Reaktion auf Hetze von Rechtsextremen: Anlaufstelle für bedrohte Grüne
Die Grünen-Spitze richtet ein Hilfsangebot für Mitglieder ein, die von Rechten attackiert werden. Zuletzt häuften sich Drohungen und Hetze.
Die Grünen-Spitze will in Zukunft von Drohungen oder Hatespeech betroffene Parteimitglieder besser unterstützen. Sie hat beim Bundesvorstand eine Anlaufstelle gegen rechts eingerichtet, die Mitglieder und Ehrenamtliche berät und sie im Kampf gegen Rechtsextremismus unterstützt. Dafür wurde ein Mitarbeiter neu eingestellt.
„In unserer Anlaufstelle ist der dafür zuständige Referent ansprechbar für Mitglieder, die zum Beispiel von digitalen und analogen Angriffen oder Shitstorms betroffen sind“, sagte die stellvertretende Vorsitzende Jamila Schäfer am Montag der taz. „So sorgen wir dafür, dass die Betroffenen in kritischen Situationen Unterstützung erhalten und dass strafrechtlich relevante Angriffe zur Anzeige gebracht werden können.“
Der Referent werde sich eng mit zivilgesellschaftlichen Stellen wie Hate Aid oder der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus koordinieren, sagte Schäfer. Der Bundesvorstand werde Leitfäden zum Umgang mit Anfeindungen, Verleumdungen oder Shitstorms erarbeiten.
Virtuelle Polizeiwache gefordert
Die Idee für die Anlaufstelle kam ursprünglich von betroffenen Grünen-Mitgliedern – und wurde bei einem Bundesparteitag als Antrag eingereicht. Sie trifft einen Nerv: Politisch aktive Grüne sind in sozialen Netzwerken häufig ein Lieblingsfeindbild für rechte Trolle, KommunalpolitikerInnen sind immer wieder Bedrohungen und Angriffen ausgesetzt. Auch Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock wird zunehmend zum Ziel von Hassattacken. Unter ihren Tweets bei Twitter häufen sich frauenfeindliche Beleidigungen, seit der Bekanntgabe der Kanzlerkandidatur hätten gefälschte Zitate und gefakte Bilder zugenommen, sagte kürzlich eine Grünen-Sprecherin.
Der Bundesvorstand flankiert die neue Anlaufstelle mit weiteren Maßnahmen. Jamila Schäfer und Ricarda Lang, beide Vizevorsitzende, haben dazu mit Tareq Alaows ein Strategiepapier verfasst. „Nicht erst seit Halle und Hanau wissen wir, dass Rechtsextremismus die größte sicherheitspolitische Bedrohung darstellt und unser demokratisches Zusammenleben massiv gefährdet“, heißt es in dem Papier, das der taz vorliegt.
Viele Menschen engagierten sich vor Ort für eine lebhafte Demokratie – im Ehrenamt, in der Kommunalpolitik oder als Kandidierende für Land- oder Bundestag. „Zunehmend werden diejenigen, die sich für die vielfältige Gesellschaft einsetzen, angefeindet und bedroht.“
Es sei eine gemeinsame Verantwortung, rechte Bedrohungen wirksam zu unterbinden, politisch Aktive zu schützen und zu stärken, strukturellem Rassismus und Antisemitismus entgegenzutreten und das demokratische Miteinander zu stärken. Die Grünen hätten dazu schon viele Instrumente entwickelt. „Doch gerade in Bezug auf Menschen mit Rassismus- und Antisemitismuserfahrungen wollen und müssen wir noch besser werden.“
Langfristig wollen die Grünen KandidatInnen Privatsphäre- und Sicherheitschecks anbieten. Ebenso sollten Mitgliedern und Ehrenamtlichen, die von rechten Angriffen betroffen seien, psychologische Beratungsangebote vermittelt werden, heißt es in dem Papier. MitarbeiterInnen in Geschäftsstellen sollten entsprechend weitergebildet werden. Die neue Anlaufstelle soll eng mit der sogenannten Vielfaltsreferentin zusammenarbeiten. Die haben die Grünen installiert, um die Partei vielfältiger zu machen, also etwa People of Color und andere besser zu berücksichtigen.
Politisch fordern die Grünen im Kampf gegen rechts zum Beispiel ein flächendeckendes Netz zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen, eine zentrale Hotline und eine virtuelle Polizeiwache, bei der man online Strafanzeigen gegen Hass im Netz stellen kann.
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