Reaktionen aus Putins Entscheidung: EU und USA kündigen Sanktionen an

Nach der Anerkennung der Separatistengebiete kündigen EU und USA scharfe Reaktionen an. Baerbock beklagt Bruch des Völkerrechts. Röttgen spricht von Kriegsrede.

Putins Rede während der Liveübertragung auf einem Bildschirm im Weißen Haus in Washington Foto: Joshua Roberts/Reuters

BRÜSSEL/BERLIN afp/dpa/rtr//taz | Die EU und auch die USA haben die Anerkennung der Separatisten-Regionen in der Ostukraine durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf das Schärfste verurteilt und Sanktionen gegen alle Beteiligten angekündigt. US-Präsident Joe Biden werde in Kürze eine entsprechende Anordnung erlassen, teilte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, am Montag mit. Die Maßnahmen träfen unter anderem Investitionen oder Handel von US-Personen mit Blick auf Donezk und Luhansk. Biden hat nach Angaben einer Sprecherin unterdessen ein Telefongespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron begonnen.

„Die Anerkennung der zwei Separatisten-Gebiete in der Ukraine ist eine eklatante Verletzung internationalen Rechts, der territorialen Integrität der Ukraine und der Minsker Vereinbarungen“, erklärten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel am Montag im Online-Dienst Twitter. In einer gemeinsamen Erklärung der beiden hieß es zudem: „Die Union wird mit Sanktionen gegen diejenigen reagieren, die an diesem rechtswidrigen Vorgehen beteiligt sind.“

Von der Leyen und Michel hoben auf Twitter zudem beide hervor: „Die EU und ihre Partner werden mit Geschlossenheit, Festigkeit und Entschiedenheit in Solidarität mit der Ukraine darauf reagieren.“

Putin hatte kurz zuvor am Abend die Unabhängigkeit der Separatisten-Gebiete in der Ostukraine anerkannt und Abkommen zur Unterstützung der prorussischen Rebellen unterzeichnet. Die Gewalt in der Ostukraine hatte zuletzt deutlich zugenommen. Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine war im Westen schon in den vergangenen Wochen die Furcht vor einem russischen Angriff auf das Nachbarland gewachsen.

Was für Sanktionen nun verhängt werden, blieb zunächst offen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte bereits vor der russischen Anerkennung darauf hingewiesen, dass ein Sanktionspaket mit verschiedenen Komponenten vorbereitet wurde. Diese Komponenten könnten in Abhängigkeit vom Ausmaß der jeweiligen russischen Aggression in Kraft gesetzt werden, erklärte der Spanier.

Nach früheren Angaben von Ursula von der Leyen umfasst das vorbereitete Paket der EU Vermögenssperren und EU-Einreiseverbote gegen Personen sowie finanzielle und wirtschaftliche Sanktionen. So könnten Ausfuhrverbote für wichtige Hightech-Komponenten erlassen werden und Russlands Zugang zu internationalen Finanzmärkten behindert werde.

Baerbock sieht Bruch des Völkerrechts

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach als Reaktion auf die Entscheidung von Russlands Präsident Wladimir Putin von einem „eklatanten Bruch des Völkerrechts“. Die Anerkennung der abtrünnigen Regionen sei zudem „ein schwerer Schlag für alle diplomatischen Bemühungen zur friedlichen Beilegung und politischen Lösung des aktuellen Konflikts“, erklärte Baerbock.

„Wir werden auf diesen Völkerrechtsbruch reagieren. Dazu stimmen wir uns mit unseren Partnern ab“, betonte die Außenministerin. Sie forderte Russland auf, die Entscheidung rückgängig zu machen „und auf den Weg der diplomatischen und politischen Konfliktlösung im Sinne der Minsker Vereinbarungen zurückzukehren“.

Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg verurteilte das russische Vorgehen. Die Regierung in Moskau verschärfe den Konflikt mit der Ukraine weiter. Russland versuche, einen Vorwand zu inszenieren, um erneut in die Ukraine einzudringen.

Der britische Premierminister Boris Johnson erklärte, er werde mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Wolodymyr Selenskyj sprechen und ihm britische Hilfe anbieten. Außenministerin Liz Truss sagte, man werde nicht zulassen, dass die Verletzung internationaler Vereinbarungen durch Russland ungestraft bleibe.

Lettland kündigte an, am Dienstag Panzerabwehr-Raketen an die Ukraine zu liefern. Estland, Lettland und Litauen hatten bereits im Januar erklärt, sie würden die Ukraine mit in den USA hergestellten Panzerabwehr- und Flugabwehrraketen versorgen. Die USA hatten zuvor die Genehmigung dazu erteilt. Litauen und Estland haben bereits Raketen geschickt.

Reaktionen aus Deutschland: „Eine Kriegsrede“

FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Anerkennung der Regionen Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine als „Kriegserklärung“ bezeichnet. „Er erkennt die sog. „Volksrepubliken“ in Ostukraine an & droht unverhohlen mit Krieg, wenn die Ukraine nicht freiwillig auf ihre eigenen Gebiete verzichtet“, schrieb die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses am Montagabend bei Twitter. „Er bricht damit das Minsker Abkommen und spricht der Ukraine die Unabhängigkeit ab.“ Seine Rede sei erneut eine absolute Verdrehung aller historischen Fakten. „Spätestens jetzt ist der Punkt gekommen, an dem alle Sanktionsmöglichkeiten nicht in Worte gefasst, sondern konsequent auf den Tisch gelegt und umgesetzt werden müssen. Wir müssen der Ukraine beistehen.“

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen twitterte: „Die Bitte um militärischen Beistand ist faktisch eine Kriegseinladung, was auch Putins Rede von heute widergespiegelt hat. Das war eine Kriegsrede!“

Agniezka Brugger (Grüne) schrieb, Putins Rede sei „ein völkerrechtswidriger Akt der Aggression, der eine klare Antwort erfordert“.

„Putin bricht mit den Prinzipien des Völkerrechts. Das ist eine Absage an die friedliche Koexistenz souveräner Staaten“, schrieb Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, am Montagabend bei Twitter.

Und Matthias Höhn, Bundestagabgeordneter der Linkspartei, schrieb, Putins Erklärung, dass es die Ukraine gar nicht geben solle, habe „gezeigt, worum es geht: Nationalismus & imperialen Anspruch“. (dpa/taz)

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