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Öffentlich-rechtliche Medien und rechtsAfD sucht das Gespräch

Die AfD hat die Chefredakteure von ZDF und „Tagesschau“ zu einer Podiumsdiskussion nach Dresden eingeladen. Die beiden kommen.

Alexander Gauland und seine AfD sahen die Öffentlich-Rechtlichen bisher eher kritisch Foto: dpa

Am vergangenen Freitag hatte das „Today Programme“ der BBC Radio Four einen besonderen Gast am Telefon: In der Sendung, die mehr noch als die „Politik am Morgen“ des Deutschlandfunks bei uns die politische Tagesagenda in Großbritannien besetzt, wurde die stellvertretende AfD-Vorsitzende Beatrix von Storch interviewt. Es ging um Chemnitz, und das Gespräch machte noch einmal deutlich, wie die AfD mit missliebigen Fakten umgeht. Thema war unter anderem die reale versus die gefühlte Bedrohungslage in Deutschland.

Auf die Einwände der BBC-Moderatorin, der Bundesjustizminister habe Statistiken veröffentlicht, nach denen die Kriminalitätsrate in Deutschland rückläufig sei, erklärte von Storch patzig, „his numbers are rubbish“, da seien höchstens Fahrraddiebstähle gezählt worden.

Peter Frey und Kai Gniffke dürften also wissen, worauf sie sich – klugerweise – einlassen. Der ZDF-Chefredakteur und der Chef von „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ bei der ARD haben nämlich die Einladung des AfD-Kreisverbandes Dresden angenommen, am 25. Oktober über „Medien und Meinung“ zu diskutieren. Die Zusagen erfolgten dabei nach Angaben von ARD und ZDF lange vor den Ereignissen in Chemnitz oder in Dresden, wo Pegida-Anhänger versuchten, mit Unterstützung der sächsischen Polizei die Berichterstattung eines ­ZDF-„Frontal 21“-Teams zu verhindern.

„Aufgrund des häufig angespannten Verhältnisses zwischen der AfD und einigen deutschen Medienvertretern möchten wir in der Zeit weit vor den sächsischen Wahlen das Gespräch suchen“, heißt es in der Einladung des Kreisvorsitzenden Reinhard Günzel. Gegenseitige Vorwürfe hätten in der Vergangenheit „leider das öffentliche Bild geprägt.“ Im Rahmen der Podiumsdiskussion sollten nun „Gründe für diese Entwicklung und auch mögliche Szenarien für die Zukunft beleuchtet“ werden.

„Dialog ist wichtig“

Bei der Debatte sollen „zwei der AfD nahestehende journalistische Vertreter teilnehmen“ sowie „zwei bis drei Journalisten, die der AfD tendenziell kritisch gegenüberstehen“. Neben Frey und Gniffke wird auch Nicolaus Fest, der für ungeliebte Podien zuständige ehemalige stellvertretende Bild am Sonntag-Chefredakteur, in Dresden dabei sein. Die Veranstaltung soll laut AfD „selbstverständlich allen Journalisten und deren Berichterstattung offenstehen“.

Kai Gniffke sagt, er habe die Einladung angenommen, weil er der Überzeugung sei, „dass der Dialog mit dem Publikum wichtig ist und wir allen Betragszahlerinnen und -zahlern unsere Arbeit erläutern sollten“.

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3 Kommentare

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  • Na dass kann ja eine spaßige Diskussion werden, tritt die AfD doch für einen Kulturkahlschlag bei ARD und ZDF ein: medienfresser.blog...lturzerstorer.html

  • Eine lobenswerte Absicht. Ich frage mich nur, ob die AfD-nahen Journalisten ebenso "offen und direkt" wie ihre Gesprächspartner auf die anzusprechenden - nicht immer bequemen - Themen eingehen werden wie es die AfD tut. Dort erlebe ich mehr als oft, dass in bekannter Jörg-Heider-Manier mit Nebelkerzen geantwortet wird, also anstatt einer Antwort mit einem aggressiven verbalen Angriff in eine völlig andere Richtung vom Thema erfolgreich abgelenkt und der Beantwortung von Fragen somit Zeit und Luft entzogen wird. Und sie werden nicht gebremst und hartnäckig eine Antwort gefordert, sondern ihnen wird höflich schweigend (sh. Dunja Hayali vom 5.9.2018) der Raum gegeben, sich in gänzlich andere Richtungen weitschweifig auszubreiten. Ich hoffe sehr auf diesbezügliche Resistenz der anderen Gesprächsteilnehmer und, dass die Diskussion öffentlich gemacht und in den "Lügenpresse/-medien" ungekürzt gesendet wird. Ich würde sie sehr aufmerksam verfolgen.

  • Bin ja gespannt, ob sich die AfD-Vertreter besser vorbereitet präsentieren, als neulich Herr Gauland beim ZDF Sommer-Interview. Thomas Walde war wohl selbst erstaunt, wie uninformiert sich sein Interview-Partner zeigte. Gaulands Auftritt wurde wohl auch innerhalb der AfD als „peinlich“ bewertet, so dass man nun versucht, die Scharte auszubügeln. Mal sehen, ob es der AfD gelingt, kompetentere Leute aufzutreiben!