Schäden durch „Plastikfasten“: Bärendienst für die Umwelt
Der BUND ruft vor Ostern zum Verzicht auf plastikverpackte Waren auf. Dabei sind Alternativen wie „grüne“ Pappe sogar noch umweltschädlicher.
O bwohl Fasten ja nie leichter fiel als in diesem Jahr, in dem wir eh nur fades selbst gekochtes Essen essen dürfen, in hübschen Läden in der Innenstadt nichts kaufen können und online ehrlich gesagt gar nichts mehr kaufen wollen, in dem sich auf Konsum also ohne große Spaßverluste verzichten lässt, gibt uns der BUND trotzdem eine Handreichung.
Wir sollen, schlägt die Umweltorganisation vor, 40 Tage Plastikfasten. Das soll die alltägliche Plastikflut vergegenwärtigen und dazu anregen, im Alltag auf unnötiges Plastik zu verzichten. Der Aufruf des BUND ist lang, erklärt erst, wie und warum Plastik schadet und bietet am Ende Alternativen: in Unverpackt-Läden einkaufen, mit Nachbarn Einkaufsgemeinschaften gründen, um „Trockenware in Großgebinden“ zu kaufen.
Diese Hinweise sind sicher ebenso richtig wie wichtig, nur: Noch weniger Menschen, die lesend bis zum Ende des Aufrufs durchhalten (in den sozialen Medien gibt es sowieso nur ein kurzes Anti-Plastik-Häppchen), werden sie umsetzen, werden Großgebinde kaufen oder ihr leeres Alu-Mehl-Döschen in den teuren Unverpackt-Laden tragen. Leider.
Außerhalb der sympathischen Öko-Nische werden die Adressaten des Fastenaufrufs üblich maskiert durch den Supermarkt schlurfen und zur „green“-beklebten Papp-Schachtel aus „nachwachsenden Rohstoffen“ greifen, die gar „kompostierbar“ ist. Und damit einen Umweltfrevel begehen, vor dem sogar Fachleute warnen, die sich für ein umweltfreundliches Verpackungswesen einsetzen.
Pappe und Papier für Lebensmittelverpackungen enthält aus technischen Gründen häufig große Anteile Frischfasern, also Holz aus wertvollen Wäldern. Um auf der Anti-Plastik-Welle zu reiten, entwickeln Verpackungshersteller gerade eine Vielzahl „innovativer“ neuer Verpackungen aus Pappe und Papier, häufig beschichtet, garantiert nicht recyclingfähig.
Wer so was kauft, schadet dem Klima, der Biodiversität, den Wäldern, dem Boden, den Gewässern. Vielleicht nutzt der Fasten-Aufruf des BUND seiner eigenen Sichtbarkeit, der Umwelt aber ganz sicher wenig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers