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Schuldenbremse und SondervermögenDie Grünen in der Zwickmühle

Wegen der nötigen Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung wird es wohl auf die Stimmen der Grünen ankommen. Was fordert die Partei im Gegenzug?

Felix Banaszak (Bündnis 90/ Die Grünen, Bundesvorsitzender, l) und Franziska Brantner (Bündnis 90/ Die Grünen, Bundesvorsitzende) Foto: Federico Gambarini/dpa

Berlin taz | Am Tag nach der Kehrtwende der Union ist bei den Grünen eine Frage schnell beantwortet. Die Gemütslage? Einhellige Empörung! Bei Parteichef Felix Banaszak zum Beispiel, der am Politischen Aschermittwoch in Landshut spricht und dort in die Rolle des Friedrich Merz schlüpft. „Ich habe über Jahre die Unwahrheit gesagt. Das tut mir leid“, müsste der CDU-Chef jetzt eigentlich sagen, so der Grünen-Vorsitzende. „Ich wusste es besser. Aber ich wollte meinen Wahlsieg nicht gefährden und habe mich bewusst entschieden, Sie alle zu täuschen.“

Eine zweite Frage lässt sich dagegen noch nicht eindeutig beantworten: Was lassen sich die Grünen ihre Zustimmung zu den schwarz-roten Finanzplänen im Bundestag kosten? Wegen der nötigen Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung wird es wohl auf ihre Stimmen ankommen. Dadurch steckt die Partei in einer Zwickmühle.

Einerseits: Kredite in Höhe von Hunderten Milliarden Euro für Investitionen in Infrastruktur und die Bundeswehr – das entspricht dem eigenen Wahlprogramm der Grünen. Dass es die neuen Kredite nicht ausschließlich in Form von zeitlich befristeten Sondervermögen gibt, sondern Union und SPD auch gleich noch eine teilweise Reform der Schuldenbremse (fürs Militär und die Haushalte der Länder) anstreben – das ist mehr, als in den letzten Tagen zu erwarten war.

Andererseits: Eigentlich wollen die Grünen noch mehr, nämlich umfassendere Änderungen der Schuldenbremse, höhere Investitionen in sicherheitsrelevante Bereiche auch neben dem Militär und einen expliziten Schwerpunkt auf die Klimapolitik.

Jetzt bloß nicht zu billig verkaufen?

Aus der Opposition heraus werden sie in den nächsten Jahren nicht mehr häufig die Gelegenheit bekommen, Bedingungen zu stellen. Und nach der Niederlage bei der Bundestagswahl sind in der Partei viele der Ansicht, es habe in den Ampeljahren an Durchsetzungskraft gefehlt. Also: Jetzt bloß nicht zu billig verkaufen?

Besonders vernehmbar pocht da­rauf die Grüne Jugend. ­Bundessprecher ­Jakob Blasel forderte die Grünen-Spitze am Mittwoch auf, hart zu verhandeln. „Den aktuellen Vorschlag halte ich nicht für mehrheitsfähig.“ Wenn er so bliebe, dürften die Grünen nicht zustimmen.

Felix Banaszak, Bundesvorsitzender Bündnis90/Die Grünen, nimmt am politischen Aschermittwoch von Bündnis90/Die Grünen teil Foto: Peter Kneffel/dpa

Die Grüne Jugend fordert eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse und dauerhafte Ausnahmen nicht nur für Verteidigung, sondern auch für die Bereiche Bildung, soziale Gerechtigkeit, Infrastruktur und Klimaschutz. „Friedrich Merz braucht uns, wir brauchen Friedrich Merz nicht“, sagte die Co-Vorsitzende Jette Nietzard.

Auch anderen, vor allem aus dem linken Parteiflügel, geht der Vorschlag von Union und SPD nicht weit genug. Parteivize Sven Giegold will zwar nicht von roten Linien für die anstehenden Verhandlungen sprechen, formuliert aber ein „positives Ziel“ für die Gespräche mit Schwarz-Rot: „Bei den Änderungen an der Schuldenbremse braucht es eine Klärung für Investitionen aller Art, für militärische wie für zivile“, sagte er der taz.

Es muss eine schnelle Entscheidung geben

Schwarz-Rot schlägt zwar vor, dass eine Expertenkommission in den kommenden Monaten über eine Reform auch über die Militärausgaben hinaus berät. Darauf vertraut Giegold aber nicht: Kein Mensch wisse, ob bei so einer Kommission eine Einigung rauskomme.

Und diejenigen, auf die es jetzt vor allem ankommt? Federführend sind in den Verhandlungen die Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge und Britta Haßelmann. Sie sprachen nach einem ersten Gespräch mit Friedrich Merz am Mittwoch von einer „anständigen“ Atmosphäre, verrieten keine Details – und formulierten stattdessen Fragen für die nächsten Termine in den kommenden Tagen.

Unter anderem: Muss es unbedingt eine schnelle Entscheidung mit den Mehrheiten des alten Bundestags geben, oder reicht es auch nach der Konstituierung des neuen Parlaments? Dann wären auch die Stimmen der Linken nötig, und damit wäre eine Reform der Schuldenbremse speziell fürs Militär vom Tisch.

In der eigenen Fraktion werden Dröge und Haßelmann als harte Verhandlerinnen geschätzt. In der Ampelzeit, heißt es, waren sie oft standhafter als andere Spitzengrüne. Auch deshalb sitzen sie jetzt in den Gesprächen wieder am Tisch. Auch Annalena ­Baer­bock war jetzt als Fraktionschefin im Gespräch, ihr Rückhalt unter den Abgeordneten war nach den Regierungsjahren aber begrenzt. Am Mittwochmorgen gab sie schließlich bekannt, keine führende Rolle mehr anzustreben. Aus „persönlichen Gründen“, schrieb sie an die Fraktion. Sie wolle erst mal mehr Zeit fürs Privatleben haben.

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4 Kommentare

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  • Drei Jahre hat unsere komplette Regierungsmanschaft nix, oder halt sehr wenig auf die Reihe bekommen. Nun sollen wir Bürger und Wähler diese " schnell, schneller am schnellsten " Entscheidungen widerspruchslos mittragen ?



    Wählerstimmen sind doch die ganzen Wahlzettel nicht wert.



    Ginge es um Verantwortung zum Wohle der Bürger, hätten die Entscheidungen bezüglich Sondervermögen oder der künstlichen Schuldenbremse längst, von dem involvierten Parteien, hätten gefällt werden müssen.



    Es ist echt ungeheuerlich, Bürger, Wähler, Unternehmen gerade auch kleinere Firmen so vorführen zu wollen.

  • Mit etwas Bauchschmerzen unterschreiben die Grünen doch alles, was zumindest für einen kurzen Augenblick einen Hauch von Macht verspricht.

    • @Lui:

      Sich nun aus Prinzip dringend nötigen Veränderungen entgegen zu stellen, würde auf Dauer allen noch mehr Bauchschmerzen bereiten.

      • @nihilist:

        Merken Sie was ? Es sind immernoch die Protagonisten der Regierung Kanzler Scholz am Werk...