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ZDF kündigt Firma aus GazaZDF hält Mitarbeiter eines Dienstleisters für Hamas-Mitglied

Das ZDF geht davon aus, dass der im Gaza getötete Toningenieur Hamas-Mitglied ist, und beendet die Zusammenarbeit mit dessen Firma. Der DJV begrüßt das.

Das Hauptgebäude des ZDF in Mainz mit dem Senderlogo Foto: Freitag/Fotostand/imago

Das ZDF hat in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, die Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma PMP beendet zu haben. Der Grund: Die israelische Armee (IDF) habe Dokumente vorgelegt, nach denen „davon auszugehen ist“, dass der vergangene Woche bei Deir al Balah im Süden Gazas von den IDF getötete Mitarbeiter von PMP Mitglied der Hamas war.

Der Mann sei bei PMP seit 2013 als Techniker im Bereich der Übertragungstechnik beschäftigt gewesen, kein ZDF-Mitarbeiter und in journalistische Fragen nicht eingebunden. Aufgrund seiner Aufgabe habe es auch keine Kontakte zwischen dem ZDF-Studio in Tel Aviv und dem getöteten Ingenieur gegeben. Die Firma PMP ist laut ZDF seit 1996 als Dienstleister für das ZDF tätig.

Nachdem die israelische Armee (IDF) den Angriff auf die Produktionsfirma mit einer Hamas-Mitgliedschaft des getöteten Technikers begründet habe, bat das ZDF die Streitkräfte um Aufklärung. Eigene Recherchen des Studios Tel Aviv hätten keine Anhaltspunkte ergaben.

Konkret heißt es seitens des ZDF, es nehme „die Vorwürfe aufgrund der vorgelegten Dokumente sehr ernst“ und habe die Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma PMP „umgehend bis auf Weiteres eingestellt“. Der Sender sieht „nach aktuellem Stand“ keine Anhaltspunkte dafür, „dass weitere Mitarbeiter von PMP Hamas-Mitglieder sein könnten“. Auch hätten die IDF dem ZDF keine Hinweise darauf geliefert.

Auf die Anfrage der taz, wie das ZDF die von den IDF vorgelegten Dokumente auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft hat, hat der Sender bisher nicht geantwortet.

Bettina Schausten, die Chefredakteurin des Senders, ließ vergangene Woche wissen: „Es ist nicht hinnehmbar, dass Medienschaffende bei der Ausübung ihrer Arbeit angegriffen werden.“ In der Pressemitteilung des ZDF von Dienstag früh wird der Angriff nicht mehr verurteilt, bei dem auch der 8-jährige Sohn eines weiteren Mitarbeiters von PMP getötet wurde.

Der Deutsche Journalisten-Verband begrüßt das Ende der Zusammenarbeit des ZDF mit der Medienproduktionsfirma im Gazastreifen. Er hatte – wie auch das ZDF – von den IDF gefordert, die Identität des getöteten PMP-Mitarbeiters offenzulegen.

Po­li­ti­ke­r*in­nen von CDU und CSU forderten vom ZDF weitere Aufklärung. CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte der Bild: „Dass ein Hamas-Terrorist für das ZDF gearbeitet hat, ist ein ungeheuerlicher Vorgang. Das ist ein schwerer Schaden für die Glaubwürdigkeit und die bisherige Berichterstattung über den Konflikt.“ Das ZDF und alle Berichterstatter müssten sicherstellen, dass sie nicht Hamas-Terroristen beschäftigte.

Die Frage, wann und unter welchen Umständen, internationale Jour­na­lis­t*in­nen wieder in den Gazastreifen einreisen können, ist weiter offen. Erst vergangene Woche hatte das israelische Oberste Gericht dem Staat eine Frist von weiteren 30 Tagen eingeräumt, um diese Frage zu klären, worüber sich der Auslandspresseverband (Foreign Press Association, FPA) enttäuscht zeigte.

Mit Agenturmaterial

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29 Kommentare

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  • Ich dachte, es gibt einen Waffenstillstand? Wie kann dann die Mitgliedschaft in der Hamas einen Raketenangriff rechtfertigen?

  • Da dreht sich einem der Magen um. Das ZDF hat mit dieser Partnerschaft einem Hamas-Terroristen eine Vollzeitstelle ermöglicht - und dies jahrelang. Wie viel von diesem Gehalt ist in die Vernichtung jüdischen Lebens geflossen? Es ist ein unhaltbarer Zustand der sehr tief blicken lässt. Man muss sich als Deutscher schämen.

    • @casio:

      Dass es sich um einen "Hamas-Terroristen" handelt, behauptet die IDF - also genau die Truppe, die für die extralegale Hinrichtung verantwortlich war und in ihrem genozidalen Krieg schon mehr als 200 Medienschaffende getötet hat. Ich erinnere gerne daran, dass palästinensischen Leben nicht weniger wert sind - und schäme mich dafür, das in diesem Land wieder erklären zu müssen.

  • Die IDF sind während des Gazakriegs auch durch gezielte, rechtswidrige Tötungen von Journalisten aufgefallen, meist mit der Rechtfertigung, es handle sich um Hamasmitglieder. Da Israel als Kriegspartei und de facto Besatzungsmacht keine unabhängige Untersuchung zulässt und die Zusammenarbeit mit der UN und anderen neutralen Institutionen verweigert, dürfen an der israelischen Darstellung durchaus Zweifel legitim sein.



    Etwas mehr Gewissheit liesse sich erlangen, wenn das ZDF die Dokumente öffentlich machen würde, statt Geheimniskrämerei zu betreiben.

    • @Flix:

      In den Gaza-Streifen kommen keine unabhängigen JournalistInnen rein. Auf die Idee, dass die Hamas ihren Leuten einfach einen Presseausweis in die Hand drückt und eine "Press"-Weste überzieht um Propaganda zu betreiben kommen Sie hingegen nicht? BTW kann man natürlich schön das Narrativ befeuern, Israel ermordet Journalisten, indem man Hamas-Kämpfer zu "Journalisten" umlabelt. Nachprüfbar sind alle diese Verdächtigungen nicht, weder von der einen noch von der anderen Seite, aber alle springen bereitwillig über jedes hingehaltene Stöckchen, dass das eigene Narrativ bestätigt, statt solchen Nachrichten mit kritischem Misstrauen zu begegnen.

    • @Flix:

      Wieso wollen Sie Gewissheit? Was die IDF sagt, ist immer wahr, bei allen über 200 toten Journalisten, alles Hamas-Kämpfer! /Sarkasmus off



      Ich denke eher, die Offenlegung der Dokumente könnte wie bei anderen Fällen wohl wieder Ungereimtheiten ans Licht bringen, mal abgesehen davon, daß dieser Angriff in der Zeit einer Waffenruhe stattfand. Nicht ohne Grund bekommt die internationale Presse keinen Zugang nach Gaza und die verbliebenen Journalisten in diesem Gebiet wurden gezielt angegriffen.

    • @Flix:

      Was soll dieser Kommentar? Zweifelst Du an, dass es sich bei diesem Mann um einen Terroristen gehandelt haben soll?

      • @casio:

        Zumindest es nicht unabhängig bestätigt, oder? Dubito ergo sum.

  • "Der Sender sieht „nach aktuellem Stand“ keine Anhaltspunkte dafür, „dass weitere Mitarbeiter von PMP Hamas-Mitglieder sein könnten“."



    Warum wird dann die Zusammenarbeit mit PMP aufgekündigt?

    "CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte der Bild: „Dass ein Hamas-Terrorist für das ZDF gearbeitet hat, ist ein ungeheuerlicher Vorgang. Das ist ein schwerer Schaden für die Glaubwürdigkeit und die bisherige Berichterstattung über den Konflikt.“ "



    Warum sollte das ein Schaden für die Glaubwürdigkeit sein? Der Mann hat nicht an der Berichterstattung mitgewirkt, er war nur Techniker, der mit Journalismus nichts zu tun hatte. Was bezweckt die CDU mit einer solchen Aussage?

    Fragen die mir beim Lesen des Artikels durch den Kopf gingen.

    • @PartyChampignons:

      Es ist ein Schaden für die Glaubwürdigkeit des ZDF, weil sie (ungeprüft) das Narrativ der Hamas übernommen hat. Der Mann wurde als "Kollege" bezeichnet und es fielen Aussagen wie:

      „Wir sind in Gedanken bei den Opfern und ihren Familien, denen wir unser tiefes Mitgefühl aussprechen“,



      „Es ist nicht hinnehmbar, dass Medienschaffende bei der Ausübung ihrer Arbeit angegriffen werden.“



      (ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten)

      • @J.Pause:

        Was ist daran falsch?

    • @PartyChampignons:

      Nun, die Union nutzt gerne jede Möglichkeit, ÖRR-Bashing nach Art der AfD zu betreiben.

  • Nun macht eine reine Hamas-Mitgliedschaft niemand zum Kombattanten – und einen Zivilisten (inklusive seinem Sohn!) während eines Waffenstillstandes zu töten ist und bleibt ein Kriegsverbrechen. Das in der deutschen Debatte eine angebliche – nur von einer notorisch durch Falschinformationen auffallenden Konfliktpartei behauptete - Hamas-Mitgliedschaft wichtiger ist als eine extralegale Hinrichtung, sagt leider allzu viel über deutsche Verhältnisse 2025 aus.

    • @O.F.:

      Der Betreffende war Mitglied der Quassam Brigaden also dem kämpferischen Arm der Hamas und damit ein knallharter Nazi. Er hat aber wahrscheinlich nur Befehle befolgt und war auch nur Mitläufer wie alle deutschen Nazis damals? Fällt Ihnen was an der Argumentation auf?

      • @Šarru-kīnu:

        Die Alliierten haben niemanden nur deswegen getötet, weil er ein Nazi war.

    • @O.F.:

      Eine Mitgliedschaft in der SS machte auch jeden zum Kombattanten. Was soll diese Relativierung? Er war ein Terrorist der mit seinem Gehalt höchstwahrscheinlich Terror gegen jüdisches Leben finanziert hat. Das Gehalt kam indirekt von der GEZ in Bonn. So einfach ist das.

      • @casio:

        Niemand wurde von den West-Alliierten getötet, nur weil er SS-Angehöriger war. So etwas wie gezielte Tötungen gab es im 2. Welrkrieg nicht.

      • @casio:

        Nein, so einfach ist das nicht: denn erstens werden die Anschuldigen von eben der Truppe erhoben, die auch für den Mord verantwortlich ist und zweitens spricht seine Tätigkeit als Techniker eher gegen eine aktive Rolle in einer Hamas-Miliz (wir können uns vielleicht darauf einigen, das Menschen nicht an zwei Orten gleichzeitig sein können). Der einzige, der relativiert, sind also Sie - und zwar sowohl den NS (mit Ihrem historisch schiefen NS-Vergleich) und zweitens eine extralegale Hinrichtung. Was soll das?

    • @O.F.:

      Laut Israel soll Ahmed Abu Mutair dem militärischen Arm der Hamas angehört haben (angeblich ein Kommandeur der Izz ad-Din al-Qassam Brigaden).

      Dass Israel großzügige "Kollateralschäden" in Kauf nimmt, ist natürlich weiterhin grausam.

      Außerdem wäre es wünschenswert, wenn ZDF und/oder Israel die angeblichen Beweise offenlegen würden.

    • @O.F.:

      Der Tote dürfte aber die Ziele der Hamas geteilt haben, sonst wäre er ja wohl kaum Mitglied dieser Organisation gewesen. Und damit war er wohl kaum ein Befürworter eines friedlichen Zusammenlebens von Juden und Muslimen, sondern wohl er ein Befürworter der Auslöschung des "zionistischen Gebildes".

      Wenn es darum geht, das Verhalten einer Person in der NS-Zeit kritisch zu sehen, und mögliche öffentliche Würdigungen zu streichen, genügt doch oft auch die "reine" NSDAP-Mitgliedschaft.

      Und ob die Hamas nicht ebenso als "notorisch durch Falschinformationen auffallenden Konfliktpartei" zu bezeichnen wäre, sollte man auch berücksichtigen.

      • @ PeWi:

        Es gibt einen großen Unterschied zwischen töten und Würdigungen streichen.

      • @ PeWi:

        'Der Tote dürfte aber die Ziele der Hamas geteilt haben, sonst wäre er ja wohl kaum Mitglied dieser Organisation gewesen. Und damit war er wohl kaum ein Befürworter eines friedlichen Zusammenlebens von Juden und Muslimen, sondern wohl er ein Befürworter der Auslöschung des "zionistischen Gebildes".'

        Und das rechtfertigt seine Hinrichtung?

      • @ PeWi:

        Ich weiß nicht, wie oft man das erklären muss, aber weder eine politische Haltung noch eine Mitgliedschaft rechtfertigt eine extralegale Hinrichtung. Dazu müsste Israel beweisen, dass es sich um einen aktiven (!) Kombattanten halten – und dass dieser gerade dabei war, die Waffenruhe zu brechen. Und von dem 8-jaehrigen Sohn haben wir hier noch gar nicht gesprochen. Die Frage ist eigentlich nicht, ob es sich hier um ein weiteres Kriegsverbrechen handelt – das ist offenkundig der Fall – sondern was Foristen dazu bewegt, das auch noch zu verharmlosen. Es fällt Teilen der deutschen Öffentlichkeit offenkundig schwer, Palästinenser als vollwertige Menschen wahrzunehmen, die nicht zum Abschuss freigegeben sind, sobald die IDF irgendetwas behauptet. Der routinierte NSDAP-Vergleich ist nicht nur historisch schief, sondern auch beweist auch nichts: sogar im 2. WK wären Morde an nicht kämpfenden Parteimitgliedern illegal gewesen und die Alliierten haben auch nie versucht, die NSDAP per Menschenjagt zu zerschlagen. Das Bedürfnis nach Projektion lässt aber auch tief blicken...

    • @O.F.:

      Er war Mitglied der Qassam-Brigaden, also eindeutig ein Kombattant der Hamas.

      presseportal.zdf.d...sfirma-pmp-in-gaza

      • @Arne Babenhauserheide:

        Korrigiere: '... haben die IDF dem ZDF gestern Unterlagen vorgelegt, nach denen davon auszugehen ist, dass der Ingenieur Mitglied der Qassam-Brigaden war. '

        Und eigentlich müsste da - weil das ZDF sich ja auf nicht nachgeprüfte Informationen deR IDF beruft - statt 'davon auszugehen, dass.... war' eher 'dass... gewesen sein soll', weil ansonsten genau das passiert, was Sie gerade demonstriert haben: Den Anschein von Fakten zu schaffen, wo keine Fakten sind.

      • @Arne Babenhauserheide:

        Deutsch hat auch seine Nuancen, so schreibt die ZDF "die IDF dem ZDF gestern Unterlagen vorgelegt, nach denen davon auszugehen ist, dass der Ingenieur Mitglied der Qassam-Brigaden war. " Da ja nun der starke Verdacht besteht, dass IDF Unterlagen nicht immer der Wahrheit entsprechen, wäre ich doch vorsichtig ( siehe Artikel TAZ 15.8., Leon Holly).

      • @Arne Babenhauserheide:

        Erstens ist das bisher nur eine Behauptung der IDF, die – wie so oft nach Morden an Journalisten und anderen Medienmitarbeitern allzu unkritisch von der deutschen Presse übernommen wird, und zweitens reicht auch hier eine einfach Mitgliedschaft nicht aus, erst recht nicht während einer Waffenruhe. Warum man allen Ernstes eine extralegale Hinrichtung verteidigt, entzieht sich meinem Verständnis.

  • Kaum vorstellbar, dass es sich nur um ein „einfaches“ Hamas-Mitglied gehandelt hat. Dafür dürfte selbst den Israelis der „potenzielle politische Preis“ zu hoch gewesen sein. Auch die Reaktion des ZDF läßt da mehr Informationsinterna vermuten, als sie verlautbaren lassen.

    • @vieldenker:

      War er auch nicht, er gehörte zu den Quassam-Brigaden. Ein Kommandeur dieser Terrorbande.

      Generell ist die Vorstellung, es könnte in Gaza unter Hamas-Herrschaft Journalismus geben, der halbwegs neutral berichten kann, absurd.

      Das wäre so, wie zu behaupten, in Nazi-Deutschland hätten linke oder liberale oder auch nur konservative Journalisten frei ihrem Beruf nachgehen können.

      Wer in Gaza nicht im Sinne der Hamas berichtet, hat kein langes Leben.

      www.juedische-allg...ar-hamas-mitglied/

      Das war auch schon bei Anas al-Sharif der Fall:

      www.juedische-allg...-mit-presse-weste/