Linken-Anfrage zu Rechtsextremismus: Rechtsterroristen legal bewaffnet

Die Reichsbürgergruppe um Heinrich Prinz Reuß besaß mindestens 62 Waffen legal. Sie planten, den Bundestag gewaltsam zu stürzen.

Ein Mitarbeiter der Spurensicherung trägt eine Kiste

Ein Mitarbeiter der Spurensicherung trägt im Dezember 2022 eine Kiste in Berlin Wannsee Foto: Paul Zinken/dpa

BERLIN taz | Im Umfeld der rechtsterroristischen „Reichsbürger“-Gruppe um Heinrich Prinz Reuß befanden sich 382 Schusswaffen. Darunter waren laut Bundesjustizministerium 138 sogenannte scharfe Schusswaffen, 62 davon befanden sich legal im Besitz der mutmaßlichen Mitglieder. Acht Schusswaffen befanden sich in illegalem Besitz, der rechtliche Status der übrigen „scharfen“ Schusswaffen werde noch geprüft. Das ergab die Antwort auf eine Schriftliche Frage der Bundestagsabgeordneten Martina Renner (Linke), die der taz vorliegt.

„Man kann nur hoffen, dass bei allen Beschuldigten im Prinz-Reuß-Verfahren inzwischen die waffenrechtliche Erlaubnis widerrufen wurde“, sagte Renner der taz. Zudem müsse die Legalbewaffnung von mutmaßlichen Rechtsterroristen, die Themen Vollzug und Novelle des Waffenrechts laut Renner wieder auf die Tagesordnung des Parlamentes.

Die Antwort des Bundesjustizministeriums bezieht sich auf Durchsuchungsmaßnahmen im Dezember 2022 und März dieses Jahres.

Heinrich Prinz Reuß und sein Umfeld sollen laut Bundesgerichtshof geplant haben, das politische System zu stürzen und eine neue Regierung festzulegen. Dabei wollten sie mit Waffen in das Reichstagsgebäude eindringen. Bei den Durchsuchungen im Dezember 2022 in Deutschland, Österreich und Italien kam es zu Festnahmen von früheren Offizier_innen, Polizeibeamt_innen und einem früheren AfD-Bundestagsabgeordneten. Neben Heinrich Prinz Reuß sollen auch der Münchner Sternekoch Frank Heppner und der Vater der Freundin von David Alaba, einem Fußballer bei Real Madrid, dabei gewesen sein. Mittlerweile liegt die Zahl der Beschuldigten bei 64.

Bas kündigt Gesetzesentwurf an

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) warnte am Samstag in einem Gastbeitrag auf Zeit Online vor der Gefahr durch Demokratiefeinde, in der sie auch die Gruppe der „Reichsbürger“ um Heinrich Prinz Reuß erwähnt: „Bisher konnten wir alle Angriffe auf den Deutschen Bundestag abwenden“, schrieb Bas. Ein Entwurf zu einem Bundestagspolizeigesetz solle in den kommenden Tagen den Fraktionen vorgestellt werden.

Zudem lasse sie „zurzeit rechtlich prüfen, wie wir den Deutschen Bundestag besser vor extremistischen Einflüssen und Aktionen schützen sowie die Sanktionsmöglichkeiten verschärfen können“. Als weitere Erneuerung schlägt Bas die Überarbeitung der Geschäftsordnung im Bundestag vor.

Sorge bereite ihr die Debattenkultur seit 2017, also dem Jahr, in dem die AfD ins Parlament zog: „In der Geschäftsordnung brauchen wir daher auch eine Verschärfung des Ordnungsrechts – bis hin zu effektiveren Möglichkeiten, Obstruktion zu verhindern.“

Erst vergangene Woche kam es zu Razzien in sechs Bundesländern, bei der mutmaßliche Mitglieder der rechten Terrorgruppe „Vereinte Patrioten“ festgenommen wurden. Die „Reichsbürger“ dieser Gruppe planten die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

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