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Metastudie zu LNG-TerminalsFlüssiggas-Pläne überdimensioniert

Kli­ma­ex­per­t:in­nen haben verschiedene Studien zum Bedarf neuer Infrastruktur zum Import von Flüssiggas ausgewertet. Das Ergebnis: Es wird zu viel.

Tanklagerschiff im LNG-Terminal Lubmin Foto: Clemens Bilan/epa

Berlin dpa | Der geplante Ausbau deutscher Importkapazitäten für verflüssigtes Erdgas (LNG) ist nach Einschätzung des New Climate Institute zu groß geraten und droht das Erreichen der Klimaziele zu gefährden.

Das Bundeswirtschaftsministerium unterschätze einerseits künftige Gasimporte aus Nachbarländern und überschätze auf der anderen Seite die Risiken saisonal schwankender Verbräuche, schreiben die Experten in einer am Freitag veröffentlichten Analyse. Das Ministerium kalkuliere mit einem zu umfangreichen Risikopuffer.

„Die neuen und geplanten schwimmenden Terminals reichen bereits aus, um zwischenzeitliche Versorgungsengpässe auch in extremen Situationen mit Infrastrukturausfällen zu decken“, so das Institut. „Onshore-Terminals sind zu keinem Zeitpunkt notwendig.“

Das Wirtschaftsministerium setze Laufzeiten und Kapazitäten der LNG-Terminals zu gering an, bemängelt das New Climate Institute. Per Gesetz sei außerdem ein nahezu uneingeschränkter Betrieb der neuen und geplanten Terminals bis Ende 2043 möglich. „Sollten alle geplanten Anlagen mit hoher Auslastung betrieben werden, sind Deutschlands Klimaziele nicht zu erreichen.“ Eine geringe Auslastung wiederum würde zu wirtschaftlichen Verlusten führen.

Überangebot in Europa wahrscheinlich

Das Wirtschaftsministerium verweist darauf, dass die LNG-Terminals künftig zur Einfuhr von klimafreundlichem Wasserstoff genutzt werden könnten. Wenn schwimmende Terminals nicht mehr benötigt würden, könnten sie als LNG-Transportschiffe verchartert werden.

Beide Punkte sieht das Institut kritisch. Der künftige deutsche Bedarf an Wasserstoff – insbesondere bei der Einfuhr über den Seeweg – werde relativ gering ausfallen und lasse sich über Pipelines decken. Zudem seien nicht alle Fragen zur technischen Machbarkeit geklärt. Ob die Terminals sich an andere Länder weitervermieten lassen, sei fraglich, weil der Gasverbrauch weltweit sinken müsse.

Der Einschätzung des Wirtschaftsministeriums, dass Deutschland einen größeren Umfang von Flüssiggas an andere europäische Länder weiterleiten werde, widersprechen die Experten: „Da der Gasverbrauch aller europäischen Länder im Einklang mit den europäischen Klimazielen stetig weiter fallen muss, ist ein Überangebot in Europa wahrscheinlich.“

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11 Kommentare

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  • Es ist unmöglich den notwendige Grad an Vorsorge zu definieren. Aktuell ist doch die Frage wieviel LNG der Weltmarkt uns zu Verfügung stellen kann. Die anderen per Pipline angeschlossenen Lieferländer versuchen Ihre Liefermengen zu verringern und verspüren wenig Interesse für Deutschland ökologische Risiken zu erhöhen. Wir diskutieren heute bei vielen ökologischen Lösungen noch über die wissenschaftlichen Möglichkeiten und übersehen gern, das Wandlungsprozess Geld kostet, Je stärker wir ihn beschleunigen um so teurer wird es. Mit der Gefahr das sich manche Lösung im industriellen Maßstab doch nicht als so ökologisch herausstellt, wie die Wissenschaftler dachten.

  • "Das Ergebnis: Es wird zu viel."

    Na und? Klimaexperten sind nun einmal keine Wirtschafts- und Sozialexperten.

    Überangebot senkt die Preise.

    Wenn man die Akzeptanz in der Bevölkerung für Klimaschutz erhöhen will, müssen die anhänger der reinen Lehre diese Kröte schlucken.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Eine geringe Auslastung wiederum würde zu wirtschaftlichen Verlusten führen.""



    ==



    Die 9 geplanten und teils fertig gestellten LNG - Terminals sind gerade mal in der Lage einen Ausfall eines Lieferanten zu ersetzen. - Hinzu kommt, das die Förderkapazitäten eines der 3 Erdgas - Großlieferanten zu Ende gehen.

    Das New Climate Institute untersschätzt fahrlässig die Risiken einer erneuten Energiekrise, welche die Preise in ungeahnte Höhen treiben würde - mit entsprechenden sozialen Verwerfungen.

    Darüber hinaus ist die Bundesrepublik derzeit Exporteur von Gas in beispielsweise Länder, die keinen Zugang zum Meer haben.

    Die vor allem volkswirtschaftlichen aber auch betriebswirtschaftlichen Kosten mit entsprechenden sozialen Verwerfungen durch eine weitere Verstärkung einer energiegetriebenen Inflation wären verheerend und in keinster Weise akzeptabel weil durch den Bau von ausreichenden Terminals einfacherweise verhinderbar.

  • Ich beziehe 100% Biogas aus Reststoffen. Freunde heizen mit einer Elektro-Wärmepumpe. Warum sollten wir als Steuerzahler für Fehlinvestments des Bundes aufkommen?

    Die vorgebliche Wasserstoff-Tauglichkeit ist ein Märchen. Das gilt für den Schiffanleger aus Beton, am dem könnten aber auch Erzfrachter oder Kreuzfahrtschiffe anlegen. Den Wasserstoff bekommt man dann genausowenig vom Schiff herunter wie das Erz oder die Kreuzfahrtpassagiere.

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    Naja, die haben auch keien Glaskugel. Und wenn schief geht müssen sie auch keine Verantwortung übernehmen.

  • Der Worst Case wäre, schwimmende Terminals mit deutschen Steuern oder Umlagen zu finanzieren und dann billig an Drittstaaten weiterzugeben, die erst dadurch zu Importländer werden.

  • Viele Studien, viele Meinungen das sollte inzwischen jeder wissen nachdem die CDU schon letzten März behauptet hat wir könnten sofort auf russisches Gas verzichten.

  • Und dafür wollen die das Meeresschutzgebiet vor Rügen umpflügen.

  • --- Ähnlich überdimensioniert wie das Image der GrünenPartei als nachhaltig-ökologische, politische Alternative.

  • Wer keine operative Verantwortung hat kann gut in „neuen, aktualisierten“ Szenarien spekulieren. Die große Unbekannte - unterschiedliche Auswirkungen des Krieges - wird in der Studie nicht diskutiert.

    • @alterego:

      Warum denn auch?

      Welche Auswirkungen bezogen auf den Ausgang des Krieges sollen das denn sein?

      Ich sehe da keine, außer das ggf. das Angebot aus Russland doch mal wieder real werden könnte. Dann braucht man allerdings gar keine LNG Terminals.