+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Baerbock zeigt sich erschüttert
Am Rande eines Nato-Treffens spricht die Außenministerin von einem „Bruch der Zivilisation“ durch Russland. Bundeskanzler Scholz telefoniert mit Selenski.
Außenministerin wählt drastische Worte
Immer neue Raketen und Gefechte, Stromausfälle und Kälte: Wegen der Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine wirft Außenministerin Annalena Baerbock Russland jetzt sogar einen „Bruch der Zivilisation“ vor. Das erinnert unmittelbar an den Begriff „Zivilisationsbruch“, der oft im Zusammenhang mit dem Holocaust verwendet wird. Baerbock zeigte sich am Rande eines Treffens der Nato-Außenminister in Rumänien erschüttert über die russische Strategie. „Dass dieser brutale Bruch der Zivilisation so geführt wird – also ich hätte mir das in den letzten Jahren niemals vorstellen können“, sagte die Ministerin. „Wenn gezielt Infrastruktur bombardiert wird, dann nimmt man mutwillig in Kauf, dass Kinder, dass Alte, dass Familien erfrieren, dass sie verdursten, dass sie verhungern.“ Kremlchef Wladimir Putin setze „Kälte als Kriegswaffe“ ein.
Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg formulierte in Bukarest: „Wir sehen, dass Präsident Putin versucht, den Winter als Kriegswaffe einzusetzen.“ Deswegen müsse man die Unterstützung ausbauen. Russland greife nun zivile Ziele und Städte an, weil es keine Geländegewinne mehr mache und verhindern wolle, dass die Ukraine weitere Gebiete befreie, sagte der Norweger. Er warb für die Lieferung zusätzlicher Flugabwehrsysteme an die Ukraine und Hilfe für die Reparatur zerstörter Infrastruktur. Er erwarte, dass von den Bündnispartnern die Botschaft komme, dass man mehr tun müsse. (dpa)
Scholz telefoniert mit Selenski
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) telefonierte mit Präsident Wolodimir Selenski. Dabei ging es nach ukrainischen Angaben auch um eine Stärkung der ukrainischen Raketenabwehr. Selenski berichtete auf Twitter, auch die Umsetzung einer Initiative zur Lieferung von ukrainischem Getreide an arme Länder sei besprochen worden. Zudem sei die „ukrainische Friedensformel“ diskutiert worden. Damit ist ein kompletter Abzug der russischen Truppen vom ukrainischen Territorium in den Grenzen von 1991 gemeint. Aus dem Kanzleramt gab es dazu zunächst keine Angaben. (dpa)
Luftalarm in der ganzen Ukraine
Am Dienstagmittag wurde über der gesamten Ukraine Luftalarm ausgelöst. In der Hauptstadt Kiew dauerte der Alarm zwölf Minuten. Bereits in der Nacht waren nach ukrainischen Angaben vier Raketen in der Großstadt Dnipro eingeschlagen und hatten Produktionsanlagen eines Unternehmens schwer beschädigt. Dabei sei aber niemand verletzt oder getötet worden. Auch die weiter südlich gelegene Stadt Nikopol am Fluss Dnipro sei beschossen worden.
Das russische Verteidigungsministerium sprach seinerseits von weiteren Angriffen auf ukrainische Truppen an der Front im Gebiet Donezk, wo seit Monaten um die Städte Bachmut und Awdijiwka gekämpft wird. Der ukrainische Generalstab bestätigte massive russische Truppenkonzentrationen an diesen Abschnitten. Ein Stück weiter nördlich bei den Städten Kupjansk und Lyman wehrten russische Truppen nach Moskauer Angaben ukrainische Angriffe ab. Das passt zu ukrainischen Angaben, dass dort die Russen in der Defensive seien. Die Angaben der Kriegsparteien sind kaum unabhängig zu bestätigen. (dpa)
Feuer nach Raketenangriff gelöscht
Die zentralukrainische Großstadt Dnipro ist Behördenangaben zufolge in der Nacht zu Dienstag von vier russischen Raketen getroffen worden. Die Produktionsanlagen einer „privaten Firma“ seien schwer beschädigt worden, teilte der Gouverneur des Gebietes Dnipropetrowsk, Walentyn Renitschenko, auf Telegram mit. Nähere Angaben zu dem Unternehmen machte er nicht. Es sei ein Brand entstanden, der aber gelöscht worden sei. Niemand sei getötet oder verletzt worden, schrieb Resnitschenko. Auch die weiter südlich gelegene Stadt Nikopol am Fluss Dnipro sei beschossen worden. (dpa)
Schwere Kämpfe im Donbass
Auch bei Kälte, Schneeregen und Regen dauern die schweren Kämpfe im Donbass im Osten der Ukraine an. Dabei wehrten die ukrainischen Streitkräfte täglich Dutzende von Angriffsversuchen russischer Truppen ab, sagte Serhij Tscherewatyj, Sprecher der Ostgruppe der ukrainischen Armee, am Montag. Im Mittelpunkt der schwersten Kämpfe stünden die Gebiete um Bachmut und Awdijiwka. Dabei setzten die von Kampfflugzeugen unterstützten russischen Streitkräfte neben Rohrartillerie auch Raketenwerfer, Minenwerfer und Panzer ein. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Im Schnitt führe die russische Armee in der Region täglich rund 200 Artillerieschläge aus, sagte Tscherewatyj. „Aber trotz dieser Bemühungen schafft es der Feind schon seit Monaten nicht, unsere Verteidigung zu durchbrechen.“ (dpa)
Ukrainischer Minister beklagt Tausende Raketenangriffe
Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow wartete am Montag mit ungewöhnlichen Zahlen auf. Seit Kriegsbeginn vor neun Monaten hat Russland nach seinen Worten über 16.000 Raketen eingesetzt und in 97 Prozent der Fälle zivile Ziele ins Visier genommen. „Wir kämpfen gegen einen terroristischen Staat“, schrieb Resnikow auf Twitter. Seine Zahlen decken sich allerdings nicht mit denen des Präsidenten. Selenski hatte vor einer Woche erklärt, dass Russland die Ukraine seit Kriegsbeginn mit knapp 4.700 Raketen beschossen habe. (dpa)
Justizminister beraten über Ahnung von Kriegsverbrechen
Mit Ermittlungen zu in der Ukraine verübten Kriegsverbrechen beschäftigen sich die Justizminister der G7-Staaten an diesem Dienstag bei einem Treffen in Berlin. Zu den Beratungen hat Bundesjustizminister Marco Buschmann auch eine Delegation aus der Ukraine eingeladen. Die Regierung in Kiew setzt sich für ein Sondertribunal zur Verfolgung russischer Verbrechen in der Ukraine ein, das sich mit der Völkerrechtsstraftat der Aggression befasst.
Mit Blick auf das G7-Treffen bekräftigte der ukrainische Justizminister Denys Maljuska die Forderung seines Landes, Russland für die Kriegsschäden zur Kasse zu bitten. „Russland muss Reparationen zahlen, wie wir es in vergangenen Kriegen in anderen Regionen gesehen haben“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Man gehe von einem Schaden von 150 Milliarden Dollar aus, „der den wirtschaftlichen Schaden nicht einschließt und der die Kosten für die Verletzten und Kriegsopfer und ihre Familien nicht einschließt“. (dpa)
Außenminister der Nato-Staaten beraten über Winterhilfen
Die Außenminister der Nato-Staaten beraten ab Dienstag auf einem zweitägigen Treffen in Bukarest über Winterhilfen für die Ukraine im russischen Angriffskrieg (ab 13.30 Uhr MEZ). Bündnis-Generalsekretär Jens Stoltenberg erwartet von den Mitgliedsländern Zusagen etwa für warme Kleidung, Medikamente und Drohnen-Störsysteme. Am Dienstagabend ist ein Arbeitsessen mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba geplant.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) leitet am Rande der Nato-Tagung am Dienstagnachmittag ein Treffen der sieben großen Industriestaaten (G7) mit bis zu 20 Partnerländern. Im Zentrum steht der Wiederaufbau des ukrainischen Stromnetzes. Polen hatte Deutschland zuletzt aufgerufen, das angebotene Patriot-Luftabwehrsystem an Kiew zu liefern und die Ukraine damit auch vor weiteren russischen Angriffen auf die Energie-Infrastruktur zu schützen. (dpa)
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