+++ Krieg in der Ukraine +++: Rohstoffdeal zwischen USA und Ukraine nimmt Form an
Nach Tagen des Streits zwischen Selenksyj und Präsident Trump soll ein Abkommen nahe sein. Ukraine und Russland fliegen gegenseitige Drohnenangriffe.

Das Internetportal der Ukrajinska Prawda in Kyjiw berichtete, es gebe eine neue Vereinbarung über den Zugang der USA zu Rohstoffen in der Ukraine – quasi als Kompensation für die Verteidigungshilfe, die die Vereinigten Staaten dem von Russland angegriffenen Land in den vergangenen drei Jahren geleistet haben. Der Entwurf eines Vertrags liegt dem Medium demnach vor. Neben den für Hochtechnologieprodukte wichtigen seltenen Erden geht es um den Zugriff der USA auf ukrainisches Öl und Gas.
Auch die britische Financial Times berichtete über eine Einigung beider Seiten. Den Berichten zufolge ist in der angeblich unterschriftsreifen Fassung keine Rede mehr von Sicherheitsgarantien der USA, auf die ukrainische Staatsführung zuletzt immer wieder gepocht hatte.
Um das Abkommen gab es in den vergangenen Tagen heftigen Streit, weil der ukrainische Präsident Selenskyj eine Unterzeichnung zunächst verweigert hatte. Nicht nur in der Ukraine, auch in europäischen Ländern machte sich Empörung darüber breit, dass Trump die Kriegsnot des großflächig zerstörten Landes offenbar als Gelegenheit für einen lukrativen Deal betrachtet.
USA und Ukraine betreiben wohl Fonds gemeinsam
Den Berichten zufolge erhalten die Vereinigten Staaten keine vollständige Kontrolle über einen geplanten Investitionsfonds für den Wiederaufbau, in den die Einnahmen aus dem Abbau der Bodenschätze fließen sollen. Der Fonds soll den Berichten zufolge vielmehr von den USA und der Ukraine gemeinsam verwaltet werden. In ihn fließen demnach 50 Prozent der Einnahmen aus Rohstoffverkäufen und der für den Umschlag der Bodenschätze wichtigen Häfen und anderer Infrastruktur.
Wie die Ukrajinska Prawda berichtete auch die Financial Times, dass in den Fonds nicht so viel Geld aus der Ukraine fließen soll, bis die Summe von 500 Milliarden US-Dollar erreicht ist – diese Summe hatte Trump zunächst in den Raum gestellt. Beiden Medien zufolge lenkte Washington hier ein und nahm Abstand von den härtesten Forderungen, die Selenskyjs Unmut erregt hatten.
Die Weltbank mit Sitz in Washington beziffert die Kosten für den Wiederaufbau in der Ukraine auf mindestens 524 Milliarden US-Dollar (rund 506 Milliarden Euro) über die kommenden zehn Jahre.
Den Medienberichten nach soll der Fonds Projekte in der Ukraine finanzieren. Er sei losgelöst von den Einnahmen aus Rohstoffverkäufen, die schon jetzt in den Staatshaushalt fließen. Die Vereinbarung soll auch nicht im Widerspruch stehen zu anderen internationalen Abkommen der Ukraine – etwa mit der EU. Die Financial Times berichtete, Selenskyj werde das Abkommen bei einem Treffen mit Trump unterzeichnen – so äußerte sich auch Trump selbst. Zu klären seien noch Details der Arbeitsweise des künftigen Fonds, hieß es.
Die Ausbeutung der Rohstoffe in der Ukraine gilt als strategisch bedeutsam und wirtschaftlich lukrativ. Das Land kann die Vorkommen an seltenen Erden und anderen Rohstoffen sehr gut gebrauchen für den Wiederaufbau. Ein großer Teil der Ressourcen liegt aber in den von Russland besetzten Gebieten des Landes.
Kritik am Vorgehen
Zu den Staats- und Regierungschefs, die zumindest offen Kritik am Vorgehen der US-Regierung äußern, zählt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er hatte Anfang Februar im Zusammenhang mit Äußerungen Trumps gesagt, es „wäre sehr egoistisch, sehr selbstbezogen“, wenn man die Ressourcen der Ukraine nutzen würde, um die Unterstützung bei der Verteidigung zu finanzieren.
Zudem verwies Scholz darauf, dass sich auch Deutschland nicht für die Unterstützung der angegriffenen Ukraine bezahlen lasse. „Das sollte die Haltung aller sein“, sagte er. Auch die Vorgängerregierung in Washington unter Präsident Joe Biden hatte die Unterstützung der Ukraine mit deren Kampf um ihre Freiheit und Unabhängigkeit begründet.
Selenskyj dankt Macron für Unterstützung
In seiner abendlichen Videobotschaft verlor Selenskyj kein Wort über die angebliche Einigung mit den USA. Er dankte nach den Veranstaltungen zum dritten Jahrestag des Kriegsbeginns den Verbündeten für ihre Hilfe. Die internationalen Partner setzten ihre Unterstützung für die Ukraine nicht nur fort, sondern wollten sie auch noch ausweiten. „Das wird uns helfen, noch schneller einen Frieden zu erreichen – einen ehrlichen Frieden, der garantiert, dass es nie wieder zu einer Aggression kommt“, schrieb Selenskyj auf der Plattform X.
Er dankte auch dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der im Weißen Haus bei einem Treffen mit Trump um weitere US-Unterstützung für die Ukraine gebeten hatte. „Die Ukraine sieht, wie viel Frankreich tut für unsere gemeinsame Zukunft“, erklärte Selenskyj nach einem Telefonat mit Macron, in dem ihn der Franzose über den Inhalt des Gesprächs mit Trump informiert hatte.
Macron informiert EU über Treffen mit Trump
Am Mittwoch will Macron auch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten per Videokonferenz über seine jüngsten Gespräche mit Trump unterrichten. Die Schalte soll vor allem zur Vorbereitung des EU-Sondergipfels am Donnerstag kommender Woche dienen. Bei dem Treffen werden die Staats- und Regierungschefs darüber beraten, wie auf den drastischen Kurswechsel der USA in der Ukraine-Politik reagiert werden soll.
Trump hatte Macron am Montag als ersten europäischen Staatschef seit Beginn seiner zweiten Amtszeit im Weißen Haus empfangen. Der Franzose drang bei den Gesprächen unter anderem darauf, dass die bei den jüngsten Gesprächen amerikanischer und russischer Vertreter außen vor gelassenen Europäer stärker in Verhandlungen einbezogen werden. Am Donnerstag wird auch der britische Premierminister Keir Starmer im Weißen Haus erwartet. (dpa)
Drohnenangriffe auf Region Kyjiw
Bei einem russischen Drohnenangriff auf die ukrainische Region Kyjiw ist Behördenangaben zufolge ein Mensch getötet worden. Mindestens vier weitere Menschen seien verletzt worden, teilt der Gouverneur der Hauptstadt-Region, Mykola Kalaschnyk, auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Zudem seien mehrere Häuser in Brand geraten. Insgesamt seien mindestens fünf Häuser und zwei Mehrfamilienhäuser beschädigt worden. In einem Wohnhaus, in dem infolge des Angriffs ein Feuer ausgebrochen sei, sei die Leiche eines Zivilisten gefunden worden. In der Region Kyjiw und im östlichen Teil der Ukraine galt ab Dienstagabend für mehrere Stunden Luftalarm.
Drohnenangriffe auf Süden Russlands
Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau in der Nacht zu Mittwoch 128 ukrainische Drohnen abgefangen und zerstört. Allein 83 Drohnen seien über der Oblast Krasnodar im Süden Russlands abgeschossen worden. Über mögliche Schäden und das ganze Ausmaß des ukrainischen Angriffes macht das Ministerium keine Angaben. Krasnodar liegt am Schwarzen Meer und ist mit der bereits 2014 von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim über die Brücke von Kertsch verbunden.
Bei dem Angriff seien drei Gebäude beschädigt worden, teilt der Gouverneur von Krasnodar, Wenjamin Kondratjew, auf Telegram mit. Berichte über Verletzte gebe es zunächst nicht. In der Hafenstadt Tuapse am Schwarzen Meer sei ein Haus in Brand geraten, das Feuer sei mittlerweile gelöscht, teilt Bürgermeister Sergej Boiko mit. Der russische Telegram-Nachrichtenkanal SHOT meldet, ukrainische Drohnen hätten offenbar auf das Hafengebiet gezielt. Anwohner hätten etwa 40 Explosionen gehört, die nach aktiven Flugabwehrsystemen geklungen hätten. In Tuapse befindet sich Russlands größte Ölraffinerie am Schwarzen Meer. Sie war im Laufe des seit Jahren dauernden Krieges mehrfach Ziel ukrainischer Drohnenangriffe.
Möglicher Austausch von Kindern
Russland arbeitet der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA zufolge an einem Austausch von Kindern mit der Ukraine. 16 Kinder aus der Ukraine sollten nach Russland geholt und zehn Kinder mit Verwandten in der Ukraine zusammengeführt werden, meldet RIA und zitiert die russische Beauftragte für Kinderrechte, Maria Lwowa-Belowa. „Wir haben ein klares Mandat des Präsidenten, dass wir nur mit vollwertigen Rechtsvertretern zusammenarbeiten, das heißt mit Verwandten und Eltern, die Rechtskraft besitzen und für ihre Kinder sorgen können“, sagt Lwowa-Belowa RIA unter Verweis auf Präsident Wladimir Putin.
Durch diese Kanäle seien derzeit 95 Kinder mit ihren Verwandten in der Ukraine wiedervereint worden und 17 Kinder nach Russland zurückgekehrt. Die Ukraine hat dem Ministerium für Reintegration zufolge bislang 1.277 Kinder zurückgeholt, unter anderem über nichtstaatliche Organisationen und eigene Initiativen. Nach ukrainischen Angaben wurden während des Krieges mehr als 19.500 Kinder ohne die Einwilligung ihrer Angehörigen oder Erziehungsberechtigten nach Russland oder in von Russland besetzte Gebiete verschleppt. Die Ukraine bezeichnet dies als Kriegsverbrechen, die der UN-Definition von Völkermord entsprechen.
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