Rom trauert um Papst Franziskus: Die letzte Messe ist gelesen
Am Ostermontagmorgen verkündet der Vatikan den Tod von Franziskus. Am Tag zuvor hatte er noch den Weltsegen gespendet – und US-Vize Vance getroffen.

Alleine die beiden schwarz verhängten Fenster der päpstlichen Gemächer hoch über dem Platz verrieten, das Außergewöhnliches geschehen war. Um 7.35 Uhr am Ostermontag sei Papst Franziskus gestorben und „ins Haus des Vaters zurückgekehrt“, teilte der Vatikan mit. 2013 war er zum Oberhaupt der katholischen Weltkirche gewählt worden, damals bereits 76 Jahre alt.
Als erster Nichteuropäer auf dem Stuhl Petri sollte der Argentinier dort 13 Jahre lang amtieren; in den letzten Wochen schwer gezeichnet von einer beidseitigen Lungenentzündung, derentwegen er sich von Mitte Februar bis zum 23. März im Krankenhaus behandeln lassen musste. Laut italienischen Medienberichten soll er nun an einem Schlaganfall gestorben sein.
Danach war ihm eine zweimonatige „Rekonvaleszenz“ verordnet. Doch mehrfach zeigte er sich im letzten Monat den Gläubigen, einmal ließ er sich, ganz unpäpstlich in schwarze Hosen gekleidet, eine gestreifte Decke über den Oberkörper geworfen, im Rollstuhl durch den Petersdom fahren. Und zweimal empfing er auch hohe Prominenz, zuerst am 8. April den britischen König Charles und Königin Camilla, und dann, noch am Ostersonntag, den US-Vizepräsidenten J. D. Vance.
Die Bilder beider Begegnungen zeigen einen schwer kranken Mann im Rollstuhl. Dennoch wollte Franziskus anscheinend um jeden Preis an den Osterfeierlichkeiten teilnehmen. Nach der Ostermesse ließ er sich am Sonntagmittag auf den Balkon des Petersdoms rollen und spendete von dort den Segen „Urbi et orbi“. Italiens TV-Sender feierten den Auftritt als Zeichen, dass Jorge Mario Bergoglio auf dem Weg der Besserung sei.
„Urbi et orbi“ mit brüchiger Stimme
Doch wer hinschaute, sah das Gegenteil, sah einen durch schwere Krankheit gezeichneten Mann mit aufgedunsenem Gesicht, der selbst die wenigen Worte des „Urbi et orbi“ nur mit größter Mühe und brüchiger Stimme hervorbrachte. Auch, dass er sich im Papamobil über den Petersplatz fahren ließ, gefeiert von den Tausenden dort versammelten Gläubigen, konnte an diesem Bild nichts ändern.
Auch J. D. Vance hatte bei seiner nur wenige Minuten dauernden Begegnung mit dem Papst, unmittelbar nach der Ostermesse, dem Heiligen Vater noch erklärt, er sei „zufrieden, dass es Ihnen jetzt besser geht“. Es entbehrt nicht der Ironie, dass Vance der letzte vom Papst empfangene Besucher war. Denn zwar war der Vizepräsident 2019 zum Katholizismus konvertiert, doch er stand gewiss nicht für die Kirche, Geflüchteten und Bedürftigen zugewandt, wie sie Bergoglio vorschwebte.
Das hat ihm der Papst wohl nicht selbst erklärt – die beiden sprachen nur wenige Minuten miteinander, um Osterwünsche auszutauschen. Doch einen Tag vorher hatte Vance eine offizielle Begegnung mit der Nummer zwei der Vatikanhierarchie, mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. In dem dürren Kommuniqué des Vatikans heißt es, Vance und Parolin hätten „einen Meinungsaustausch über die internationale Lage, besonders über die vom Krieg, von politischen Spannungen und schwierigen humanitären Situationen gezeichneten Länder mit besonderer Aufmerksamkeit für die Migranten“ gehabt.
Kein Wort davon, dass ihre Meinungen auch nur ansatzweise übereinstimmten. Zum Krieg in Gaza bemerkt Franziskus in seiner Osterbotschaft, dort herrsche „eine dramatische und schändliche humanitäre Situation“, und rief erneut zu einem umgehenden Waffenstillstand ebenso wie zur Freilassung der von der Hamas gefangen gehaltenen israelischen Geiseln auf.
Zur Politik der Trump-Administration gegenüber den Migrant*innen hatte der Papst schon im Februar in einem Brief an die US-Bischöfe klare Worte gegen „die Massendeportationen“ gefunden: „Was schlecht beginnt, wird schlecht enden.“
Jetzt ist Bergoglios Stimme für immer verstummt. Nach der jahrhundertealten Routine der katholischen Kirche stehen nun erst einmal die Beerdigungsfeierlichkeiten an. Doch auch auf diesem Feld hat Bergoglio einige Traditionen aufgemischt, hat die Riten entschlackt, auch hier eine neue Bescheidenheit etabliert: „Voller Würde, aber wie jeder Christ“ solle ein Papst bestattet werden, verfügte er.
Er will nicht mehr wie seine Vorgänger erhöht aufgebahrt werden und auch nicht in einem dreifachen Sarg aus Zypressenholz, Blei und Eichenholz begraben werden. Stattdessen wird er in einem schlichten Holzsarg beigesetzt. Franziskus’ letzte Ruhestätte wird außerdem nicht in St. Peter sein, sondern in der von ihm geliebten Papstbasilika Santa Maria Maggiore.
In den nächsten Tagen werden die Kardinäle aus aller Welt anreisen. Sie treffen sich dann in den „Generalkongregationen“, in denen sie sich über die Zukunft der Kirche austauschen – und über ihren zukünftigen Chef. 15 bis 20 Tage nach dem Tod des Papstes wird das Konklave zusammentreten, um Franziskus’ Nachfolger zu wählen.
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