Agrarimporte aus der Ukraine in die EU: Zollfreiheit ist Solidarität
Die EU muss weiter auf Einfuhrzölle für Getreide aus der Ukraine verzichten. Denn die Landwirtschaft ist wichtig für die Verteidigung des Landes.
D ie Europäische Union sollte weiter keine Zölle auf Agrarimporte aus der Ukraine erheben. Denn so unterstützt sie einen Staat, der sich gegen einen durch nichts zu rechtfertigenden Angriffskrieg Russlands wehrt. Deshalb muss die EU die Handelserleichterungen verlängern, die sonst Anfang Juni auslaufen würden.
Die ukrainische Wirtschaft hängt in erheblichem Maß von der Agrarbranche ab. Vor dem Krieg erwirtschaftete der Sektor rund 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Mit Devisen und Steuern der Landwirtschaft bezahlt die Ukraine kriegswichtige Importe. Ganz abgesehen davon, dass die Landwirte die Bevölkerung mit Lebensmitteln versorgen.
Doch viele Äcker sind von Russland besetzt, Beschuss und Minen verhindern die Feldarbeit, die Ernte kann nur unter hohen Zusatzkosten exportiert werden. Schließlich blockiert Russland die Häfen am Schwarzen Meer, über die die Ukraine den Großteil ihres Getreides exportiert.
Derzeit lässt das russische Militär nur wenige Schiffe passieren, oft nach langen Verzögerungen. Ständig droht die Führung in Moskau, die Route ganz zu schließen. Deshalb exportiert die Ukraine nun den kleineren Teil ihrer Ausfuhren über die im Vergleich zum Schiff viel teurere Bahn in die EU-Nachbarstaaten Polen, Rumänien, Ungarn und die Slowakei.
Aus diesen Gründen ist es gerechtfertigt, dass die EU auf die in Friedenszeiten üblichen Zölle verzichtet. So sind ukrainische Agrarprodukte trotz aller Kriegsnachteile konkurrenzfähig.
Nur noch Transit, Entschädigungen für Bauern
Allerdings können die Bauern in den Nachbarländern der Ukraine ihr Getreide nur noch schwer verkaufen – es ist einfach teurer als die ukrainische Ware. Dieses Problem muss gelöst werden. Deswegen ist es richtig, dass Polen, in dem die meisten Bahntransporte aus der Ukraine ankommen, jetzt ausschließlich den Transit solcher Waren erlaubt. Die Waggons werden verplombt und dürfen erst wieder geöffnet werden, wenn sie Polen verlassen. Ähnlich verfahren die anderen betroffenen Länder, zumindest bei Getreidetransporten. Zudem will die EU-Kommission den Bauern noch mehr Geld zahlen für Verluste infolge der Importe.
Am Ende wird sich das ukrainische Getreide wohl besser in der Europäischen Union verteilen. Außerdem wird der Weitertransport etwa nach Afrika attraktiver. Die deutschen Bauern werden insofern leiden, als sie stärker der ukrainischen Billigkonkurrenz ausgesetzt sein werden. Aber die Agrarpreise sind derzeit sehr hoch, gerade Ackerbauern haben zuletzt so viel verdient wie lange nicht mehr. Auch wenn Getreide etwas billiger wird, würden die Landwirte immer noch gute Geschäfte machen – und nebenbei würde die Inflation gedämpft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku