+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Myanmars Armee-Chef besucht Moskau
Myanmars Militärmachthaber Min Aung Hlaing hat am Dienstag Moskau besucht. Derweil wird Putin am Mittwoch mit Erdogan nach Istanbul reisen.
Myanmars Armee-Chef besucht Moskau
Myanmars Militärmachthaber Min Aung Hlaing hat am Dienstag Moskau besucht. Hlaing wollte sich in der russischen Hauptstadt mit führenden Vertretern der Atom- und Raumfahrtindustrie treffen, wie die Nachrichtenagentur RIA Nowosti meldete. Hlaing habe der Einweihung einer Pagode in einem myanmarischen Kulturzentrum in der Region Kaluga, 200 Kilometer südwestlich von Moskau, beigewohnt. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte, ein Treffen mit Präsident Putin sei nicht geplant.
Der Besuch des Junta-Chefs erfolgte zwei Tage, nachdem US-Außenminister Antony Blinken gesagt hatte, die USA wollten die Junta in Myanmar verstärkt unter Druck setzen. Seit dem Militärputsch im Februar 2021 wurden in dem südostasiatischen Land tausende pro-demokratische Demonstranten festgenommen.
Russland, das wegen seiner Militäroffensive gegen die Ukraine international zunehmend isoliert ist, hat seine Unterstützung für die Junta in Myanmar ausgeweitet. Unter anderem werden Waffen an das Land verkauft. Im März beteiligten sich russische Militärs an einer Parade der Streitkräfte in Myanmar. (afp)
🐾 Kosaken in der Ukraine
Die ukrainische Stadt Saporischschja liegt direkt an der Front und hat ein großes Erbe: die rebellischen Kosaken, die die Ukraine bis heute prägen. taz-Redakteure Bernhard Clasen und Thomas Gerlach berichten.
Putin reist zu Gipfel mit Erdogan nach Teheran
Die Präsidenten Russlands, der Türkei und des Iran treffen sich in der kommenden Woche zu einem Gipfel in Teheran. Derzeit werde die Reise von Präsident Wladimir Putin in den Iran am 19. Juli vorbereitet, teilte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag in Moskau mit.
Neben dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi wolle er dort auch den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan treffen, sagte Dmitri Peskow. Geplant seien Gespräche der drei Staatsoberhäupter über eine Verbesserung der Lage im Bürgerkriegsland Syrien, sagte Peskow. Darüber hinaus werde Putin auch ein bilaterales Treffen mit Erdogan haben.
Kurz vor Bekanntwerden von Putins Iran-Reise hatten die USA erklärt, ihnen lägen Hinweise vor, dass der Iran Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen wolle. „Unsere Informationen zeigen, dass die iranische Regierung sich darauf vorbereitet, schnell mehrere Hundert unbemannte Luftfahrzeuge bereitzustellen, darunter auch solche, die Waffen transportieren können“, sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am Montag in Washington. (afp/dpa)
Opec erwartet 2023 keine Entspannung auf dem Ölmarkt
Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) erwartet trotz erhöhter Fördermengen des Kartells im kommenden Jahr keine Entspannung auf dem Ölmarkt. In einem am Dienstag veröffentlichten ersten Ausblick auf den Ölmarkt 2023 geht die Opec davon aus, dass das weltweite Wachstum der Ölnachfrage den Zuwachs des Angebots um eine Million Barrel (je 159 Liter) pro Tag übertreffen werde. Wie es weiter in dem in Wien veröffentlichten Bericht der Opec-Forschungsabteilung heißt, soll die Versorgungsknappheit im kommenden Jahr andauern.
Zuletzt war die Opec Ende Juni ihrer Politik einer moderaten Anhebung der Fördermenge treu geblieben. Die Öl-Allianz Opec+, in der neben den Mitgliedern des Kartells auch andere wichtige Förderstaaten wie Russland zusammengeschlossen sind, kündigte an, die Förderung im August um 648 000 Barrel pro Tag erhöhen zu wollen.
Nach einem starken Anstieg der Ölpreise wegen der Folgen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine waren immer wieder Rufe laut geworden, dass die Opec+ mit einem höheren Angebot eine dämpfende Wirkung auf den Höhenflug der Ölpreise ausüben solle. Experten gehen jedoch davon aus, dass einzelne Mitgliedsstaaten der Opec+ bei den Produktionsmengen die angepeilten Ziele verfehlen.
Nach Einschätzung der Opec wird die weltweite Nachfrage nach Rohöl im kommenden Jahr um 2,7 Millionen Barrel pro Tag steigen. Gestützt werde die Annahme laut dem Bericht unter anderem durch das Wachstum in Schwellenländern. Um das Angebot und die Nachfrage 2023 auszugleichen, müsste das Kartell durchschnittlich 30,1 Millionen Barrel pro Tag bereitstellen, hieß es. Experten gehen davon aus, dass die Fördermenge der Opec-Länder im Juni nur bei durchschnittlich 28,7 Millionen Barrel pro Tag gelegen hat. (dpa)
Lego beendet endgültig alle Geschäfte in Russland
Der Spielzeughersteller Lego beendet wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine seine Geschäfte in Russland „auf unbestimmte Zeit“. Das bedeute die Kündigung der Partnerschaft mit der Inventive Retail Group, die 81 Geschäfte in Russland betreibt, und die Kündigung der Beschäftigten in Moskau, teilte Lego am Dienstag mit. Seine Lieferungen nach Russland hatte das Unternehmen schon im März kurz nach Beginn des Krieges eingestellt.
In Russland bestätigte eine Sprecherin der Inventive Retail Group die Beendigung des Vertrags mit Lego. Das Unternehmen werde weiterhin als „Experte für Konstruktionsspielzeug“ tätig sein.
Russland hatte Lego-Produkte im Mai auf eine Liste mit Gütern gesetzt, die ohne Zustimmung des Rechteinhabers importiert werden dürfen. Auf dieser Liste fanden sich auch Smartphones von Apple und Samsung, beliebte Automarken, Spielekonsolen und wichtige Teile für verschiedene Industriezweige. (afp)
Ukraine sieht Putin in Zukunft im Gefängnis
Der ukrainische Justizminister Denys Maljuska ist überzeugt, dass der russische Präsident Wladimir Putin und sein Außenminister Sergej Lawrow wegen des Angriffskriegs gegen sein Land ins Gefängnis kommen werden. „Das wird zweifellos geschehen, aber die Frage ist: wann“, sagte Maljuska am Dienstag in Prag. Er hoffe, dass dies „eher früher als später“ sein werde. Aggressorstaaten dürften nicht vor Strafverfolgung geschützt sein. Zudem sei klar, wer den Befehl zum Angriff gegeben habe.
Mit einem solchen Schritt würde auch ein Zeichen gegen mögliche Nachahmer der russischen Expansionspolitik gesetzt, argumentierte der Politiker. Bisher schützt indes das Völkergewohnheitsrecht Staatsoberhäupter durch Immunität.
Maljuska nahm in Prag als Gast an einem informellen Treffen der Justizminister der 27 EU-Mitgliedstaaten teil. Ein Thema ist dabei auch die organisatorisch-technische Hilfe bei der Sicherung von Beweismitteln im Ukraine-Krieg. (dpa)
🐾 Gipfeltreffen in Istanbul
Am Mittwoch, den 13. Juli findet ein Gipfel in Istanbul statt, in der sich Vertreter des russischen Außenministeriums mit Vertretern des türkischen Außenministeriums samt UN sowie Vertretern der Ukraine treffen werden. Im Mittelpunkt steht die Debatte um den potentiellen See-Korridor für den Export von ukrainischem Getreide, wie das das türkische Verteidigungsministerium am Dienstag mitteilte.
Im Vorfeld habe am Montag ein Telefonat zwischen den Präsidenten Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan zu Getreidelieferungen stattgefunden. Dabei sei über eine Zusammenarbeit beim Export und einer sicheren Passage auf dem Schwarzen Meer diskutiert worden. Der Agentur Anadolu zufolge erklärte Erdogan, dass es Zeit sei, einen Plan der Vereinten Nationen für einen See-Korridor für den Export von ukrainische Getreide umzusetzen.
Die internationale Gemeinschaft fordert von Russland seit Wochen, den Export von ukrainischem Getreide zu ermöglichen. Die Ukraine beklagt, dass durch die russische Kriegsmarine ihre Häfen im Schwarzen Meer blockiert seien. Russland streitet ab, Weizenexporte zu verhindern. Beide Länder gehören zu den größten Weizenexporteuren und spielen eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherheit in der Welt. Die Vereinten Nationen warnten zuletzt schon vor der größten Hungersnot seit Jahrzehnten.
Laut türkischen Angaben sieht ein UN-Plan zur Lösung der Krise unter anderem die Einrichtung eines Kontrollzentrums in der an der Meerenge Bosporus gelegenen Metropole Istanbul vor. Die Meerenge, über die die Türkei die Hoheit hat, ist der einzige Seeweg vom Schwarzen Meer ins Mittelmeer. (taz/rtr/dpa)
EU gibt Milliardenhilfe für die Ukraine frei
Die Finanzminister der Europäischen Union haben weitere Hilfen für die Ukraine im Umfang von einer Milliarde Euro freigemacht. Damit könne die Regierung in Kiew unter anderem die kritische Infrastruktur sichern, erklärte am Dienstag der tschechische Finanzminister Zbynek Stanjura, dessen Land seit Anfang Juli den rotierenden Ratsvorsitz innehat.
Die sogenannte Makrofinanzhilfe der EU für die Ukraine verdoppelt sich damit nahezu auf 2,2 Milliarden Euro. Um die Ukraine weiter zu entlasten, sollen die Zinsen zunächst über einen Kredit aus dem EU-Haushalt getragen werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilte mit, das Geld dürfte die Ukraine noch in diesem Monat erreichen.
Die zusätzliche Milliarde gehört zu einem Hilfspaket von neun Milliarden Euro, das die EU-Kommission der Ukraine im Mai in Aussicht gestellt hatte. Der EU-Gipfel im Mai hatte sich bereits grundsätzlich für das Neun-Milliarden-Paket ausgesprochen. Bislang hat die EU der Ukraine seit Kriegsbeginn 2,2 Milliarden Euro an sogenannten Makrofinanzhilfen zur Verfügung gestellt. Es soll dem Land helfen, einen Staatsbankrott im russischen Angriffskrieg abzuwenden. Kiew kann damit etwa Staatsbedienstete bezahlen und öffentliche Verkehrsverbindungen aufrecht erhalten.
Allerdings sind die Auszahlungsbedingungen zwischen den Mitgliedstaaten bisher umstritten. Die Milliarde soll in Form von Krediten fließen. Die Ukraine hatte ihren monatlichen Bedarf zuvor auf fünf Milliarden Euro beziffert. (afp/dpa)
Nord Stream 2 erzielt Erfolg vor Europäischem Gerichtshof
Die vom russischen Energiekonzern Gazprom kontrollierte Nord Stream 2 AG darf nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen die EU-Gasrichtlinie klagen. Das höchste europäische Gericht hob am Dienstag einen Beschluss des untergeordneten EU-Gerichts auf, das eine Klage des Unternehmens zunächst abgewiesen hatte (Rechtssache C-348/20 P).
Ob das Urteil für die Nord Stream 2 AG mehr als symbolische Bedeutung hat, blieb zunächst unklar. Grund ist, dass das Unternehmen die gleichnamige Gaspipeline in absehbarer Zeit ohnehin nicht in Betrieb nehmen kann. Das Genehmigungsverfahren für Nord Stream 2 wurde im Februar wegen der russischen Eskalation im Ukraine-Konflikt von der Bundesregierung gestoppt.
Hintergrund der Klage der Nord Stream 2 AG ist die EU-Gasrichtlinie von 2019. Sie legt Auflagen für Energieunternehmen fest – etwa die Trennung vom Betrieb einer Leitung und dem Vertrieb des Gases.
Die Nord Stream 2 AG ist eine Tochtergesellschaft des russischen Gaskonzerns Gazprom und hat ihren Hauptsitz im schweizerischen Zug. Ihre durch die Ostsee verlegte und fertig gestellte Pipeline sollte russisches Gas nach Deutschland bringen. Die USA verhängten Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG und untersagten damit weitere Geschäfte mit dem Unternehmen. Eine Insolvenz hat die Nord Stream 2 AG im Mai vorerst abgewendet. (dpa)
Viele Ukrainer wollen russische Staatsbürgerschaft
Nach Darstellung der Regierung in Moskau wollen viele Ukrainer ihr Angebot nutzen, die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow erklärt zudem, es stehe gegenwärtig nicht zur Debatte, Friedensgespräche mit der Regierung in Kiew wieder aufzunehmen. (rtr)
FDP fordert längere Laufzeiten für AKW
Die FDP erhöht innerhalb der Ampel-Koalition den Druck für längere Laufzeiten der noch verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland. Fraktionschef Christian Dürr sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die Debatte um Gaslieferungen aus Russland: „Wir wollen nicht den Teufel an die Wand malen. Aber wir müssen uns auf ein Szenario einstellen, das weitreichende Konsequenzen für private Haushalte und die deutsche Industrie haben könnte. Kein Kubikmeter Gas sollte mehr verstromt werden müssen. Deswegen wäre es jetzt richtig, die Laufzeiten der Kernkraftwerke über den Winter hinaus zu verlängern.“
Seit Montag wird wegen Wartungsarbeiten kein Gas mehr über die Ostseepipeline Nord Stream 1 geliefert. Dies dauert in der Regel bis zu zehn Tage. Wegen des Ukraine-Kriegs und der westlichen Sanktionen gegen Russland besteht nun jedoch große Sorge, dass der Gashahn zubleibt. FDP-Fraktionschef Dürr sagte dazu: „Es kann passieren, dass nach den Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 kein Gas mehr fließt.“ Wladimir Putin mache, was er wolle. „Es wäre kaum verwunderlich, wenn er technische Gründe vorschiebt, um uns den Gashahn endgültig abzudrehen.“
Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder plädiert für die Senkung der Steuern für Energie, Strom und Sprit und erneut dafür, die drei verbliebenen Atomkraftwerke am Netz zu lassen, um Energie-Engpässe zu vermeiden. Der TÜV Süddeutschland sei in seinem Gutachten zu dem Schluss gekommen, dass das machbar sei.
Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) hatten von längeren Laufzeiten der drei noch verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland, die Ende 2022 vom Netz gehen sollen, abgeraten. „Einem kleinen Beitrag zur Energieversorgung stünden große wirtschaftliche, rechtliche und sicherheitstechnische Risiken entgegen“, heißt es in einem Prüfvermerk der Ministerien.
Dürr sagte außerdem: „Zudem sollten wir auch über die Förderung von Gas in der Nordsee sprechen. Wer in diesen Wochen von kaltem Duschen und warmen Pullovern spricht, verkennt den Ernst der Lage. Ideologische Debatten helfen uns im Winter kein bisschen, wenn Versorgungsengpässe drohen.“ Oberstes Ziel der Bundesregierung müsse eine sichere Energieversorgung sein. „So sinnvoll ein sparsamer Einsatz von Energie grundsätzlich auch ist, jetzt steht die sichere Versorgung an erster Stelle.“ (dpa/rtr)
🐾 Hohe Energiepreise in Deutschland
Viele Privathaushalte zahlen mittlerweile doppelt so viel für Heizung und Warmwasser wie 2021. Welche Gegenmaßnahmen werden diskutiert? Ein Überblick von taz-Autor Hannes Koch.
🐾 Tipps zum Energie sparen
Die Strom- und Gaspreise steigen und steigen. Sparen ist angesagt – und zwar nicht erst im Winter. Hier ein paar Tipps für den Sommer. taz-Redakteur Felix Lee berichtet.
52 russische Soldaten in Region Cherson getötet
Die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben bei Angriffen in der Region Cherson 52 russische Soldaten getötet. Auch seien Artillerie, Panzerfahrzeuge sowie in der Stadt Nowa Kachowka „ein Lager mit Munition“ zerstört worden, teilte das für die Südukraine zuständige Kommando der ukrainischen Armee am Dienstag mit.
Eine unabhängige Überprüfung dieser Angaben war zunächst nicht möglich. Die südukrainische Region Cherson wird großteils von den russischen Invasionstruppen kontrolliert. Die Region grenzt an die 2014 von Russland annektierte Halbinsel Krim. (afp)
Russland rekrutiert wohl Söldner aus Gefängnissen
Britische Geheimdienstexperten halten es für möglich, dass Russland in Gefängnissen Kämpfer für die Söldnertruppe Wagner anheuert. „Personalmangel bei den russischen Streitkräften könnten das russische Verteidigungsministerium dazu zwingen, zu unkonventionellen Rekrutierungsmethoden zu greifen“, hieß es im täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London am Dienstag.
Dazu gehöre die Rekrutierung in Gefängnissen für die Söldnertruppe. „Sollte das wahr sein, weist dieser Schritt wahrscheinlich auf Schwierigkeiten beim Ersetzen der erheblichen russischen Verluste hin“, so die Mitteilung weiter.
Vor einigen Tagen hatte bereits der ukrainische Geheimdienst mitgeteilt, Russland rekrutiere angesichts hoher Verluste Häftlinge für private Militärunternehmen. Den Männern werde nach der Erfüllung der vertraglich vereinbarten Pflichten eine vorzeitige Entlassung versprochen, hieß es. Überprüfen ließ sich das zunächst nicht. Doch auch die Ukraine verspricht verurteilten Straftätern Amnestie im Gegenzug für einen Fronteinsatz.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zum Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor. (dpa)
🐾 Russische Oppositionelle
Für geflüchtete Russ:innen werden zu wenig Aufenthaltsgenehmigungen ausgestellt. Ein Grund: fehlende Beziehungen zu Deutschland. taz-Autorin Anne-Frieda Müller berichtet.
Bund soll für Cybersicherheit sorgen
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat eine Grundgesetzänderung vorgeschlagen, um das ihrem Haus unterstellte Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zur Zentralstelle zu machen. Die Verantwortung für Cybersicherheit liege aktuell noch bei den Ländern, das BSI könne nur Amtshilfe leisten. Das sei angesichts der gewachsenen Bedrohung nicht mehr zeitgemäß, sagte die Ministerin am Dienstag in Berlin. Die Länder seien mit dieser Aufgabe langfristig „überfordert“. Sie habe zu ihrem Vorschlag einer Grundgesetzänderung aus den Ländern auch sehr positive Signale erhalten.
Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stellte das Bundesinnenministerium zudem weitere Maßnahmen für mehr Cybersicherheit vor. Dazu gehört die Einführung eines zentralen Videokonferenzsystems für die Bundesverwaltung, das höchsten Sicherheitsanforderungen entspricht. Beim BSI soll eine Plattform für den Austausch von Informationen zu Cyberangriffen entstehen.
Darüber hinaus sollen Investitionen in sogenannte Cyber-Resilienzmaßnahmen bei kleinen und mittleren Unternehmen gefördert werden, wenn diese zur „kritischen Infrastruktur“ gehören – aus Branchen wie Verkehr, Ernährung, Gesundheit, Energie und Wasserversorgung. Zudem hat sich Faeser die Modernisierung der IT-Infrastruktur des Bundesamtes für Verfassungsschutz vorgenommen. Es soll auch mehr Befugnisse zur „Aufklärung technischer Sachverhalte bei Cyberangriffen fremder Mächte“ erhalten. (dpa)
🐾 Kriegslage in der Ukraine
Kiew kündigt an, den zu Kriegsbeginn verlorenen Süden der Ukraine zurückzuerobern. Derweil verstärken Moskaus Truppen ihre Angriffe im Donbass. taz-Auslandsressortleiter Dominic Johnson berichtet.
FDP will Verfolgung von Verbrechen im Krieg erleichtern
Zur Verfolgung von Verbrechen beim russischen Angriffskrieg in der Ukraine will der FDP-Politiker Stephan Thomae die Befugnisse des Generalbundesanwalts ausweiten. Dieser könne bereits jetzt Straftaten gegen das Völkerrecht verfolgen, auch wenn sie keinen Bezug zu Deutschland haben – etwa bei Kriegsverbrechen oder Völkermord. „Bei dem offensichtlichsten Völkerrechtsbruch, den Russland gegen die Ukraine begeht, nämlich dem Verbrechen der Aggression, sind dem Generalbundesanwalt derzeit aber die Hände gebunden“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion der Deutschen Presse-Agentur.
Voraussetzung für Ermittlungen sei nach § 1 Völkerstrafgesetzbuch (VStGB), dass der Täter Deutscher oder die Tat gegen Deutschland gerichtet sei. „Diese Einschränkung des Anwendungsbereichs ist nicht nachvollziehbar. Denn das Aggressionsverbrechen zählt zu den völkerstrafrechtlichen Kernverbrechen, deren Verfolgung im Interesse der Menschheit als solcher liegt“, so Thomae. Mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin fügte er hinzu: Dies „wäre auch kein Lex Putin, sondern auch über den Ukraine-Krieg hinaus ein starkes Signal und ein echter Fortschritt im Völkerrecht.“
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert bereits seit Ende Februar. (dpa)
🐾 „Zugpartisanen“ in Russland
Seit dem Überfall auf die Ukraine häufen sich in Russland Anschläge gegen militärische Infrastruktur. Wer genau steckt dahinter? taz-Autor Bernhard Clasen berichtet.
Ukraine meldet Gegenangriff auf besetztes Gebiet Cherson
Die ukrainische Armee hat eigenen Angaben zufolge eine Gegenoffensive auf den von russischen Truppen besetzten Teil des südukrainischen Gebietes Cherson begonnen. In der Stadt Nowa Kachowka sei ein Waffenlager angegriffen worden, teilte das Kommando Süd in der Nacht zum Dienstag auf Facebook mit. Es seien etwa eine Haubitze und Militärtechnik zerstört worden. Zudem habe der Feind mehr als 50 Soldaten „verloren“.
Die russische staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti meldete am Dienstagmorgen unter Berufung auf die in Nowa Kachowka eingesetzte prorussische Verwaltung zwei Tote, vier Vermisste und Dutzende Verletzte nach dem Angriff. Viele Menschen seien unter Trümmern verschüttet worden. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben beider Seiten zunächst nicht.
Kiew hatte zuletzt mehrfach angekündigt, seitdem verloren gegangene Gebiete – auch mithilfe westlicher Waffen – wieder zurückerobern zu wollen. Zivilisten wurden zur Flucht aufgerufen. (dpa)
🐾 Gaskrise und soziale Verwerfungen
Die hohen Kosten für Heizung und Strom treffen die Mitte der Gesellschaft. Der Staat muss die Preise deckeln – sonst drohen arge soziale Verwerfungen. taz-Wirtschaftsredakteurin Anja Krüger berichtet.
Habeck hofft auf Gas, Selenskyj kritisiert Turbinen-Lieferung
Wirtschaftsminister Robert Habeck hofft nach dem Ende der Wartungsarbeiten an der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 auf weitere Gaslieferungen aus Russland. „Ich habe keine geheime Information, weder in die eine noch in die andere Richtung“, sagte der Grünen-Politiker am Montagabend in den ARD-„Tagesthemen“. „Die Möglichkeit besteht. Die Chance, dass es nicht so kommt, ist auch da. Wir werden abwarten müssen.“
Über die zuletzt wichtigste Route für russisches Erdgas nach Deutschland wird seit Montag nichts mehr geliefert. Nach Angaben der Betreibergesellschaft sollen die Arbeiten bis 21. Juli dauern. In diesen zehn Tagen werde kein Gas durch die Pipeline nach Deutschland befördert. In Deutschland gibt es die Sorge, dass die Pipeline nach den Wartungsarbeiten nicht wieder in Betrieb genommen wird und im Winter das Gas knapp wird.
Habeck will sich am Dienstag mit der österreichischen Energieministerin Leonore Gewessler in Wien treffen. Bei den Gesprächen soll es auch um eine enge Abstimmung zwischen beiden Ländern im Zeichen der Gaskrise gehen. Österreich hat große Speicher, benötigt aber Gasimporte als Alternative zu russischem Erdgas.
Habeck betonte, vor der Abschaltung von Industriebereichen könne man viele andere Maßnahmen ergreifen. Als Beispiel nannte er den Bau schwimmender Flüssiggas-Terminals. Für sie gibt es Planungen an der Nordsee. Derzeit beobachte man, wie sich die Gasmengen entwickelten. Alles ziele darauf, im Winter volle Speicher zu haben. „Wenn es nicht gelingt, über den Markt weitere Gasmengen zu besorgen, müssen wir eben die Verbräuche weiter runterbringen“, sagte Habeck. Dafür gebe es verschiedene Möglichkeiten.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte unterdessen die geplante Lieferung einer gewarteten russischen Turbine für Nord Stream 1. „Wenn ein terroristischer Staat eine solche Ausnahme bei den Sanktionen durchsetzen kann, welche Ausnahmen will er dann morgen oder übermorgen? Diese Frage ist sehr gefährlich“, sagte Selenskyj am Montag in einer Videobotschaft. „Und gefährlich nicht nur für die Ukraine, sondern auch für alle Länder der demokratischen Welt.“
Der russische Staatskonzern Gazprom hat die Liefermenge durch Nord Stream 1 im Juni deutlich gedrosselt und auf die fehlende Turbine verwiesen, die zur Reparatur in Kanada war. Der Bundesregierung zufolge fällt die Lieferung der Turbine nicht unter die EU-Sanktionen, weil sich diese nicht gegen den Gastransit richten.
Selenskyj sagte, die Ausnahme bei den Sanktionen werde in Moskau als Schwäche wahrgenommen. „Das ist ihre Logik. Und jetzt besteht kein Zweifel daran, dass Russland versuchen wird, die Gaslieferungen nach Europa nicht nur so weit wie möglich einzuschränken, sondern im akutesten Moment vollständig einzustellen“, sagte der Staatschef. (dpa)
🐾 Die AfD und der Krieg
Die AfD will inhaltlich mit der Inflation punkten. Auf der Suche nach Sündenböcken klammert die rechte Partei den russischen Angriffskrieg aus. taz-Redakteur Gareth Joswig berichtet.
Reichster Ukrainer übergibt Medienimperium an Regierung
Der reichste Mann der Ukraine, Rinat Achmetow, übergibt wegen eines Gesetzes zur Begrenzung des Einflusses von Oligarchen sein gesamte Medienimperium an den Staat. „Diese Woche wird die Media Group Ukraine alle ukrainischen Lizenzen unserer Fernsehkanäle (…) und Printmedien zugunsten des Staates abgeben“, erklärte Achmetow am Montag.
Der 55-jährige Multimilliardär erklärte, die in dem im September 2021 beschlossenen Gesetz festgehaltene kurze Frist zum Verkauf von Medien und die „russische militärische Aggression gegen die Ukraine“ mache es ihm „unmöglich“, die Medienunternehmen zu Marktbedingungen zu verkaufen. Die Media Group Ukraine ist eine der größten Medien-Holdings in dem Land. Ihr gehören zehn TV-Kanäle, darunter Nachrichtensender, Online-Medien und Printmedien.
Achmetow hat ein geschätztes Vermögen von mehr als vier Milliarden Euro. Seine Holding SCM ist unter anderem in den Sektoren Stahl, Energie und Kohle aktiv. (afp)
Iran bereitet sich auf Drohnen-Lieferungen an Russland vor
Die Vereinigten Staaten haben Hinweise, wonach der Iran Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen will. „Unsere Informationen zeigen, dass die iranische Regierung sich darauf vorbereitet, schnell mehrere Hundert unbemannte Luftfahrzeuge bereitzustellen, darunter auch solche, die Waffen transportieren können“, sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am Montag in Washington.
Iran werde auch Russen ausbilden, diese umgangssprachlich oft als Drohnen beschriebenen Luftfahrzeuge einzusetzen, sagte Sullivan weiter. Ein solches Training könne laut US-Kenntnissen bereits Mitte Juli beginnen. Es sei aber unklar, ob schon bereits solche Waffen geliefert worden seien. Sullivan deutete die Informationen als Hinweis darauf, dass die Kriegsfortschritte Russlands im Osten der Ukraine Auswirkungen auf die Aufrechterhaltung eigener Waffenbestände hätten.
Der Iran hat die Aussagen Sullivans zurückgewiesen. „Sowas hat es in der letzten Zeit nicht gegeben und unser Standpunkt in dem Ukraine-Konflikt ist bekannt“, sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani am Dienstag. Teheran verstehe zwar die Reaktion Russlands auf die Nato-Osterweiterung, sei aber für eine diplomatische und gegen eine militärische Lösung der Krise. Es gebe zwischen Russland und dem Iran zwar eine Zusammenarbeit auf technologischer Ebene, die aber habe schon lange vor dem Ukraine-Krieg begonnen, so der Sprecher laut Nachrichtenagentur Isna.
Bisher setzt die Ukraine unter anderem sehr erfolgreich türkische Bayraktar-Kampfdrohnen gegen die russischen Streitkräfte ein. Die USA und andere Staaten haben der Ukraine ebenfalls Drohnen geliefert. (afp/dpa)
Länder sollen mehr Getreide selbst anbauen können
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat Putin vorgeworfen, Hunger als Kriegswaffe einzusetzen.Die Ministerin sagte am Dienstag im rbb24 Inforadio: „Man sieht, dass Putin Hunger als Kriegswaffe nutzt, dass er ganz bewusst die Häfen in der Ukraine bombardiert, so dass der Weizen nicht ausgeliefert werden kann.“
Um die aktuelle Hungerkrise zu bekämpfen, brauche die Welthungerhilfe mehr Geld, betonte Schulze: „Deutschland ist da vorangegangen, wir zahlen sehr viel, aber dem müssen sich noch mehr anschließen. Das Zweite ist, wir müssen die Hilfen besser koordinieren. Es sind sehr viele Geldgeber unterwegs. Und die Hilfen müssen auch wirklich überall ankommen, wo sie gebraucht werden.“
Es müssten sich aber auch die Agrarsysteme verändern, sagte Schulze: „Viele Länder sind sehr abhängig von Weizenlieferungen zum Beispiel aus der Ukraine. Um das zu ändern, muss vor Ort wieder mehr lokales Getreide angepflanzt werden. (…) Langfristig muss es uns gelingen, dass die Länder unabhängiger werden, die im Moment noch so stark auf unsere Hilfe angewiesen sind. Und deswegen helfen wir nicht nur akut mit Lebensmitteln, sondern wir helfen auch, dass die Länder sich besser selber helfen können.“
So plädiert sie für mehr Unabhängigkeit ärmerer Länder vom Weltmarktgeschehen beim Weizen: „Neben der akuten Hilfe kommt es jetzt darauf an, dass Entwicklungsländer mehr selber anbauen können, und zwar klimaangepasst und nachhaltig“, sagte sie den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Dienstag). Das könne etwa mit lokalen und gut angepassten Getreidesorten wie Sorghum in Afrika gelingen. „Unser Bündnis für globale Ernährungssicherheit koordiniert und unterstützt genau solche nachhaltigen Ansätze“, betonte Schulze. (epd)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles