piwik no script img

Netzgebühren für UnternehmenHabeck will Stromkosten senken

Unternehmen ächzen unter hohen Stromkosten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will sie durch Senken der Netzgebühren schnell entlasten.

Für niedrigere Stromkosten: IG-Metall-Vorstand Kerner, Wirtschafts­minister Habeck und BDI-Präsident Russwurm (r) Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will noch vor den Neuwahlen Unternehmen bei den Energiekosten entlasten. Er wolle die Senkung der Netzentgelte auf den Weg bringen, sagte er am Dienstag bei der Industriekonferenz 2024 seines Hauses in Berlin.

Die deutsche Wirtschaft stagniert das zweite Jahr in Folge. Die schlechten Botschaften aus der Industrie reißen nicht ab. Volkswagen, Thyssenkrupp, Bosch und andere große Unternehmen haben einen massiven Stellenabbau angekündigt. Der industrielle Kern Deutschlands stehe unter Druck, sagte Habeck. Die Maßnahmen der Ampelregierung hätten „an Tiefe und Größe“ angesichts des Ausmaßes der Probleme nicht ausgereicht. „Wir haben viel getan, aber häufig zu wenig und zu spät“, sagte er.

Habeck versucht, auch nach dem Ampel-Aus kurzfristige Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft auf den Weg zu bringen. Im Blick hat er etwa die hohen Ausgaben der Unternehmen für Strom. Denn ein großes Problem für die deutsche Industrie sind die im internationalen Vergleich hohen Energiekosten. Strom ist nicht nur in den USA und China, sondern auch in Frankreich erheblich günstiger. Dort wird er allerdings subventioniert. Habeck konnte sich mit Forderungen nach einem günstigen Industriestrompreis in der ­Ampelregierung nicht durchsetzen.

Die Stromkosten sind auch deshalb in Deutschland vergleichsweise hoch, weil sie mit hohen Gebühren und Abgaben belastet sind. Dazu gehören die Netzentgelte, die etwa ein Viertel des Strompreises ausmachen. Sie werden von den Netz­nut­ze­r:in­nen an die Netz­be­trei­be­r:in­nen gezahlt. Die Netzentgelte möchte Habeck kurzfristig senken. „Die Vorarbeiten der Regierung sind abgeschlossen“, sagte er.

Unterstützung von BDI und Gewerkschaften

Möglich wäre etwa ein Zuschuss des Bundes zu den Netzentgelten. Das wäre über einen Nachtragshaushalt für 2024 möglich. Finanzieren will Habeck den Zuschuss mit den ursprünglich für die Ansiedlung des Chipherstellers Intel vorgesehenen Subventionen in Milliardenhöhe, die nach der Verschiebung des Fabrikbaus frei geworden sind. Die Mittel dafür sind im Klima- und Transformationsfonds vorgesehen. Um sie locker zu machen, müsste aber eine Mehrheit im Bundestag gefunden werden.

Die Bundesregierung werde das Gespräch mit der demokratischen Opposition suchen, kündigte Habeck an. Es müsse in den verbleibenden Wochen des Jahres eine verlässliche Ansage geben, weil die Netzentgelte jährlich abgerechnet werden. „Die Zeit läuft davon“, betonte er. Die Union hat angekündigt, vor der Vertrauensfrage des Bundeskanzlers am 18. Dezember keine Vorhaben der Regierung zu unterstützen.

Der unionsnahe Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ­unterstützt Habecks Vorhaben. „Es geht jetzt um eine Verbesserung der Lage“, sagte der scheidende BDI-Präsident Siegfried Russwurm. „Die hohen Energiekosten gefährden die Industrieproduktion.“ Russwurm wird im Januar von Peter Leibinger abgelöst. Der Manager und Miteigentümer des Maschinenbauers Trumpf wurde am Montag von der BDI-Mitgliederversammlung gewählt. Russwurm gibt seinen Posten nach zwei Amtszeiten satzungsgemäß auf. Ohne eine schnelle Senkung der Netzentgelte würden die Unternehmen mindestens ein halbes Jahr verlieren, sagte Russwurm. Denn mit der Bildung einer neuen Regierung, die für eine Senkung sorgen könnte, sei vor Ostern nicht zu rechnen.

Die Gewerkschaften sind in dieser Frage mit Habeck und dem BDI einig. IG-Metall-Vorstand Jürgen Kerner forderte ebenfalls eine kurzfristige Entlastung der Industrie bei den Energiekosten. „Da erwarten wir auch, dass sich CDU/CSU der Verantwortung stellen“, sagte er mit Blick auf die nötige Mehrheit im Bundestag.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!