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AfD-Diskussion zu Öffentlich-RechtlichenFreundlich kaschierte Animositäten

Zum ersten Mal diskutierten am Donnerstag die Chefredakteure von ARD und ZDF öffentlich mit der AfD – und blieben meilenweit auseinander.

ZDF-Chefredakteur Peter Frey und Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD-aktuell, am Donnerstagabend in Dresden Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Umarmungen am Schluss blieben aus. Aber es gab für alle Podiumsteilnehmer sächsischen Wein, und CDU-Überläufer Maximilian Krah konstatierte für den AfD-Kreisverband Dresden eine „einmalige Diskussion mit einem breiten Meinungsspektrum“. Die beiden Chefredakteure von ARD aktuell und ZDF hätten mit ihrem Erscheinen Mut bewiesen, und der Abend habe „der Freiheit eine Gasse geschlagen“, zitierte Krah ein patriotisch-nekromanisches Lied von Georg Herwegh. Alle hatten ein bisschen Kreide gefressen, wie der ehemalige Focus-Journalist und gegenwärtige Gauland-Mitarbeiter Michael Klonovsky bekannte.

Denn es galt bei einer so viel beachteten Mediendiskussion eine zivilisierte Form zu wahren – was auch gelang und von der AfD als Erfolg gefeiert wurde. „Nicht mal eine Gegendemo“, schien man im Dresdner Kreisverband unter Entzugserscheinungen zu leiden. Unter rund 300 Besuchern in einem Saal der Messe Dresden wurden allein 70 Journalisten gezählt, darunter sogar ein Korrespondent der Washington Post.

Außer diesen waren nicht nur AfD-Anhänger im Saal. Die zwei Drittel, die applaudierten oder in Hohngelächter ausbrachen, aber nicht schmähten, waren einmal mehr überwiegend Männer jenseits der Midlife-Crisis. U30-Teilnehmer konnte man nur vereinzelt entdecken.

„Medien und Meinung“ war dieser Diskussionsabend über die Rolle der Öffentlich-Rechtlichen Medien überschrieben. Die ersten Statements von AfD-Seite, darunter vom ehemaligen Bild am Sonntag-Vizechef Nicolaus Fest, unterstellten, dass statt strikter Neutralität Meinungen transportiert, gar volkspädagogische Absichten verfolgt würden. Und die gingen zu Lasten der AfD. „Verkantet“ nannte Fest das Verhältnis. Moderator Andreas Lombard sah den Journalismus „tendenziell links“ und damit im Widerspruch zu den Mehrheitsverhältnissen in der Bevölkerung.

Der bekannte Opfergestus

Doch dieser Opfergestus medialer Diskriminierung ließ sich nicht halten. ZDF-Chefredakteur Peter Frey wartete mit einer eigenen Statistik aus der Bundestagsberichterstattung auf, nach der die AfD in Nachrichtensendungen wie „heute“ unter allen Oppositionsparteien am zweit häufigsten nach den Grünen genannt werden.

Tagesschau- und Tagesthemen-Chefredakteur Kain Gniffke geriet beim Versuch, sich konzilianter zu zeigen, auf eine Ölspur. Die junge AfD müsse sich erst finden und in der Medienarbeit professioneller werden, und außerdem fänden sich wegen partieller Redeverbote nicht immer AfD-Ansprechpartner. Doch statt Beifall erntete Gniffke Gelächter.

Ein Eigentor schoss allerdings auch die AfD. Kritiker Klonovsky konnte bei seiner Klage über die angeblich einseitige Zitierung linker Gegendemonstranten in Chemnitz eigentlich nur froh sein, dass die Hassreden und Umsturzaufrufe der Redner von „Pro Chemnitz“ nicht ausreichend filmisch dokumentiert wurden. Aufforderungen, zwischen rechts und rechtsextrem zu unterscheiden, konterte Peter Frey für das ZDF mit dem lapidaren Satz: „Sie müssen entscheiden, mit wem Sie marschieren“.

Wieder war sein Kollege Gniffke um mehr Entgegenkommen gegenüber den Gastgebern bemüht. „Nicht jeder, der zu Pegida geht, ist ein Nazi“, verkündete er, offensichtlich ohne zu wissen, wie Pegida sich in den vergangenen beiden Jahren radikalisiert hat.

„Armleuchter“ überall

Deutlich traten beide jedoch Unterstellungen entgegen, das gebührenfinanzierte Fernsehen spiele Morde wie der an der Freiburger Studentin herunter, weil sie von Flüchtlingen begangen wurden. Man könne nur nicht täglich Verbrechen aus den Regionen in der Tagesschau erwähnen, sagte Gniffke. In allen hier lebenden Bevölkerungsgruppen gäbe es auch „Armleuchter“ und eben Verbrecher, man bevorzuge keine Tätergruppen. Überhaupt wandte er sich gegen Pauschalisierungen. Das wollte das Publikum offensichtlich anders hören, für das die kriminelle Hauptgefahr von Ausländern ausgeht.

Umgegekehrt outeten sich viele anwesende AfD-Anhänger als Fans von Donald Trump. Der Vorwurf, der arme und schüchterne US-Präsident werde von deutschen Medien so schlecht behandelt, zauberte nun wieder ein verhaltenes Lächeln auf die Gesichter der sonst schwer unter Druck stehenden Chefredakteure.

Die verwiesen nochmals auf ihr Handwerk, beispielsweise auf die Trennung von Bericht und Kommentar und die Pflicht zur Anhörung aller Seiten. Bei dessen Ausübung könnten allerdings wie überall Fehler passieren könnten. Gniffke nahm sogar den Wunsch nach Vorab-Berichterstattung über den „Global Compact on Refugees“ der UNO auf, dessen geplante Verabschiedung am 11.Dezember die AfD verängstigt.

Auf offene Ohren stieß auch Kritik an Schwarz-Weiß-Zeichnungen, die Zwischentöne etwa zwischen „Gender“ und „Homophobie“ vermissen ließen. Gniffke und Frey verlangten allerdings auch Respekt vor den Berichterstattern, während das Publikum Hinweise auf die Übergriffe gegen Journalisten auslachte.

Das Misstrauen blieb

Der faire Verlauf der reichlich zweistündigen Diskussion änderte an spürbaren Ressentiments gegenüber den Öffentlich-Rechtlichen Medien und gegenüber Flüchtlingen nichts. Wenn ARD und ZDF denn nicht gleich zu liquidieren seien, sollten sie zumindest mehr AfD bringen, war gewissermaßen mit dem dritten Ohr herauszuhören. Sachsens Landesvorsitzender Jörg Urban kaschierte diesen Wunsch nicht einmal, als er eine “rechte Talk-Show“ mit Antaios-Verleger Götz Kubitschek als Moderator forderte.

Das Misstrauen blieb. „Die sind nicht frei, die beiden“, tauschten auf dem Heimweg zwei ältere Damen ihre Verschwörungstheorien über die geheime Steuerung unserer Medien aus.

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5 Kommentare

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  • Was die AfD mit ARD und ZDF machen würde, wäre sie an der Macht, ergibt sich zweifelsfrei aus ihrem Parteiprogramm: Kultureller Kahlschlag! Zum Beleg: www.blogger.com/bl...um=16;src=postname

  • "Es gehört zum Komplettversagen der Linken, dass sie sich die Sache mit der Lügenpresse von den Dumpfbacken der Pegida aus der Hand nehmen ließ"



    www.heise.de/tp/fe...edien-4158735.html



    ... polemisch aber lesenswert.

  • Wow, ganz schön stark von den Fernsehleuten, sich diesem Quatsch zu stellen.



    Es ist doch klar, dass jede Meinung, die nicht der eigenen Meinung entspricht als Lügenpresse abgetan wird.



    Wenn die unzufriedenen Menschen so monothematisch unterwegs sind, sollen sie halt AfD oder NPD Zeitungen lesen, da sind dann die Nachrichten so, wie sie es brauchen. Es besteht ja wahrlich keine Pflicht zum differenzierten Medienkonsum.



    Und der Vorworf die Medien wären latent links, bloß weil sie nicht jeden rassistischen Mist mitmachen, ist grotesk.

  • Zitat: „Man könne nur nicht täglich Verbrechen aus den Regionen in der Tagesschau erwähnen, sagte Gniffke.“

    Sollte man zwar nicht, könnte man aber schon. Braucht man allerdings nicht mehr. Weil: Das machen die Lokal-Medien schon seit geraumer Zeit wunderbar selbst. Alle dreißig Minuten sendet etwa Antenne Thüringen eine Art Polizeibericht light, gefolgt von Fußballergebnissen und Wettervorhersagen. Dass ein Deutscher der Täter war, merkt das Publikum jedesmal daran, dass dessen Nationalität ausnahmsweise nicht erwähnt wird. Und anschließend wieder eine Gewinnrunde...

    Man muss halt sehen, wo man bleibt. Auch und gerade als Lokalmedium. Im Übrigen ist es mit besagtem „Handwerk“ mitunter nicht weit her. Auch nicht unter Journalisten. Bericht und Kommentar werden zwar noch getrennt, das fällt aber kaum noch auf, weil kaum noch Berichte gesendet werden, sondern überwiegend Kommentare. Auch, wenn das vielleicht nicht in der Überschrift steht. Kommentare sind ganz einfach schneller und billiger zu haben. Außerdem transportieren sie Haltung. Das alles ist wichtig, wenn die Konkurrenz nicht pennt.

    Ja, Fehler können passieren. Überall, wo gearbeitet wird. Vor allem, wenn es hektisch zugeht. Wenn aber die Fehler zum Programm werden, wird es echt gefährlich. Dann müsste man anfangen, nach Systembucks zu suchen. Leider passiert das nicht häufig genug. Kunststück. Es mag ja eine (ungeschriebene) „Pflicht zur Anhörung aller Seiten“ geben. Wenn allerdings nur eine Seite etwas sagt, wird eine Anhörung der zweiten (und aller weiteren) schwierig.

    Übrigens: Wenn „der faire Verlauf“ einer „reichlich zweistündigen Diskussion“ noch „nichts“ geändert hat „an spürbaren Ressentiments gegenüber den Öffentlich-Rechtlichen Medien und gegenüber Flüchtlingen“, ist das kein großes Wunder. Was Generationen von Wortführern in Jahrzehnten zerstört haben, kann eine zweistündige Podiumsdiskussion unmöglich in wieder kitten. Auch und gerade dann nicht, wenn sie „hochkarätig“ besetzt ist.

  • Was soll da auch mehr rauskommen? Eine AfD an der Macht würde nicht anders handeln als Orban und PiS in Ungarn und Polen: Unterminierung der Pressefreiheit und Gleichschaltung. Eine regierende AfD würde genau die Systemmedien installieren, über die die sich propagandistisch so gerne aufregt.