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Abschied von den StaumeldungenTschüss, Kamener Kreuz

Der Deutschlandfunk streicht die Staumeldungen. Die hatten ihren ganz eigenen Reiz, wirkten zuletzt aber doch anachronistisch.

Orte wie das Kamener Kreuz haben durch die Staumeldungen überregionale Berühmtheit erlangt Foto: imago

Die Staumeldungen im Deutschlandfunk haben eine ganz eigene Wirkung, auch jenseits der Straße. Da sitzt man morgens verschlafen am Frühstückstisch, plötzlich rieseln seltsame Namen ins Bewusstsein. „Zwischen Hamburg-Öjendorf und Dreieck Hamburg-Südost sechs Kilometer stockender Verkehr …“ – „Auf der A3 Kreuz Nürnberg und Nürnberg-Mögeldorf …“ – „A5 in Richtung Frankfurt im Bereich der Anschlussstelle Karlsruhe-Durlach …“

Ungewollt beginnt eine Reise im Kopf. Nürnberg-Mögeldorf, das klingt nach Schweinebraten und Kloß mit Soß. Und wie lange habe ich das Wort „Durlach“ nicht gehört, da war doch das Klassenfest, damals auf dem Turmberg, wir haben gegrillt. Und weiter geht’s: „… sechs Kilometer zwischen Moers-Kapellen und Krefeld-Oppum …“.

Einige Nicht-Orte wie das Kamener Kreuz bei Dortmund haben es dank der Staumeldungen zu überregionaler Berühmtheit gebracht. Die sachliche, gefühlt mehrere Minuten lange Aufzählung hat in ihrer Stupidität auch etwas Beruhigendes.

Und doch wirkte sie zuletzt anachronistisch. Warum sollte man in Zeiten von Fridays for Future und Klimawandel allen Menschen vorbeten, wo sich wie viele Autos gegenseitig den Weg versperren und dabei CO2 in die Luft blasen? Was für eine Zumutung eigentlich, dass sich auch all jene diesen Sermon anhören sollen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind oder auf das Rad steigen, um zur Arbeit zu kommen.

Eine folgerichtige Entscheidung also, dass der Deutschlandfunk die Staumeldungen zum Februar abschaffen will, wie kürzlich bekannt gegeben wurde. Es ist auch ein Symbol: Pkw-FahrerInnen haben keinen Vorrang mehr, die Dominanz des Autos als erstrebenswertestes Verkehrsmittel ist gebrochen. Kamener Kreuz, ruhe in Frieden!

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11 Kommentare

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  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Im Zweifel werden die Staus ohne Hinweis länger und der Schadstoffausstoß größer. Ein Pyrrhussieg. Aber wenn's Freude macht...

  • Das ist keine gute Entwicklung. Als Vielfahrer profitiere ich von den Staumeldungen. Besonders, da ich gern und viel mit älteren Fahrzeugen unterwegs bin, die nicht ständig im Internet hängen.

    • @Der Erwin:

      Seit mindestens 25 Jahren haben Autoradios einen Modus, der aus dem laufenden Programm automatisch auf einen Sender umschaltet, der eine aktuelle Verkehrsmeldung sendet. Und regionale Sender können mehr und detailiertere Meldungen senden.

  • Die Sache hat zwei Seiten: Radio wird eben meistens im Auto gehört. Und den Service genießen zu dürfen, einen praktischen Hinweis zu bekommen, wo man denn am besten längskommt, ist in Ordnung. Aber in Zeiten, wo jedes Handy quasi metergenau zu orten ist, wirkt es natürlich reichlich antiquiert, wenn ich mit dem Auto in Frankfurt unterwegs bin und muß mir anhören, daß es vor dem Elbtunnel, also über 650 Kilometer entfernt, ein Verkehrsproblem gibt, welches mich überhaupt nicht, gar nicht, niente und nada betrifft. Bei aller Technik, das haben sie nie hingekriegt. Sowas braucht man auch wirklich nicht. Außerdem liefert heute das jedes Navi. Durch das Einstellen des Verkehrsfunks verliert der Hörer aber natürlich auch den als hilfreich empfundenen Kontakt. Der Deutschlandfunk als "gefühlter Helfer" und Kumpel fällt damit aber auch weg.

  • Praktische alle sozialen Dienstleistungen betreffen zu jedem einzelnen Zeitpunkt nur einen kleinen Teil der Gemeinschaft. Und dennoch profitiert praktisch jeder im Verlaufe seines Lebens einmal davon.

    "Betrifft mich gerade nicht, deshalb kann das weg." - Das ist die liberal/individualistische (aka. egozentrische) Logik eine(r/s) Vierzehnjährigen.

    Kann ja sein, dass diese Ansagen inzwischen unnötig geworden sind, aber Ihrer ist nicht der Grund.

    Linke Zeitung, my ass...

  • „Was für eine Zumutung eigentlich, dass sich auch all jene diesen Sermon anhören sollen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind oder auf das Rad steigen, um zur Arbeit zu kommen“



    Sehe ich nicht so, denn dadurch habe ich immer die Bestätigung, dass meine Entscheidung für den ÖPNV richtig war. Allerdings bin ich in der besonders glücklichen Lage, dass mein Bus während des Berufsverkehrs im 5-Minuten-Takt fährt und ich davor und danach nur wenige Minuten zu Fuß unterwegs bin. Fast so gut, wie mit Privat-Wagen und ohne Stau! Nicht alle ÖPNV-Nutzer haben es so gut.

  • sehr gut, jetzt noch die sportergebnisse bitte, die find ich eigentlich noch viel schlimmer

  • Was für eine hoffnungsvolle Nachricht! Eine schöne Entwicklung.



    Für alle die mehr Auto im Alltag brauchen: Zumindest hier vor Ort sorgt die Lokalzeitung in jedem zweiten Beitrag für ebensolche autobezogene 'Neuigkeiten'.

  • Das Anachronistische ist die deutschlandweite Sichtweise. Wozu sollte man heutzutage noch ganz D betrachten? Und wenn es nur darum geht, zu sehen, dass die Verkehrsprobleme am Kamener Kreuz mit Geiselwind vergleichbar sind. Lieber bleibt man regional. Ist auch klimaschonender. Im Gegensatz zum Auto. Da ist es dann nur konsequent, dass man auf die kleine Minderheit der Autofahrerinnen keine Rücksicht mehr nimmt und statt den Verkehrsnachrichten lieber Temperaturprognosen sendet.



    Wenn das alle öffentlichen Anstalten machen, fallen aber auch die Nachrichten von S-Bahn Ausfällen, Stellwerkproblemen etc aus. Dann stehen die Öffis gleich wieder besser da.

  • Endlich! Auch mir gehen diese ominösen Stau-Ortsnamen nicht mehr aus dem Kopf, da sie ja ständig wiederholt werden.

    Mir ist schon seit Jahren rätselhaft, warum man genau weiß, dass man immer wieder im Stau landet - und es trotzdem tut.

  • Liegt wohl eher am Navi, als am Klimawandel, dass Verkehrsmeldungen im Radio in 2020 ein Anachronismus sind.