+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Lawrow sucht Nähe zu Afrika

Der russische Außenminister bestätigt Moskaus Pläne für Regimewechsel in der Ukraine. Lawrow wird diese Woche vier afrikanische Länder besuchen.

Zwei Männer, Lawrow und Schukri, sitzen neben eine Lampe

Der Außenminister von Russland und der Außenminister von Ägypten, vor den Gesprächen am Sonntag in Kairo Foto: RU-Außenministerium/dpa

Moskau will die politische Führung in Kiew auswechseln

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat im Gegensatz zu früheren Äußerungen erklärt, dass Russland den Sturz der ukrainischen Regierung anstrebt. „Wir helfen dem ukrainischen Volk auf jeden Fall, sich von dem absolut volks- und geschichtsfeindlichen Regime zu befreien“, sagte Lawrow am Sonntag in Kairo. Das russische und ukrainische Volk würden künftig zusammenleben.

Die russische Führung hat in den vergangenen Tagen öffentlich ihre Position im Ukraine-Krieg verschärft. So drohte Lawrow am Mittwoch mit der Besetzung weiterer Gebiete auch außerhalb des Donbass. Angesichts der westlichen Waffenlieferungen und deren höherer Reichweite sei es nötig, die Kiewer Truppen weiter abzudrängen von den Gebieten Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine, die Moskau als unabhängig anerkannt hat.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock warf Russland Propaganda vor. „Russland benutzt jedes Mal ein anderes Argument. Diesmal sagen sie, es sei wegen der militärischen Unterstützung“, sagte die Grünen-Politikerin in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der Deutschen Welle.

Kreigsziele des Kreml sind, dass die Ukraine die Gebiete Donezk und Luhansk abtritt und die bereits 2014 von Russland annektierte Krim als russisch anerkennt.

Mit seiner Ankündigung, die politische Führung in Kiew auswechseln zu wollen, widerspricht Lawrow auch eigenen Aussagen vom April. „Wir haben nicht vor, das Regime in der Ukraine zu wechseln“, sagte der russische Chefdiplomat damals in einem Interview mit dem Fernsehsender India Today. Es sei Aufgabe der Ukrainer zu entscheiden, unter welcher Führung sie leben wollten, versicherte Lawrow damals. (dpa)

Transport von ukrainischem Getreide wird abgesichert

Lawrow hat nach den Raketenangriffen auf die Hafenstadt Odessa bekräftig, dass die internationale Einigung über die Ausfuhr von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer gültig ist. Die Passage über einen Seekorridor solle von einem Kontrollzentrum in Istanbul überwacht werden, sagte Lawrow am Sonntag bei einem Besuch in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Dort sollen Vertreter der Ukraine, Russlands, der Türkei und der Vereinten Nationen tätig sein. Russische und türkische Streitkräfte würden gemeinsam auf dem offenen Meer für die Sicherheit der Schiffe sorgen, sagte Lawrow.

„Und wenn die Schiffe in Richtung der ukrainischen Häfen fahren, um neue Lebensmittelladungen aufzunehmen, dann wird auch eine Kontrolle gewährleistet, die sicherstellt, dass niemand auf dem Weg in die ukrainischen Häfen Waffen dorthin bringt“, sagte Lawrow. Er erinnerte auch daran, dass am vergangenen Freitag in Istanbul zwei Dokumente unterzeichnet wurden – zum einen für den Getreide-Export aus der Ukraine; zum anderen darüber, dass sich die Vereinten Nationen für leichtere Exporte von russischen Lebensmitteln und Dünger einsetzen.

In der Ukraine laufen die Vorbereitungen für den Getreidetransport ungeachtet der russischen Raketenangriffe vom Samstag auf den Hafen in Odessa. Das Verteidigungsministerium in Moskau hatte eingeräumt, militärisch genutzte Infrastruktur des Hafens beschossen zu haben. Das löste Ängste aus, das Getreide-Abkommen könne noch platzen. (dpa/rtr)

Russland sichert Ägypten Getreide-Lieferung zu

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat Ägypten besucht, das im russischen Krieg in der Ukraine bislang eine neutrale Position eingenommen hat. Lawrow traf am Sonntag in Kairo den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi, wie dessen Büro mitteilte. Danach sprach er mit dem ägyptischen Außenminister Sameh Schukri. Mit den Gesprächen will Lawrow der diplomatischen Isolation Russlands und Sanktionen durch den Westen entgegenwirken.

„Wir haben die Zusage russischer Exporteure bekräftigt, alle Vereinbarungen einzuhalten“, sagt Außenminister Sergej Lawrow bei einem Besuch in dem afrikanischen Land. Dieses ist einer der größten Importeure der Welt. 80 Prozent der Einfuhren kamen in der Vergangenheit aus Russland und der Ukraine. Der Krieg hat Ägypten daher allein wegen der rasant gestiegenen Getreide-Preise hart getroffen. Am Freitag hatten Russland und die Ukraine unter UN- und türkischer Vermittlung ein Abkommen geschlossen, das auch den ukrainischen Export wieder möglich machen soll.

Während einer Afrika-Reise wird Lawrow einem Bericht des staatlichen russischen Senders RT zufolge auch Äthiopien, Uganda und die Republik Kongo besuchen. Noch am Sonntag werde Lawrow den Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Abul Gheit, treffen. Er werde auch zu den ständigen Vertretern der Organisation sprechen.

Afrikanische Länder gehören zu denen, die von den Auswirkungen des russischen Kriegs in der Ukraine am stärksten betroffen sind. Lawrow wies in einem Artikel auf der Webseite seines Außenministeriums Vorwürfe des Westens zurück, dass Russland für die globale Lebensmittelkrise verantwortlich sei. Das sei „ein weiterer Versuch, die Schuld anderen zuzuschieben“, schrieb Lawrow. Er lobte, dass afrikanische Länder „einen unabhängigen Pfad“ gewählt hätten, indem sie sich an Sanktionen gegen Russland nicht beteiligt hätten.

Ägypten hat enge Beziehungen zu sowohl Moskau als auch dem Westen. In den vergangenen Jahren haben Al-Sisi und der russische Staatschef Wladimir Putin die bilateralen Beziehungen erheblich gestärkt. Ägypten ist einer der größten Importeure von Weizen, davon kommt eine große Menge aus Russland und der Ukraine. Der russische Krieg hat Lieferungen von ukrainischem Getreide aufgehalten. (ap/rtr)

Russland räumt Angriff auf Odessa ein

Russland hat nach eigenen Angaben im Hafen von Odessa neben einem ukrainischen Kriegsschiff auch von den USA gelieferte Raketen zerstört. Es habe sich um Seezielflugkörper vom US-Typ Harpoon in einem Lagerhaus gehandelt, berichten russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Moskau. Dafür habe das russische Militär Langstreckenraketen mit Präzisionssteuerung eingesetzt.

Das russische Außenministerium räumt den Angriff auf Odessa am Samstag ein. Mit hochpräzisen Raketen sei ein Kriegsschiff der Ukraine getroffen worden, erklärt Sprecherin Maria Sacharowa. Nach Darstellung der Ukraine wurden Hafenanlagen getroffen. Die Regierung in Kiew sieht damit den Vertrag über die Wiederaufnahme von Getreidelieferungen in Gefahr. Mit dem Getreide-Export soll der weltweite Anstieg von Lebensmittelpreisen eingedämmt werden. (rtr)

Frauen reden auf der Straße, Kind fährt Fahrrad, Rauch kommt aus einem Gebäude

Die Stadt Odessa wurde in den letzten Tagen mehrmals durch das russische Militär beschossen Foto: Nina Lyashonok/AP/dpa

Russisches Militär bereitet Angriff auf Bachmut vor

Das ukrainische Militär teilt mit, dass der Beschuss vieler Orte an den Fronten im Norden, Süden und Osten am Sonntag fortgesetzt wurde. Im Donbass bereiten demnach die russischen Kräfte einen Angriff auf die Stadt Bachmut vor.

Eine hochrangige Delegation des US-Kongresses verspricht bei einem Treffen mit Präsident Wolodimir Selenski am Samstag, sich um eine weitere Unterstützung im Krieg gegen Russland zu bemühen. „Wir werden weiterhin nach Möglichkeiten suchen, Präsident Selenski und das ukrainische Volk bei ihrem mutigen Widerstand so wirksam wie möglich zu unterstützen“, heißt es in einer Erklärung. Die Delegation, zu der auch der Vorsitzende des Ausschusses für Streitkräfte des Repräsentantenhauses, Adam Smith, gehört, ist die jüngste in einer Reihe von hochrangigen amerikanischen Besuchern in der Ukraine. (rtr)

Ukrainischer Geheimdienst fordert Mithilfe der Bürger

Das ukrainische Verteidigungsministerium fordert Bürger in der Region um die Stadt Enerhodar im Süden des Landes zur Hilfe im Kampf gegen russische Truppen und Kollaborateure auf. „Es ist von hoher Dringlichkeit, dass sie uns bitte die genaue Lage der Stützpunkte der Besatzungstruppen und die Wohnadressen der Truppen (…) sowie die Wohnorte der Kommandanten mitteilen“, heißt es in einem am Wochenende im Kurznachrichtendienst Telegram veröffentlichten Aufruf der Geheimdienstabteilung des Ministeriums. Gebeten wird auch um Informationen über Kollaborateure und ihrer Wohn- und Arbeitsorte. Zudem will der Geheimdienst wissen, wer mit den Besatzern „sympathisiert“.

Russland hat Enerhodar Anfang März erobert. Anfang Mai wurde ein von den Besatzern ernannter Bürgermeister bei einer Explosion verletzt. Die russische Regierung sprach damals von einem terroristischen Angriff. „Lasst uns gemeinsam die Besatzer aus unserer Heimat vertreiben“, heißt es in dem Aufruf. Man könne sich an dem Geheimdienst per Telefon oder über WhatsApp und Signal wenden. Enerhodar hatte vor dem Krieg mehr als 50.000 Einwohner. Viele von ihnen arbeiten in den beiden Kraftwerken in der Nähe der Stadt, von denen eines die Anlage in Saporischschja ist, das größte Kernkraftwerk in Europa. (rtr)

🐾 Über die Entführung von AKW-Personal in Saporischschja hatte der taz-Journalist Bernhard Clasen kürzlich berichtet.

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