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Erweiterter Traditionserlass gekipptLieber weniger Wehrmacht wagen

Die Bundeswehr wollte verstärkt Wehrmacht-Soldaten in ihr Traditionsgut aufnehmen. Nun reagiert das Verteidigungsministerium auf einen taz-Bericht.

Soldaten beim feierlichen Gelöbnis von Rekrutinnen und Rekruten auf dem Paradeplatz des Bundesministeriums der Verteidigung in Berlin Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Das Bundesverteidigungsministerium zieht seine ergänzenden Hinweise zum Traditionserlass bei der Bundeswehr nach rund einem Monat wieder zurück. „Nur die militärische Exzellenz, unter Beweis gestellt im Zweiten Weltkrieg, reicht eben nicht aus und hat nie ausgereicht, um traditionswürdig im Sinne des Traditionserlasses zu sein“, sagte Arne Collatz, Sprecher des Verteidigungsministeriums, in der Regierungspressekonferenz am Mittwoch in Berlin.

Laut den ergänzenden Hinweisen hätten auch Angehörige der Wehrmacht in das Traditionsgut der Bundeswehr aufgenommen werden können, wenn sie sich um den Aufbau der Bundeswehr nach 1945 verdient gemacht haben – auch wenn sie in der Wehrmacht nicht dem militärischen Widerstand zuzuordnen waren. Begründet wurde diese Ergänzung damit, dass die Truppe mehr Beispiele für Kriegstüchtigkeit brauche, die Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) aufgrund des Überfalls Russland auf die Ukraine als Ziel ausgegeben hat.

Beigelegt hatte das Verteidigungsministerium seiner Ergänzung zum bestehenden Traditionserlass von 2018 eine Liste mit früheren Bundeswehr- und Wehrmachtssoldaten, die nun traditionswürdig sein könnten. Darin ging es aber keineswegs nur um ihre Bedeutung für die Bundeswehr: Auch ihre vermeintlichen militärischen Erfolge im Zweiten Weltkrieg wurden aufgezählt und zum Beispiel bei den drei „erfolgreichsten“ Jagdfliegern der Militärluftfahrt penibel die Anzahl der „Luftsiege“ verzeichnet.

Die ergänzenden Hinweise zum Traditionserlass sind vom 12. Juli 2024 und waren zunächst von der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz und dem Militärblog augengeradeaus.net öffentlich gemacht worden. Aber nachdem die taz vergangene Woche unter dem Titel „Mehr Wehrmacht wagen“ darüber berichtet hatte, wuchs die Kritik daran.

Das war „in der Rückschau nicht förderlich“

In der Regierungspressekonferenz am Montag musste das Verteidigungsministerium einige kritische Fragen beantworten. Zum Beispiel, ob es nicht dem Kampf gegen Rechtsextremismus in der Bundeswehr schade, wenn man ehemalige Wehrmachtsangehörige, die damals auch Nazis waren, als Vorbilder darstelle, und gleichzeitig nicht erwähne, dass sie für Hitler gekämpft hatten. Oder warum Helden der NS-Kriegspropaganda jetzt als Vorbilder für die heutige Bundeswehr hingestellt würden.

Offenbar hat die öffentliche Kritik das Verteidigungsministerium nun zum Rückzug bewogen: Mit den ergänzenden Hinweisen seien „Bezüge hergestellt“ worden, „die sich jetzt in der Rückschau so nicht als förderlich herausgestellt haben“, räumte Ministeriumssprecher Collatz ein. „Im Ergebnis wurden diese heute außer Kraft gesetzt. Wir hoffen damit für Eindeutigkeit und Verhaltenssicherheit gesorgt zu haben.“ Damit gelte der Traditionserlass von 2018 weiter, laut dem die Wehrmacht als ganzes nicht traditionswürdig für die Bundeswehr ist. Traditionen für die Bundeswehr könnten nur auf der Grundlage von Werteorientierung sowie dem Einsatz für Demokratie und Rechtsstaat begründet werden, stellte Sprecher Collatz klar.

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22 Kommentare

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  • Man sollte sich eh keine Verlierer als Vorbild nehmen!

  • Herr collatz hat einen Abteilungsleiter der Bundeswehr für die Ergänzung verantwortlich gemacht. Die Ergänzung ist aber nicht gelöscht, sie ist ausgesetzt...oder so

  • Mal weiterdenken, die Wehrmachtsoldaten für einen falschen Krieg zu ehren macht diesen nicht besser, verwischt aber die Schuldfrage und das ist wohl das Ziel dieser fragwürdigen Initiative, zum Glück wird gegengesteuert. Wenn die Russen also ihre Soldaten für ihre Verdienste in bucha ehren, hätte die Bundeswehr ja sonst eine Abordnung schicken können. Der Krieg ist genauso falsch wie der Krieg der wehrmacht

  • Da ist tatsächlich noch etwas Verstand im Verteidigungsministerium.

    Leider brauchte es erst Druck von außen...

  • "Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch."...!



    - Ich erinnere mich noch mit Schaudern an eine Vitrine im Kreiswehrersatzamt, in dem lauter Naziorden ausgestellt waren. - Aus strafrechtlichen- oder (hoffentlich) Pietätsgründen wären die Hakenkreuze mit kleinen weissen Papierquadraten überklebt..

  • Zu Recht laut richtig gestört,



    Haben's jetzt den Schuss gehört,



    So sie denn noch schnell abließen,



    Zu feiern "top im Abschießen".



    Davon hatte schon "genug"



    Einst Minister Peter Struck.



    /



    www.spiegel.de/pol...tert-a-339036.html

  • Gut so! Da macht die Ampel mal was richtiger.



    Ich habe den "Kriegsdienst" 1974 verweigert, weil es mir unerträglich war, von Leuten befehligt zu werden, die meine alte Heimat Polen so grauenhaft verwüstet haben.



    Es kann keine Wehrmachtstradition geben, ohne die in ihr tief verwurzelten nationalsozialistischen Strukturen.



    "Fachkenntnisse" für die Bundeswehr lassen sich auch von den europäischen Partnern holen.



    Ich möchte unsere Parlamentsarmee aus der Mitte unserer demokratischen Gesellschaft sehen uns würde auf dieser Basis heute nicht mehr verweigern.

  • Beispiele für Kriegstüchtigkeit hatte auch die Waffen-SS jede Menge, ging sie doch besonders brutal und rücksichtslos vor. Offenbar war das ja das einzige Kriterium, der Leute potentiell zu gedenken. Wenn da mal nicht ein paar Schlaumeier im Verteidigungsministerium zu viel Max-Krah-TV auf YouTube geschaut haben. Die AfD hätte jedenfalls applaudiert.

  • Im Widerstsmd gab es genug Offiziere und jetzt nach fast 70 Jahren bundeswehr gibt es genügend unbelastet Soldaten nach denen man Kasernen benennen kann.

  • Absolut beunruhigend, dass sich derartige Dinge überhaupt im Aktionsprogramm einer sogenannten sozial-liberalen und selbsternannten "Fortschrittskoalition" finden lassen. Nicht auszudenken, was erst möglich wird, wenn anstelle dieser Charaktermasken die explizit reaktionären politischen Kräfte von CDU/CSU und AfD in die Regierungsverantwortung rücken sollten.

  • Danke taz, dass ihr darüber berichtet habt. Mir war schon tagelang schlecht geworden ...

  • Der Skandal ist weniger irgendein Traditionsgut, das erweitert werden soll (wo man zumindest sich paar Gedanken gemacht hat und versucht Regeln aufzustellen), sondern der eigentliche Skandal ist viel mehr der Anlaß hierzu, die Plaene von Pistorius.

    Bereits die Entwicklung der letzten 30 Jahre war grund verkehrt. Was heute passiert, widerspricht den Gedanken des Grundgesetzes im Rahmen kollektiver Verteidigung. Weder wurde unsere Demokratie am Hindukusch verteidigt, noch hatten wir irgendein Recht, das Bombardieren von Serbien zu assistieren.

    Und wenn man sieht, wie Schützenpanzer der Bundswehr wieder auf russischem Territorium rollen, ausgerechent vor Kursk, so muß man sagen, dass vielleicht HIER ein wenig mehr Sensibilität gegenüber schlechten "Traditionen" sehr gut getan hätte (wie immer die Ursachen und Gründe für den Einsatz nun lauten mögen).

  • Es kommen neue Zeiten. Zeitenwende eben: taz.de/Wehrmacht-b...ndeswehr/!6025509/



    Das macht doch schon was her, oder? Jetzt können wir die Luschis von der Friedensbewegung, oder noch schlimmer, die Terroristen der Letzten Generation, mal so richtig am Sack* packen.



    *Symbolsprache

  • Wenigstens machen sie es rückgängig, obwohl der Geist, den sie gezeigt haben, völlig verfehlt ist.

    Es bleibt der schale Nachgeschmack auch SS-Leute als traditionsstifend angesehen zu haben. Da stellt sich schon die Frage, was solch ein Geist im Verteidigungsministerium bzw. der Bundeswehr zu suchen hat.

  • In der Rückschau war das nicht klug. Aber das war letzte Woche, wir waren jung und dumm.



    Die Leute, die es für eine gute Idee hielten, Wehrmachtssoldaten zu zelebrieren bleiben natürlich im Amt. BW Reform läuft auf Hochtouren.

  • Warten wir ab, wie lange es dauert, bis der nächste Versuch gestartet wird, die BW mit den Namen verdienter Weltkriegsverlierer zu schmücken.



    Geist und Wille sind ja vorhanden.

  • Zumindest im Nachhinein schlau. Gut so.

  • Vollkommen unverständlich wofür diese Initaitive der BW gut sein sollte.

    • @Insieme:

      Mehr Bundewehr braucht dann auch mehr Einheiten und mehr Kasernen. Die Einheiten benötigen nach dem Traditionsverständnis der BW einen "vorbildhaften Helden", und sei es nur für die Sonntagsreden und die Wanddeko im Offiziersheim. Und neue Kasernen brauchen nach BW-Tradition einen Namen. Auch das in der Bergangenheit immer "Helden". Die schlimmsten Wehrmachtsfiguren ist man im Zuge der Schrumpfung mit Einheitenauflösung und Kasernenschließung los geworden. Wenn man jetzt wieder wachsen muss, braucht man ein Reservoir neuer "Heldennamen". Und ielleicht kann man ja den einen oder anderen, den man gerade mühsam losgeworden ist, auf diese Weise wieder "reaktivieren"...



      Hat nicht geklappt, und das ist auch gut so.

      • @rwtaz:

        John-Rambo-Kaserne könnte ich mir gut vorstellen ;)

      • @rwtaz:

        H. v. Manteuffel gefällt das nicht:D

  • Gut so!