++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Ukraines Außenminister tritt zurück
In der Ukraine haben mehrere Minister ihren Rücktritt angekündigt. Nach dem verheerenden Luftangriff auf Poltowa trauert die Bevölkerung um die Opfer.
Mehrere ukrainische Minister treten zurück
In der Ukraine steht eine größere Regierungsumbildung an. Mindestens sechs Regierungsvertreter, darunter auch Kabinettsmitglieder, reichten nach Angaben der Regierungspartei vom Dienstagabend ihren Rücktritt ein. „Wie versprochen, ist in dieser Woche ein großer Regierungsumbau zu erwarten“, erklärte der Fraktionschef der Partei von Präsident Wolodymyr Selenskyj, David Arachamia, am Dienstag im Onlinedienst Telegram. Demnach sollen „mehr als 50 Prozent“ der Regierungsmitglieder ausgetauscht werden.
„Morgen werden wir einen Tag der Entlassungen haben, den Tag danach einen Tag der Ernennungen“, kündigte Arachamia an, der als Vertrauter des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gilt.
Am Dienstagabend hatten einige Minister bereits ihren Rücktritt eingereicht, darunter die Minister für Strategische Industrien, Justiz und Umweltschutz. Am Mittwoch hatte auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba seinen Rücktritt angeboten. Zudem traten der Chef des staatlichen Vermögensfonds, Witalij Kowal, sowie die Vize-Regierungschefs Irina Wereschtschuk und Olha Stefanischyna zurück.
Zudem wurde laut einem Dekret Selenskyjs der stellvertretende Leiter seines Präsidialamts, Rostislaw Schurma, entlassen.
Selenskyj hat seit Kriegsbeginn die Regierung des Landes wiederholt umgebaut. Vergangenen September schasste er seinen Verteidigungsminister nach einer Reihe von Korruptionsskandalen. Vor kurzem tauschte er nach einer Reihe von Rückschlägen auf dem Schlachtfeld seinen Armeechef aus.
Selenskyjs im Jahr 2019 begonnene Amtszeit endete im Mai. Aufgrund des seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 geltenden Kriegsrechts bleibt er aber bis auf Weiteres im Amt. (afp)
Besuch aus Irland
Neben dem bevorstehenden Regierungsumbau wird am Mittwoch in Kyjiw auch ein Besuch des irischen Regierungschefs Simon Harris erwartet. Er werde sich heute mit Präsident Selenskyj in Kyjiw treffen, teilte die Regierung in Dublin mit. Irland will rund 36 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und den Wiederaufbau der Ukraine bereitstellen. (dpa)
Drei Tote bei russischen Luftangriffen in Lwiw
Bei erneuten russischen Luftangriffen sind in der westukrainischen Stadt Lwiw nach ukrainischen Angaben mindestens drei Menschen getötet worden. Bei dem Angriff in der Nacht zum Mittwoch seien zudem mindestens 25 Menschen verletzt worden, darunter mehrere Kinder, erklärte Regionalgouverneur Maksym Kosyzkyj auf Telegram. Mehrere Wohnhäuser wurden demnach beschädigt.
„Leider haben wir eine dritte tote Person als Folge des nächtlichen Angriffs auf Lwiw. Nach ersten Informationen handelt es sich um ein 14-jähriges Mädchen“, schrieb Kosyzkyj. (afp)
Ukraine trauert nach russischem Raketenangriff
In der Ukraine herrscht Trauer nach der verheerenden Raketenattacke auf die Großstadt Poltawa – eine der folgenreichsten seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor zweieinhalb Jahren. Die Opferzahl stieg nach Angaben von Präsident Selenskyj bis in die Abendstunden auf 51 Tote und 271 Verletzte. Unter den Trümmern seien noch weitere Menschen, die Rettungskräfte arbeiteten unter Hochdruck. Zerstört wurde insbesondere ein Gebäude des Militärinstituts für Telekommunikation und Informatisierung in Poltawa – viele der Opfer sollen Soldaten sein.
Bei der Attacke auf die 280 Kilometer östlich von Kiew gelegene Stadt nutzte das russische Militär mutmaßlich Iskander-Raketen. Auch wenn dieser Angriff besonders verheerende Folgen hatte: Der Beschuss von Städten und zivilen Objekten ist für die Menschen in der Ukraine bitterer Alltag – so wurde in der Nacht die Universität in der nordöstlichen Gebietshauptstadt Sumy durch einen weiteren Luftangriff zerstört.
Angesichts der Tragödie in Poltawa wiederholte Selenskyj seine Forderung an den Westen, schnellstmöglich die Erlaubnis zum Einsatz weitreichender Waffen gegen militärische Ziele auf russischem Gebiet zu geben. „Die russischen Schläge werden unmöglich, wenn es uns möglich wird, die Abschussrampen der Okkupanten dort zu vernichten, wo sie sind, und die russischen Militärflugplätze und die Logistik dazu“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. (dpa)
Russland will Atomwaffendoktrin ändern
Das Vorgehen des Westens forciert dem russischen Präsidialamt zufolge eine Änderung seiner Atomwaffendoktrin. Russland werde vom sogenannten Westen vor Herausforderungen und Bedrohungen gestellt, die eine Überarbeitung der Doktrin erfordere, zitierten russische Nachrichtenagenturen Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Mittwoch. Dabei werde in Betracht gezogen, dass die Ukraine bei ihren Angriffen tief in russisches Territorium hinein US-Langstreckenwaffen einsetzen könnte.
Die Regierung in Kyjiw drängt die USA seit einiger Zeit, ihr zu erlauben, mit den von den Verbündeten an die Ukraine gelieferten Waffen auch Ziele weit im Inneren Russlands anzugreifen. „Es ist offensichtlich, dass die Ukrainer dies tun werden“, sagte Peskow der Agentur RIA zufolge. „Wir berücksichtigen dies alles.“
Russland hat bereits angekündigt, die Atomwaffendoktrin anzupassen, aber bislang keine Details genannt. Die Leitlinie sieht den Einsatz von Atomwaffen vor, falls Russlands Souveränität oder seine territoriale Integrität bedroht werden.
Die Ukraine war am 6. August in die russische Oblast Kursk vorgestoßen. Der Einsatz laufe nach Plan, die Ziele würden erreicht, hatte Selenskyj am Montag erklärt. (rtr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“