AfD-Rundbrief im Bundestag: AfD hetzt via Hauspost
Einmal rassistische Optionen zum Ankreuzen: Ein Rundschreiben von drei Abgeordneten sorgt für Empörung. Doch bisher ohne Konsequenzen.
Sie wollen provozieren mit rassistischen Inhalten: Vergangene Woche haben die AfD-Abgeordneten Roger Beckamp, Sebastian Münzenmaier sowie Matthias Helferich, der fraktionslos im Bundestag sitzt, einen Hetzbrief und einen Fragebogen an mehrere Mitglieder des Bundestages verschickt. Beide Dokumente liegen der taz vor. „Das Schreiben ist widerlich und menschenfeindlich“, berichtet die Linken-Abgeordnete Heidi Reichinnek, eine der Empfänger:innen.
In dem Brief vermengen die drei Verfasser die Themen Flucht und Wohnungsmangel. Sie fordern Abgeordnete, die sich für ein Recht auf Asyl einsetzen, dazu auf, ein Formular zur Unterbringung von Geflüchteten auszufüllen. Das Formular hat den Titel „Ich habe Platz!“. Das bürokratisch anmutende Formular samt Datenschutzerklärung ist gespickt mit rassistischen „Hinweisen“ zu einer Unterbringung. Die vorgegebenen Ankreuzoptionen im Fragebogen reproduzieren vor allem antimuslimische Stereotype. So sollen in einer Sektion gemeinsame Freizeitaktivitäten angegeben werden. Die Antwortmöglichkeiten: „Vollverschleierung“, „gemeinsam auf Schweinefleisch verzichten“ oder „Flirtkurse zum Kennenlernen einer deutschen Frau“. Stets schreiben die Verfasser „Flüchtlinge“ in Anführungszeichen.
Ohne sichtbare Konsequenzen
Welche Konsequenzen hat der Brief für die Abgeordneten, die ihn namentlich unterzeichnet haben? Bislang keine sichtbaren. Zwar wurde die Causa am Donnerstag im Ältestenrat des Bundestags besprochen, heißt es aus der Pressestelle, doch zu Einzelheiten könne keine Auskunft gegeben werden.
„Der Brief der drei AfD-Abgeordneten ist geschmacklos und zeigt einmal mehr, dass es keine Zusammenarbeit mit dieser Partei geben darf“, erklärt der FDP-Abgeordnete Torsten Herbst. Offenbar habe die AfD zu viel Zeit im Parlament; statt sich mit dem Thema inhaltlich auseinanderzusetzen, versuche sie nun per Hauspost ihre Fremdenfeindlichkeit auf den Fluren des Bundestages zu verbreiten.
Auf den Inhalt des Briefes einzugehen, lohne sich nicht, meint Heidi Reichinnek. Stattdessen müsse die AfD aus der Ecke geholt werden, in der sie sich wohlfühle. Die Partei behaupte von sich, die Menschen abholen zu wollen, die frustriert seien und sich um mangelnden Wohnraum und sozialen Abstieg sorgten.
Doch in ihrer Politik zeige die AfD immer wieder, dass sie mit Sozialpolitik nichts am Hut hat. Sie stimmte gegen das Bürgergeld, gegen den Mindestlohn. „Erst am Donnerstag haben sie einen Antrag zur Abschaffung des Solizuschlags eingebracht und machen damit eine Politik, die die oberen Prozent entlastet“, sagt Reichinnek.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern