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Showdown in der linken Hochburg

Die neue Linke-Vorsitzende Ines Schwerdtner tritt in Lichtenberg zur Bundestagswahl an. Doch im Wahlkreis, der lange eine sichere Bank der Partei war, sind heute vor allem BSW und AfD stark, die oft gemeinsam die Resssentiments des „kleinen Mannes“ bedienen

Von Daniel Brandt

Seit der Wahlkreis Lichtenberg existiert, war er eine Hochburg der PDS, später der Linken. Sechsmal holte Gesine Lötzsch das Direktmandat für den Bundestag. 2021 rettete ihr Mandat zusammen mit denen von Gregor Gysi und Sören Pellmann der Partei den Wiedereinzug ins Parlament. Ines Schwerdtner, neue Chefin der Linken, soll das Kunststück nachmachen: Am Samstag entschied der Kreisverband, dass Schwerdtner den Bezirk bei der vorgezogenen Bundestagswahl holen soll.

Die linke Publizistin, vor allem als Chefredakteurin des Magazins Jacobin bekannt, hat wenig mit Lichtenberg zu tun, doch Lötzsch hat sie offenbar schon länger als ihre Nachfolgerin auserkoren: Schwerdtner trat der Linken erst im August 2023 bei, und zwar auf Anregung von Lötzsch. Sie zeigten sich gemeinsam in einer Suppenküche zum Weltkindertag in Hohenschönhausen, sie verlegten gemeinsam Stolpersteine zum Gedenken an die Reichspogromnacht. Nachdem ihre Kandidatur am Samstag feststand, postete Schwerdtner ein Bild, das sie und Lötzsch zeigt, die Ge­nos­s:in­nen blicken sich an, darunter steht das Motto: „Mit neuer Kraft zu alter Stärke“.

Seinerzeit fuhr Lötzsch im Wahlkreis bis zu 40 Prozent ein. Aber spätestens mit der Gründung des BSW dürfte diese Zeit vorbei sein. Auch weil Sahra Wagenknecht bei Teilen der Wäh­le­r:in­nen­schaft im Bezirk und in der Partei hoch im Kurs stand. Auch Lötzsch stellte sich gegen einen zwischenzeitlich angedachten Parteiausschluss Wagenknechts. Es gingen sogar Gerüchte um, die große Vorsitzende höchstselbst könne im Bezirk antreten. Immerhin hat Wagenknecht einen Zweitwohnsitz im beschaulichen Karlshorst, und aus BSW-Sicht wäre es sicher reizvoll, die Linke in einer ihrer einstigen Hochburgen zu schlagen.

Doch derzeit scheint sich abzuzeichnen, dass Norman Wolf, Fraktionsvorsitzender des BSW in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung, antreten wird. Wolf, zuvor Linken-Fraktionschef im Bezirk, verließ zusammen mit zwei weiteren Linken-Verordneten Fraktion und Partei, um die erste und bislang einzige Wagenknecht-Fraktion in Berlin zu gründen.

Auf kommunaler Ebene bewirtschaftet das BSW die Ressentiments des kleinen Mannes: Wolf und seine zwei Mitstreiter stellen sich gegen Windräder, gegen Poller, die den Autofluss stören, und natürlich gegen Geflüchtetenunterkünfte. Naheliegende Verbündete in diesen Fragen sind CDU und AfD. Einige Male bildete sich bereits im Lichtenberger Bezirksparlament eine solche große Koalition der schlechten Laune: BSW und AfD stimmtengemeinsam gegen Windräder und Geflüchtetenunterkünfte und folgerichtig mit der CDU gegen die Einrichtung von Volkshochschulkursen gegen Stammtischparolen.

Bislang hat die Partei in Lichtenberg damit Erfolg: Bei den Europawahlen im Juli erreichte das BSW aus dem Stand 15,2 Prozent und belegte Platz 2 hinter der AfD (17,5 Prozent).

Bei der sind dem Vernehmen nach zwei Namen im Gespräch, die als mögliche Direktwahl-Kandidat:innen infrage kommen: David Christopher Eckert, ehemaliger JA-Vorsitzender in Berlin und heute stellvertretender Sprecher des AfD-Bezirksverbandes Lichtenberg, und die weitaus prominentere Beatrix von Storch. Festlegen will man sich am 30. November.

Von Storch bemühte sich in den vergangenen Monaten, häufiger in Lichtenberg Gesicht zu zeigen: Sie hielt zum EU-Wahlkampfabschluss der Partei in Lichtenberg eine Rede auf einer Kundgebung. Im September mobilisierte sie mit der Lichtenberger AfD gegen geplante Geflüchtetenunterkünfte und war auch bei der Sondersitzung des Bezirksparlaments zu dem Thema anwesend. Sie kandidierte bei der letzten Bundestagswahl erfolglos um das Direktmandat in Berlin-Mitte, zog über die Liste in den Bundestag ein.

Eckert ist seit 2013 AfD-Mitglied und war zwischenzeitlich Vorsitzender der Berliner JA. Dieser wollte er nach eigener Aussage mit „Kreativität, Humor und provokanten Aktionen“ Aufmerksamkeit verschaffen. Auffällig wurde er schon zu Beginn seiner Karriere in NRW: Eckert gründete dort eine AfD-Hochschulgruppe und verhüllte eine Statue von Heinrich Heine vor der Universität Düsseldorf mit einer Burka.

Ihren Bundestagswahlkampf in Lichtenberg wird die AfD wohl vor allem um die neuen und geplanten Geflüchtetenunterkünfte im Bezirk aufbauen. Für das BSW und den CDU-Kandidaten Danny Freymark sind die Heime ebenfalls ein Kernthema. Die Linke fordert wegen der neu kommenden Geflüchteten einen Ausbau der sozialen Infrastruktur, der ohnehin nötig wäre. Ob Schwerdtner damit gegen die geballte Kraft der schlechten Laune von AfD bis BSW ankommt, bezweifeln viele.

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