Abstruse FDP-Idee zum Klimaschutz: Zynisch und unsinnig
Menschen als Tauschware gegen Klimaschutz-Hilfsgelder? So klingt ein Vorschlag vom FDP-Fraktionschef, der aber schon technisch keinen Sinn ergibt.
W ie zynisch geht es noch? FDP-Fraktionschef Christian Dürr will Ländern Klimaschutz-Hilfsgelder zahlen, falls sie kooperieren, wenn Deutschland ihre Bürger:innen nach einem erfolglosen Asylgesuch abschieben will. „Wer seine Landsleute zurücknimmt, erhält im Gegenzug Unterstützung, etwa bei der Produktion von klimaneutralen Kraftstoffen für Autos in Deutschland“, sagte der Politiker der Bild in einem Interview.
Menschen als Tauschware? Das ist abscheulich und soll wohl bisherige AfD-Wähler:innen für die FDP begeistern, deren Zustimmungswerte sich seit der Bundestagswahl fast halbiert haben. Aber auch mit dem, was Dürr als Tauschwert anbieten will, stimmt so einiges nicht. Die meisten Menschen, deren Asylgesuche Deutschland zuletzt abgelehnt hat, kamen laut Bundesregierung aus Ländern wie Georgien, Albanien, Serbien, Moldau oder Pakistan – denen ohnehin Klimaschutz-Hilfsgelder aus Deutschland zustehen.
Das ergibt sich nicht aus dubiosen Abschiebungsdeals, sondern aus der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen von 1992. Darin ist festgehalten, dass Industrieländer andere Staaten finanziell und technologisch beim Klimaschutz unterstützen müssen. Der Hintergrund: Länder wie Deutschland sind zahlungskräftig und haben den Klimawandel hauptsächlich verursacht. Insgesamt 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr hatten sie ab 2020 versprochen – eine Summe, die bis heute nie zusammengekommen ist.
Hinzu kommt, dass Dürr offenbar vor allem Klimaschutzprojekte unterstützen will, die wiederum Deutschland zugutekommen – und dann auch noch den deutschen Autos. Das ist nicht nur unverschämt, sondern auch noch technologisch Quatsch. Synthetische Kraftstoffe, mit denen man Verbrennungsmotoren CO2-neutral nutzen kann, helfen vielleicht im Luft- oder Schiffsverkehr. Autos fahren aber viel effizienter mit Batterien. Dass die FDP die deutsche Autoindustrie mit ihrem Faible für fossil betriebene Großwagen retten will, hat mit Klimaschutz nichts zu tun.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Alles zur Bundestagswahl
Oma gegen rechts hat Opa gegen links noch nicht gratuliert
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder