Kleine Putz-Umfrage unter Müttern: Dreck, Scham, Politik

Sind Putzkräfte okay, wenn man sie gut bezahlt? Immerhin Lohnarbeit oder antifeministisch? Ist überhaupt Zeit, darüber nachzudenken? Mütter erzählen.

Eine Hand mit Putzhandschuh und Schwamm am Rand einer Kloschüssel

Was geht Ihnen beim Wort „Putzhilfe“ durch den Kopf? Foto: Lev Dolgachov/imago images

Haushalte mit Kindern sind schon wieder am Limit. Kitas schließen, Support bricht weg, und noch immer wagt niemand, das 40-Stunden-Dogma anzupacken. Und so bleibt Hausarbeit das Naheliegendste, was man loswerden kann, wenn alles zu viel wird. Vorausgesetzt, man kann sich’s leisten. Ich habe Mütter im Freundinnenkreis gefragt, was ihnen beim Wort „Putzhilfe“ durch den Kopf geht. Fünf haben geantwortet.

Mutter A, die Pragmatische: „Ich finde es grundsätzlich total okay, Menschen für jegliche Tätigkeiten zu beschäftigen, solange man sie in Ordnung bezahlt. Ich lasse ja auch für mich kochen. Wir holen ein- bis dreimal pro Woche Essen von Restaurants, weil ich’s nicht schaffe – oder nicht so lecker hinkriege.“

Mutter B, die Selbstkritische: „Rational sehe ich das auch so. Aber emotional hab ich eine Barriere. Als ich Kind war, hatten im Umfeld nur echt reiche Leute eine Putzfrau. Ein Teil von mir will nicht so sein wie die. Die Haushalte in meiner klein- bis mittelbürgerlichen Familie sind ausnahmslos tadellos gepflegt, und zwar ohne Hilfe. Ich hab den Anspruch verinnerlicht, das auch schaffen zu müssen.“

Mutter C, die Politische, hat eine Putzfrau – und ist unglücklich darüber. „Eigentlich verdienen wir zu wenig, um uns eine leisten zu können.“ Aber durch die chronische Erkrankung ihres Partners sehe sie keine Alternative. „Das löst bei mir Scham aus. Wir schaffen es nicht, unseren Dreck wegzumachen und suggerieren jetzt eine Art Mittelschicht, die wir nicht sind.“ Politiktheoretisch immerhin kann sie der Sache etwas abgewinnen: „Was ich gut finde, ist, dass diese Tätigkeit von unbezahlter Care-Arbeit in bezahlte Lohnarbeit überführt wird.“

Bloß Diplomatie für Hetero-Paare

Mutter D, die Radikale, regt sich auf. Oft wollten Hetero-Paare per Putzkraft bloß Streit über gerechte Arbeitsteilung vermeiden. „Friede, Freude, Eierkuchen im Pärchenland, aber aus feministischer Perspektive nix gewonnen“, sagt sie. „Die weiße deutsche Mittelschichtsfrau verteilt ihre Hausarbeit um, an eine oft migrantische Frau, die meist ohne Versicherung und für wenig Geld den Zankapfel aus der Welt putzt. Warum muss die Wohnung eigentlich aussehen wie bei Schöner Wohnen, wenn das Kind krank, der Mann auf Dienstreise und die Deadline zwei Tage weit weg ist? Weil die Schwiegermutter neulich tadelnd übers Regal gewischt hat?“ Gerecht sei das Ganze nur, wenn man der Putzkraft exakt das bezahle, was man selbst pro Stunde verdient. Oder man solle sich entspannen. „Dann ist es eben mal dreckig. Fürs kindliche Immunsystem eh besser.“

Mutter E schickt eine Sprachnachricht, das Baby lässt sie nicht in Ruhe tippen. „Finde ich es gut, dass jemand meine Care-Arbeit macht? Ehrlich gesagt hab ich diese ganzen politischen Fragen über Bord geworfen. Weil ich’s halt brauche.“ Der Partner von Mutter E arbeitet Vollzeit, alle zehn Tage kommt eine Putzkraft. „Das Einzige, was uns wichtig ist, ist, dass wir die Leute vernünftig bezahlen.“ Wie viel das ist, erfahre ich nicht. Das Baby schreit.

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