„Zeit“-Herausgeber Josef Joffe: Im Namen der Freundschaft

„Zeit“-Herausgeber Josef Joffe intervenierte im Cum-Ex-Steuerskandal zu Gunsten eines Bankiers – und bezeichnete Informanten als Verräter.

Portrait

„Zeit“-Herausgeber Josef Joffe bei den Salzburger Festspielen 2016 Foto: ddp

Josef Joffe, Mitherausgeber der Wochenzeitung Die Zeit, hat versucht, einen Bericht über die Verwicklung der Hamburger Warburg-Bank in den Cum-Ex-Steuerskandal zu verzögern. In dem Brief an den Bankier Max Warburg, aus dem das hervorgeht, äußert er sich zudem schockiert über „Verräter“ aus dem Bankhaus, die die Fahnder erst auf bestimmte Informationen aufmerksam gemacht hätten.

Bei Cum-Ex geht es um Finanzgeschäfte, die im Wesentlichen dazu dienten, den Staat zu bestehlen. Dabei wurden Aktien um den Dividendenstichtag herum in bewusst verschleiernder Weise gehandelt, so dass sich die Beteiligten eine einmal entrichtete Kapitalertragsteuer mehrfach erstatten lassen konnten. Im November 2016 veröffentlichten Die Zeit und das ARD-Magazin „Panorama“ gemeinsame Recherchen über die Cum-Ex-Geschäfte der Warburg-Bank.

In dem Brief vom 5. Januar 2017, den der Investigativreporter Oliver Schröm veröffentlicht hat, rechtfertigt sich Joffe gegenüber Max Warburg für den Artikel: „In so many words schiebst Du mir die Schuld am Zeit-Artikel über die Bank zu“, heißt es darin. Dabei habe er Warburg gewarnt, was in der Pipeline steckte. „Meiner Intervention war es zu verdanken, dass das Stück geschoben wurde und die Bank die Gelegenheit erhielt, Widerrede zu leisten“, schreibt Joffe.

Den Vorwurf, die Bank habe keine Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt und den zuerst Der Spiegel veröffentlichte, bestreitet Schröm: Die Zeit und Panorama hätten bereits Wochen zuvor um ein Interview mit den Bankern gebeten, was abgelehnt worden sei. Danach baten sie vier Tage vor der geplanten Veröffentlichung um eine schriftliche Stellungnahme zu einer Reihe von Fragen, was die Bank mit den Worten zurückwies, diese „entbehrten jeglicher Grundlage“.

Josef Joffe, Herausgeber der „Zeit“

„Meiner Intervention war es zu verdanken, dass das Stück geschoben wurde und die Bank die Gelegenheit erhielt, Widerrede zu leisten“

Joffe schreibt, er habe Warburg „angefleht, eine exzellente PR-Agentur einzuschalten“. Es gehe nicht ums Juristische, da die Geschäfte seinerzeit legal gewesen seien, wohl aber um den guten Ruf der Bank. Anfang 2017 hatten sich allerdings längst die Hinweise gemehrt, dass die Trickserei mit Cum-Ex-Geschäften strafbar ist. „Was mich schockiert hat“, schreibt der Zeit-Herausgeber, „waren die Verräter im eigenen Hause Warburg, die Ermittler zuvorkommend auf Spuren geschickt haben, die diese nicht kannten“. Damit spielt er vermutlich auf einen Besuch von Steuerfahndern aus Nordrhein-Westfalen an, die die Bank im Januar 2016 durchsuchten.

Warburg solle nicht Die Zeit tadeln wegen der hausgemachten Probleme der Bank. Er, Joffe, habe sich um Schadensbegrenzung bemüht, so weit das in seiner Macht gestanden habe. Bei aller Verbitterung möge Warburg bitte nicht ihre langjährige Freundschaft aufs Spiel ­setzen: „This is no time to fuck around with old friendships.“

Joffe sei mit dem Brief sehr weit gegangen, findet Hendrik Zörner, Pressesprecher des Deutschen Journalistenverbands (DJV): „Er muss selbst beurteilen, inwiefern diese Ratschläge mit seiner Funktion als Herausgeber einer sehr renommierten Wochenzeitung in Einklang zu bringen sind.“ Dass Joffes Intervention jetzt öffentlich diskutiert werde, sei gut und werde sicher auch in der Zeit geschehen. Joffe ist von Hause aus Journalist. Viele Jahre lang leitete er das außenpolitische Ressort der Süddeutschen Zeitung. Er leitete ein Ressort der Zeit und war ein paar Jahre lang dort Chefredakteur.

„In den Jahren der Cum-Ex-Recherchen gab es immer wieder Versuche, Berichterstattung zu beeinflussen oder zu verhindern“, schreibt Schröm. Und es habe auch immer wieder interne Foulspiele gegeben. „Letztlich erfolglos“, schreibt der Reporter. „Wir haben immer alles veröffentlicht.“ Die Zeit teilte auf Anfrage mit, Interventionen der Herausgeberschaft zur Verzögerung oder Verhinderung von Artikeln seien in keiner Form üblich und hätten auch nicht stattgefunden. „Sie hätten auch keine Aussicht auf Erfolg“, versicherte eine Verlagssprecherin. Allerdings hat es nach der gemeinsamen Recherche und der Veröffentlichung des „Panorama“-Beitrags im November 2016 noch zwei Wochen gedauert, bis auch Die Zeit die Geschichte brachte.

Davor habe es ein Treffen mit Warburg-Vertretern in der Redaktion der Zeit gegeben, berichtet Schröm. Dabei habe Warburg-Pressesprecher Wehrle von der Anfrage einer Werbeagentur berichtet, die gerne einmal wieder in der Zeit schalten würde. Wehrle habe geantwortet, dass er das gerne von einem Gespräch mit der Redaktion abhängig machen würde.

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