Verfahren wegen Beleidigung eingestellt: Björn Höcke bleibt ein Nazi

Die Polizei Hamburg hatte wegen eines Antifa-Plakates gegen Thüringens AfD-Chef ermittelt. Nun hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt.

"Björn Höcke ist ein Nazi" steht auf dem Aufleber an einem Pappschild

Wegen eines Plakates mit diesem Inhalt wurde in Hamburg Hamburg ermittelt Foto: Müller-Stauffenberg/Imago

HAMBURG taz | Welche politischen Positionen verkörpert Björn Höcke? Ein Plakat des Bündnisses Aufstehen gegen Rassismus (AgR) nennt den Landes- und Fraktionsvorsitzenden der thüringischen AfD kurz und knapp: „Nazi“. In Hamburg hat die Staatsanwaltschaft nun die Ermittlungen anlässlich des Plakats mit dieser Botschaft eingestellt.

Das sei „ein wichtiges Signal“, sagt Cornelia Kerth, die Bundesvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Und gegenüber der taz betont sie, dass „jeder“ der Höcke einmal zugehört habe, wissen müsse, dass dieser ein Nazi sei. Nur die Hamburger Polizei sei da „noch nicht ganz so weit“.

Die Hamburger Strafverfolger hatten sich an einem Plakat gestört, das bei einem „Befreiungsfest“ am 8. Mai in Hamburg an der Rückseite eines Infostandes der VVN-BdA hing. Darauf stand „Björn Höcke ist ein Nazi“ – neben einem Bildnis des AfD-Politikers mit erhobenem rechtem Arm. Die Polizei erkannte in dem Plakat eine „üble Nachrede gegen Personen des politischen Lebens“ nach Paragraf 188 des Strafgesetzbuches (StGB). Das Landeskriminalamt (LKA) sah sich veranlasst, gegen Kerth zu ermitteln.

Ihre Anwältin wies gleich darauf hin, dass die Ermittlungen in einem ähnlichen Fall in Frankfurt am Main eingestellt worden seien. Dabei ging es um einen Demonstranten, der bei einem Protest Höcke als „Nazi“ betitelt hatte.

Höcke ist ein Nazi: „an Tatsachen anknüpfendes Werturteil“

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft sah darin keine strafbare Beleidigung, sondern ein „an Tatsachen anknüpfendes Werturteil“. Kerth erwartete, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft spätestens nach diesem Hinweis ihrer Anwältin die Ermittlungen einstellen würde. Doch dem war nicht so.

„Beschämend, dass nun erst jetzt die Einstellung erfolgt“, sagt Kerth. Die Sozialwissenschaftlerin denkt, dass zwei Äußerungen in den vergangenen Wochen ein Umdenken eingeleitet haben könnten. Denn mittlerweile hätten „‚selbst hochrangige CDU-Politiker‘ wie der Regierende Bürgermeister von Berlin Kai Wegener oder der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst Björn Höcke als Nazi oder die AfD als Nazi-Partei bezeichnet“. Eine Begründung zur Einstellung ihres Verfahrens hat die 69-Jährige von der Staatsanwaltschaft nicht erhalten.

Dass das Plakat möglicherweise zu einer Anzeige führen könnte, hatte das Bündnis AgR, zu dem die VVN-BdA gehört, für nicht unwahrscheinlich gehalten. „Von der AfD, dachten wir, könnte was kommen“, erinnert sich Kerth, die auch bei der Partei Die Linke engagiert ist. Die vermeintliche Alternative für Deutschland scheint aber bisher diese Auseinandersetzung zu scheuen. Sie wolle wohl vermeiden, von einem Gericht politisch eingeordnet zu werden, vermutet Kerth.

Keine Provokation um der Provokation willen

Das Plakat sei auch nicht als Provokation um der Provokation willen so gestaltet und veröffentlicht worden, sagt Kerth. Mit der politischen Benennung eines der zentralen Akteure der AfD habe die selbsternannte Alternative eindeutig eingeordnet werden sollen. Denn die wissenschaftlichen Analysen der Programmatik der AfD, ihrer Reden und Anträge, hätten bisher nicht zu einer einheitlichen Bewertung der AfD durch die Politik und die Medien geführt. Ebenso seien die Hinweise zivilgesellschaftlicher Initiativen auf personelle Verstrickungen mit der Neonaziszene zum Teil ins Leere gelaufen.

Die Einschätzungen in Politik und Medien changierten zwischen rechtspopulistisch, rechtsextrem oder neofaschistisch. Mit seiner Kampagne hoffe das Bündnis, diese Debatte weiter anzustoßen, sagt Kerth. Eine klare Benennung sei eben auch eine Grenzmarkierung. Das Plakat sei ein „Stoppschild“. Nicht nur im Osten sei dieser Hinweis auch für die CDU dringend geboten. „Mit Nazis regiert und paktiert man nicht“, findet Kerth.

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