AfD-naher Youtuber Clownswelt: Rechter Clown lässt Maske fallen
Lange missachtete der Betreiber des Rechts-außen-Blogs Clownswelt die gesetzliche Impressumspflicht. Jetzt hat er seinen vollen Namen veröffentlicht.
Zuvor hatte Clownswelt die Impressumspflicht nicht erfüllt. Das ZDF-„Magazin Royale“ von Jan Böhmermann nannte am 9. Mai den Vornamen des Verantwortlichen. Die Zeit veröffentlichte zusätzlich das Initial seines Nachnamens.
Liefert Längert in seinem Impressum nun alle Informationen, die der Öffentlichkeit nach deutscher Gesetzeslage zustehen? „Der Anbieter bedient sich hierbei eines Adressenservices, um seine Anschrift nicht preisgeben zu müssen“, teilte die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen der taz auf Anfrage mit. Diese Lösung sei zulässig, weil auch dorthin zum Beispiel Ladungen eines Gerichts zugestellt werden können. Auf Längerts Youtube-Kanal Ketzerkirche war ebenfalls das Impressum zu sehen.
„Im Übrigen ist das Impressum jedoch unvollständig. Diesbezügliche Maßnahmen werden derzeit geprüft“, erklärte die Behörde, die für die Durchsetzung der Impressumspflicht für elektronische Medien aus NRW zuständig ist. Längert lebt laut ZDF und Zeit in dem Bundesland, während der in seinen Impressen genannte Adressenservice in Baden-Württemberg sitzt.
Impressum immer noch unvollständig
„Grundsätzlich muss ein Impressum neben einer E-Mail-Adresse einen zweiten elektronischen Kontaktweg, etwa eine Telefonnummer, enthalten“, ergänzte die Anstalt. Zudem sei die zuständige Aufsichtsbehörde anzugeben. Beides fehlte zumindest bis Freitagmittag in den Impressen.
Die Behörde sieht sich aber nicht imstande, den Anbieter für die jahrelange Missachtung der Impressumspflicht zu bestrafen. Eigentlich seien solche Verstöße nach dem Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) Ordnungswidrigkeiten, die mit bis zu 50.000 Euro Bußgeld geahndet werden könnten. Längert ließ eine der Bitte der taz um Stellungnahme bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
„Der Landesanstalt für Medien NRW fehlt derzeit allerdings die Zuständigkeit für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach dem DDG, da das hier relevante Telemedienzuständigkeitsgesetz NRW noch auf das nicht mehr bestehende Telemediengesetz verweist.“ Eine diesbezügliche Gesetzesänderung habe die Anstalt bereits „beim Gesetzgeber angeregt und soll nun wohl auch umgesetzt werden.“
Wer anonym ist, kann nicht verklagt werden
Ein Impressum ist nötig, damit zum Beispiel bei Falschbehauptungen, Verleumdungen oder Beleidigungen die Opfer gegen den Verantwortlichen rechtlich vorgehen können. Deshalb müssen fast alle Betreiber von Internetseiten den Nutzern bestimmte Angaben über ihre Identität machen, die im Digitale-Dienste-Gesetz und im Medienstaatsvertrag geregelt sind.
Die Impressumspflicht diene auch dazu, dass Besucher der Seiten überprüfen können, „ob es sich um eine seriöse, glaubwürdige Quelle handelt“, erklären die Landesmedienanstalten. „Diese Transparenz ist besonders wichtig, wenn es um Nachrichten- und Informationsseiten geht, die der Meinungsbildung dienen.“
Empfohlener externer Inhalt
Doch Clownswelt und Ketzerkirche, die 2021 beziehungsweise 2009 gegründet wurden, haben diese Pflicht lange ignoriert. Dabei sind sie gerade in rechten Kreisen sehr einflussreich: Sie haben insgesamt mehr als eine halbe Million Abonnenten und gehören zu den reichweitenstärksten Kanälen der Szene.
Nachdem Zeit und ZDF Teile von Längerts Namen und sein Bundesland geoutet hatten, fragte die taz bei der zuständigen Landesmedienanstalt NRW und bei Youtube wegen der fehlenden Angaben an. Wenig später erschienen die Impressen. Bei dem Telegram-Kanal Clownswelt und dem X-Account Ketzerkirche dagegen fehlte immer noch ein Impressum.
In seinen Videos äußert sich Längert immer wieder positiv über die AfD, die laut einem Gutachten des Bundesamts für Verfassungsschutz als rechtsextremistisch einzustufen ist. Oft nimmt er gleiche oder ähnliche Positionen wie die Partei zu Themen wie Migration, Gendern oder dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein.
Handynummer von „Zeit“-Autor veröffentlicht
Böhmermann zitierte den Influencer mit der misogynen Behauptung, „dass Frauen auf natürliche Art und Weise mehr zu Unterwerfung tendieren als Männer.“ Der Satiriker wies darauf hin, dass zum Beispiel der extrem rechte Thüringer AfD-Chef Björn Höcke einen Beitrag von Clownswelt als „schöne Richtigstellung“ von Vorwürfen gegen ihn verlinkt habe. Auch auf der Website der AfD Thüringen wurde dann für das „Aufklärungsvideo“ des Influencers geworben.
Laut Zeit machte sich der Influencer auch über den Körper der Grünenpolitikerin Ricarda Lang lustig und beleidigte die Klimaaktivistin Greta Thunberg als „zurückgeblieben“. Der offizielle X-Kanal der AfD bezeichnete das „alternative Medium“ Clownswelt als „unverzichtbar“.
Die Zeit warf ihm „Hass und Hetze“ vor. Er verstecke sich hinter dem Bild eines Clowns mit roter Nase und Laserschwert. Der Name Clownswelt spiele darauf an, dass Rechtsextreme die Welt so darstellen wollen, als würden demokratische Politik und Medien von Clowns gemacht.
Längert hatte seine Anonymität damit gerechtfertigt, dass Linke Andersdenkenden „in dieser Republik“ das Auto anzünden oder den „Schädel einschlagen“ würden. Ein Fall, bei dem ein rechtsextremer Journalist wegen seiner Tätigkeit ermordet worden wäre, ist bisher allerdings nicht bekannt.
Es gibt rechtliche Möglichkeiten, der Impressumspflicht nachzukommen, ohne seinen eigenen Namen zu nennen – zum Beispiel über die Angabe einer Firma, für die jemand anders verantwortlich ist.
Unterstützer von Längert sind im Übrigen nicht zimperlich, wenn es um persönliche Informationen anderer geht: Sie schreckten nicht davor zurück, zum Beispiel die Handynummer des Zeit-Autors und angebliche Passwörter von ihm zu veröffentlichen.
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