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Die öffentlichen Arbeitgeber wollen eigentlich für einen Reallohnverlust sich stark machen und das als Verantwortung der Arbeitnehmer titulieren. Parallel haben sie dann €100 Mrd. für Rüstungsgüter freigegeben und Corona-Hilfen rausgejagt. Da im Öffentlichen Dienst auch viele Stellen mit einem niedrigen Einkommen verfügbar sind, wird es weniger Bewerber geben, viele Stellen werden frei bleiben und viele werden Anträge stellen, einen Minijob machen zu können. Das ist der wahre Grund, warum es kein Angebot der Arbeitgeber gibt. Und mache Kommune oder Stadt ist knapp und das sollen die Beschäftigten dort dann ausbaden. Dabei ist es umgekehrt: Die öffentlichen Arbeitgeber sind die Gesetzgeber: Sie müssen für ausreichend Steuereinnahmen sorgen, um normale Gehälter anzubieten. Normal heißt nicht unterdurchschnittlich, so wie das in Hessen eine Weile war.
Warum sollte sich etwas ändern? Die bisherige Taktik sorgte in der Vergangenheit dafür, dass im Schnitt weniger als 60% der Tariflohnfoderungen tatsächlich durchgesetzt wurden - was in den meisten Jahren eine Absenkung der Reallöhne bedeutete. Blöd für die Beschäftigten, gut für den Steuerzahler...
Eine Abteilungsleiterin bekommt 20 Prozent weniger Gehalt als ihr direkter Kollege im gleichen Betrieb. Jetzt wehrt sie sich vor Gericht.
Beschäftigte im öffentlichen Dienst: Das leidige Tarifrundenspiel
Die Forderungen der Gewerkschaft im öffentlichen Dienst sind bekannt. Die Arbeitgeberseite könnte Warnstreiks verhindern – tut es aber nicht.
„Rückgrat des Staates“: Nancy Faeser zum Auftakt der Tarifverhandlungen am Dienstag in Potsdam Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Da kann man nicht widersprechen: „Die Inflation frisst den Menschen ein Loch ins Portemonnaie“, so beschreibt Verdi-Chef Frank Werneke die Problemlage. Selbstbewusst fordert die Dienstleistungsgewerkschaft daher bei den am Dienstag begonnenen Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen die höchste Lohnsteigerung seit Jahrzehnten: 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro im Monat – damit auch Geringverdiener*innen eine wirkliche Gehaltssteigerung haben.
Ob sich die Gewerkschaft damit durchsetzen kann, ist offen. Fest steht: Überraschend sind die Forderungen nicht. Sie sind seit Oktober vergangenen Jahres bekannt.
Doch die Arbeitgeberseite – namentlich die beiden Sozialdemokratinnen, Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Verhandlungsführerin für den Bund und für die Kommunen, die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Karin Welge – legt zum Verhandlungsauftakt kein eigenes Angebot vor. Erwartbar verliefen die ersten Gespräche am Dienstag also ergebnislos.
Es mag sich eingebürgert haben, dass die Arbeitgeberseite bei Tarifverhandlungen bis zur letzten Verhandlungsrunde nichts anbietet – das macht es aber nicht richtiger. Wenn man seit Oktober die konkreten Forderungen kennt, kann man Ende Januar auch ein Angebot vorlegen und nicht erst im März. Das wäre eine vorausschauende Politik, die Bürger*innen und den Fachkräftemangel ernst nimmt. Da dies nicht passiert ist, wird es zwangsläufig Warnstreiks geben.
Darunter leiden die Beschäftigten, die sich etwa als Pflegekräfte ihren Patient*innen verpflichtet fühlen – sowie Kranke, Eltern, im Grunde also die ganze Gesellschaft. Denn Warnstreiks im öffentlichen Dienst von Bund und Ländern betreffen 2,5 Millionen Menschen in Hunderten Berufen – von Erzieher*innen über Verwaltungsangestellte bis hin zu Müllwerker*innen.
Der Bund sollte ohne zeitlichen Verzug ein eigenes Angebot machen, damit verhandelt werden kann. Wenn Innenministerin Faeser glaubhaft vermitteln will, dass sie im öffentlichen Dienst „das Rückgrat unseres Staates“ sieht, sollte sie das leidige Tarifrundenspiel unterlassen.
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Kommentar von
Linda Gerner
Nachrichtenchefin/CvD
Schreibt seit 2017 für die taz und arbeitet seit 2020 als Redakteurin bei der taz. Studierte Kommunikationswissenschaften, Germanistik, Anglistik sowie Kulturjournalismus in Berlin und Essen.
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