OB-Wahl in Nordhausen: Wie es anders geht
Nordhausen zeigt: Wenn der Teufel nicht an die Wand gemalt und auf Wählerbeschimpfung verzichtet wird, kann die AfD gestoppt werden.
D ie knapp zehn Stimmenprozente, die Amtsinhaber Kai Buchmann bei der Nordhäuser Oberbürgermeister-Stichwahl vor dem AfD-Konkurrenten Jörg Prophet lag, sind ein wichtiges Zeichen. Denn in diesem Jahr scheinen die Republik und die sie beobachtenden Medien alle ein bisschen verliebt in die Apokalypse, nur auf den nächsten Erfolg der Partei der falschen Propheten zu warten.
Es ist aber gerade kein Naturgesetz, dass die Partei, deren einziges Alternativangebot im Gestern besteht, einen „Marsch durch die Institutionen“ antritt. Einen Schlüsselposten nach dem anderen schienen jetzt die Blaubraunen zu erobern, zuletzt Robert Sesselmann den des Landrats im südthüringischen Sonneberg. Der Bürgermeister im sachsen-anhaltischen Raguhn-Jeßnitz folgte. Bis man sich dereinst an die Normalität von AfD-Amtsinhabern gewöhnt haben würde?
Es geht auch anders, zeigt Nordhausen. Selbst dann, wenn der AfD-Mann nach dem ersten OB-Wahlgang mit 42,1 Prozent als uneinholbarer Favorit galt. Überdies hatte der SPD-Landrat Amtsinhaber Buchmann zuvor wegen Mobbingvorwürfen suspendiert; erst im August wurde er gerichtlich rehabilitiert.
In Nordhausen haben die Nichtrechten etwas besser gemacht als die Sonneberger. Es hat sich ausgezahlt, nicht zu einer Wähler-Einheitsfront „Alle gegen die AfD“ aufzurufen, nicht den Teufel an die Wand zu malen. Schlimme Prophezeiungen, deren Erfüllung man indirekt und insgeheim voraussetzt, nutzen einem „Prophet“ nur. Es gab mit Ausnahme der Grünen nur Aufrufe zu möglichst breiter Wahlbeteiligung, denen immerhin 59,3 Prozent folgten. Ein guter Wert für eine Kommunalwahl.
Emotionen bremsen
Man habe an die Mündigkeit und Reife der Nordhäuser appelliert, sagt der bis 2017 für die CDU amtierende Oberbürgermeister Klaus Zeh. „Mobilisiere nicht deine Gegner und beschimpfe nicht die Wähler“, habe stets für seine Wahlkämpfe gegolten. Das könnte als Rezept für anstehende weitere Kommunalwahlen bedacht werden. Wofür freilich Emotionen gebremst werden müssten, die speziell gegenüber der in Thüringen als rechtsextrem eingestuften Höcke-AfD verständlicherweise hochkochen.
Das hieße auch, auf die Urteilsfähigkeit der Wählerinnen und Wähler in Sachfragen zu vertrauen. Es sind die globalen Ängste und der Frust gegenüber der „großen Politik“, die der AfD Stimmen zutreiben. In Kommunalvertretungen haben AfD-Leute in der Regel nichts zu bieten, glänzen durch Inkompetenz, gar Abwesenheit, halten dann aber populistische Fensterreden.
In Nordhausen überwiegt nun Erleichterung. Speziell in der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, wo man die Erinnerungskultur schon bedroht sah. Eine vorübergehende Erleichterung, denn Nordhausen bietet auch ein weiteres Indiz dafür, dass die Gesellschaft ungefähr hälftig gespalten bleibt. Und im sachsen-anhaltischen Bitterfeld-Wolfen geht am 8. Oktober ebenfalls der AfD-Kandidat als Favorit in die Oberbürgermeister-Stichwahl.
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