Russische Soldaten in Belarus: Volle Kliniken und Leichenhallen

In belarussischen Städten kommen immer mehr russische Soldaten aus der Ukraine an – verwundet oder tot. Ärz­t*in­nen müssen Stillschweigen bewahren.

Ein zerstörtes Militärfahrzeug.

Zerstörtes russisches Militärfahrzeug bei Charkiw in der Ukraine am 25. Februar Foto: Vadim Ghirda/ap

BERLIN taz | Krankenhäuser und Leichenhallen in den belarussischen Städten Gomel, Mosyr und Narowlja sollen randvoll mit verletzten und toten russischen Soldaten sein. Alle drei Orte befinden sich nicht weit entfernt von der Grenze zur Ukraine. Das berichtet der belarussische Dienst von Radio Freies Europa unter Berufung auf Augenzeug*innen.

Viele belarussische Ärz­t*in­nen sollen eine Verpflichtungserklärung unterschrieben haben, Informationen über Tote und Verletzte nicht weiterzugeben. Falls doch, riskieren sie ihren Arbeitsplatz. Angaben von Be­woh­ne­r*in­nen der Stadt Mosyr zufolge würden nicht mehr alle Belaruss*innen, die medizinische Hilfe brauchen, im örtlichen allgemeinen Krankenhaus behandelt. Zum Röntgen würden die Menschen in die Kinderklinik geschickt.

In der vergangenen Woche hatten Einheimische gegenüber Jour­na­lis­t*in­nen berichtet, dass Leichen russischer Soldaten in Züge der staatlichen russischen Eisenbahngesellschaft (RZD) verladen worden seien. Zuvor hatte Kiew an Russland appelliert, die toten Soldaten aus der Ukraine abzutransportieren.

„Die Menschen auf dem Bahnhof von Mosyr waren schockiert angesichts der hohen Anzahl von Toten. Einige machten Videos, doch Soldaten verlangten von ihnen, die Aufnahmen zu löschen“, zitiert Radio Freies Europa einen Bewohner von Mosyr.

Friedhof geschlossen

In dem Dorf Kamenka in der Nähe von Mosyr wurde der Friedhof geschlossen und steht jetzt unter Bewachung. Offensichtlich werden auch dort russische Soldaten beerdigt.

Auch in der Notaufnahme und dem Gebietskrankenhaus von Gomel sowie in der Kleinstadt Kostjukowka unweit von Gomel treffen fortwährend russische Soldaten ein. Ein­woh­ne­r*in­nen berichten, dass Verletzte in Bussen mit getönten Scheiben und Tote in Militärlastwagen transportiert würden.

Bereits Wochen vor Russlands Angriff auf die Ukraine am 24. Februar waren im Rahmen einer großangelegten Militärübung mehrere russische Truppenkontingente samt technischer Ausrüstung nach Belarus verlegt worden. Offiziellen Angaben des russischen Verteidigungsministerium von vor einer Woche zufolge sollen bei Moskaus Angriffskrieg auf die Ukraine bislang 498 Soldaten getötet und 1.600 verletzt worden sein. Neuere Angaben gibt es nicht.

Am 27. Februar hatte der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko eingeräumt, dass von belarussischem Territorium aus Angriffe auf die Ukraine erfolgt seien. Das sei ein notwendiger Schritt gewesen, er habe das Kommando dazu jedoch nicht gegeben. Kurz darauf behauptete er, dass die Ukraine einen Angriff auf Belarus plane, und präsentierte dazu eine entsprechende Karte, um seine Theorie zu untermauern.

Webseite gesperrt

In der ersten Märzwoche hatten sowohl Lukaschenko als auch das belarussische Verteidigungsministerium erklärt, dass belarussische Streitkräfte nicht an der „Spezialoperation“ in der Ukraine beteiligt seien. Verletzte russische Soldaten würden jedoch in Belarus medizinisch behandelt.

Unterdessen hat das belarussische Informationsministerium den Zugang zu der Webseite des russischsprachigen Onlineportals des in Prag ansässigen Fernsehsenders Nastojaschee vremja gesperrt. Zur Begründung hieß es, das Portal verbreite Hyperlinks, über die man zu Materialien gelange, die als „extremistisch“ eingestuft seien. Nastojaschee vremja widmet sich intensiv der Berichterstattung über den Ukrainekrieg und lässt auch Putin-kritische Stimmen aus Russland zu Wort kommen.

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