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80 Jahre KriegsendeWie konnte die Bombardierung Hamburgs richtig sein?

Jan Feddersen
Essay von Jan Feddersen

Beim Luftangriff auf Hamburg 1943 starben 40.000 Menschen. Bis heute streiten britische Historiker über das ethische Dilemma der „Operation Gomorrha“.

Arbeiterviertel in Trümmern: Hamburg-Hammerbrook nach dem Bombenangriff im August 1943 Foto: Hans Brunswig/bpk

E s ist ja keineswegs so, dass acht Jahrzehnte nach dem Ende des Kriegs gegen das nationalsozialistische Deutschland nicht noch größere Wunden in vielen Stadtbildern zu sehen wären. Dass diese gewisse Hässlichkeit deutscher Städte nicht einen historischen Grund hätte. Pforzheim, Dessau, Chemnitz, Berlin, Kiel, Kassel, Köln oder auch Hamburg waren wesentlich durch britische und amerikanische Bomben planiert worden. Sie alle waren mit Fliegergeschwadern heimgesucht worden, weil es dort um kriegswichtige Industrien ging, sie sollten planiert, unwirksam gemacht werden. Großzügige Straßennetze waren in vielen dieser deutschen Städte nach 1945 angelegt worden.

In Hamburg ist die einst – und schon während der NS-Zeit – als Ost-West-Straße als zweieinhalb Kilometer lange und sechs Autospuren breite Achse mitten durch die Innenstadt gelegt worden. Was bis heute dazu führt, dass der Kern der Stadt wie durch eine Autobahn von der Elbe getrennt geblieben ist – auch dies: eine Kriegswunde, deren Untertunnelung seit jeher an der Autolobby scheitert. Aus der einstigen Hauptkirche St. Nikolai, ist inzwischen ein Mahnmal im Gedenken an den Zweiten Weltkrieg geworden, der beschädigte Bau politisch bewusst nie zu einstiger Pracht wieder gebracht worden.

Hamburg hat allerdings noch ein anderes Areal, einen ganzen Stadtteil, Hammerbrook und Hamm-Süd, zu bestaunen, dem in der Geschichte des Kriegs gegen den Nationalsozialismus ein besonderer Rang zukommt. Vom 24. Juli bis 3. August 1943 bombierten Fliegerstaffeln der Royal Air Force in der von ihnen so genannten „Operation Gomorrha“ die führertreue Millionenstadt.

Bis in jüngste Zeit wird in der britischen Geschichts- und Militärwissenschaft erörtert, ob diese Bombardement nicht völkerrechtswidrig waren. Mehr als 40.000 Menschen kamen bei diesen Angriffen ums Leben, der Dichter Wolf Biermann hat die Grauen des sommerlichen Infernos beschrieben, andere Autoren nicht minder, manche, wie Hans-Erich Nossack aus weiter Ferne, Feuerbrünste des Nachts im Dunkeln sehend, eine gewisse Faszination, ja Angstlust empfindend: Das Alte verschwindet, Neues kann kommen.

Was den britischen Diskurs immer wieder bewegt, ist der Umstand, dass diese militärische Aktion, auch damals völkerrechtswidrig, sich gezielt gegen die Zivilbevölkerung richtete. Arthur Harris, Kommandant der Operation, sagte: „Die Nazis sind in diesen Krieg mit der ziemlich kindischen Illusion eingetreten, dass sie alle anderen bombardieren würden und niemand sie bombardieren würde. In Rotterdam, London, Warschau und einem halben Hundert anderen Orten haben sie ihre ziemlich naive Theorie in die Tat umgesetzt. Sie haben Wind gesät, und jetzt werden sie den Sturm ernten.“

SPD und KPD waren die Parteien des Arbeiterviertels

Das infernalische Bombardement setzte ausgerechnet ein Viertel in Brand, das wie kein anderes in Hamburg dem Nationalsozialismus kaum zugeneigt war. 1933 erzielte die NSDAP dort vergleichsweise geringen Zuspruch, SPD und KPD waren die Parteien des Quartiers, ein Arbeiterviertel im Wachsen mit trockenen Neubauten und sanitären Einrichtungen, begehrt bei ArbeiterInnen, die im nahen Hafen ihren Jobs nachgingen. Der britische Angriff aber hatte genau dies im Sinn: durch Bombardierungen und viele Tote die Bevölkerung Hamburgs insgesamt zu demoralisieren.

Der britische Historiker Richard Overy nannte 2023 seinen Vortrag zu den Voraussetzungen und Verläufen dieser „Feuerstürmen“: „How to kill a city“ – wie man eine Stadt tötet. Für ihn zählt nicht, dass die nationalsozialistische Wehrmacht und die SS den halben Kontinent verwüstet hatten, dass sie Osteuropa, vor allem die Ukraine zu „Bloodlands“ (Timothy Snyder) machten. Für Overy wie für andere HistorikerInnen zählt, dass die Angriffe nicht in erster Linie Fabriken und Militäranlagen galten, sondern der Auslöschung von ZivilistInnen, Frauen vor allem, Kindern, alten Menschen.

Mäßiges Interesse der Stadtplanung

In die Landschaft links oberhalb der Elbbrücken ist inzwischen die sogenannte Hafencity gebaut worden, auf der anderen Seite, rechts von der Querung des Stroms, getrennt durch Bahngleise und vielspurige Straßen, liegen die Stadtteile Rothenburgsort, Hammerbrook und Hamm-Süd – und fanden bis heute nur mäßiges Interesse der Stadtplanung, aus ihnen die gleichen pulsierenden Teile wiederherzustellen, die sie einst, städtisch durch und durch, waren. Immer noch aussätzig, an den Rändern hier und da hippe Clubs, Speditionen, Reifenlager, Kleinbetriebe, wenige Wohnbauten.

Geschichtsanklagende, revisionistische Bewegungen wie in Dresden, wo Demonstrationen zum angeblichen „Bombocaust“ registriert werden mussten, gab es in Hamburg nie. Trauer um die Toten musste es, konnte es, auch stadtoffiziell in den Jahren nach 1945, geben. Darf man als Nachkomme einer bei der „Operation Gomorrha“ fast vollständig getöteten Familie zwar auch trauern, aber ebenso sagen: Das biblisch („eine Operation, bei der Pech und Schwefel vom Himmel fallen“) inspirierte Geschehen geschah recht?

Im britischen Diskurs wird mit dieser Frage gehadert. Kris Hendrix, Forscher am Royal Airforce Museum in London, schrieb 2022 zur „Operation Gomorrha und das ethische Dilemma“: „Hatte Arthur Harris Recht, als er sagte, dass Arbeiter legitime militärische Ziele seien? Hatten die Männer und Frauen des Dritten Reiches in dieser Frage wirklich eine Wahl? Oder die alten Menschen und Kinder, die unter den Bomben starben? War das deutsche Volk der Feind? Ich kann nicht umhin, eine Parallele zu der Behandlung von Zivilisten in den Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nazis zu ziehen.“

Überlebende eines Luftangriffs auf Hamburg haben Nachrichten an der Hauswand hinterlassen, August 1943 Foto: Erich Andres/bpk

Und zieht zugleich, wie sollte es in einer geschichtswissenschaftlichen Erörterung auch anders sein?, Parallelen zu zeitlich näheren Fällen: „Es ist interessant, dass Dresden in der Regel als Beispiel für ein Kriegsverbrechen angeführt wird. Die Zerstörung der Stadt nur wenige Wochen vor Kriegsende zeigte, dass die Theorie, Zivilisten zu töten, um einen Krieg zu gewinnen, zu einer Farce geworden war. Allen war klar, dass dies in den drei Jahren zuvor nicht funktioniert hatte, und Dresden wurde als ‚Bombardierung zu weit‘ angesehen.

Wie lässt sich irgendetwas davon rechtfertigen?

Aber wenn Dresden falsch war, wie konnte dann Hamburg richtig sein? Oder wie konnte Rotterdam (das die Wehrmacht dem Erdboden gleich machten, d.Red.) richtig sein? Oder der Völkermord an den Armeniern oder das Massaker von My Lai? Wie lässt sich irgendetwas davon rechtfertigen?“ Wie die gezielten russischen Bombardements gegen nichtmilitärische Ziele in der Ukraine, gegen Schulen, Kindergärten, Wohnhäuser ohne militärischen Belang? Wie die offenbar nicht nur den Hamas-TerroristInnen gewidmete Zerstörung des Gazastreifens durch die israelische Armee?

Kris Hendrix, der das militärische Dilemma aufblättert, lässt in seinen Ausführungen keinen Zweifel daran, dass der Krieg gegen das nationalsozialistische Deutschland in jeder Hinsicht berechtigt war: 1943 war keineswegs sicher, dass die Alliierten den deutschen NS-Horror besiegen würden.

Was aus jüngeren Quellen auch hervorgeht, ist, dass die britische Bevölkerung, die die Nazis durch die Bombardements von London und Coventry 1940/1941 – mit Zehntausendend Toten – zu fürchten hatten, „Bomber“ Arthur Harris nach wie vor für einen anständigen Mann hält, einer, der ein gerechtes Projekt ins Werk setzte. Und zugleich doch, so ermittelt durch Umfragen, nur sehr begrenzt Schadenfreude empfanden, als sie von den Luftschlachten über Deutschland erfuhren: Man sorgte sich um die ZivilistInnen, so hörten es geheimdienstliche wie zivilgesellschaftliche Demoskopen, nicht jedoch um Nazideutschland.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, Meinungs- und Inlandsredaktion, Wochenendmagazin taz mag, schließlich Kurator des taz lab und der taz Talks.. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!

30 Kommentare

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  • Der Schriftsteller Hans Henny Jahnn, ein Hamburger, schrieb: "Man muss den Krieg ganz wollen. Oder man muss ihn ganz ablehnen."

  • Ja, es ist ein ethisches Dilemma.

    Wird aber ein klein wenig leichter, wenn man sich heute anschaut, wie die Enkel der Täter im Osten/Opfer im Westen sich klammheimlich in eine Reihe mit Gaza setzen wollen. So schließt sich der Kreis.

    • @nihilist:

      Hätten Sie einige Beispiele für Ihre These? Vor allem für Ihre generalisierende Behauptung über "die Enkel der Täter/Opfer"?

      Ich bin ein solcher Enkel, auch, wenn meine Großeltern wohl eher Mitläufer als Täter gewesen sind. Ich halte die planmäßige Bombardierung von Wohnvierteln für falsch, möglicherweise muss man das heute sogar als Kriegsverbrechen bewerten.

      Aber ich stelle mich nicht in eine Reihe mit Gaza, noch nicht einmal klammheimlich.

      Also: Bitte Butter bei die Fische.

      • @ PeWi:

        Gemeint sind selbstverständlich nur genau die Enkel, die das auch tun.

  • Vielleicht wird mal einigen altrrnativen Bellizisten endlich klar, das Krieg eine barbarische Angelegenheit ist. Schon Clausewitz warnte, wie unberechenbar Krieg ist - einmal im Gange, kenne er keine Grenzen.



    In Overys Buch 'Weltenbrand' kann man die damalige politisch militärische Fehleinschätzung der Briten lesen. Die Bombardierung der Industrie Nazideutschlands war bis 43 verlustreich und ziemlich erfolglos verlaufen. Harris und die RAF erlagen der Illusion, ein Angriff auf die Arbeiter und ihre Wohngebiete sei erfolgversprechender. Man hoffte auf eine Revolution drr Deutschen wie im November 1918. Dabei hätte den Briten die Reaktionen der eigenen Bevölkerung auf den German Blitz 1940 klar machen können, dass diese Strategie, kurzfristig jedenfalls, erfolglos bleiben musste. Man ging zur Zermürbungstaktik über mit der Zerstörung der Infrastruktur, Verkehrswege .



    Terror gehen Zivilisten und Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen war und ist zentraler Bestandteil jeder Kriegsführung. Ukraine oder Gaza. Darüber muss sich jeder, der locker mit dem Säbel rasselt und am Sandkasten maneuvriert, im klaren sein.

    • @Philippe Ressing:

      Danke für das klare Statement … ich bin da ganz bei Ihnen.

  • siehe auch:



    Verein "Rettet die Elbe"



    www.rettet-die-elb...n_tour_konzept.pdf



    Helmut Stubbe da Luz



    openhsu.ub.hsu-hh....e286c9189/download

  • Ralph Giordano, DIE WELT, 19.7.2003: "Deutschland - das Opfer der Geschichte? Die Antwort darauf dürfte ambivalent ausfallen. Wird es doch, einerseits, sicherlich viele geben, die sich mit dem Codewort Bomber Harris am liebsten in dieser Rolle fühlen, ohne dabei auch nur andeutungsweise an die Verantwortlichkeit des Führers zu denken. Andererseits aber, so hoffe ich doch, darf nach einem halben Jahrhundert demokratischer Sozialisation und freier Forschung wohl mit der Klarsicht einer Generation gerechnet werden, die die deutschen Toten und Versehrten des Luftkrieges natürlicherweise beklagt, ohne darüber die Ursachen zu vergessen."

  • Die Erzählung das vor allem die Gebiete wo Arbeiter wohnten bombardiert worden, kenn ich von meiner ehemalige Klassenlehrerin. Die hat die Bombardierung von Dresden als Kind überlebt.



    Das es in Hamburg keine geschichtsanklagenden, revisionistische Bewegungen gab halte ich für Selbsttäuschung. Dort wurden doch auch jahrzehntelang die Bombenopfer in den Vordergrund gerückt.



    Btw Dresden hat seit 1959 eine Städtepartnerschaft mit Coventry. Im englischsprachigen Bereich werden die Bombenangriffe gegen Städte, egal von wem ausgeführt, allgemein als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesehen.

    • @Mendou:

      "Im englischsprachigen Bereich werden die Bombenangriffe gegen Städte, egal von wem ausgeführt, allgemein als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesehen." Ist das so? Aus dem Text oben geht auch hervor, "dass die britische Bevölkerung,...„Bomber“ Arthur Harris nach wie vor für einen anständigen Mann hält, einer, der ein gerechtes Projekt ins Werk setzte".



      Richtig ist ebenfalls, dass die Briten nicht nur die Meister des "Area bombings" waren, sondern auch die Erfinder des Zivilistenbombardierens. Auf Befehl von Kriegsminister Hr. Churchill wurden 1920 Einheiten der RAF in den Irak verlegt, seinerzeit brit. "Mandatsgebiet". Um einen irakischen Volksaufstand gegen die Besatzer niederzuschlagen, bombardierten die Flugzeuge Bagdad. Die Wirkung auf die einheimische Bevölkerung war so einschneidend, dass der Aufstand in sich zusammenfiel. Ein gutes Übungsfeld für die Kampfflieger und eine wichtige Erfahrung für Politiker.

    • @Mendou:

      "Dort wurden doch auch jahrzehntelang die Bombenopfer in den Vordergrund gerückt". Sicher, allerdings gab es in Hamburg nie diese einseitige moralische Anklage gegen die Briten und dieses ekelerregende Selbstmitleid und Geschacher um Opferzahlen, wie speziell in Dresden. Wäre ich Brite, wäre ich sicher nicht stolz auf das, was die Royal Air Force in deutschen Städten angerichtet hat - allerdings wurden Warschau, Rotterdam, Coventry und Belgrad vorher von der deutschen Luftwaffe bombardiert. Echte Trauer um die "eigenen" Bombenopfer wie auch um die der "anderen" kann es nur geben bei klarem Bewusstsein darüber, wer in diesem Krieg der Aggressor war, und wer der sich wehrende Angegriffene. Ich wünschte, dass, was heutige Kriege angeht, die Feinde, analog etwa zu Briten und Deutschen, schließlich auch zu Freunden werden können - das werde ich aber wohl nicht mehr miterleben...

  • Über dieses Thema kann man lange diskutieren, da niemand mehr da ist, den man zur Rechenschaft ziehen könnte. Dringlicher wäre ein Blick auf die Gegenwart. Mich treibt um: Wie läßt sich die Bombardierung von Gaza rechtfertigen? Sie geht in ihrem Ausmaß über die Bombardierung Hamburgs weit hinaus und geht immer weiter, ohne daß man auch nur versucht, dem Einhalt zu gebieten. Ja, wir unterstützen sie auch noch und machen uns mitschuldig.

    • @Ulrich Hartmann:

      Ja und nein. Ich stimme zu, dass die Gewaltexzesse gegen die Menschen in Gaza akuter sind und sich alles darauf konzentrieren muss, der Todesmaschinerie sofort ein Ende zu setzen. Ich finde dennoch, dass die theoretische Überlegung zur Rechtfertigung von Kriegsgeschehen AUCH allgemein diskutiert werden muss: Gibt es gerechtfertigtes Töten? Im privaten oder staatlichen Sinne? Darf man sich beim töten - salop gesagt - zu "den Guten" zählen, weil man angibt gute Gründe dafür gehabt zu haben?

      Diese Fragen müssen diskutiert werden um Doppelmoral und Bigotterie entgegen zu wirken. Und dabei müssen wir die unmenschlichen Katastrophen von Gaza und der gesamten Menschheitsgeschichte ZUSAMMEN betrachten, weil es nur eine Menschheit gibt.

    • @Ulrich Hartmann:

      Die Frage, die Sie untreibt, lässt sich relativ simpel beantworten.

      Ziemlich genauso wie Dresden, Berlin und Hamburg lasst sich die Bombardierung rechtfertigen

      Genauso gut oder genauso schlecht.

      Dieselben moralischen Erwägungen sind anzustellen.

      Dresden hatte keine Industrie, keine kriegsrelevanten Ziele.

      Die Bomben gingen nur gegen Zivilisten.

      In Berlin war es ebenfalls der Straßenkampf, bei dem die Stadt in Schtt und Asche gelegt wurde.

      Stimmt, das Ausmaß in Gaza ist schlimmer als Hamburg, es ist Dresden und Hamburg zusammen.

      In Dresden starben in nur zwei Nächten rund 25.000 Menschen.



      Plus die 30.000 Hamburger, ist das zahlenmäßig ähnlich, nur dass bei den Palästinensern man eigentlich rund 15.000 Kämpfer abziehen müsste.

      Die Ähnlichkeit in der Rechtfertigung fällt einem natürlich nicht auf, wenn man den einen Sachverhalt nicht betrachten will.

      Haben diejenigen, die damals die Bombardements der Allierten unterstützen, sich aus Ihrer Sicht mitschuldig gemacht?

  • " Die deutschen haben das bekommen was sie verdient haben."



    Es hätte auch noch ein bißchen mehr sein können.



    Es war auch ein sehr menschliches Anliegen Rache zu nehmen.



    Warum erwähnt der Autor nicht das 2 Atombomen auf Japan auch Kriegsverbrechen waren. Und wozu sollten 20.000 Atombomen gut sein?

  • ""Wie konnte die Bombardierung Hamburgs richtig sein?""



    ==



    Krieg ist immer falsch - besonders der von Deutschen vom Zaun gebrochene WW2. Es ist es auch nicht möglich etwas "RICHTIGES" an einem willkürlich aus dem Kontext gerissenen Kriegsereignis zu finden.

    Die Zerstörung Hamburgs ereignete sich im Kontext der deutschen brutalst möglich gezogenen Blutspur zwischen Amsterdam und Stalingrad. Ob nun die Vernichtung des Ortes Oradour in Frankreich mit Verbrennung der Bevölkerung lebendig in einer in Brand gesteckten Scheune oder Baby Jar in der Ukraine,



    wo 33.000 Menschen erschossen wurden -- alle diese tausende von Deutschen angerichteten Massaker und Verbrechen sollten Hamburg & Dresden und all den anderen deutschen Städten gegenüber gestellt werden.

    Dann könnte man reden - - auch über Hamburg -- und über die Beteilugung der Bevölkerung an diesem Grauen -- wenn angesichts dieser furchtbaren Liste des Todes Reden überhaupt noch möglich sein sollte.

  • Wer geplant und gezielt die Zivilbevölkerung (z.B. Alte, Frauen, Kinder, Säuglinge) grausam umbringt ist nach meiner Auffassung ein Mörder und wer eine sehr große Anzahl geplant umbringt ist ein Massenmörder. Hierbei ist nicht zu unterscheiden ob der Täter nun Deutscher oder Alliierter ist. Diese Grausamkeit ist durch Nichts zu rechtfertigen. Auch wer aus Rache geplant tötet ist ein Mörder.

    • @Filou:

      Das sehe ich genauso. Entweder Völkerrecht und Menschenrechte gelten für alle oder wir können das gleich ganz vergessen. Und auch wenn ein Großteil des internationalen Rechts, wie wir es heute kennen, erst nach dem 2.Weltkrieg entstanden ist, so gab es auch damals schon bestimmte Regeln und ein gezielter Angriff auf Zivilisten war nicht erlaubt. Und man sieht heute sehr deutlich was passiert wenn man bei Völkerrecht Doppelmoral walten lässt und Verantwortliche von Völkerrechtsbrüchen nicht zur Rechenschaft zieht nur weil sie zu den Verbündeten gehören. Es führt zu mehr Gewalt, mehr Rechtsbrüchen weil man weis das man damit davon kommt. Die Opfer dieser Gewalt werden bei dieser Doppelmoral dann völlig vergessen.

  • Es gibt keine gerechten Kriege. Es gab sie nie und es wird sie nie geben. Denn nicht die Verursacher von Leid und Hass müssen die Konsequenzen trage, sondern immer Leute, die nicht zu entscheiden hatten.

    Hätte Hitler den Deutschen einen Weltkrieg versprochen, wäre er wohl von viel weniger Menschen gewählt worden. Hat er aber nicht. Er wurde in der irren Hoffnung auf Wohlstand und Gerechtigkeit gewählt. Von Leuten, die politisch und moralisch genau so bankrott waren wie ihre Anführer. Von Leuten, die nicht kapieren konnten, dass Kriegs-Ursachen keine Beine haben. Nicht „der Feind“ ist das Problem, sondern das Schwarz-Weiß-Denken.

    Auch heute wird nicht unterschieden zwischen Führung und Nation. Schon wieder nicht. Immer noch nicht. Verantwortung haben nie die, die entscheiden, sondern immer die, die die Entscheidung nicht verhindern. Dass bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Menschen ihrer Verantwortung gerecht werden, wird nach wie vor ignoriert. Seltsamerweise nicht nur von den Entscheidern, sondern auch von allen anderen.

    In sofern ist die aktuelle weltweite Situation kein großes Wunder. Wir sind, was wir immer waren: Herren - und solche, die es gerne wären.

    • @zitterbacke:

      ""Hätte Hitler den Deutschen einen Weltkrieg versprochen, wäre er wohl von viel weniger Menschen gewählt worden.""



      ===



      Hat er.



      In "Mein Kampf" beschreibt Hitler detailliert seine außenpolitischen Pläne, mit denen er in Osteuropa und der Sowjetunion "Lebensraum" für das deutsche Volk erobern und dafür die einheimische Bevölkerung ermorden wollte.

      Erscheinungsdatum: Juli 1925.



      Die Wähler wussten demnach bereits 7 Jahre vor der Machtergreifung von den Kriegsplänen Hitlers.

      • @zartbitter:

        Ich bin da eher auf der Seite vom Kommentar des Lesers Zitterbacke.....sicher hat Hitler den Weltkrieg verkündet.....aber nicht jeder, ich behaupte mal, die wenigsten haben " mein Kampf " gelesen ( Meine Urgrosseltern auch nicht, die standen eher politisch links und duften dafür unter den Nazis zeitweise einsitzen...)



        Auch in der nachfolgenden DDR hatten die wenigsten Marx, Engels, Lenin gelesen, sondern nur den Wunsch nach gutem Leben.....

      • @zartbitter:

        Das stimmt zwar, aber wurde kaum geglaubt. Hitlers Machwerk wurde auch nur selten gelesen.

        Selbst die Parole der KPD "Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler und der Hitler wählt, wählt den Krieg" stieß auf wenig Glauben.

        Vergleichen wir das mal mit heute. Die wenigsten AfD Anhänger glauben, dass das Programm der AfD ihnen schaden würde, obwohl es dafür jede Menge Beweise gibt.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          ""...aber wurde kaum geglaubt. ""



          ===



          Steile These -- aber unwahrscheinlich.

          Die Sensibilität für Krieg war in den 20ziger Jahren aufgrund von WW I. sehr groß -- das deutsche Reich verlor den Krieg mit der höchsten Anzahl an Kriegstoten.: 2 Millionen.

          Erich Maria Remarque verkaufte die 1. Auflage von ""Im Westen nichts Neues " im Jahr 1929 innerhalb von 11 Wochen 450.000 x Mal. Hinzu kommen die Leser der Vossischen Zeitung in der das Buch 1928 zum ersten Mal abgedruckt war.

          Alle 3 Daten lassen darauf schliessen das die Kriegsbegeisterung in den 20ziger Jahren allgemein in der Bevölkerung nicht sehr groß gewesen sein kann - der Schrecken von WWi saß tief.

          Hitler putschte die Bevölkerung bis zur Machtergreifung



          mit den Themen ""verächtlich machen der Weimarer Republik"" und mit dem Scheinargument der sogenannten ""Schmach"" des Versailler Vertrages auf.

          Das bedeutet: Die Antikriegsstimmung war bei den Linken sehr hoch - und viele der Sozialdemokraten wussten aus ""Mein Kampf"" das die Wahl Hitlers Krieg bedeutet.

          Aber für diejenigen die 1932 und 1933 (33% und knapp 45% ) die NSDAP gewählt haben war das Thema Krieg definitiv mehr oder weniger egal.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Habe ich im Kollegenkreis schon mehrfach gesagt " Wisst ihr eigentlich, dass ihr mit der Wahl der AFD die Säge für euren Sitzast wählt?" Egal...hilft nicht...leider...

  • Kriege sind und bleiben ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Daran gibt es nichts zu diskutieren. Hamburg, Dresden, Rotterdam, My Lai

    Übrigens: Diese „gewisse Hässlichkeit deutscher Städte“ hat nicht nur einen historischen Grund. Sie hat vor allem ökonomische und politische Gründe. Die durch den Krieg entstandenen Lücken hätten auch anders geschlossen werden können - wenn die Prioritäten nicht so gesetzt worden wären, wie sie gesetzt wurden. Die Prioritäten wurden (schon) damals von Menschen gesetzt, denen Geld wichtiger war als Schönheit oder auch nur Menschenwürde. Ein funktionierendes Korrektiv wie die Bürgerbeteiligung gab es noch nicht. Aber das ist weder den Alliierten noch „den Russen“ anzukreiden. Das war eine rein deutsche (Fehl-)Entscheidung.

    • @zitterbacke:

      "Die Prioritäten wurden (schon) damals von Menschen gesetzt, denen Geld wichtiger war als Schönheit oder auch nur Menschenwürde. Ein funktionierendes Korrektiv wie die Bürgerbeteiligung gab es noch nicht. "

      6,6 Mio. Wohnungen fehlten. Bürgerbeteiligung in der Nach-Nazi-Ära?



      Sie glauben, die Blockwarte wären dann nicht mehr aktiv gewesen oder anderes herum, die Unterdrückten hätten über Wohnbaukonzepte diskutiert?

      Vier Personen auf 12 qm war mein Start ins Leben. Die hässlichen aber billigen Häuser haben 10 Jahre nach Kriegesende dafür gesorgt, dass man ein eigenes Bad, Küche und Zimmer hatte.

      Übrigens finde ich die aktuelle Luxus-Architektur ohne Not noch hässlicher (geradezu "bunkerst"), wenngleich die Ost-Architektur der Hauptstadt mich extrem depressiv macht, obwohl da ggf. Bürgerbeteiligung zur strikten Konformität vorhanden war?

      Warum betonten Sie, dass es eine deutsche Fehlentscheidung war?



      Oder drückt Sie der Zerfall der ostdeutschen zB Gründerzeit-Architektur aufgrund des kommunistischen Enteignung, fehlender Einkommen für auskömmliche Mieten/Investitionen etc.?

  • Ergänzend hierzu noch:



    Anthony C. Grayling, Die toten Städte, Bertelsmann 2007. Der (geschichtsrevisionistisch unverdächtige) britische Philosoph kommt in seiner vielschichtigen Untersuchung zu dem Schluss, dass die Flächenbombardements auf deutsche Städte durch das Bomber Command der RAF weder strategisch erfolgreich noch durch (bereits damals gültiges) internationales Recht gedeckt waren.



    W. G. Sebald, Luftkrieg und Literatur, Fischer 2001. Der Literaturwissenschaftler und Essayist (1944-2001), meistenteils seines Lebens in GB wohnend, beleuchtet das Verhältnis der Dt. zu ihren zerstörten Städten, insbesondere in Hinblick auf die literarischer Verarbeitung nach dem Krieg.

  • Wenn schon Vergleiche gezogen werden: Warum wird nicht der Iran genannt, der einfach mal so über mehrere andere Länder hinweg Israel mit hunderten ballistischen Raketen angreift oder die Hamas oder Hisbollah, die seit Jahrzehnten zehntausende Raketen auf Israel feuern?

    Stattdessen wird das angegriffene Land zum Täter gemacht. Da könnte man dann auch die Ukraine nennen, die es ebenfalls wagt, sich gegen Russland zu wehren...

  • Man könnte eine Parallele zum aktuellen Gazakrieg ziehen.

    So wie Nazi-Deutschland Großbritannien nach einem ersten Schockmoment nicht mehr existenziell gefährden konnte, so ist die Hamas nicht in der Lage, Israel nochmal so großangelegt zu überfallen. Und so wie bei den britischen Bombardements stellt sich bei der israelischen Offensive, bei aller Eindeutigkeit der Schuld der Eskalation, die Frage der Verhältnis- und Zweckmäßigkeit.



    Und doch: Wenn Hitler gekonnt hätte wie er wollte, wäre England eingeäschert worden. Wenn die Hamas können würde wie sie will, wäre Israel als Staat ausgelöscht und die Juden tot oder vertrieben.

    Den Historikern wird der Stoff nicht ausgehen.

    • @Chris McZott:

      >Wenn Hitler gekonnt hätte wie er wollte, wäre England eingeäschert worden

      Nein, es wäre zu einem Nazi-Staat unter deutscher Führung aufgebaut worden. Mit viel Antisemitismus und einem willfährigen Königshaus an der Spitze.