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70 Jahre BundespressekonferenzHappy Birthday, alte Dame!

Die BPK wird 70 Jahre alt. Manche ihrer Rituale wirken aus der Zeit gefallen. Aber am Ende dient sie uns allen, der kritischen Öffentlichkeit.

Bundeskanzler Konrad Adenauer und die Herren der Presse 1961 Foto: dpa

Berlin taz | Die Berliner Bundespressekonferenz ist so etwas wie die alte, ehrwürdige Dame des deutschen Journalismus. Eine Institution, die schon immer da war – und hoffentlich immer da sein wird. Wie gratuliert man so jemandem? Vielleicht erst mal mit einer schlichten Feststellung: Wenn es die Bundespressekonferenz, kurz BPK, nicht gäbe, müsste sie jemand erfinden.

Vor 70 Jahren, am Tag der Wahl Konrad Adenauers zum Bundeskanzler, hing ein Aushang im Bonner Bundeshaus. Zeitungskorrespondenten riefen dazu auf, eine Bundespressekonferenz für „alle beim Bundestag akkreditierten Journalisten“ zu gründen. Mit dem Gendern hatte man es damals noch nicht so. Vier Tage später trafen sie sich zur Gründungsversammlung. Zur ersten Pressekonferenz in eigener Regie kamen Adenauer und sein Wirtschaftsminister Ludwig Erhard, um Rede und Antwort zu stehen.

Damit wären wir schon bei der stolzen Grundidee des Vereins, in dem sich bis heute in Berlin oder Bonn tätige PolitikberichterstatterInnen organisieren: Die JournalistInnen – vertreten durch den Vorstand – laden die PolitikerInnen zu sich ein, nicht umgekehrt. Sie sind die Gastgeber. Sie entscheiden, wen sie spannend finden, welches Thema gerade wichtig ist, welche Fragen gestellt werden sowieso. So etwas ist nicht selbstverständlich. Oft läuft es ja umgekehrt, die Mächtigen lassen bitten.

Die BPK ist deshalb nicht nur, aber auch das Symbol einer freien, selbstbewussten Presse. Selbstverständlich verzichtet Angela Merkel wegen ihrer Existenz nicht darauf, Pressekonferenzen im Kanzleramt zu geben. Wär ja noch schöner, würde sie wohl brandenburgisch schnoddern. Aber, auch das ist Tradition: Die Kanzlerin kommt einmal im Jahr ins Haus der Bundespressekonferenz gleich hinter der Spree, setzt sich an einem Sommertag vor die blaue Medienwand und beantwortet eineinhalb Stunden lang Fragen quer durchs Gemüsebeet. Das sei „ja schon eine Tradition“, sagte Merkel im Juli. An der BPK kommt eben keine und keiner vorbei.

Ritualisiertes Rollenspiel

Dreimal in der Woche, montags, mittwochs und freitags, sind Regierungssprecher Steffen Seibert und die MinisteriumssprecherInnen zu Gast in der BPK. Die Termine der Kanzlerin, die Themen des Kabinetts – die Regierung sagt das, was ihr wichtig ist. Und die JournalistInnen fragen, was sie wollen. Eine kleine Auswahl vom vergangenen Mittwoch: Kann die Regierung nachweisen, dass sie mit ihrem Klimaschutzpaket die Pariser Ziele erreicht? Welche humanitäre Hilfe leistet sie in den kurdischen Gebieten in Nordsyrien? Ist es üblich, dass wichtige Treffen der MinisterInnen nicht protokolliert werden – wie bei der Pkw-Maut und dem Verkehrsminister geschehen?

Jeder kennt seine Rolle. Die einen wollen möglichst viel erfahren. Die anderen stellen das Wirken der Regierung in wärmsten Farben dar – und sagen oft nur das Nötigste. Die BPK lebt natürlich auch von den Charakteren, die da aufeinanderprallen. Der altgediente Korrespondent der Regionalzeitung, der in seine Fragen immer auch Kommentare zur Weltlage an sich packte, einfach, weil er es konnte. Der langjährige Sprecher des Auswärtigen Amtes, der eine Augenbraue auf unnachahmliche Weise hochzog, wenn er eine Bemerkung unterkomplex fand. Die Agenturkollegin, die beharrlich und bestens informiert ein Thema nach dem anderen abhakt.

Es ist oft wie ein Tanz, manchmal aber auch nur Bullshit-Bingo. Aber immer stecken hinter all dem jene Werte, die unsere Demokratie ausmachen und antreiben. Die BPK dient der kritischen, interessierten Öffentlichkeit, also allen. Sie stellt sicher, dass jene, denen Macht auf Zeit verliehen wurde, hart befragt werden. Sie garantiert, dass sich jedeR BürgerIn aus „allgemein zugänglichen Quellen ungehindert“ unterrichten kann, so wie es das Grundgesetz will.

Selbstverständlich pflegt auch eine Grande Dame Rituale, die etwas aus der Zeit gefallen wirken. Der Bundespresseball, den die BPK einmal im Jahr im Luxushotel Adlon ausrichtet, ist so ein Relikt. Dann schmeißen sich alle in Schale, die Herren tragen Smoking, die Damen Abendkleid, es wird geplaudert, gelacht, geschwoft und Champagner bis zum Abwinken geschlürft. Die Perlenohrringdichte ist enorm, die der übersteigerten Egos auch. In Zeiten, in denen viele BürgerInnen JournalistInnen und PolitikerInnen der Kungelei verdächtigen, ist das nicht das schlaueste Signal.

Aber solche Extravaganzen verzeiht man der Bundespressekonferenz gerne. Spätestens dann, wenn toughe KollegInnen mal wieder einen Politiker in die Zange nehmen, nachhaken, Ausflüchte nicht akzeptieren. KonkurrentInnen eigentlich, aber gemeinsam an der Wahrheit interessiert. In diesem Sinne: Happy Birthday, altes Haus.

Transparenzhinweis: Der Autor ist Mitglied der Bundespressekonferenz.

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2 Kommentare

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  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Dient die BPK wirklich uns allen.

    Ich finde es wirkt wie eine geschlossenen Gesellschaft. Alle haben ihre Funktionen, es wird Ping, Pong gespielt.

    "Sie werden ihre Notgemeinschaft ewig aufrechterhalten müssen, ohne wirklich voranzukommen"

    Für Schauspielschüler eine Vorstellung in Echtzeit . Mimik, Rhetorik, eine gewisse Herablassenheit dem tiefer gelegten Publikum.



    Ich emfehle für Frustauf oder abbau gerne eine Sitzung!



    www.youtube.com/watch?v=xrwldch0iUc



    Es gibt noch mehr!

    Ein Quell der Freude und der Erkenntnis!

    " KonkurrentInnen eigentlich, aber gemeinsam an der Wahrheit interessiert."



    Da bin ich mir nicht so sicher!

  • Wenn man das im TV sieht, ist es tatsächlich nur eines: ein altes, unnötiges, sinnloses Ritual.



    Das kann weg!

    Was wir brauchen ist erzwungene Transparenz. Akteneinsicht, Sitzungsprotokolle und eine unabhängige Jury aus zufälligen Bürgern die überprüfen ob Dinge die die Regierung als geheim erklärt berechtigt sind.