant ist zudem ein Naturflächenbedarfsgesetz, was der Naturschutzbund ausdrücklich lobte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Koalitionsvertrag schwarz-rot
Immer schön fleißig!
Schwarz-rote Koalition
Als Kanzler muss sich Friedrich Merz verscholzen
Anschläge vor Bundestagswahl
„Der Verdacht ist plausibel“
Schwarz-rote Koalition
Was befürchtet wurde …
Rechte Drohungen und mediale Ignoranz
Wo bleibt der Aufschrei gegen rechts?
Trinkgeld bei Kartenzahlung
Ein guter Tip? Kühlen Kopf bewahren!