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Reichsbürger wollten Bundestag stürmen„Das ist wie Krieg“

Die Pläne der im Dezember festgenommenen Reichsbürger waren konkreter als bisher bekannt. Zentral dabei war die AfD-Politikerin Malsack-Winkemann.

2019 sprach sie noch im Bundestag: die beschuldigte AfD-Politikerin Birgit Malsack-Winkemann Foto: Bernd von Juctrczenka dpa

Berlin taz | Die Pläne der im Dezember 2022 festgenommenen Reichs­bür­ge­r*in­nen, einen Umsturz herbeizuführen und den Bundestag zu stürmen, waren konkreter als bislang bekannt. Laut Ermittlungsergebnissen hatte die festgenommene AfD-Bundestagsabgeordnete und Richterin Birgit Malsack-Winkemann Mitbeschuldigte dafür bereits durch das Parlament geführt. Für den Sturm selbst seien bis zu 16 Personen vorgesehen gewesen, vorrangig frühere Angehörige von Spezialeinheiten der Bundeswehr und Polizei.

Die Erkenntnisse gehen aus Beschlüssen des Bundesgerichtshofs zu der Gruppe hervor. Den Plan, den Bundestag zu stürmen, sollen zunächst der frühere Bundeswehroberst und KSK-Angehörige Max Eder und der einstige Fallschirmjäger Peter Wörner entworfen haben. Beide gehörten zum „militärischen Arm“ der Gruppe um den mutmaßlichen Anführer Heinrich Prinz Reuß. Ziel sei es gewesen, im Bundestag Abgeordnete festzunehmen und in Handschellen abzuführen.

Peter Wörner soll sich bereits mehrere hundert Schuss Munition, sechs Gewehrmagazine, Nachtsichtgeräte und Fesselungsmaterial besorgt haben. Auch sei Kontakt zu weiteren früheren oder aktiven Angehörigen des KSK aufgenommen worden. Wörner habe zudem eine Liste mit Mitgliedern der Bundesregierung und der bayerischen Landesregierung erstellt sowie von weiteren Politiker*innen, Jour­na­lis­t*in­nen und Personen des öffentlichen Lebens.

Im Herbst 2021 hätten Wörner und Eder dann drei weitere Beschuldigte, darunter Heinrich Prinz Reuß, über ihre Angriffspläne auf den Bundestag informiert. Reuß habe Eder daraufhin später 50.000 Euro übergeben.

Videos im Bundestag

Malsack-Winkemann, die bis 2021 AfD-Bundestagsabgeordnete war, soll bereits im Spätsommer 2021 Maximilian Eder und einen weiteren Mitbeschuldigten durch das Parlamentsgebäude geführt haben. Drei Wochen später sei Malsack-Winkemann dann mit Peter Wörner erneut ins Regierungsviertel gefahren. Dieser habe dabei mehrere Videos vom Paul-Löbe-Haus und dessen unterirdischen Zugängen zu anderen Gebäuden des Regierungsviertels aufgenommen, inklusive des Plenarsaals des Bundestags. Malsack-Winkemann soll ihm dabei erläutert haben, dass die Regierungsmitglieder auf der linken Seite des Rednerpults säßen.

Schließlich habe Malsack-Winkemann noch Übersichten über Sitzungswochen des Bundestags für das Jahr 2022 an Mitbeschuldigte übersandt und später eine vorläufige Tagesordnung für eine Plenarwoche im September 2022. Malsack-Winkeman war laut Bundesanwaltschaft nach dem Umsturz als Justizministerin der Reichsbürgertruppe vorgesehen.

Nach ihrer Festnahme hatte die AfD-Politikerin in Vernehmungen eingeräumt, Mitglied des „Rats“ der Gruppe und für das Justizressort vorgesehen gewesen zu sein. Auch eine „Verschwiegenheitserklärung“ habe sie unterzeichnet. Dass die Gruppe einen terroristischen Umsturz und Bundestagssturm plante, bestritt Malsack-Winkemann aber.

Regierung müsse „ausgemerzt werden“

Chatnachrichten belasten die 58-Jährige jedoch. So soll ihr der mutmaßliche Anführer Reuß im März 2022 geschrieben haben, „die ganze Regierung ist in diese Korruption verwickelt“ und müsse „ausgemerzt werden“. Als ein anderer Mitbeschuldigter ihr schrieb, Reuß hoffe, dass es bald „vorbei“ sei, soll Malsack-Winkemann geantwortet haben: „Hoffentlich. Nicht nur ich warte sehnsüchtig.“

Auch fanden die Ermittler bei ihr vielsagende Notizen. Dort soll sie über eine „Übergangsphase“ über eine „Schließung der Gerichte“ sinniert haben, mit „Schließungen der bisherigen (Regierungs-)Verwaltung (Bund, Länder, Gemeinden) und Legislativen“ sowie der „bisherigen (Mainstream-)Medien“, einem „Parteienverbot und Verbot parteinaher Stiftungen“, einer „Überprüfung (und etwaigen Entfernung) der Richter und sonstigen Mitarbeiter“ und der „Einrichtung besonderer Gerichtsbarkeit“ in Form von „Militär“ und weiterer „Sondergerichtsbarkeit“. Für sich selbst soll sie die Frage formuliert haben: „Mitarbeit bei Sondergerichtsbarkeit in erster Phase?“. Zudem fand die Polizei bei der Berlinerin einen Revolver und eine halbautomatische Selbstladebüchse mit Zielfernrohr sowie 7.000 Patronen.

Listen von Po­li­ti­ke­r*in­nen angefertigt

Auch der festgenommene Polizist und Querdenker Michael Fritsch soll, in Vorbereitung der Bundestagserstürmung, eine Liste mit Namen von Abgeordneten, ihren Wahlkreisen, der Parteizugehörigkeit und dienstlichen Kontakten erstellt haben. Ihnen hatten die Reichsbürger für den Bereich Inneres und Polizeiaufgaben vorgesehen. Auch Fritsch bestreitet die Umsturzpläne. Bei der Polizei war er schon vor seiner Festnahme wegen Auftritten auf Coronademos suspendiert.

Radikal äußerten sich auch andere Beschuldigte. So soll Ruth L., die für „Transkommunikation“ vorgesehen war, in einem Notizbuch für den „Statuswechsel“ festgehalten haben: „Polizei wird aufgelöst“, „Landeschefs kommen alle weg“ oder „Neuaufbau nur über Ungeimpfte“.

Ein weiterer Beschuldigter schrieb in Chats über einen „Kriegsbeginn 1.8.2022 Deutschland“. Er sei „bewaffnet und bereit“ und versuche „grad alle für diese letzte Schlacht zu vereinen“. Ein anderer Festgenommener schrieb zunächst, im September 2022 werde das Militär „übernehmen“. Dann „werden alle, die sich schuldig machen, vor ein Kriegsgericht kommen“. Später benannte er den 8. Dezember als Datum – was dann folge, „das ist wie Krieg“.

273 Waffen beschlagnahmt

Die Bundesanwaltschaft beschuldigt die mutmaßlichen Verschwörer*innen, vorgehabt zu haben, die staatliche Ordnung zu überwinden. Auch für den Bundestagssturm sei „tödliche Waffengewalt“ gegen Po­li­zis­t*in­nen und Sicherheitskräfte des Parlaments vorgesehen gewesen. Tatsächlich fand die Polizei bei den Beschuldigten 273 Schusswaffen, 259 Hieb- und Stichwaffen sowie mehr als 80.000 Munitionsteile.

Die Bundesanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen 64 Beschuldigte, mehrere von ihnen sitzen weiterhin in Untersuchungshaft. Anklagen stehen noch aus.

Aktualisiert am 02.08.2023 um 9:05 Uhr. d. R.

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14 Kommentare

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  • Demokraten müssen Zähne zeigen, schreibt hier jemand.



    Das wird nicht reichen. Führt bei der jetzigen Lage zu Zahnverlust.



    Braun setzt sich durch, da die Politik alles schleifen läßt.



    Warum gibt es statt Stadtkämmerer keine Stadtkümmerer? Diese sollten mindestens 1 mal wöchentlich in den Stadtteilen vor Ort sein., informieren, zuhören, helfen.

  • Nach wieviel Dekaden wird man in Deutschland endlich tätig und handelt gegen diese Staatsfeinde?

    Seit Dekaden werden diese nur belächelt obwohl es Staatsfeinde sind.

    Dann wird noch ne Nazipartei zugelassen, die natürlich mit diesen Staatsfeinden im selben Strom schwimmt und mit ihnen um die Wette bellt.

    Was passiert in Deutschland?



    Nichts.

    Meint man jetzt wieder in diesem Land, man müsse mit Staatsfeinden reden? Also so, wie man mit Nazis umgeht?

    Sorry, aber Deutschland ist so komplett LOST in Sachen rechtsradikaler Terroristen.

    • 6G
      652797 (Profil gelöscht)
      @Tyramizou:

      Schonmal in die Welt hinaus geschaut? Ist gerade en vogue.

      • @652797 (Profil gelöscht):

        Wir sind von Nazis umzingelt. Woran liegt das wohl? Wer wählt sie?

      • @652797 (Profil gelöscht):

        Um so mehr Grund für ein energisches Vorgehen.

        Denn dass der klassische Faschismus in weiten Teilen Europas beliebt war, viele Jahre bevor er im Deutschen Reich Fuß fassen und letztlich dort sein globales Maximum erreichen konnte, ist die take-home message der 1920/30er Jahre - und sogar der Grund, warum Ovids "principiis obsta" nur in der deutschen Übersetzung eine große Bekanntheit erreicht hat.

  • "... dass die Regierungsmitglieder auf der linken Seiten des Rednerpults säßen." Na, das war sicher eine Erkenntnis. Das hätte man bei TV-Übertragungen noch nicht merken können. Aber gut, bei den wirren Äußerungen dieser "Truppe" ist sowas vielleicht notwendig. Meine Vermutung ist ja eher, dass sie sich verlaufen hätten. Verrannt haben sie sich ja schon.

    • @Lars B.:

      Ja, nur dass die wirre Truppe sehr viele Waffen irgendwie besorgen könnte, mit diesen Waffen rumläuft, irgendwie Sympathisanten in der Polizei und im Militär hat und über die AfD sogar Zugang zum Bundestag hat.



      Ein Schuss ist ein Schuss, egal wie verwirrt der Schütze ist.

  • D-A-N-K-E🥰

  • Ist der Plan der Reichbürger durchgeknallte Naivität und Größenwahnsinn, um mal eben den gesammten Staatsapparat aus den Angeln zu heben, oder stehen noch ganz andere Kreise dahinter?

  • Wäre ein derartiges Komplott von Linken geplant worden, dann wäre im Zug der Ermittlungen wohl jede und jeder Linke, die oder der einen der Beschuldigten bei einer zufälligen Begegnung, etwa beim Joggen, gegrüßt hätte, zumindest vorübergehend verhaftet worden.

  • "„Polizei wird aufgelöst“..."



    Kurios bei so vielen Polizisten als Beteiligten... zudem... Rechte, die die Polizei auflösen wollen? Kenne ich eigentlich mehr aus der anderen Ecke... also so ganz klar waren die nicht...

    • @Encantado:

      Die Frage ist doch, durch wen die Polizei ersetzt werden sollte, wahrscheinlich durch dieselben, am Sturz beteiligten Polizisten, dann aber in höheren Positionen, die sie evtl. ansonsten durch ihre Beschränktheit nicht erreichen konnten.

  • Natürlich wollen die Rechtsterroristen der AfD unsere Verfassung beseitigen und einen Führerstaat errichten!



    Wer zweifelt jetzt noch daran?



    Demokraten müssen nun die Zähne zeigen!

    • @amigo:

      ich hab vor über 20 Jahren schon genau davor gewarnt.

      Ich wurde dafür nur ausgelacht.

      Deutschland halt.