Achselhaare in der Werbung: Let it grow
Eine Frau in einer Werbung zeigt Achselhaare. Der TV-Modedesigner hängt ihr schnell eine Strickjacke drüber. Muss das sein?
Auch 2017 sind Haare unter den Armen noch immer ein Tabu – zumindest in der Werbung. Im letzten Jahr gab es einen Trend, bei dem Frauen ihre behaarten Achseln fotografierten und unter dem Hashtag #freeyourpits posteten. Auf den Fotos sind die Haare naturbelassen, manchmal aber auch pink oder blau gefärbt. Sie wollten damit zeigen, dass weibliche Achseln nicht haarlos und glatt sein müssen, um schön zu sein. Prominente wie Madonna oder Miley Cyrus unterstützten die Aktion.
Der Trend zeichnete nicht nur einen Gegenentwurf zum westlich geprägten Schönheitsideal, sondern widersetzte sich einem gesamten Industriezweig.
Dieser scheint von dem Trend noch nichts mitbekommen zu haben. In TV-Spots werben Unternehmen für lang anhaltendes Deodorant. Gezeigt werden Frauen, die sich ihre glatten Achseln einschmieren, -rollen oder -sprühen. Doch behaarte Achseln? Fehlanzeige. Als stehe es automatisch fest, dass Frauen, die sich nicht rasieren, auch kein Deo benutzen.
Die neue Fernsehwerbung des Online-Versands Otto bricht mit diesem Tabu – zumindest auf den ersten Blick. Der Modedesigner Guido Maria Kretschmer wirbt in dem Spot für seine neue Kollektion. In gewohnter Manier, wie bei seiner Fernsehshow „Shopping-Queen“, erteilt er Frauen Outfit- und Styling-Tipps.
„Rauhaardackel“
Eine Frau präsentiert ihr Sommerkleid. Freudig hebt sie ihre Arme und zeigt dabei ihre behaarten Achseln. Kretschmer reagiert entsetzt: „Du siehst so schön aus, aber die beiden Rauhaardackel würde ich lieber zu Hause lassen.“
Die Frau errötet – sie schämt sich. Doch Fashion-Guru Gudio hat die Lösung: Eine Strickjacke, und schon sind die behaarten Achseln nicht mehr zu sehen.
Was auf den ersten Blick progressiv erscheint, nämlich Frauen mit unrasiertem Körper zu zeigen, erweist sich als Bodyshaming. Die Message des Spots ist: Wer sich als Frau nicht rasiert, sollte sich schämen oder verstecken.
Auch bei Youtube kritisierten die User*innen den Werbespot. Otto reagierte auf das Feedback: „Wir sind der Meinung, dass jede Frau sich so zeigen soll, wie sie wohlfühlt. Also ob mit oder ohne Jäckchen – entscheidet jede selbst.“ Nur: Wenn sie vielfältige Frauenbilder zulassen wollen, warum machen sie nicht andere Werbung und verzichten auf Bodyshaming?
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit